Allgemeiner Bücher-Thread

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Zwischen den Runden, liest sich flott.
Was, Kleist und "flott"? o_O Das habe ich aus der Schullektüre, als mir dieser Herr in "Die Marquise von O..." und "Die Verlobung in St. Domingo" begegnet war und sich daselbst als Meister einer äußerst, also im allerhöchsten Maße, umständlichen Sprech- und Schreibweise, dominiert von zahllosen, selbstverständlich ineinander verschachtelten und durch eine willkürliche Nutzung von optionaler Interpuktion, wie z.B. hier geschehen, Nebensätzen, noch dazu in weitester Ausschweifung, unter Beweis gestellt hatte, noch ganz anders in Erinnerung. ;)
 
Was, Kleist und "flott"? o_O Das habe ich aus der Schullektüre, als mir dieser Herr in "Die Marquise von O..." und "Die Verlobung in St. Domingo" begegnet war und sich daselbst als Meister einer äußerst, also im allerhöchsten Maße, umständlichen Sprech- und Schreibweise, dominiert von zahllosen, selbstverständlich ineinander verschachtelten und durch eine willkürliche Nutzung von optionaler Interpuktion, wie z.B. hier geschehen, Nebensätzen, noch dazu in weitester Ausschweifung, unter Beweis gestellt hatte, noch ganz anders in Erinnerung. ;)
Die Marquise von O ist ja auch literarischer Sadismus und die größte frauenfeindliche Scheiße, die glücklicherweise überwunden wurde. Der zerbrochene Krug liest sich tatsächlich wesentlich flotter, vermutlich weil es ein Theaterstück/Lustspiel ist.
 
Am Freitag noch beendet:
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Sehr schöner dystopischer Roman, der einige interessante Ideen im Zusammenhang mit Genmanipulierung beinhaltet. Am besten hat mir die Heilfähigkeit mit Schnurren gefallen <3. Schreibstil ist sehr gut und das Bild einer untergegangen Welt wird ziemlich überzeugend gezeichnet. Man kann das Verhalten der Hauptfigur sehr gut nachvollziehen und die Charakterentwicklung ist zu jederzeit sinnvoll in die Handlung integriert. Habe mir die beiden nachfolgenden Romane der Trilogie am Freitag in der Stadtbücherrei direkt mitgenommen. Davor hatte ich noch kurz am Sonntag eingeworfen:

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Hat mir ebenfalls gut gefallen. Autor ist (ebenso wie ich) im Jahr 1988 geboren und beschreibt in 7 Nächten die 7 Todsünden. Das ganze verpackt mit vielen intelligenten Auseinandersetzungen mit dem Leben an sich, wie es halt mit den heutigen 30-Jährigen so ist. Ein letztes Aufbäumen der wilden Seele, bevor die Realität zu schlägt. Ist kein handlungsbasierter Roman, sondern eher eine melancholische Sicht auf die Gesellschaft und das Individium. Kann man flott durchlesen, da nur rund 137 Seiten.

Als nächstes dann wieder Atwood mit dem zweiten Teil 'das Jahr der Flut'
 
