Allgemeiner Bücher-Thread

Sorry für die späte Antwort. Bin beeindruckt wie das Buch anscheinend irgendwie die richtigen Interessenfelder getroffen hat. Ich bin gespannt wie sich die doch recht gewaltige Lektüre weiter in Euren Erforschungen entfalten wird. Ich muss da auch mal wieder eintauchen. Es hatte mich wie gesagt bei meinem ersten Kontakt sehr tief und nachhaltig bewegt. Paglia hat da auch wirklich eine sehr freie und natürliche Herangehensweise die wie ich finde viele normale zu sehr überdachte Erörterungen dieser Bereiche übertrifft oder in der Tiefe unterwandert. Diese art und weise diese archaischen Mächte zu sehen, zu erspüren um sie offen in ihren Kräften zu treffen.

Wir hatten ja bei unserem Treffen schon mal darüber gesprochen, dass der Themenkomplex Libido und Destrudo bei @RidingOnTheWind und mir einen zentralen Platz einnimmt, Schaffenswillen, Lebenspraxis und Weltaneignung verbindend. Von daher finde ich solche Annäherungen grundsätzlich interessant, vor allem, wenn sie ins Kulturgeschichtliche und Anthropologische herübergreifen. Ich hatte mal so eine reduktionistische Phase, in der ich der Frage nachging, was der kleinste gemeinsame Nenner des Lebens sei. Die Antwort lautete für mich damals: Angst. Angst vor dem Sterben, vor Schmerzen, vor Verlust, vor dem Hunger, vor ausbleibender Fortpflanzung, dem Verenden der Brut, vor allem.

Mittlerweile denke ich, es ist vielmehr eine Kombination aus Angst und Lust. Vielleicht ist sogar die Lust ein Bote der Angst in Mimikry? Denn sind nicht Lust und Angst in ihren elementaren, körperlichen Manifestationen fast wie Zwillinge? Der fleischliche Hunger ist nach angstvollen Erlebnissen oft besonders machtvoll. Zugleich ziehen die Menschen Lustgewinn aus inszenierten (aber auch im erleichterten Nachgang unwillkürlicher) Schreckenssituationen, in denen sie sich sicher und bedroht zugleich fühlten und setzen diesen Schwall an Eindrücken und Hormonstürmen in Sex um oder empfinden einfach Genuss beim Nachspüren dieser Empfindungen. Libido und Destrudo eben.

Hm, muss ich mal näher drüber nachdenken und ein dickes Buch schreiben - oder so'n Kunst-Porno drehen...!
 
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Das letzte von mir ausgelesene Buch war "The Raven Tower " von Ann Leckie. Die Autorin ist bekannt für ihren "Imperial Radch" Space-Opera-Zyklus, dies hier ist aber eher im Fantasy angesiedelt. Wie bei Imperial Radch passiert eher wenig, dafür wird um so mehr geredet. Das Buch ist eher experimentell geschrieben, im Wechsel wird aus der Ich-Perspektive einer alten Gottheit des Nordens und aus der Du-Perspektive eines Kriegers, der trans und der Helfer des zu Unrecht um seinen Thron betrogenen Prinzen ist erzählt. Wie in der Space-Opera gibt es haufenweise Intrigen, die Götter sind nicht allmächtig, sondern beziehen ihre Kraft aus den Gebeten und Opfern der Menschen und verbrauchen sie über das gesprochene Wort, dass entweder wahr wird, oder bei Unmöglichkeit der Erfüllung den Gott sogar töten kann.

Für Fans von "Sword & Sorcery" ist das hier definitiv nichts, aber wer "Ancillary Justice" gelesen und verstanden hat, der dürfte sich hier auch heimisch fühlen.
 
Wir hatten ja bei unserem Treffen schon mal darüber gesprochen, dass der Themenkomplex Libido und Destrudo bei @RidingOnTheWind und mir einen zentralen Platz einnimmt, Schaffenswillen, Lebenspraxis und Weltaneignung verbindend. Von daher finde ich solche Annäherungen grundsätzlich interessant, vor allem, wenn sie ins Kulturgeschichtliche und Anthropologische herübergreifen. Ich hatte mal so eine reduktionistische Phase, in der ich der Frage nachging, was der kleinste gemeinsame Nenner des Lebens sei. Die Antwort lautete für mich damals: Angst. Angst vor dem Sterben, vor Schmerzen, vor Verlust, vor dem Hunger, vor ausbleibender Fortpflanzung, dem Verenden der Brut, vor allem.

