Allgemeiner Bücher-Thread

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Nicholas Eames - Könige der Finsternis
Keine Ahnung, was mich da geritten hat. Man bekommt, was man beim Anblick des Covers erwarten würde: Mist.
Wird irgendwo als Mischung aus Pratchett und Mittelerde beworben. Beide Vergleiche sind gelogen.

Also zurück in die Zukunft:
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Daniel Suarez - Bios
"Der Jules Verne des digitalen Zeitalters" - auch gelogen.
Jules Verne war ein toller Erzähler, das hier liest sich wie ein mittelmäßiger Film. Es scheint zunehmend schwierig, populäre Bücher zu finden, die nicht wie Filme geschrieben sind. Wird wahrscheinlich eh verfilmt, muss man glaube ich nicht lesen.
 
Nicholas Eames - Könige der Finsternis
Keine Ahnung, was mich da geritten hat. Man bekommt, was man beim Anblick des Covers erwarten würde: Mist.
Wird irgendwo als Mischung aus Pratchett und Mittelerde beworben. Beide Vergleiche sind gelogen.
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Der Vergleich ist in der Tat Mist. Im Gegensatz zu Dir fand' ich das Buch aber schon höchst kurzweilig unterhaltsam. Doch, hat mir Bock gemacht.
 
Mein Pile of Shame der Literatur wird immer größer:

Argumente am Stammtisch

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Habe ich als einziges schon durch. Liest sich super und geht tiefer als ich gedacht hätte.

Alltagsrassismus

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Habe ich angefangen und finds bislang ziemlich aufschlussreich.

Game Of Thrones Band 2: Unser ist der Zorn

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Mal schauen wann ich damit anfange. 900 Seiten sind für jemanden der beim Lesen gern mal wegnickt schon herausfordernd. Das nächste hat sogar 1200 Seiten. ^^
 
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Ein Roman über ein fast vergessenes Stück Geschichte - die Finanzkrise der 2000er Jahre - und ihre Protagonisten in den Vorstandsebenen, also ein Buch über Arschlöcher auf Hybris und ihre seltsamen Gedankenwelten, Habitusformen, Gepflogenheiten und Sitten. Nicht selten enorm bösartig, immer ätzend, mit einer Grundverachtung für seine an der Realität gewonnen Figuren, das Buch gefällt mir alleine aufgrund des negativen Grundtenors aber auch ob der atemlosen Stilistik schon mal ausgesprochen gut.

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Eine scheinbar mit Daten gut informierte und gesättigte Ursachenforschung, das ganz in materialistischer Tradition den Erkärungsfaktor Ökonomie in den Fokus rückt, mich aber zumindest auf den ersten Seiten noch nicht ganz überzeugen kann. Dazu noch die analytische Beinahe-Gleichsetzung von Links- und Rechtspopulismus...
 
Joachim Meyerhoff: „Alle Toten fliegen hoch. Teil 1: Amerika.“
Hat mir mein Girl hingelegt. Ein überraschend bemerkenswertes Buch. Lustigerweise wieder eine Jugend Anfang der Achtziger, wieder zentral der Tod im Game, aber alles anders als in »Bodenlos«. Aus Versehen fast in einem Rutsch durchgelesen. Würde es empfehlen.
Soundtrack: Saint Vitus, Chapel Of Disease.

Hab das am Samstag in einem Rutsch gelesen. Sprachlich fand ich das echt gut, aber (klar ist autobiographisch) die häufigen nebensächlichkeiten, die in meinen Augen nicht sehr sinnvoll waren, ließen mich etwas ratlos zurück. Auch finde ich den ich Erzähler nicht sehr sympathisch. Aber gut, er war halt wohl etwas horny, machste nix, außer Erdbeerschnaps. Edit: achja die auf dem klappentext beschriebene Ironie und witzigkeit hab ich auch nicht finden können. Hab aber auch kein Humor. Klappentexte lügen, immer. Isso.

Habe dann gestern mit Hess 'Deutsches Haus' angefangen. Gefällt mir auf Anhieb sehr gut. Hälfte knapp durch.
 