Preußen bewegt die Welt: Der Siebenjährige Krieg, 1756-63

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Obwohl ehemaliger Bundeswehr-Offizier geht Autor Klaus-Jürgen Bremm ("Die Waffen-SS. Hitlers überschätzte Prätorianer") zwar in militärischen Fragen erwartungsgemäß professionell, aber deutlich losgelöst von der traditionellen bundesdeutschen Geschichtsschreibung ans Werk. So trennt er sich von der herkömmlichen (deutschen) Sicht auf den Siebenjährigen Krieg, indem er die Schlachten im Westen des Reiches, also Minden und Vellinghausen, als insgesamt zentraler ansieht als die militärischen Lehrstücke "Roßbach" und "Leuthen", die jedem Kind in Deutschland bis vor 45-50 Jahren ein Begriff waren, weil sie als so epochemachend angesehen wurden. Sein Blick auf diesen "ersten Weltkrieg", der nicht nur in Mitteleuropa, sondern ebenso in der Neuen Welt (den späteren USA und Kanada) und in Indien ausgetragen wurde, ist ein multiperspektivisch-globaler. Die Folgen sind bekannt: Das kleine Preußen avancierte zur fünften Großmacht in der Welt und Frankreich verlor seine führende Stellung über dem Atlantik, weshalb z.B. Kanada heute vornehmlich englischsprachig ist. Dabei merkt man als Leser vor allem zwischen den Zeilen, dass Bremms Blick auf Friedrich den Großen ein eher kritischer ist. Zwar bemüht er sich, moralphilosophisch nicht in die Gefilde von ZDF-Vorabend-Dokus zu geraten, doch kämpft er augenscheinlich mit sich selbst um eine objektive Betrachtung des berühmten Monarchen, auf dessen Aufklärertum und sozialen Gerechtigkeitsfanatismus er geflissentlich wenig eingeht. Insgesamt liefert Bremm ein inhaltlich umfassendes, sehr informatives, leicht zu lesendes Buch auf relativ wenig Seiten ab, was beileibe nicht jedem Historiker gelingt. Der im Thema Bewanderte erfährt freilich, was Mitteleuropa angeht, kaum Neues, erhält dafür aber eine kleine Vorgeschichte zur Entstehung der USA und der Eroberung des Mittleren Westens.
 
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Cixin Lui - Die Drei Sonnen


Hallo, das Buch kommt aus China, das ist ein bisschen schade, weil ich aufgrund kultureller Differenzen nur Bahnhof verstehe. Das fängt schon beim Autoren (oder der Autorin?) an: was ist Vor- was ist Nachname? Es gibt bisher ungefähr 10 Personen im Buch. Oder 100. Ching Chang Chong. Wo geht es bitte zum Bahnhof? Außerdem duzen sich alle, wie auf der Scheibenwelt, da ist das allerdings lustig, hier ist es doof. Kommt ein Raketenphysiker/-in zum/zur Kaiser/-in: "Hallo, was hast du?". Hätte man in der Übersetzung ausbügeln können, genau wie die Namen. Viele Hongkong-Chinesen nennen sich doch auch Jack oder John oder so.
Dann gibt es noch irgendein Computerspiel, das noch langweiliger klingt als World Of Warcraft oder Civilization, man hätte z.B. auch Far Cry nehmen können. Halbes Buch durch und kein Bild von irgendeinem Charakter sowie keine Ahnung, worum es überhaupt geht. Es gibt glaube ich drei Bücher. Ächz.
Ach so: es gibt wirklich drei Sonnen in dem Buch, und auch eine Pyramide, das ist immerhin gut.
 
Außerdem duzen sich alle, wie auf der Scheibenwelt, da ist das allerdings lustig, hier ist es doof. Kommt ein Raketenphysiker/-in zum/zur Kaiser/-in: "Hallo, was hast du?". Hätte man in der Übersetzung ausbügeln können, genau wie die Namen.

[klugscheißmodus] Das ist allerdings ein rein deutsches Phänomen da Übersetzungsfehler der Brandhorst-Versionen. In den Neuübersetzungen von Jung wird auch gesiezt, z.B. der Patrizier. [/klugscheißmodus]
 