Mittlerweile denke ich, es ist vielmehr eine Kombination aus Angst und Lust. Vielleicht ist sogar die Lust ein Bote der Angst in Mimikry? Denn sind nicht Lust und Angst in ihren elementaren, körperlichen Manifestationen fast wie Zwillinge? Der fleischliche Hunger ist nach angstvollen Erlebnissen oft besonders machtvoll. Zugleich ziehen die Menschen Lustgewinn aus inszenierten (aber auch im erleichterten Nachgang unwillkürlicher) Schreckenssituationen, in denen sie sich sicher und bedroht zugleich fühlten und setzen diesen Schwall an Eindrücken und Hormonstürmen in Sex um oder empfinden einfach Genuss beim Nachspüren dieser Empfindungen. Libido und Destrudo eben.

Hm, muss ich mal näher drüber nachdenken und ein dickes Buch schreiben - oder so'n Kunst-Porno drehen...!

Ulf, darf ich mal was Naives fragen: Wie stehen überhaupt die Chancen derzeit auf dem endzeitlich umkämpften Büchermarkt einen Verleger zu finden? Damit hast du dich doch bestimmt beschäftigt, bevor du dich dazu entschieden hast, dein Buch selbst zu veröffentlichen. Ich meine, selbst in den 70ern hatten die ersten sieben Verlage das Manuskript vom King abgelehnt. Und siehe J.K. Rowling. Suchen die Verleger nicht immer denselben Schrott, ohne wirklich die Augen offenzuhalten nach Neuem? Oder ertrinken die in der Flut an Zeug, das denen geschickt wird und überfliegen, wenn überhaupt, nur die Zusendungen?
 
Penny Markt 5€:
Dan Brown -- Inferno
Lübbe Thriller

Umschlag:
Robert Langdon, der berühmte
Symbolforscher aus Havard, hat einen
Traum: Eine verschleierte Frau steht am
Ufer eines Flusses, dessen Fluten von Blut
rot gefärbt sind.

Aus dem amerikanischen Englisch
von Axel Merz und Rainer Schumacher

Für meine Eltern ...

Die heißesten Orte der Hölle sind reserviert für jene,
die in Zeiten moralischer Krisen nicht Partei ergreifen.

Alle Werke der Kunst und Literatur in diesem
Roman existieren wirklich.
Die wissenschaftlichen und historischen
Hintergründe sind wahr.

Prolog
Ich bin der Schatten.
Ich fliehe durch die trauernde Stadt.

Kapitel 1
Die Erinnerungen kehren nur langsam zurück ...
wie Blasen, die aus den Tiefen eines bodenlosen Brunnens
an die Oberfläche steigen.
 
Ulf, darf ich mal was Naives fragen: Wie stehen überhaupt die Chancen derzeit auf dem endzeitlich umkämpften Büchermarkt einen Verleger zu finden? Damit hast du dich doch bestimmt beschäftigt, bevor du dich dazu entschieden hast, dein Buch selbst zu veröffentlichen. Ich meine, selbst in den 70ern hatten die ersten sieben Verlage das Manuskript vom King abgelehnt. Und siehe J.K. Rowling. Suchen die Verleger nicht immer denselben Schrott, ohne wirklich die Augen offenzuhalten nach Neuem? Oder ertrinken die in der Flut an Zeug, das denen geschickt wird und überfliegen, wenn überhaupt, nur die Zusendungen?

Die Chancen stehen immer schlecht, bessern sich aber durch persönliche Kontakte ganz erheblich, am besten noch in Kombination mit einem Agenten. Ich erhielt im Vorfeld meiner Entscheidung, alles selbst in die Hand zu nehmen, Absage um Absage. Einige als unpersönlichen Formbrief, andere als herzliche und detaillierte Rückmeldung darüber, dass man mein Buch zwar sehr möge, es aber nicht ins aktuelle Programm passe, welches bei den größeren Verlagen ja lange Zeit im voraus durchgetaktet wird. Ein Haus hatte konkretes Interesse, doch die Zusammenarbeit zog sich wie Teer so zäh, was mehr Frust schuf, als es mich voranbrachte. Mit einem Redakteur eines großen Verlagshauses war ich zu der Zeit bereits seit längerem in Kontakt. Der brachte mich eigentlich erst richtig auf die Idee, das einfach selbst zu machen, da er die Sachen, die er neben seinem Job als Lektor schreibt, auch grundsätzlich im DIY-Verfahren publiziert. Und ich würde es immer wieder so machen.