Bester Science-Fiction Roman seit langem mit einigen aus evolutionär und philosophischen Aspekten sehr Interessanten Inhalten:

Kinder der Zeit - Adrian Tchaikovsky
 
So, bevor ich hier noch vergessen, was jeweils dran war, noch eine Zusammenfassung der gelesenen Sachen seit Ende März. Aus Platzgründen muss ich das aber wieder zweiteilen... ;)

Heinz Strunk - In Afrika

Inhalt: Heinz Strunk unternimmt mit einem (namentlich nicht genannten) Freund einen Pauschalurlaub in Kenya. Vorbereitung und Anreise werden mit all ihren Macken ebenso penibel geschildert wie die distanzierten Blicke auf die Mit-Touristen, Klima, gesundheitliche Maleschen, Verpflegung, die Arbeit an einem gemeinsamen Filmdrehbuch und vor allem noch diverse Ausflüge in die Spielbanken und Nachtclubs der Umgebung. Kurz vor der Rückreise bricht noch das Chaos aus, weil im Umfeld einer Präsidentschaftswahl Unruhen eskalieren.

Kommentar: Strunk schreibt gewohnt launig, wobei mal wieder nicht klar ist, welche Teile hier Fiktion und Realität sind. Unterhaltsam ist es aber auf jeden Fall, zumal sich Strunk erneut in diverse Spleens verrennt (hier diesmal: Mobbing gegenüber Mitreisenden, Fitnessübungen und natürlich eine Form von Spielsucht). Ließ sich entsprechend locker weglesen. Das Ende mit dem Quasi-Bürgerkrieg wirkte allerdings etwas angepappt, und echtes Einfühlungsvermögen für das Umfeld scheint Strunkt auch nicht aufgebracht zu haben (teils ist das das, was bei TVTropes unter "Darkest Africa" subsummiert wird - schließlich heißt das Buch ja schon "In Afrika" und nicht "In einem Touristenresort in Kenya").

Heinz Strunk - Das Teemännchen

Inhalt: Heinz Strunk macht in Kurzgeschichten, und die Themen sind überraschend vielseitig. Zwar gibt's auch hier Stories von versoffenen Ehepaaren, die an Autobahnraststääten die Spielautomaten plündern, alten Männern, die sich wahlweise nach der Schulzeit oder dem 68er-Protest zurücksehnen, erfolglosen Bloggerinnen oder Drechbuchautorinnen oder - in der Titelstory - von einem Typen, dessen Geschäftsidee eines beschaulichen Teegeschäfts von vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Aber es wird auch weitaus absonderlicher: Ein Mann mutiert untenrum, so dass sich die Richtung von "vorne" und "hinten" vertauscht. Jemand wird an einem Windrad zu Tode gemartert. Ein Hotelzimmer verschlingt alles, das sich in ihm aufhält.

Kommentar: Aufgrund der Unterteilung ist hier natürlich der Kommentar kaum von der Beschreibung Inhalt zu trennen. ;) Es läuft aber darauf hinaus: Trotz bekannter Themen wird hier alles nochmals regelrecht konzentriert dargeboten, hallt aber paradoxerweise nicht so sehr nach - vermutlich, weil die einzelnen Marotten längst nicht so langwierig ausgebreitet werden. Der Gang in Richtung zusehends absurderer Inhalte ist aber zu begrüßen. Mal schauen, wie's hier mit den Romanen weitergeht - Strunk lässt ja immer wieder durchblicken, an einem neuen Text zu arbeiten.

William J. Broad - Star Warriors

Inhalt: Wie schon damals kommentiert, ist das hier ein Sachbuch aus den frühen 80er Jahren. Broad besucht (überwiegend junge) Wissenschaftler, die am Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien für Reagans SDI-Programm an Supercomputern, künstlicher Intelligenz und Röntgenlasern gearbeitet haben. Beleuchtet werden außer dem Arbeitsumfeld natürlich die Motivationen, Überzeugungen und eventuelle Skrupel. Auch einige Prognsen werden noch abgebeben, die natürlich längst überholt sind.

Kommentar: Alles in allem war das hier eine Art Reportage - es ging nicht so sehr um die technischen Inhalte oder ihre politischen Implikationen, sondern eher um die Rolle des Individuums bei der ganzen Geschichte. Das macht es als Dokumentation des SDI-Programms als Ganzem weniger nützlich (dafür habe ich aber schon andere Literatur herangeholt), liefert aber trotzdem interessante Aspekte. Einige Geschichten sind regelrecht tragisch; manche der vorgestellten Personen konnten ihre genialen Ideen schlichtweg nirgends anders verwirklichen als im Kernwaffenlabor und hatten praktisch auch keine Perspektive in ziviler Forschung. Und nebenbei gibt's auch noch einen kleinen Seitenblick auf das aufstrebende Silicon Valley, das sich ganz in der Nähe des Labors befindet.

