Allgemeiner Bücher-Thread

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Wage mich jetzt mal an diesen Klassiker. Morbide Faszination nach bisher 110 Seiten. Als nächstes ist Tolstoj dran.
Ohh - Dostojewskij und Tolstoi muss ich mich auch mal geben. Aktuell habe ich mal wieder zum Rougon-Macquart-Zyklus von Emil Zola gegriffen.

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Zola, der einen ganz wunderbar lesbaren Schreibstil hatte, „studiert“ in seiner Romanserie Triebe, Antriebe, Leidenschaften und Schicksale rund um Familienmitglieder der Rougon-Macquart. In seinem naturalistische Ansatz gibt er dem Leser wunderbare Einblicke in das Leben und Sozialgefüge unterschiedlichster Schichten in und um Paris in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Aktuell bin ich im „Bauch von Paris“, in dem das Leben um den Zentralmarkt in Paris im Zentrum steht. Es geht weniger um eine Story, die sich entwickelt und vorangetrieben wird, als um die unterschiedlichsten Charaktere die in diesem Umfeld aufeinander treffen. Nichts für Thriller-Fans, aber für mich trotzdem unglaublich spannend.
 
Ohh - Dostojewskij und Tolstoi muss ich mich auch mal geben. Aktuell habe ich mal wieder zum Rougon-Macquart-Zyklus von Emil Zola gegriffen.

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Zola, der einen ganz wunderbar lesbaren Schreibstil hatte, „studiert“ in seiner Romanserie Triebe, Antriebe, Leidenschaften und Schicksale rund um Familienmitglieder der Rougon-Macquart. In seinem naturalistische Ansatz gibt er dem Leser wunderbare Einblicke in das Leben und Sozialgefüge unterschiedlichster Schichten in und um Paris in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Aktuell bin ich im „Bauch von Paris“, in dem das Leben um den Zentralmarkt in Paris im Zentrum steht. Es geht weniger um eine Story, die sich entwickelt und vorangetrieben wird, als um die unterschiedlichsten Charaktere die in diesem Umfeld aufeinander treffen. Nichts für Thriller-Fans, aber für mich trotzdem unglaublich spannend.

Ich hab die komplette Reihe links von mir im Regal stehen. Damals zu Zivildienst-Zeiten mit der Reihe begonnen und im Laufe der Jahre alle Bände verschlungen. Hat mich unbewusst sehr geprägt.
Seitdem habe ich bei jedem Paris-Besuch einen Abstecher zu seinem Grab gemacht.
 
Ich hab die komplette Reihe links von mir im Regal stehen. Damals zu Zivildienst-Zeiten mit der Reihe begonnen und im Laufe der Jahre alle Bände verschlungen. Hat mich unbewusst sehr geprägt.
Seitdem habe ich bei jedem Paris-Besuch einen Abstecher zu seinem Grab gemacht.
Am meisten freue ich mich auf „Der Totschläger“ und „Germinal“, möchte aber die Bücher gerne in der Reihe der Erscheinung lesen - da hab ich also noch was vor mir :)
 
Am meisten freue ich mich auf „Der Totschläger“ und „Germinal“, möchte aber die Bücher gerne in der Reihe der Erscheinung lesen - da hab ich also noch was vor mir :)

Ha, mit dem Totschläger habe ich damals begonnen. Ich habe querfeldein gelesen, so wie die Bücher damals auffinden konnte. Die beiden von dir genannten, zusammen mit Nana sind mir in Erinnerung geblieben, ach und natürlich der Bauch.
 
Ich lese die in der Reihenfolge, wie sie erschienen sind. Also aktuell Band 18.

Gut so.
Gefallen dir alle Bände?
Habe mit diesem riesigen Werk neulich angefangen und Band 1 in einem Rutsch gelesen. Großartig. :)
Nun hänge ich allerdings bei Band 2 und finde es etwas arg wirr. Habe in diesem Zusammenhang häufiger gelesen, dass man sich durch die ersten 1-3 Bände etwas "kämpfen" muss, der Spaß dann aber sozusagen beginnt. Ging dir das auch so?
 