Verlage bieten den Vorteil, dass sie von Lektorat über Produktion bis hin zum Marketing und Vertrieb alles an Aufgaben übernehmen, die unglaublich zeit- und arbeitsintensiv sind und für die einem oft einfach auch die Kontakte und Wege fehlen. Das alles selbst zu übernehmen, ist nicht ohne, aber dafür behält man die volle Kontrolle. Nicht nur inhaltlich, auch finanziell. Denn zwar zahlen Verlage (sofern man an einen seriösen geraten ist) Vorschüsse, doch die als unbekannter Autor wiedereinzuspielen und in einen Verkaufsbereich vorzudringen, in dem dann auch mal nennenswerte Tantiemen ausgezahlt werden, ist eher Glückssache. Nach meinem jetzigen Modell bin ich an jedem Buchverkauf unmittelbar beteiligt, entscheide, wie meine Cover aussehen, muss keine Kompromisse eingehen und kann meine Vision ungefiltert realisieren. Neben dem eigentlichen Schreiben ist das viel Arbeit. Aber die Freiheit ist dies allemal wert.
 
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es hier hin passt, möchte aber auf keinen Fall die Gelegenheit liegen lassen @Iron Ulf und ggf. auch @Fire Down Under auf diese Neuerscheinung aufmerksam zu machen:

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https://steffen-verlag.de/buecher-t...len-in-mecklenburg-vorpommern-normale-ausgabe

Wie sollte es auch anders sein, gibt es für die Sammlerkultur hier auch die handsignierte limitierte Edition (100 Stück - jetzt schnell zuschlagen!):

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https://steffen-verlag.de/buecher-t...-mecklenburg-vorpommern-handsignierte-ausgabe
 
SWORD AND SORCERY - Ich lese zurzeit Rogues of Merth (The Adventures of Dareon and Blue 1) von Robert Zoltan.

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Der Autor stellt sich in die Tradition der Grossen Alten dieses (Sub-)Genres. Und meiner Meinung nach, gelingt ihm die "Entstaubung" des Bisherigen, ohne die Traditionen (i.S.v. positiven Klischees) zu verleugnen. Unter der Affiche "Dream Tower Media" betreibt Zoltan, der übrigens auch Illustrator der Geschichten und des Buches ist, u.a. einen Youtube-Kanal. Pfad:
https://www.youtube.com/channel/UCntHiT7ovDCWNK7K5DDJAfQ

Einer der Beiträge dieses Kanals ist ein Gespräch mit Brian Murphy, der ja ein Sachbuch über SWORD AND SORCERY verfasst hat. Eckdaten hierzu:
https://forum.deaf-forever.de/index.php?threads/allgemeiner-bücher-thread.146/page-200#post-2100620
 
Witzig, das hier gerade der olle HPL genannt wird - ich schmökere mich seit Anfang der Woche wieder mal durch die - meiner Ansicht nach - besten
"An HPL angelehnte Story"-Bücher wo's gibt. Neben Matt Ruff's "Lovecraft County", das fürwahr nicht von schlechten Kultisten ist, aber Howard ist noch einen
Ticken geiler, wie ich finde. Nunja.
Im Augenblick also der zweite Band seiner "Carter & Lovecraft"-Reihe. Band drei kommt hoffentlich auch irgendwann mal umme Ecke, beim Barte des Cthulhu!!!

Howard, Jonathan L.: After the End of the World, New York: Thomas Dunne Books 2017.

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Ich habe oben das VÖ-Sommerprogramm von DMR Books ja schon erwähnt. Nach der Space-Anthologie sind nun die Saurier dran... Eine Pulp-Sparte, mit der ich mich noch nicht befasst habe. Daher werde ich NILE oder KARL SANDERS auflegen und saurisch schmökern, sobald erschienen. Link zur verlagseigenen Seite betreffend Prehistoric Adventures:

https://dmrbooks.com/test-blog/2021...ang-to-be-reprinted-in-prehistoric-adventures

Und das fantasteskelephantöshierophantasmagorische Cover als Zitat:

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Nein! Neineinein! So geht das doch nicht! So nicht! Ich bin entrüstet! Empört!

Da hänge ich jetzt seit ewig in diesem Neuland ... ähm .. Internetz, genau ... hänge ich also rum, und
da sagt mir keiner, KEINER, das nach ewigem Verschieben jetzt still und heimlich doch endlich der 2. Band der
vorzüglichen Übersetzung der hervorragenden Lovecraft-Bio von Joshi erschienen ist?
Geht's noch? WARUM ERFAHRE ICH DAS ERST JETZT!!!!!!!

Egal. Gerade flugs gekauft, und dann bin ich jetzt auch mal weg. Man sieht sich.