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Cixin Lui - Die Drei Sonnen


Hallo, das Buch kommt aus China, das ist ein bisschen schade, weil ich aufgrund kultureller Differenzen nur Bahnhof verstehe. Das fängt schon beim Autoren (oder der Autorin?) an: was ist Vor- was ist Nachname? Es gibt bisher ungefähr 10 Personen im Buch. Oder 100. Ching Chang Chong. Wo geht es bitte zum Bahnhof? Außerdem duzen sich alle, wie auf der Scheibenwelt, da ist das allerdings lustig, hier ist es doof. Kommt ein Raketenphysiker/-in zum/zur Kaiser/-in: "Hallo, was hast du?". Hätte man in der Übersetzung ausbügeln können, genau wie die Namen. Viele Hongkong-Chinesen nennen sich doch auch Jack oder John oder so.
Dann gibt es noch irgendein Computerspiel, das noch langweiliger klingt als World Of Warcraft oder Civilization, man hätte z.B. auch Far Cry nehmen können. Halbes Buch durch und kein Bild von irgendeinem Charakter sowie keine Ahnung, worum es überhaupt geht. Es gibt glaube ich drei Bücher. Ächz.
Ach so: es gibt wirklich drei Sonnen in dem Buch, und auch eine Pyramide, das ist immerhin gut.
Echt ma, sie hätten die Protagonisten Paul oder Helga oder so nennen können und statt der Kulturrevolution etwas mit Nazis machen sollen.
Vielleicht muss man für dieses Buch Informatiker sein, so wie Herr Liu (einsilbiger Familienname, für dich an die zweite Stelle auf dem Buchdeckel gesetzt).
 
[klugscheißmodus] Das ist allerdings ein rein deutsches Phänomen da Übersetzungsfehler der Brandhorst-Versionen. In den Neuübersetzungen von Jung wird auch gesiezt, z.B. der Patrizier. [/klugscheißmodus]
Weiß ich doch, Brandhorst ist ein Genie, der hätte "Die Drei Sonnen" mit Sicherheit auch etwas freier übersetzt, so dass man es versteht.
 
Echt ma, sie hätten die Protagonisten Paul oder Helga oder so nennen können und statt der Kulturrevolution etwas mit Nazis machen sollen.
Vielleicht muss man für dieses Buch Informatiker sein, so wie Herr Liu (einsilbiger Familienname, für dich an die zweite Stelle auf dem Buchdeckel gesetzt).
Informatiker oder eben: Chinese!
In den USA werden ganze Filme neu gedreht, damit der Pöbel sie versteht, da kann man doch die Übersetzung etwas freier gestalten. Naja, muss man sich wohl durchbeißen, ein zäher Schinken.
 
Informatiker oder eben: Chinese!
In den USA werden ganze Filme neu gedreht, damit der Pöbel sie versteht, da kann man doch die Übersetzung etwas freier gestalten. Naja, muss man sich wohl durchbeißen, ein zäher Schinken.
Ich fand es wie gesagt überhaupt nicht zäh, sondern hab es recht fix durchgelesen, genau wie die beiden Nachfolgebände. Allerdings habe ich auch meiner Schwierigkeiten mit den chinesischen Namen, sie klingen halt nicht in meinem Kopf. Dabei hab ich echt viele chinesische Kollegen.
 
Apropos zäher Schinken:

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Die Erde ist kalt und es herrscht das Gesetz der Eisgöttin. Alle haben Bärte, tragen Felle und stylen sich mit Waltran. Schiffe aus der alten, grünen, warmen Welt werden als Gleitschlitten benutzt. Doch als eine Expedition aus toughen Eismännern (Nordmänner sinds ja nicht, da es überall kalt ist) zum sagenumwobenen Sitz der Eisgöttin aufbrechen, scheinen sich Gewissheiten aufzulösen wie wenn man in Schnee pisst. Dort soll die alles bedeckende Eisschicht aufgebrochen sein und sogar Häuser in den Himmel ragen. Dort ist der mythische Ort New York.

Boah. Knapp die Hälfte und es zieht sich. Wieso das Science Fiction genannt wird, ist mir ein Rätsel. Da ist nirgendwo Science drinne. Ist auch keine richtige Dystopie und im Grunde genommen ist es ziemlich langweilig. Soll wohl eins der ersten von Michael Moorcock sein - machts nicht besser. Sollte jemand Interesse haben: Nach Lektüre für Porto zu haben.
 