Philip K. Dick - Marsianischer Zeitsturz

Inhalt: Der Mars wird kolonisiert, und einige Leute stehen sich gegenseitig im Weg rum. Jack Bohlen flieht vor seiner Schizophrenie, bekommt aber Wind von einem großen Bauprojekt, das zu gewinnbringenden Grundstücksspekulationen anregt. Arnie Kott, Chef eines wichtigen Unternehmens, möchte da ebenfalls mitmischen, stolpert aber wiederum über Manfred Steiner, den autistischen Sohn eines Delikatessenschmugglers. Dann spielen noch die marsianischen Ureinwohner sowie Abnormitäten in Ablauf und Wahrnehmung von Zeit eine Rolle... und die Verwicklungen sind perfekt.

Kommentar: Nicht mal der abgefahrenste Dick-Roman, aber die Handlung ist trotzdem schwierig nachzuerzählen. Das liegt daran, dass es hier ein ganzes Sammelsurium an Personen und Geschichten gibt, die sich eher kreuzen als angleichen. Das lässt den Roman eher schwer in Gang kommen (dafür ließe er sich allerdings sehr, sehr gut als Serie aufbereiten), ab der Mitte gibt's aber doch die für diesen Autor typischen Verwirrspielchen um temporale Logik und ein ziemlich verblüffendes Ende. Kann man sich geben.

J.G. Ballard - Crash

Inhalt: Nach einem Autounfall trifft der mit dem Autor namensgleiche Erzähler auf den TV-Journalisten Vaughan, der es sich in den Kopf gesetzt hat, Selbstverstümmelung durch Verkehrsunfälle als technisierte Form des Koitus zu etablieren. Der Erzähler und seine Frau gleiten daraufhin in den Kreis von "Eingeweihten" ab, erleben, ähem, verschiedenes, und werden am Ende vermutlich nur dadurch gerettet (oder auch nicht), dass Vaughan es nicht mehr abwarten kann und seiner Obession, bei einem Unfall mit Elizabeth Taylor umzukommen, wortwörtlich erliegt.

Kommentar: Die Verfilmung von David Cronenberg dürfte mittlerweile bekannter sein als das Buch. Vermutlich zu Recht, denn diese Vorlage ist dann doch ein eher zäher Schinken, der sich relativ schnell in immer gleiche umständliche Schilderungen von Wunden, Narben, Beulen, demolierten Karosserien und Orgasmen ergeht. Das mag vielleicht das Wirken einer schlampigen Übersetzung sein, allerdings gibt die Geschichte selber trotzdem nicht wirklich viel her. Nachhall haben bei mir eigentlich nur die Schilderungen, wie sehr unsere Zivilisation mittlerweile von ihren Verkehrsmitteln (außer dem Straßenverkehr wird auch immer wieder die Luftfahrt erwähnt) und ihren baulichen Erfordernissen (Straßen, Unterführungen, Zubringer, Parkhäuser, Flughäfen) durchdrungen ist. Trotzdem ist das wohl kein geeignetes Pamphlet zur Verkehrswende.

J.G. Ballard - Die Betoninsel

Inhalt: Nach einem Unfall (kennen wir das nicht irgendwoher?) strandet der Architekt Maitland auf dem Grünstreifen eines Autobahnkreuzes. Sämtliche Versuche, von dort zu entkommen oder auf sich aufmerksam zu machen, scheitern katastrophal. Dann allerdings entdeckt er, dass er doch nicht so einsam ist, wie er dachte, und macht die Bekanntschaft eines geistig behinderten Artisten und einer Ausreißerin, aber gegenseitiges Misstrauen ist die Folge. Und es stellt sich die Frage: Wer hält hier wen in Schach? Und wem gehört die "Insel"?