Ich habe gerade entdeckt, dass der aktuelle Harry Hole als Taschenbuch erschienen ist. Da werde ich wohl mal meine örtliche Buchhandlung heimsuchen müssen.

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Gut so.
Gefallen dir alle Bände?
Habe mit diesem riesigen Werk neulich angefangen und Band 1 in einem Rutsch gelesen. Großartig. :)
Nun hänge ich allerdings bei Band 2 und finde es etwas arg wirr. Habe in diesem Zusammenhang häufiger gelesen, dass man sich durch die ersten 1-3 Bände etwas "kämpfen" muss, der Spaß dann aber sozusagen beginnt. Ging dir das auch so?

Ja, war bei mir ähnlich. Aber da warten einige geile Sachen auf dich: "Pyramiden", "Wachen! Wachen!", "Voll im Bilde"...alles absolut klasse :top:. Den Vogel abgeschossen haben für mich bislang "Rollende Steine" und "Echt zauberhaft", da hab ich echt Tränen gelacht :D.
 
So, hier mal die letzten zwei Monate in der Zusammenfassung:

Sven Regener - Wiener Straße

Inhalt: Und wieder ist November 1980. Frank Lehmann lebt sich in Berlin ein und beginnt, im Café Einfall als Putzkraft zu jobben, aber wichtiger ist ohnehin, was um ihn herum passiert: Die einen (Karl Schmidt, H.R. Ledigt, P. Immel) machen Kunst, die anderen (Erwin Kächele, Chrissie, Marko) Geschäfte und der Rest wurschtelt sich halt irgendwie durch das alternative Kneipenmilieu der Zeit durch. Dazwischen funken noch ein paar Österreicher mit und ohne Heimweh und viele per sprachlicher Ausfälle entlarvte Möchtegern-Berliner herum. Und das war's dann eigentlich auch schon.

Kommentar: Und noch ein Regener-Roman aus dem Lehmann-Universum, diesmal unschwer erkennbar die direkte, direkte Fortsetzung von "Der kleine Bruder". Auffällig ist diesmal, dass Lehmann selber eigentlich an den Rand gedrängt wird und - zum ersten Mal in den mir bekannten Romanen von Regener - aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Ansonsten sind die Stilmittel natürlich längst bekannt: Grübelnde Endlossätze und auf das Nein-Doch-Nein-Doch-Schema hinauslaufende Dialoge, unterbrochen von gelegentlichen grammatikalisch-linguistischen Einwürfen, und überhuapt viele Redundanzen. Wie auch die Handlung an sich überschaubar ist (hier wurde der Inhalt dann auch prompt auf zwei Sätze runtergebrochen) und wiederum der Roman - genau wie "Der kleine Bruder" und damit anders als Regeners Großtaten "Herr Lehmann" und "Neue Vahr Süd" - ohne seine serielle Einbettung überhaupt keinen Sinn ergeben würde.

Ansonsten wirkt "Wiener Straße" dann überdies noch ein wenig konstruiert - ein weiterer Mangel, den dieser Roman mit "Der kleine Bruder" teilt. Kein Wunder, denn auch hier geht's ja schließlich darum, dass der Inhalt irgendwie an beide Enden anknüpfen muss (und es ist zu vermuten, dass Regener den Raum bis "Herr Lehmann" noch mit weiteren einschlägigen Erzählungen füllen wird, denn schließlich gilt es ja noch einige Nebenfiguren in diesen Kosmos einzuführen und andere wiederum hinauszukomplimentieren). Recht albern waren auch die ganzen Österreicher-Stories rund um P. Immels ArschArt-Kommune, die kaum über sprachliche und kulinarische Klischees hinauskamen (und wahrscheinlich nur ein fixer Einfall mit Blick auf den Titel waren - der Großteil des entsprechenden Personals kommt in der Tat aus Wien). Genau so stereotyp nichtssagend wie die Darstellung von Toni Brenner in Benedict Wells' "Vom Ende der Einsamkeit" und ebenso überflüssig. Nee, kein soooo guter Roman.