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Cixin Lui - Die Drei Sonnen


Hallo, das Buch kommt aus China, das ist ein bisschen schade, weil ich aufgrund kultureller Differenzen nur Bahnhof verstehe. Das fängt schon beim Autoren (oder der Autorin?) an: was ist Vor- was ist Nachname? Es gibt bisher ungefähr 10 Personen im Buch. Oder 100. Ching Chang Chong. Wo geht es bitte zum Bahnhof? Außerdem duzen sich alle, wie auf der Scheibenwelt, da ist das allerdings lustig, hier ist es doof. Kommt ein Raketenphysiker/-in zum/zur Kaiser/-in: "Hallo, was hast du?". Hätte man in der Übersetzung ausbügeln können, genau wie die Namen. Viele Hongkong-Chinesen nennen sich doch auch Jack oder John oder so.
Dann gibt es noch irgendein Computerspiel, das noch langweiliger klingt als World Of Warcraft oder Civilization, man hätte z.B. auch Far Cry nehmen können. Halbes Buch durch und kein Bild von irgendeinem Charakter sowie keine Ahnung, worum es überhaupt geht. Es gibt glaube ich drei Bücher. Ächz.
Ach so: es gibt wirklich drei Sonnen in dem Buch, und auch eine Pyramide, das ist immerhin gut.

Jo, dieses Computerspiel hat mich da auch so derartig aufgeregt, Alter, what the fuck, sowas dämliches! Hab's dann doch durchgelesen, es wurde auch irgendwann gut. Grad den zweiten Teil angefangen, und ich bin gespannt auf deine Bewertung der ersten Seiten falls du es lesen solltest...:D
 
Ich fand es wie gesagt überhaupt nicht zäh, sondern hab es recht fix durchgelesen, genau wie die beiden Nachfolgebände. Allerdings habe ich auch meiner Schwierigkeiten mit den chinesischen Namen, sie klingen halt nicht in meinem Kopf. Dabei hab ich echt viele chinesische Kollegen.
Das Thema mit den Namen hält mich auch (noch) vom Lesen ab. Jedenfalls werde ich ganz sicher nicht das Hörbuch nehmen, denn dann ist's ganz Essig mit dem Auseinanderhalten der Namen.
 
Ich lese gerade Justin Cronin Der Übergang, Band 1 einer Trilogie, habe das vor einigen Jahren mal auf Englisch begonnen, kam aber nicht richtig rein, mein Mann ist schon bei Band 2, wir können beide das Buch nicht aus der Hand legen

 
Sind mal wieder ein paar Sachen zusammengekommen in den letzten Wochen... ;) Ich fasse mal auf gewohnte Weise zusammen:

Heinz Strunk - Die Zunge Europas

Inhalt: Noch ein Strunk-Roman. Erzählt wird eine Woche im Leben von Sven, der einem typischen 90er/00er-Comedian als Zulieferer dient, sich in dieser Tätigkeit aber ebenso festfährt wie in seiner Beziehung und überhaupt seinem ganzen Leben. Es folgt logischerweise der Auf- und Ausbruch, der hier zwar einigermaßen reibungslos abläuft, stattdessen gibt's zum Ende der Handlung aber das krachende Ende einer sommerlichen Hitzewelle in Form eines Gewitters.

Kommentar: Vergleichsweise leichte Lektüre diesmal - ob's daran lag, dass es Strunks Quasi-Debüt (nach "Fleisch ist mein Gemüse") war? Immerhin tauchen hier keine exzessiven Suff-Passagen auf, ebenso wenig Glücksspiel und Fäkal-Orgien - oder zumindest kaum. Immerhin lässt sich das kleinbürgerliche Milieu von Harburg erahnen, despektierliche Beobachtungen der Mitmenschen an öffentlichen Orten (Zug, Cafés, Parks, Kneipen) gibt's auch in Hülle und Fülle, und sogar der in "In Afrika" viel stärker ausgelebte Fitness-Tick wird hier quasi eingeführt. Kann man sich geben, auch wenn der einsame Höhepunkt wohl die bizarre Formulierung (samt Klammerbemerkung, das hätte der Lektor eigentlich korrigieren wollen), vor des Erzählers Haustür sei eine Bushaltestelle "untergebracht". o_O