Kommentar: Nach "Crash" war das hier auf jeden Fall die stringentere Geschichte - natürlich auch deshalb, weil die Robinsonade einen erprobten Handlungsablauf vorgibt. Die Anpassung an das gegenwärtige Zeitalter war ebenfalls einigermaßen gelungen und hatte streckenweise satirisches Potenzial - obgleich umgekehrt auch Tragik in der Handlung lag, denn die Essenz, auf die alles hinauslief war: Ein freier Mann, der der Ansicht ist, auf den Zuspruch von Frau, Geliebter und Kollegen nicht angewiesen zu sein, wird auch von niemandem vermisst. Ohne Längen kam der Roman allerdings auch nicht aus - dafür aber eben auch ohne verklausulierte Sexszenen, höhö.
 
...und hier dann die andere Hälfte:

J.G. Ballard - Der Block

Inhalt: Der Dozent Robert Laing bewohnt eine Wohnung in einem hypermodernen Wolkenkratzer mit allen erdenklichen Annehmlichkeiten, in dem das gehobene Milieu, dem er angehört, vermeintlich unter sich ist... aber das ist eine Illusion. Sehr bald kommt es zu Streitigkeiten unter den Einwohnern verschiedener Etagen, zu Sabotageakten, Vandalismus, schließlich auch barbarischer Gewalt und dann dem völligen Zusammenbruch der Zivilisation innerhalb des Gebäudes - das dennoch nach außen wie für sich isoliert scheint.

Kommentar: Ballard zum Dritten (ich habe die alle in so einem dicken Sammelband gelesen), hier dann aber in der geballtesten Form. Etwas eigenartig ist, dass der beschriebene Zusammenbruch schon sehr schnell vonstatten geht. Der größte Teil der Handlung beschreibt das "Zusammen"-"Leben" in dezimierten Kleingruppen im bereits völlig verwahrlosten und mit Fallen und Barrikaden gespickten Treppenhaus. Natürlich wird deutlich, dass hinter dem ganzen die Moral steckt, den Menschen als grundsätzlich aggressives und missgünstiges Wesen zu präsentieren, dass jede Gelegenheit nutzt, um andere um des eigenen Vorteils Willen zu erniedrigen und zu unterdrücken - ein Verhalten, das demnach nicht durch materielle Bedingungen gespeist wird, sondern sich überall zeigt und zeigen wird, wo sich Menschen gegenseitig auf die Pelle rücken (müssen).

Ansonsten sind hier wieder ein paar Makel bei der Übersetzung aufgefallen - kann denn Englisch wirklich so schwer sein? Die Verfilmung von 2017 mit Tom Hiddleston in der Hauptrolle liegt hier übrigens auf DVD rum, angesehen habe ich mir den Streifen allerdings noch nicht. Ah ja, und drauf gestoßen bin ich übrigens eher nur deshalb, weil's von Hawkwind ein Lied gleichen Titels ("High Rise") gab, das sich vermutlich ebenfalls auf den Roman beziehen dürfte.

Axel Milberg - Düsternbrook

Inhalt: Axel Milberg wächst in Kiel-Düsternbrook in, wie man so sagt, behüteten Verhältnissen auf. Das ist noch untertrieben: Als Sohn eines Anwalts und einer Ärztin gehören für ihn bereits in den 60er Jahren Flugreisen nach Mallorca und Sizilien ebenso zum Alltag wie feiner Abendbesuch, Tennisclub oder Jagdausflüge mit adliger Bekannt- und Verwandtschaft. Nach verschiedenen Irrungen und Wirrungen des Heranwachsens (u.a. Episoden als paranoider, aber glücklicher Erich-von-Däniken-Jünger und als RAF-Sympathisant) erreicht Milberg schließlich Anfang der 80er Jahre sein Ziel und wird, motiviert durch eine Begegnung mit Gert Fröbe, an einer Schauspielschule in München angenommen.

Kommentar: Ach ja, da schreibt mal wieder Prominenz einen autobiografisch gefärbten "Roman", tingelt damit durch Talkshows etc. und wird nicht müde zu behaupten, der Großteil des Buchs sei fiktional respektive "erlogen". Das mag vielleicht der Fall sein, aber es verwundert, dass auch eine erfundene Handlung noch ziemlich schal ist. Schließlich sind die geschilderten "Erlebnisse" bzw. Stationen bestenfalls sentimental, schlimmstenfalls völlig banal, definitiv aber frei von jeglicher Spannung, und die Versuche, diversen Dingen nachträglich noch eine Bedeutung für den Lebensweg anzudichten, wirkt geradezu stümperhaft und hohl. Im Prinzip wäre dieses Buch damit höchstens geeignet, wieder mal Ressentiments gegen das zur Schau gestellte Großbürgertum zu schüren.