Spätere Anmerkung: Na, irgendwie ist er mir schon noch im Kopf rumgespukt, dieser Text, und mittlerweile kann ich zumindest der Aussage zustimmen, dass hier in der Handlung hauptsächlich die Frage nach dem Wesen der Kunst verhandelt wird - stichhaltige Punkte dafür gibt's ja, vor allem in H.R. Ledigts gesamten Tätigkeiten (die ganze "Deutscher Kuchen"-Geschichte beispielsweise), der ArschArt-Aktionskunst oder selbst in solchen Miniaturen wie jener, dass Nachbar Marco, dem Erwin partout keinen Job am Tresen geben wollte, in dessen Abwesenheit dann einfach Ausschank und Kassieren pantomimisch nachstellt. Allerdings: Eine ähnliche Künstlichkeit zeichnet eben auch den Roman an sich als Ganzes aus, sodass ich auch mit diesen Gedanken im Hinterkopf nicht so wirklich einverstanden mit diesem Werk bin.

Frank Goosen - Raketenmänner

Inhalt: Eine Episodengeschichte über Männer im, vor oder neben dem Berufsleben: Journalist Kamerke versucht, seine Frau zu betrügen, während er unter anderem Ex-Profifußballer Krupke, ein alterndes Beatles-Groupie und Randy Newman interviewt. Wenzel jr. übernimmt einen alten Plattenladen mit Geld von seinem Cowboy-Opa. Energie-Manager Frohnberg wäre viel lieber in einem Haus am Meer statt auf einer öden Konferenz. Sein Mitarbeiter Ritter lässt sich gefälschte S-Bahn-Tickets andrehen. Elektromarkt-Mitarbeiter Kobusch lädt den Fußballjournalisten Garretsen zu sich nach Hause ein, der sich aber seiner Manneskraft nicht mehr sicher ist. Der alleinerziehende Schriftsteller Riedel schreibt anstelle seines Romans ein Essay über Eskapismus und versucht, eine Affäre vor seinen Kindern zu verbergen. Anwalt Overbeck ist zwischen seiner Frau und einer Jugendliebe hin und her gerissen und vergisst darüber seine Klienten. Kleinkünstler Sabolewski schlawinert sich durchs Leben und serviert Blind Dates ab, findet schließlich aber doch wieder einen Draht zu seinem Vater, der Musikerlegende Wolff...

Kommentar: Nein, wirklich alle Handlungsstränge bekomme ich nicht mehr zusammen, so groß ist das Panoptikum an mehr oder weniger lose miteinander verknüpften Personen hier. Trotzdem hatte ich beim Lesen sicher eine gute Zeit - viele der Wendungen und Abläufe sind ebenso alltäglich wie skurril. Zudem schafft es Goosen immer wieder, durch völlig schräge (und dankenswerterweise ebenso unerklärte wie ungelöste) Ereignisse seine Figuren und natürlich auch den Leser zu verstören (wenn beispielsweise in Frohnbergs Garten ein an einem Heliumballon befestigter toter Maulwurf geschwebt kommt, die Clique um Kobusch und Garretsen loszieht, um ein im Haus gegenüber vermutetes Gewaltverbrechen zu verhindern, Krupke eine mysteriöse Morddrohung erhält oder sich der Vorbesitzer des Plattenladens als verhinderter Schlagerstar mit dem unsinnigen Titel "Ich hole dir die Wolken vom Himmel" entpuppt).