Benjamin von Stuckrad-Barre - Auch Deutsche unter den Opfern

Inhalt: Stuckrad-Barre beschreibt in zahlreichen offenbar ursprünglich für Zeitungen geschriebenen Artikeln Begebenheiten des öffentlichen Lebens in den Jahren 2008-2009, von der Fußball-EM bis zu diversen Bundes- und Landtagswahlen. Und so taucht dann alles wieder vor dem geistigen Auge auf, was damals so die Runde gemacht hat: Die Querelen der damaligen GroKo, der Wirbel um die ersten Smartphones und Blackberry-Geräte, Hysterie bei der Eröffnung von Elektromärkten und Outlet-Centern, Abwrackprämie, Bankenkrise, das Ankommen von Google im öffentlichen Bewusstsein, und so weiter, und so fort.

Kommentar: Ganz anders als "Blackbox" und überraschend gut. Stuckrad-Barre versteht es, die prägenden Merkmale von Personen und Dingen mit nur wenigen Worten präzise und memorabel zu skizzieren, was die Lektüre einerseits knapp hält, andererseits erlaubt, zugleich eine Vielzahl an Eindrücken anschaulich zu beschreiben. Besonders interessant sind aus heutiger Sicht natürlich die politischen Berichte: Da wird schon früh in Frank-Walter Steinmeier ein künftiger Bundespräsident ausgemacht, und auch die Karriere von anderen Leuten wie Markus Söder oder Tarek Al-Wazir wird schon quasi vorweggenommen (auf der Kehrseite stehen allerdings Politiker, die mittlerweile quasi von der Bildfläche verschwunden sind, wie u.a. Michael Naumann und Franziska Drohsel, und auch Roland Koch, Kurt Beck und Guido Westerwelle sind längst aus anderen Gründen weg vom Fenster). Aber auch die Begegnungen mit anderen Personen des öffentlichen Lebens wie z.B. Hans Magnus Enzensberger, Dieter Hildebrand, Udo Lindenberg. Großartig waren auch die Berichte über Lindenberg, Westernhagen und Grönemeyer, und zuletzt erfährt man auch noch, was es eigentlich mit der Merkel-Raute auf sich hat.

Fraglich ist natürlich, inwiefern das alles bloß so reizvoll ist, weil man sich selber an diese Zeit noch einigermaßen erinnert. Das lässt sich so natürlich nicht klären.

Juli Zeh - Unterleuten

Inhalt: Im Örtchen Unterleuten in der brandenburgischen Provinz sollen Windräder gebaut werden - der Kommune, aber mehr noch dem Besitzer des entsprechenden Flurstücks winkt damit ein Geldregen, während alle anderen schlimmstenfalls in die Röhre schauen dürften. Also postieren sich Alteingesessene und Zugezogene, Umweltschützer, Bauern, Pferdenärrinnen, Automechaniker, Schriftsteller und viele andere aus den unterschiedlichsten persönlichen Beweggründen mal für, mal gegen Energiewende und Strukturwandel. Nebenher aufgegriffen werden persönliche und allgemeine Entwicklungen aus DDR-, Wende- sowie Nachwendezeit und Gegenwart, angedeutet noch ein Generationenkonflikt.

Kommentar: Eine relativ kurze Beschreibung des Inhalts, aber ein umso dickeres Buch - mit ungefähr 650 Seiten sogar das umfangreichste, das ich in den letzten Jahren gelesen habe (na gut - seit Stephen Kings "Das Monstrum" anno 2017). Im Allgemeinen lassen sich aber verschiedene Merkmale ausmachen, die für die Autorin ziemlich typisch sein dürften: Die Hintergrundgeschichte einzelner Personen wird haarklein, bisweilen ein wenig sentimental-verklärt ausgeführt und oftmals als alleinige Antriebsfeder für das jeweilige Handeln (und damit den tatsächlichen Fortgang der Handlung) präsentiert, womit wiederum "Außenwelt" und größerer Zusammenhang, die ja sonst eigentlich den Rahmen für das sich Entwickelnde bilden sollten, oftmals auf bloße höhere Gewalt à la "Die Politik" oder "Das Wetter" reduziert wird.