Heinz Strunk - Jürgen

Inhalt: Parkhauswächter Jürgen Dose und sein cholerischer Kumpel Bernd suchen nach einer Frau, aber sämtliche Versuche, eine Beziehung einzugehen scheitern - ob beim Speed-Dating oder anonymen Bekanntschaften und sämtlicher aus Flirt-Ratgebern herangezogenen Vorbildung zum Trotz. Der letzte Ausweg scheint die Reise mit einer Partnerschaftsvermittlung zu sein, die den Kontakt zu willigen Single-Frauen aus Polen verspricht. Also geht es ab nach Breslau - wo sich dann aber doch wieder alles auf den Kopf stellt.

Kommentar: Das war schon wieder ein typischer Strunk-Roman. Viele Motive sind mittlerweile bekannt, insbesondere die auch bettlägerig und pflegebedürftig noch einen Kontrollzwang auszuübende Mutter des Protagonisten kennt man in ziemlich ähnlicher Form schon aus "Fleisch ist mein Gemüse", "Fleckenteufel" und "Junge rettet Freund aus Teich". Davon abgesehen überraschen einige Punkte allerdings doch: Zum Einen ist der ganze Roman durchzogen von bizarren, beinahe kafkaesken Situationen und Szenen, die keinen sonstigen Bezug zur eigentlichen Handlung haben (z.B. die Rolle von Herrn Owusu oder der Arztbesuch in Bautzen). Zum Anderen lässt der Roman durchblicken, dass der Grund für die Bindungsunfähigkeit keineswegs bei Jürgen und Bernd liegt, sondern die fraglichen Damen ebenso schlecht wegkommen wie die Methoden der Kontaktaufnahme - mithin also wiederum das Milieu oder die Gesellschaft. Die Verfilmung (mit Strunk selber in der Hauptrolle und Charly Hübner als Bernd) machte es da weitaus einfacher, die beiden Hauptfiguren einfach als Loser abzustempeln.

Julian Barnes - Vom Ende einer Geschichte

Inhalt: Ein zweigeteiltes Buch: Zu Beginn schildert der Erzähler Tony seine Jugend auf der Schule und in der Universität. Prägendes Ereignis ist die Beziehung zu seiner ersten Freundin Veronica, der peinliche "Antrittsbesuch" bei deren Eltern und die spätere Trennung, nachdem besagte Veronica sich prompt in Tonys besten Kumpel Adrian verliebt. Der aber nur wenige Monate später aus nicht geklärten Motiven den Freitod wählt. Der Zeitsprung in der Mitte rollt dann diese Geschichte nochmals aus der Rückschau aus, als Tony überraschend von Veronicas verstorbener Mutter mit einer Erbschaft bedacht wird und dieser daraufhin den vor Jahren buchstäblich abgerissenen Kontakt wieder herzustellen versucht.

Kommentar: Leider ein typischer "Pointen"-Roman - wenn man erst mal weiß, worin das große, bestens gehütete Geheimnis besteht, das am Ende offenbart wird, und sich - so vermutlich die Vorstellung des Autos - danach alles vorige in einem neuen Licht zeigen soll, verliert alles, was zuvor relativ ausführlich und nicht ohne Ironie sowie meta-narrative Verweise auf die Rolle von persönlicher Wahrnehmung und subjektiven Urteilen bei der Beschreibung von "Geschichte" geschildert wurde, alsbald seinen Reiz und nimmt sich außerordentlich banal aus. Das mag zwar programmatisch zum Titel passen, lässt aber aus dem Roman leider am Ende die Luft raus und wirkt weitaus weniger elegant, als wenn Barnes den Leser hier im Unklaren gelassen hätte - oder besser noch: eine Vielzahl von möglichen Alternativen in der Schwebe gehalten hätte. Schade!

