Aufgelegt!

Und? Hat es schon zu einem Testdurchlauf gereicht? Ich bin nun denn dann doch ein klein wenig neugierig.
Jawoll, ein Testdurchlauf war. Und reicht mir auch...

Also, um die Scheibe(n) definitiv zu bestellen. Überirdische Melodien in einem knackig metallischen Soundgewand, deine Beschreibung oben trifft den Nagel auf den Kopf. Diese Musik ist groß!

Danke für den Tipp!!! :top:
 
Mal das Debut für 2021:

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Zum Ende der 90er erfuhr der Retro-Prog speziell durch Kapellen wie Spock's Beard oder eben die Flower Kings ein kleines Revival. Orientierten sich Bands wie IQ, Arena oder auch Marillion eher in eine offenere, "moderne" Richtung, so wehte die Fahne der erstgenannten Kombos doch ganz stark in Richtung 70's Prog à la Yes, King Crimson oder auch Genesis. Überdies warf ein Musikerkollektiv namens "Transatlantic" seine Schatten voraus - und hier war bereits im Vorfeld verdeutlicht worden, man wolle eben diesen "alten" Helden huldigen: von Pink Floyd bis eben den weiterhin genannten, üblichen Verdächtigen.

In diesem Zuge erblickte im Jahre 1999 das dritte Album der Rocket Scientists das Licht der Welt: Mastermind Erik Norlander (seines Zeichens auch Ehegatte von der seinerzeit als "Symphonic Progmetalqueen" beworbenen Lana Lane und auch für selbige in Sachen Songwriting tätig) und sein Sidekick Mark Mc Crite (Vocals) erschufen mit diesem Album ein Werk, das in meiner persönlichen Wahrnehmung qualitativ klar vor dem Transatlantic-Debut einzsusortieren ist. Warum ist das so?

Mit "Dark Water Part III" (die Vorgänger waren logischerweise auf den Vorgängern zu finden) eröffenet man "Oblivion Days" atmosphärisch: im Grunde dürfte ein jeder, der mit Prog nichts anfangen kann bereits nach wenigen Sekunden die Skip- oder Stopp-Taste betätigen. Doch mündet eben dieses "Dark Water Part III" unmittelbar in "Aqua Vitae" - und hier peppt man die sonst oft verwässerten (Neo-)Prog-Zutaten mit gar metallisch anmutenden auf, ehe man in Sachen Verse (und Chorus) auf eine Art Beatles-Linie abbiegt. Gepaart mit einem amtlich produzierten Drumming und eher neoprogressiven Keyboardsounds, die dennoch auf einem Wohlfühlteppich 70er Prog ausgbreitet werden, ist "Aqua Vitae" eine Art bombastischer Prog Rock, ohne jedoch je die Grenze zum Kitsch zu überschreiten. Natürlich nimmt Norlander sich seine Part für die Keys heraus (er ist nun mal Keyboarder), übertreibt es aber hier definitiv nicht, sondern packt diese Elemente äußerst songdienlich in die gesamten sechseinhalb Minuten. Hätten John, Paul, Ringo und George noch ein klein wenig mehr experimentiert: genau so hätte das klingen können.

Der Titelsong eröffnet mit einem sabbath-tauglichen Gitarrenriff, flankiert von ELP-ähnlichen Fanfaren: überhaupt wirkt der gesamte Song ein wenig wie ein Hybrid aus Sabbath-Hardrock und ELP-Sounds, dazu ab und an ein paar Jon Lord Gedächtnissounds und erneut ein toller Chorus, dieses Mal nicht mehrstimmig, dafür im Übergang in die Verses wieder mit diesem automatisch zum Fußwippen animierenden Mix aus Gitarre und ELP-Fanfare. Mc Crite hat eine sehr angenehmen und warme Singstimmme, die den Song hervorragend zu tragen vermag. Großes Ding, gleichermaßen eine Hommage wie auch ein Schritt nach vorn in Sachen Retro-Sound. In einer besseren Welt wäre das tatsächlich ein Progrock-Hit geworden, das Album gewinnt einen ganz eigenen Flow, bietet es doch gleichermaßen die Wohlfühlzutaten des 70er Progsounds, als auch die tatsächlich rockigen Sounds, die mir im Potpourri einer Band wie Yes doch zumeist gefehlt haben.