In diesem Sinne ist "Unterleuten" somit zumindest als Schilderung eines dörflich-ländlichen Milieus ein ziemlicher Fehlschlag, gerade auch im Vergleich mit Dörte Hansens letztjähriger "Mittagsstunde", die in dieser Hinsicht sehr viel einfühlsamer vorgegangen ist. Das dürfte umgekehrt allerdings wohl auch dem Umstand geschuldet sein, dass sich bei Zeh die Handlung an einem sehr konkreten, punktuellen Ereignis entzündet, sich darauf konzentriert und damit längere Entwicklungen notwendigerweise aus dem Blickfeld entgleiten.

Davon abgesehen war es allerdings trotzdem relativ unterhaltsam, dieses Buch zu lesen - auch, weil immer wieder schon recht bissige Spitzen gegen die Protagonisten, ihre Herkunft, ihre Überzeugungen und ihre Irrwege ausgeteilt werden. Die einem Managment-Ratgeber geradezu hörige Pferdenärrin, der egozentrisch-distanzierte Computerspiele-Entwickler der Love-Parade-Generation, der patriarchalische, sich längst selbst überlebte ehemalige LPG-Chef, der völlig überdrehte Naturschützer, der West-Investor - niemand kommt hier wirklich gut weg oder wird zumindest halbwegs ernst genommen.

Christian Kracht - Die Toten

Inhalt: Anfang der 30er Jahre knüpft der japanische Beamte Masahiko Amakasu einen Kontakt zur Universum-Film AG in Deutschland, um einen besonders tiefsinnigen Regisseur nach Japan zu locken, mit dessen Hilfe man ein Gegengewicht zur weltweiten Dominanz von Hollywood schaffen möchte. Auf Umwegen gelangt schließlich der Schweizer Emil Nägeli nach Japan, wo sich bereits seine Verlobte Ida befindet, die ihn aber mit Amakasu betrügt. Desillusioniert begibt sich Nägeli mit seiner Kamera auf eine Odyssee durch Japan, während es Ida mit einer Karriere in Hollywood versucht.

Kommentar: Ein merkwürdiger Roman. Einerseits wirkt er mit seiner Darstellung von Politik, Kultur und Gesellschaft der frühen 30er Jahre sowie recht eigenen Blicken auf Nationalismus, Imperialismus und Kolonialismus wie eine Fortsschreibung der Tendenzen von "Imperium", zumal auch der Schreib- und Erzählstil ähnlich ist, versteift sich aber nicht darauf, sondern lässt eher darauf blicken, dass die Protagonisten irgendwie doch nicht in ihre Zeit passen und jeglicher Mode oder Trends entweder vorgreifen oder aber viel zu spät dran sind. Der entsprechende Subtext wäre dazu wohl: Geschichte passiert, und welche Rolle der einzelne darin spielt, ist völliger Zufall. Das alles wird diesmal eher tragikomisch und etwas merkwürdig strukturiert dargeboten (es dauert lange, bis die Geschichte überhaupt beginnt), aber dennoch nicht ohne Ironie. Trotzdem ein eher schwieriges Buch, aber ich werde wohl noch darüber nachdenken.

Juli Zeh - Leere Herzen

Inhalt: Im Jahr 2025 herrscht in Deutschland ein AfD-Verschnitt namens "Bewegung besorgter Bürger", Demokratie und internationaler Zusammenhalt gehen den Bach runter, aber offenbar sind alle einigermaßen glücklich. Inmitten dieser Gleichschaltung betreibt Britta eine brisante Agentur: Potenzielle Selbstmörder werden aus dem Netz gefischt, einer Therapie unterzogen und entweder geheilt - oder aber an Terrororganisationen vermittelt. Das Geschäft läuft gut - bis auf einmal ein Anschlag ohne Brittas zutun geschieht, sich ein eigenartiger Investor an Brittas Mann Richard wendet, und eine junge, zu allem bereite Frau namens Julietta bei Britta vorstellig wird.