Wolfgang Herrndorf - Sand

Inhalt: Einiges passiert in Marokko im Jahr 1972: Die Einwohner einer Hippie-Kommune werden massakriert, ein schlecht getarnter Spion kommt ums Leben, die überforderte Polizei geht ihrem Job nur unwillig nach - und so wacht dann irgendwann ein Mann in der Wüste auf ohne Gedächtnis, aber mit Verfolgern im Nacken und einem Bündel an Mysterien vor sich. Welche Rollen spielen die hilfsbereite amerikanische Touristin mit den blonden Haaren, der mit dem Leben von Frau und Kind - beide dem Protagonisten völlig unbekannt - drohende Gangsterboss, der die Neueröffnung seiner Praxis feiernde Psychiater? Und warum ist ständig von einer Mine die Rede?

Kommentar: Schon der Inhalt macht deutlich, dass Herrndorf hier vor der scheinbaren, in jedem Fall aber wohlbekannten Kulisse eines typischen 60er-/70er-Jahre-Agentenfilms sehr, sehr viel buchstäblich in den Sand wirft, ohne dabei unter dem Druck zu stehen, wirklich jeden einzelnen Handlungsfaden überhaupt in die Hand nehmen zu müssen. Das ist viel mehr sowas wie das Konzept hier: Alles könnte irgendwie wichtig sein, aber die Welt dreht sich auch abseits der Erfahrung und Wahrnehmung der Hauptfigur weiter. Alles hat ein Eigenleben, jeder Mensch hat einen eigenen Kopf, aber praktisch niemand ist übermäßig intelligent, begabt, gutmütig oder weitsichtig. Genau diese Unsicherheit kostet Herrndorf hier ziemlich gelungen und mit viel sardonischem Witz aus. Sehr interessant!

Christian Kracht - Faserland

Inhalt: Die Handlung sollte ja mittlerweile bekannt sein. Der Protagonist reist von Sylt nach Hamburg nach Frankfurt nach Heidelberg nach München nach Meersburg und schließlich nach Zürich, begleitet von Alkohol, Zigaretten, Drogen, Parties, Markenprodukten und anderen Auswüchsen der weitestgehend apolitischen Spaß- und Wohlstandsgesellschaft der 90er Jahre, deren Vorzüge und Nachteile er eher distanziert auf den Prüfstand stellt.

Kommentar: Ach, dieser Roman wird mittlerweile offenbar von seiner eigenen Rezeption aufgefressen - in diesem Sinne kann ich also eigentlich gar nichts dazu sagen, was nicht irgendwer schon gesagt hätte. ;) Interessant ist jedenfalls, dass der Roman gar nicht so "veraltet" wirkt, wie der zeitliche Abstand von nun auch schon 24 Jahren hätte vermuten lassen. Was umgekehrt nahelegt, dass - obschon Moden, Trends und Technik sich seitdem gewandelt haben (geradezu rührend, wie hier jemand von seinem Autotelefon schwärmt...) - der grundlegende beklagte Makel in der Verfasstheit dieses Landes und seiner - na ja - Jugend (zumindest eines bestimmten Milieus) seither nicht ausgeräumt wurde. Woraus natürlich folgt, dass einschlägige Romane offenbar immer noch möglich sind. Ja, es ist wohl ein Kreuz mit dieser "Popliteratur".

Christian Kracht - Imperium

Inhalt: Was ganz anderes: Um die Jahrhundertwende (komisch genug: Jeder weiß, dass damit die Zeit um 1900 gemeint ist) bricht August Engelhardt in den (damals u.a. reichsdeutsch verwalteten) Südpazifik auf, um dort seine Vision eines kröperlich wie spirituell vollkommenen Lebens zu verwirklichen: Der Kokvorismus, also die alleinige Ernährung durch Kokosnüsse. Und der reichlich weltfremde Engelhardt schafft es tatsächlich, sich eine kleine Insel vor Neupommern überschreiben zu lassen und sich den Respekt der Eingeborenen zu erkämpfen. Die Außenwelt dagegen reagiert auf Engelhardt sehr unterschiedlich: Jünger folgen ihm, ohne Verständnis zu gewinnen, die aristokratischen Kolonialisten verlachen ihn, und schließlich ziehen der Erste Weltkrieg und das australische Militär vorerst einen Schlussstrich unter diese absurde Träumerei - was aber noch nicht das Ende der Geschichte ist...