Es ist also eher der Erzählstil denn die Handlung, die diesen Roman (keine Kurzgeschichtensammlung, wie vielleicht zu vermuten wäre...) trägt - und natürlich das verbindende Thema der Existenz- und Sinnsuche. Auch wenn es Goosen hier dem Leser schon deshalb einfach macht, weil die zentrale Frage "Bin ich das geworden, was ich werden wollte?" schon hinten auf dem Klappentext steht. Immerhin liefert Goosen hierfür keine einfache Antwort, sondern gibt hier feinfühligerweise stattdessen eine Menge interessanter Stichworte und Ansätze. Einziger Schwachpunkt ist vielleicht die passive Rolle, die Frauen in diesem Konstrukt einnehmen: "Raketenmänner" trägt's ja schon im Titel, dass es hier vorwiegend um eine maskuline Perspektive auf das Leben und seine Fragen geht. Heute würde man sowas sicher zu einem Thema machen. Aber dann ließe sich ein solches Buch wohl auch nicht - wie in diesem Fall geschehen - in knapp drei Stunden durchlesen.

------------- hier muss ich dann doch mal einen Schnitt machen... ------------
 
Daniel Kehlmann - Ruhm

Inhalt: Noch ein personell locker und thematisch eng verknüpfter Episodenroman: Der Schauspieler Ralf Tanner verliert seine Identität, weil jemand anders seine Handynummer erhält und er selber beim Imitationswettbewerb nur Zweiter wird. Schriftsteller Leo Steiner langweilt sich auf Vortragsreisen durch Südamerika und würde viel lieber das scheinbar aufregende Leben seiner in Krisengebieten als Ärztin tätigen Freundin Elisabeth leben (oder lieber nicht). Seine Figuren, die todkranke Rosalie und die reisende Ärztin Lara entwickeln dagegen ein mysteriöses Eigenleben. Derweil geht Steiners Kollegin, die Krimiautorin Maria Rubinstein, bei einer ähnlichen Reise in Zentralasien gänzlich verloren. Büro-Geek Mollwitz dagegen notiert in den kruden Worten eines Forenposts seine Erlebnisse auf einer Tagung, die nach der Begegnung mit eben jenem Leo Steiner völlig daneben geht. Sein Chef wiederum laviert zwischen Fernbeziehungs-Ehe und lokaler Liebschaft, bis sich plötzlich unüberbrückbare Probleme häufen. Und schließlich landen wir nochmals bei Elisabeth und Leo, diesmal direkt im Kriegsgebiet...

Kommentar: Na, vieles wurde schon über diesen Roman geschrieben und über sein Spiel mit Fiktion und Metafiktion, der einige Kritiker ja glatt eher abgeschmackten Postmodernismus vorgeworfen haben, über seinen Umgang mit moderner Kommunikationstechnik und eventuelle Bezüge zu Kehlmanns Karriere selbst (jaja, die alte Malesche, wenn Schriftsteller über Schriftsteller schreiben und so). Insofern kann ich hier ganz bequem auf diesen Diskurs verweisen, anstatt hier meine eigene Interpretation auszubreiten. ;) Ansonsten liest sich der Text ziemlich flüssig, unterhaltsam und gut ausbalanciert, sodass ich das hier definitiv weiterempfehlen kann.

Eine Sache, an der dennoch natürlich aus heutiger Sicht eingehakt werden muss: Die Technik. Wie erwähnt stehen ja Mobiltelefone ziemlich im Mittelpunkt der Handlung, und es wird natürlich deutlich, dass Kehlmann bei diesem Begriff noch an die Vor-Smartphone-Zeit denkt. Ein paar Jahre später wäre die Handlung angesichts der gewachsenen Fähigkeiten und Omnipräsenz solcher Geräte so vermutlich gar nicht mehr möglich gewesen, zumal längst stärker über Bilder denn über Worte kommuniziert wird und sich viele der Verwicklungen hier so gar nicht erst ergeben bzw. viel eher aufgeklärt hätten. Ob sowas verhindert, dass "Ruhm" ein zeitloses Buch sein könnte? Ebenfalls amüsant ist natürlich noch Mollwitz' Beitrag, der ebenfalls an längst vergangene Zeiten des Internet erinnert. Auch das würde sich heutzutage nicht mehr in einem Forum abspielen, sondern komplett auf Social Media - und auch hier einen anderen Ausgang bzw. Verlauf nehmen.