Joshi, S.T.: H. P. Lovecraft - Leben und Werk. Band 2, Berlin: Golkonda 2020.
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David Quammen - Der Gesang des Dodo

Über Tierarten, die in historischer Zeit durch das Wirken des Menschen ausgerottet wurden: Der Dodo auf Mauritius, der Riesenvogel Moa auf Neuseeland, der tasmanische Beutelwolf, die Elefantenvögel auf Madagascar oder die Riesenlemuren. Fast immer trifft es Tiere auf Inseln und fast immer endemische Arten.
 
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Was haben viele der allgemeingefährlichsten Gewalttäter gemeinsam? Sie hatten als Kinder große Freude daran, Tiere aller Fellfarben zu foltern und zu töten. Nicht alle, aber viele. Und viele hatten keine leichte Kindheit. Wurden misshandelt. Wenn auch nicht alle. Was haben die brutalsten Serienkiller nun aber wirklich alle (!) gemeinsam? Dass sie, sobald man ihnen nach Jahrzehnten in der Freiheit eine zweite Chance gab, ausnahmslos wieder töteten. Denn sie konnten nicht anders. Er war/ist ihre Natur. Soweit so schlimm und vorhersehbar.

Ein paar unschöne Folterideen hier, ein paar bekannte Namen dort - mehr ist nicht. Bei dieser schreibfehlerübersäten Zusammenkürzerei von Wikipedia-Einträgen. Keine ersprießliche Psychologie. Keine Analysen. Keine echten Hintergründe. Die sehr guten Bewertungen des Buchs haben mich getäuscht, verführt und verlockt. Wie viele Killer - interessanterweise vor allem in den 70ern - ihre Opfer. Ich wollte eigentlich nur die extrem gelungene Netflix-Serie "Mindhunter" etwas mit Leben füllen. Hab aber leider nur was intellektuell Totes erwischt.

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Eine wunderbare,... zum Niederknien didaktisch durchdachte,... wissenschaftliche und doch dramaturgisch lebendige Schilderung des 14. Jahrhunderts in Frankreich. Pest, Hundertjähriger Krieg, Bauernaufstände. Eine Welt an der Schwelle zum Tod. Das Buch wurde mir schon zu Studienzeiten von meinem Bruder und einigen Freunden empfohlen, von mir aber als bloßes "Überblickswerk" viele Jahre gedanklich beiseite geschoben. Bis es mir zum letzten Geburtstag in Form eines Geschenks aufgezwungen wurde. Und zum Glück wurde es das. Zwar erfährt der Mensch vom Fach nicht viel Neues, aber jeder/jede, der/die sich mit dem Mittelalter mal etwas tiefergehender befassen oder sich ihm nähern möchte, ohne Staubtrockenes konsumieren zu müssen, dem/der sei dieses Buch dringend ans Herz gelegt. Unterhaltsamer kann man Geschichte wissenschaftlich nicht aufbereiten.
 
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[Meine Auslassung, WW] Eine wunderbare,... zum Niederknien didaktisch durchdachte,... wissenschaftliche und doch dramaturgisch lebendige Schilderung des 14. Jahrhunderts in Frankreich. Pest, Hundertjähriger Krieg, Bauernaufstände. Eine Welt an der Schwelle zum Tod. Das Buch wurde mir schon zu Studienzeiten von meinem Bruder und einigen Freunden empfohlen, von mir aber als bloßes "Überblickswerk" viele Jahre gedanklich beiseite geschoben. Bis es mir zum letzten Geburtstag in Form eines Geschenks aufgezwungen wurde. Und zum Glück wurde es das. Zwar erfährt der Mensch vom Fach nicht viel Neues, aber jeder/jede, der/die sich mit dem Mittelalter mal etwas tiefergehender befassen oder sich ihm nähern möchte, ohne Staubtrockenes konsumieren zu müssen, dem/der sei dieses Buch dringend ans Herz gelegt. Unterhaltsamer kann man Geschichte wissenschaftlich nicht aufbereiten.[/QUOTE]

Ja, Tuchman (Jg. 1912, verst. 1989) ist ein ab-so-lut-er Klassiker gelungen! Als Mediävist MUSS man ihn gelesen haben (mindestens 1-mal), als Laie ist der Titel sehr gut zu lesen. Keineswegs trocken, gut verdaulich. Der Inhalt ist bestimmt nicht mehr taufrisch, aber der "ferne Spiegel" (Orig. A Distant Mirror, erstmals 1978, zahlreiche Neuauflagen) ist ein schlagendes Beispiel dafür, dass sich die Qualität eines (Fach-)Buches eben nicht am Alter bemessen lässt. Danke fürs Zeigen @Der Zerquetscher - ein wichtiges Buch. [meine Einkürzungen im Zitat, WW]
 
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