Kommentar: Ja, das alles gab es wirklich, und was den eigentlichen Reiz dieser ziemlich unterhaltsam erzählten Geschichte ausmacht, ist die Tatsache, dass Engelhardts krude zusammengereimte "Philosophie" immer wieder in einen Rahmen gestellt wird. Einerseits als Kontrast zum nationalistisch-bourgeois-hedonistischen Gebahren der Kolonie, andererseits als Parallelentwicklung zu anderen Utopisten und Scharlatanen und zuletzt noch als wesensverwandt dargestellt zu sehr viel bedrohlicheren Vorstellungen wie Antisemitismus und Homophobie (oder harmloseren wie Vegetarismus und Nudismus). Hintenrum nimmt Kracht hiermit also doch recht pointiert jegliche Esoterik samt ihrem Nährboden und ihren Implikationen auseinander. Ansonsten ein in seinem lakonischen Tonfall, effizienter Sprache und einem Gespür dafür, trotzdem weniger bedeutenden Nebenfiguren noch den gebührenden Raum zu lassen und einen kleinen Abriss über die Gesellschaft vor gut hundert Jahren zu liefern. Großartig!

Juli Zeh - Nullzeit

Inhalt: Sven, Aussteiger und examinierter Jurist, betreibt auf Lanzarote eine Tauschschule, doch beim Paar aus der (Soap-)Schauspielerin Jola und dem Schriftsteller Theo, die sich im November 2011 für zwei Wochen bei ihm eingemietet haben, ist alles anders. Vor Svens Augen zelebrieren die beiden einen handfesten Beziehungskrach, in den Sven sehr bald hineingezogen wird und der jederzeit zu eskalieren droht - über wie unter Wasser.

Kommentar: Relativ gewöhnliche Gebrauchsliteratur, stilistisch wie inhaltlich unterhalb der Sachen anzusiedeln, die ich bislang von Zeh gelesen habe ("Schilf" und "Corpus Delicti"). Ein paar ebenso distanzierte wie destruktive Bemerkungen über Deutschlands Gegenwart, seine Gesellschaft und die sich ständig im Großen wie im Kleinen zeigenden zänkischen Machtspiele sind wohl noch das interessanteste, das daraus gezogen werden kann, aber im Prinzip auch nix neues. Ansonsten wird die Handlung immerhin ziemlich geradlinig beschrieben und die Erläuterungen zum Tauchen führen schließlich noch mal vor Augen, welche Rolle "Recherche" wohl beim Verfassen eines Romans spielen mag. Ansonsten gehe ich aber mal davon aus, diesen Roman ähnlich schnell, wie ich ihn gelesen habe (zwei Vormittage), auch wieder vergessen zu haben.

Benjamin von Stuckrad-Barre - Blackbox

Inhalt: Auch hier wird's kleinteilig: Stuckrad-Barre versammelt Kurzgeschichten, Skizzen und als ambitioniertestes wie umfangreichstes Konstrukt ein groteskes Quasi-Theaterstück, bei dem im Big-Brother-Container unter der Aufsicht von Helmut Dietl im Gerichtssaal von Barbara Salesch die Story einer angeblichen Affäre zwischen Stuckrad-Barre und Anke Engelke verhandelt wird, während sich in den Nebenräumen privates Boulevardfernsehen und ein Klatschblatt auf ihre Weise am Gerücht abarbeiten. All das steht - zumindest verheißt es der Klappentext so - unter dem Stern des Scheiterns und der Frage, wie so etwas im Nachhinein erklärt werden könne.

Kommentar: Leider durch und durch Stückwerk. Die Kurzgeschichten sind zwar einigermaßen konsistent, aber größtenteils ziemlich banal. Die umgekehrten Versuche, Dinge mit Hilfe von Computer- und Internet-Jargon zu würzen, wirkt ebenfalls holprig und auch altbacken. Die ganze Anke-Engelke-Story ist dagegen viel zu albern und wirkt mit dem Verweis auf ehedem populäre Figuren aus öffentlichem Leben oder Fiktion (wie z.B. Robert Liebling und Ally McBeal) in der Tat wirklich angejahrt. Nein, das ist ziemlich heterogen und zerfahren und war teils quälend zu lesen.
 
@Eiswalzer Faserland ist nachwievor mein Lieblingsbuch! Und das Obwohl ich eigentlich viel zu jung bin, wurde ich doch erst 2 Jahre vor Erscheinen geboren. Aber wie du schon schreibst, ist das Buch zeitlos. Trauriger wurde nie wieder über Deutschland geschrieben.
Und an Blackbox mache ich mich auch grade, habe bislang nur die ersten Seiten gelesen, ich bin gespannt ob es mir ähnlich ergeht.
 