Henning Mankell - Die italienischen Schuhe

Inhalt: Der ehemalige Chirurg Frederik Welin hat sich nach mehreren Rückschlägen in die fast totale Isolation auf eine Schäreninsel, die schon seinem Großvater gehört hat, zurückgezogen: Vor Jahren hatte er einer Patientin versehentlich den falschen Arm amputiert. Hinzu kommt noch die viel länger zurückliegende Geschichte: Seine Verlobte Harriet hatte er vor einem Studienaufenthalt im Ausland unvermittelt sitzen gelassen. Nun steht aber eines Wintermorgens gerade jene Harriet, gealtert, alkoholsüchtig und schwer krank, vor der Tür und fordert von Frederik, ein Versprechen einzulösen: Das nächtliche Bad in einem pechschwarzen Waldsee in Nordschweden. Im Bewusstsein, seiner Vergangenheit nicht (mehr) entkommen zu können, macht sich Welin also doch auf die Reise... und entdeckt noch so einiges mehr.

Kommentar: Offenkundig handelt es sich hierbei um (a) keinen Krimi, aber dass Mankell auch über andere Sachen als Kommissar Wallander geschrieben hat, dürfte hoffentlich bekannt sein, und (b) um so eine Art Alterswerk. Krankheit, Sterblichkeit, Tod und Verfall einerseits sowie Erinnerungen, Lebensgeschichten und diese durchziehende Kausalitäten andererseits sind die zentralen Themen dieses Romans, zusammengefasst schließlich zur Frage nach der Unentrinnbarkeit von Schicksal und Verantwortung. Was dann auch schon der größte Reiz an der Story wäre, denn zwar erzählt Mankell ziemlich routiniert, lässt seine Figuren aber auch mit Makeln und Unzulänglichkeiten behaftet sowie tendenziell unsympathisch erscheinen, sodass Identifikation eher schwer fällt. Na ja, und der Titel ist schon etwas weit hergeholt. Der Nebenplot um einen exklusiven und uralten Schumacher, der aus Italien nach Nordschweden umgesiedelt ist und für die Prominenz der Welt pro Jahr 2-3 Schuhe von Hand anfertigt, wirkt da ziemlich surreal und innerhalb der Handlung wie ein bizarrer Stilbruch.

Rocko Schamoni - Fünf Löcher im Himmel

Inhalt: Paul Zech, 66 Jahre alt, hat nach der Zwangsräumung seiner Wohnung eigentlich alles verloren - bis auf seine in einem Tagebuch niedergeschriebenen Erinnerungen an die Schulzeit. Und darin stöbert er, während er zugleich halbkriminell im Datsun 240Z seiner spontanen Kneipenbekanntschaft Pocke durch Norddeutschland stromert und sich verschiedentlich als Zechpreller oder in verlassenen Ferienwohnungen durchschlägt. Denn damals, im Sommer 1966, verliebte sich Paul während der Probe zu einem Schultheaterstück in Mitschülerin Katharina und seine Lehrerin Frau Zucker zugleich, musste aber ebenso die wechselseitige Eifersucht zu Hauptdarsteller und Nebenbuhler Franz Keil sowie den alkoholischen Verfall seines Vaters erdulden. So schwebt dann auch hier über allem die Frage: Wie bin ich der geworden, der ich heute bin?

Kommentar: Das ist nach "Tag der geschlossenen Tür" erst mein zweiter Schamoni-Roman, aber auch hier liegen Parallelen auf der Hand: Die eigenbrötlerische, distanzierte Hauptfigur, die norddeutsche (und dänische) Provinz zwischen Rømø und Schillig, der leichte Hang zur Anarchie. Dabei ist "Fünf Löcher im Himmel" allerdings weitaus melancholischer und ernster ausgefallen. Gerade auch die Tagebucheinträge sind in der Ausleuchtung der jugendlichen Psyche sehr, sehr stichhaltig, zumal Schamoni hier zwar - gänz ähnlich wie Kollege Heinz Strunk in "Fleckenteufel" oder "Junge rettet Freund aus Teich" - einen sensiblen Außenseiter, aber - genau anders als eben Strunk - keinen völligen Freak porträtiert. Zwar ist diese Form der Darstellung natürlich auch ein wenig abgegriffen, ergänzt dafür aber ganz gut die um einiges abgehobenere Handlung in der Gegenwart, die dann wiederum - wohl auch aufgrund des Wechsels der Erzählperspektive - ein wenig hölzern geschrieben ist. Es ist also genau dieser Gegensatz, der "Fünf Löcher im Himmel" eine gewisse Stärke verleiht und auch die inhaltlichen Aussagen unterstreicht, denn beides für sich genommen wäre wohl weniger bemerkenswert gewesen.