Kommentar: Noch eines dieser berüchtigten Bücher "über die großen Fragen unserer Zeit", diesmal mit direktem Adressat an Politik (eigenartig allerdings, dass Merkel, Trump, Putin und AKP selber benannt werden, die AfD aber nur unter Chiffre auftaucht), Medien und Gesellschaft. Und ähnlich wie bei "Unterleuten" wird auch hier wieder im Wesentlichen dargestellt, wie sich Menschen mit diesen Verhältnissen zu arrangieren oder genauer gesagt ihr Leben, insbesondere die materielle Basis für ihr Privat- und Familienleben unter Kontrolle zu behalten versuchen und dabei verschiedene tief verwurzelte Neurosen offenbaren. Mithin also wieder eine Tendenz zum alles andere als doppelbödigen Melodram.

Davon ab wirkt die Schilderung von nur unwesentlich aus der Gegenwart heraus extrapolierter bürgerlicher Lebensentwürfe natürlich gewohnt abstoßend und verwundert auch deshalb, weil sich hier mal wieder niemand in die Fundamentalopposition begibt, sondern auf seine Weise immer noch irgendwie den Anschluss an den allgemeinen Zeitgeist sucht. Wer weiß, vielleicht ist Juli Zeh für sowas mittlerweile schon zu etabliert...? Zudem gibt's noch einige dieser alten Zeh-Malaisen, die die Erzählung (Er-zeh-lung?) etwas zu konstruiert wirken lsssen, namentlich diese zahlreichen Rückblenden, die die Vergangenheit (wider besseren Wissens) als etwas bombenfestes, auf jeden Fall für alle Zeiten sicher definiertes präsentieren. Na ja.

Albert Camus - Der Fremde

Inhalt: Im Algerien der 30er Jahre reist Meursault zum Begräbnis seiner Mutter, beginnt eine Beziehung, freundet sich mit seinem Nachbarn Sintès an, macht weitere Bekanntschaften - und wird schließlich unversehens zum Mörder, als er am Strand mit Sintès' Revolver einen Araber erschießt, dessen Bruder zuvor mit Sintès in Streit geraten war. Im Gerichtsprozess bemühen sich schließlich alle, in Meursault, der alles über sich ergehen lässt, einen eiskalten und absolut gewissenlosen Außenseiter zu sehen, und verurteilen ihn zum Tode.

Kommentar: Noch ein Klassiker, der seite Stärken voll ausspielen kann. Die einfache, knappe und unmittelbare, fast im Stile eines Tagebuchs gehaltene Sprache macht in ihrer Lakonik die Kernaussagen nur umso deutlicher, also das Zweifeln am Sinn der menschlichen Existenz oder überhaupt an irgendeinem Sinne hinter dem, was gemeinhin "Kausalität" genannt wird. Umgekehrt wird auch deutlich, dass nicht mal außergewöhnliche Ideologien nötig sind, um Misanthropie ausleben zu können - dazu genügt schon eine einfache Verneinung dessen, was die Gesellschaft nach außen hin zusammenhält, i.e. in bloßen Ritualen erstarrter Religion und nicht weniger fadenscheiniger "bürgerlicher Werte".
 
(Bild kommt übermorgen, vielleicht auch erst Samstag oder nächste Woche)
Die Chroniken des Cthulu Mythos, Band 2
Ach, ich beginne die erste Erzählung und lese Poe, Poe, Poe... schön, wenn Autoren so offen mit ihrer Inspiration umgehen. Zudem ist Berge des Wahnsinns mit gutem Einstand gesegnet, ich hoffe auf eine Steigerung zum Vorgänger (und dass sich die Wissenschaftler auch zum Ende hin nicht wie blinde Frösche verhalten).
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe gerade mit "Die Optimierer" von Theresa Hannig angefangen. Ist eine Dystopie, welche Mitte des 21. Jahrhunderts angesiedelt und sehr gute Kritiken bekommen hat. Ich bin ja einer, der immer sehr skeptisch ist, wenn Namen von Klassikern wie "Schöne, neue Welt" oder aber auch "1984" in die Wagschale geworfen werden. Bin verhalten optimistisch.
 
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