Gestern Hess 'Deutsches Haus' beendet. Hat mir sehr gut gefallen. Hintergrund der Geschichte ist ein Auschwitzprozess in den 60ern irgendwo in der Nähe von Frankfurt. Darin verpackt ist eine geschickte Emanzipationsgeschichte sowie die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Die Hauptfigur Eva wird als Dolmetscherin für Polnisch im Prozess eingestellt. Der Schreibstil ist meiner Meinung nach sehr gelungen. Ziemlich flott geschrieben, kann hier auch daran liegen, dass die Autorin Drehbuchschreiberin ist. Was grundsätzlich immer ein Drahtseilakt ist, einen Roman, also Unterhaltungsliteratur zu verfassen, die als Hintergrund in irgendeiner Art mit der Shoa verwoben ist. Der Autorin gelingt dies auf respektvolle Art. Letztendlich sind sämtliche Charaktere dissonante Persönlichkeiten, die mit ihren eigenen Widersprüchen zu kämpfen haben. Das Buch gibt einen Einblick in die Auseinandersetzung innerhalb der deutschen Gesellschaft der 60er Jahre zwischen Emanzipation, Verbrechen und Mitschuld.

Fazit: Lesenswert!

Nächstes:

Magaret Atwood - Oryx und Crake
 
Gestern Hess 'Deutsches Haus' beendet. Hat mir sehr gut gefallen. Hintergrund der Geschichte ist ein Auschwitzprozess in den 60ern irgendwo in der Nähe von Frankfurt. Darin verpackt ist eine geschickte Emanzipationsgeschichte sowie die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Die Hauptfigur Eva wird als Dolmetscherin für Polnisch im Prozess eingestellt. Der Schreibstil ist meiner Meinung nach sehr gelungen. Ziemlich flott geschrieben, kann hier auch daran liegen, dass die Autorin Drehbuchschreiberin ist. Was grundsätzlich immer ein Drahtseilakt ist, einen Roman, also Unterhaltungsliteratur zu verfassen, die als Hintergrund in irgendeiner Art mit der Shoa verwoben ist. Der Autorin gelingt dies auf respektvolle Art. Letztendlich sind sämtliche Charaktere dissonante Persönlichkeiten, die mit ihren eigenen Widersprüchen zu kämpfen haben. Das Buch gibt einen Einblick in die Auseinandersetzung innerhalb der deutschen Gesellschaft der 60er Jahre zwischen Emanzipation, Verbrechen und Mitschuld.

Fazit: Lesenswert!
Habe ich im Radio gehört, als es da vorgelesen wurde. Nicht uninteressant, aber ich finde, dass der Hintergrund der Autorin im TV-Mehrteiler-Milieu sich wiederum leider in ziemlich klischeehaften Beschreibungen des 60er-Jahre-Umfelds äußert. Man konnte sich im negativen Sinne bei praktisch allem in diesem Buch, das nicht im Gerichtssaal stattfand, fast schon ausmalen, wie das im ZDF gesendet wird - in aller deutschen TV-Durchschnittlichkeit.
 
Habe ich im Radio gehört, als es da vorgelesen wurde. Nicht uninteressant, aber ich finde, dass der Hintergrund der Autorin im TV-Mehrteiler-Milieu sich wiederum leider in ziemlich klischeehaften Beschreibungen des 60er-Jahre-Umfelds äußert. Man konnte sich im negativen Sinne bei praktisch allem in diesem Buch, das nicht im Gerichtssaal stattfand, fast schon ausmalen, wie das im ZDF gesendet wird - in aller deutschen TV-Durchschnittlichkeit.

Verstehe was du meinst. Mir kam beim Lesen nicht der Eindruck, dass man es hier mit einer ardzdf Vorabend soap Landschaft zu tun hat. Gerade der Kontrast zwischen Bürgertum nach dem wirtschaftswunder und Gerichtsprozess fand ich ganz passend. Man hat es sich halt gemütlich gemacht. Aber hey, alles Interpretationsspielraum. ;)
 
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Zwischen den Runden, liest sich flott.

Uuuund fertig. Nettes Geschichtchen für zwischendurch, weiter mit:
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Ein schöner Erzählband mit großen Namen (leider nicht allen) der polnischen Literatur seit Prus.
 
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