Rocko Schamoni - Sternstunden der Bedeutungslosigkeit

Inhalt: Michael Sonntag lässt sein Kunststudium schleifen, lebt in den Tag hinein und schlägt sich mit Gelegenheitsjobs als Plakatekleber, Roadie und schließlich Thekenkraft durch. Dazwischen liegen ein bisschen Anarchie, Begegnungen mit allerlei Gesindel, Affären und Sex, noch mehr Gedanken und Grübeleien über die Welt und das Leben an sich, aber eigentlich sucht Sonntag nur den Draht zu seiner angehimmelten Nachbarin, der Escort-Dame Mia.

Kommentar: Das ist wohl der Vorgänger zum letztes Jahr gelesenen "Tag der geschlossenen Tür" und teilt mit diesem auch viele Gemeinsamkeiten. So gibt's in beiden Romanen surreale Dialoge mit toten Tieren (hier: Ein samt Aquarienwasser getrunkener Guppy, dort eine tote Fliege) und diverse bizarre Eskapaden. Trotz einigem Humor werde ich aber auch hiermit nicht so wirklich warm. Vieles, über das Schamoni hier referiert, wirkt eher beliebig und so ziellos wie der Protagonist und ist darüber hinaus sprachlich und stilistisch eher banal umgesetzt. Gut - bei einem solchen Titel sollte man wohl nichts anderes erwarten. Na, Schwamm drüber.

Terry Pratchett - Schöne Scheine

Inhalt: Postminister Feucht von Lipwig langweilt sich - gut, dass Patrizier Vetinari noch andere Baustellen in Ankh-Morpork kennt, für die Lipwigs Talent zur Improvisation bestens geeignet ist. Diesmal an an der Reihe: Die Münzanstalt und die daran angeschlossene Bank, und auf kuriosen Umwegen wird Lipwig doch noch zum Direktor dieser Einrichtungen gemacht. Und auch hier gibt es allerhand zu erledigen: Renitentes alteingesessenes Personal in Gestalt von Hauptkassierer Mavolio Beuge, raffigierige Anteilseigner in Gestalt von Familie Üppig rund um den besessenen Möchtegern-Vetinari Cosmo, die mit Verlust arbeitende Prägeanstalt. Wirklich ernst wird es aber erst, als sich herausstellt, dass das zur Deckung des Ankh-Morpork-Dollars vorgesehene Gold aus dem Tresor der Bank plötzlich verschwunden ist...

Kommentar: Dieser Scheibwenwelt-Roman führt im Wesentlichen die Linie seines Vorgängers "Ab die Post" fort: Auch hier wird eine Einrichtung der Realität erst in dieses Universum transferiert und dort dann durch Lipwigs Gewitztheit, Vetinaris Kalkül und die sonstigen vorwiegend magischen Eigenarten dieser Welt gehörig durch die Mangel gedreht. Das ist an sich nichts Neues, aber auch hier auf hohem Niveau unterhaltsam, wobei die eigentliche Würze wieder mal in den ganzen Nebenfiguren und -handlungen liegt. Im Vergleich zu sonstigen Romanen war daneben noch eigenartigerweise zu bemerken, dass sich die Handlung hier eher langsam aufgebaut hat, dass also die tatsächlichen Konflikte und relevanten Aspekte und Motivationen erst spät zutage traten, dann aber in umso gewaltigerer Form. Vielleicht lag gerade das am Umgang mit der qua Prämisse der Handlung kaum zu vermeidenden Ähnlichkeit zu "Ab die Post", von der sich Pratchett somit zwar nicht völlig lösen, die er in einigen Punkten aber dennoch eben geschickt ausgeräumt hat.