"Archimedes" ist ein ziemlich psychedlischer Einschub, der irgendwie "krautig" anmutet: ein klassisch-progressives, rund fünfeinhalbminütiges Instrumental, irgendwo zwischen Spätsiebziger/Frühachtziger Tatort-Soundtrack und jazzig-fusionmäßigen Versatzstücken. Man muss so etwas mögen - wenn es gut gemacht ist, dann liebe ich es sogar! Hier ist es hervorragend gelungen und es wird zu keiner Zeit zu sehr mit den Fähigkeiten der Musiker geprotzt. Es klingt unaufgeregt, locker - und man kann sich durchaus vorstellen, wie viel Spaß es wohl live machen dürfte, als Einschub zwischen zwei oder drei Stücken mit Text. Fantastisches Teil.

Das nachfolgende "Banquo's Ghost" weckt unmittelbar in der Eröffnung wieder diese ELP-Assoziationen: eine schöne Ballade, deren Bauart ein wenig nach Spock's Beard und Transatlantic tönt, denkt man sich gesanglich Mr. (Neal) Morse an diese Stelle, dann hätte man sofort Spock's Beard im Ohr. Etwa ab der Mitte des Songs tobt sich die Instrumentalfraktion dann doch ein wenig aus, was dem Stück sehr gut steht: wäre es bei diesem "normalen" Verlauf geblieben, so hätte auch Langeweile auf hohem Niveau erschaffen werden können, so aber holt speziell Norlander hier von Hammondsounds bis hin zu spacigen Eskapaden alles aus seinen Keys heraus, dazu mag man eine hervorragend Bassarbeit genießen, so Alles in Allem wechselt man aus dem Spock's Beard Lager eher in Richtung Ayreon zu "Universal Migrator 1" Zeiten - ehe sich der Bogen zurückspannt in Richtung des Beginn des Stücks. Kurz: 6 Minuten "Wohlfühlprog" der feinsten Sorte, denen man als Anhänger dieser Musiksparte schlicht nicht entkommen kann.

"Space 1999" - erneut ein Instrumental - beginnt in etwa so, wie man sich das bei diesem Titel vorstellt, doch Obacht: denkt man nunmehr, die Keys würden einen in klassischer "Odyssey im Weltraum" regelrecht überfahren, so überrascht man doch eher mit Elementen, die sich zwischen Neoklassischem Prog in Richtung Dream Theaters "Scenes..." und nun doch spacigen Elementen verorten lassen. Ein klein wenig erinnert mich das Ding immer an "Vanishing Act" von der ARENA-Contagious-CD. Fein gemacht und ein perfektes Bindeglied in den 10minüter "Escape".

Ein Spinettsound, "Streicher"....ein ruhiger Beginn in eines der wohl unterbewertetesten Progressiverock Stücke aller Zeiten! "Escape" bietet genau die richtige Mischung aus "ruhigen" Progsounds und progrockiger Abfahrt: Norlander hält die Zügel an den Keys natürlich wieder immens fest - und wie auch schon bei allen anderen Songs zuvor ist es schlicht beeindruckend, wie es ihm gelingt, diese Sounds zu einem homogenen Ganzen zu verbinden: da ist von Sherinian-ähnlicher Heavyness bis hin zu soften Klavierklängen und symphonischen Elementen alles mit dabei. Die trockene Produktion des Songs tut ihr Übriges um es wie ein modernes 70's Prog-Epos klingen zu lassen. Im Mittelpart kommen dann gar an Jan Hammer erinnernde 80's Sounds zum Einsatz, die in einer klassisch-progressiven Abfahrt par Excellence münden, eher das Spinett das Finale mit abschließender Strophe und Chorus einleitet. Für mich: großes Theater. Viel besser kann man einen Longtrack kaum konzipieren, zumal der Refrain bestens im Ohr bleibt.