Bei mir hat diese Lektüre übrigens durchaus wieder Interesse an der Scheibenwelt geweckt. Eigentlich hatte ich diese Sachen ja von ca. 2006-2008 wie besessen gelesen, danach ist mein Eifer aber erlahmt... und jetzt stelle ich fest, dass ich doch noch einiges aufzuholen habe. Mal schauen. ;)
 
Inhalt: Postminister Feucht von Lipwig langweilt sich - gut, dass Patrizier Vetinari noch andere Baustellen in Ankh-Morpork kennt, für die Lipwigs Talent zur Improvisation bestens geeignet ist. Diesmal an an der Reihe: Die Münzanstalt und die daran angeschlossene Bank, und auf kuriosen Umwegen wird Lipwig doch noch zum Direktor dieser Einrichtungen gemacht. Und auch hier gibt es allerhand zu erledigen: Renitentes alteingesessenes Personal in Gestalt von Hauptkassierer Mavolio Beuge, raffigierige Anteilseigner in Gestalt von Familie Üppig rund um den besessenen Möchtegern-Vetinari Cosmo, die mit Verlust arbeitende Prägeanstalt. Wirklich ernst wird es aber erst, als sich herausstellt, dass das zur Deckung des Ankh-Morpork-Dollars vorgesehene Gold aus dem Tresor der Bank plötzlich verschwunden ist...

Kommentar: Dieser Scheibwenwelt-Roman führt im Wesentlichen die Linie seines Vorgängers "Ab die Post" fort: Auch hier wird eine Einrichtung der Realität erst in dieses Universum transferiert und dort dann durch Lipwigs Gewitztheit, Vetinaris Kalkül und die sonstigen vorwiegend magischen Eigenarten dieser Welt gehörig durch die Mangel gedreht. Das ist an sich nichts Neues, aber auch hier auf hohem Niveau unterhaltsam, wobei die eigentliche Würze wieder mal in den ganzen Nebenfiguren und -handlungen liegt. Im Vergleich zu sonstigen Romanen war daneben noch eigenartigerweise zu bemerken, dass sich die Handlung hier eher langsam aufgebaut hat, dass also die tatsächlichen Konflikte und relevanten Aspekte und Motivationen erst spät zutage traten, dann aber in umso gewaltigerer Form. Vielleicht lag gerade das am Umgang mit der qua Prämisse der Handlung kaum zu vermeidenden Ähnlichkeit zu "Ab die Post", von der sich Pratchett somit zwar nicht völlig lösen, die er in einigen Punkten aber dennoch eben geschickt ausgeräumt hat.

Bei mir hat diese Lektüre übrigens durchaus wieder Interesse an der Scheibenwelt geweckt. Eigentlich hatte ich diese Sachen ja von ca. 2006-2008 wie besessen gelesen, danach ist mein Eifer aber erlahmt... und jetzt stelle ich fest, dass ich doch noch einiges aufzuholen habe. Mal schauen. ;)
Das "like" gibt's für den Pratchett. :top:

Hier liegt zufällig gerade auf dem Nachttisch
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(Pratchett - Winterschmied. Falls das Bild flöten geht ... )
 
Gleich ist es Mitternacht. Zeit für:

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Mark Z. Danielewski - House Of Leaves


Ich bin unglaublich gespannt. Zwischendrin gebe ich mal Laut, wenn das Buch angefangen hat, mich zu verschlucken.

Eine gute Reise wünsche ich dir und geh nicht verloren in diesem Labyrinth von einem Buch, dem wohl wichtigsten meines Lebens. Fast beneide ich dich um die Erfahrung der erstmaligen Lektüre, denn ich kann mich noch genau daran erinnern, was diese Geschichte, die eher einer alles verschlingenden Wesenheit gleicht, mit mir gemacht hat und wann und unter welchen Umständen ich welche Passage las.
 
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