Noch ein wenig "Lucky Man"-Feeling gibt es dann mit "Break the Silence": wunderschöne Gitarrenharmonien im Zusammenspiel mit äußerst dezentem Keyboardspiel, später gar mit Purple-Gedächtnis-Hammond. Ein wunderschönes Stück Musik, perfekt zum Träumen, irgendwo zwischen den Polen der "Großen" von Pink Floyd und Yes.

Beendet wird das Album noch einmal mit (instrumentalem) dunklem Wasser: hier wird gefrickelt und soliert, dass es schlicht eine Freude ist, könnte der Alptraum für viele Musikstudenten sein, derart viele Feinheiten finden sich in diesem Stück Musik, das unglaublich abwechslungsreich ist und zahlreiche Bilder vor meinem geistigen Auge erscheinen lässt, die mich nicht selten an diverse Naturgewalten und deren Gegenstücke erinnert....von ruhig bis mächtig ausufernd alles mit dabei.

Erwähnenswert: Mr. Arjen Lucassen hat auf diesem Album diverse Rhytmusgitarren mit eingespielt, was den nicht selten hervortretenden Hardrockfaktor in puncto Riffing stark betont und dem Gesamtwerk bestens zu Gesicht steht, des Weiteren veredeln seine Soli das göttliche "Escape".

Tja, was soll ich sagen? Wenn ich klassischen Prog hören möchte, der zuweilen mit etwas mehr Wums aufwartet, dann ist "Oblivion Days" nicht selten meiner erste Wahl. Hier ist es Norlander perfekt gelungen, seine Keyboardvirtuosität gleichermaßen songdienlich und absolut kleisterfrei zu verwenden - was ihm sowohl bei Lana Lane, als auch seinem Solowerk und auch anderen Rocket Scientist Alben nicht immer gelungen ist. "Oblivion Days" aber ist ein Kleinod progressiver Rockmusik, tolle Songs und ein toller Flow über die gesamte Spielzeit. Auch heute noch: beide Daumen nach oben!
 
Nicht zuletzt inspiriert durch den Magnum-Thread:

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Ten-Chef Gary Hughes hatte Momente, in denen sein Songwriting schlicht überirdisch war: so zählen bereits die ersten TEN-Werke ganz klar zu den absoluten Highlights des AOR, die sich hinter den großen Namen wie Journey & Co. keinesfalls verstecken müssen. Abweichend von diesen Bands aber war speziell die Gitarrenarbeit bei TEN eher metallisch ausgerichtet, die Sologitarren schneiden regelrecht und bieten einen echten Kontrast zum eher harmonischen Hardrock der Band. Die Chöre sind gigantisch aufgeblasen, ohne dies negativ zu meinen: wenn schon Bombast, dann bitte so! Hört man Alben wie "Babylon" laut, so hat man definitiv nicht den Eindruck, einem Weichspüler zu lauschen, spannend wäre es gewesen, wenn die Produktion an sich noch etwas erdiger gewesen wäre. Ihren absoluten Höhepunkt fand diese Entwicklung in den Alben "Spellbound" und "Babylon", die eigentlich in jeder ordnungsgemäßen AOR-Bibel zu finden sein sollten.

Die Besetzung auf "Babylon" lässt ein wenig mit der Zunge schnalzen: neben Hughes am Gesang finden sich mit Vinny Burns und Don Airey zwei weitere sehr bekannte Namen im Line-Up, deren Zutun sicherlich noch ein wenig dazu beigetragen hat, dieses Konzeptalbum zu dem zu machen, was es ist: "leider" nur einem echten Geheimtipp, der schlicht und ergreifend zum Besten gehört, was auf diesem Sektor so um das Jahr 2000 herum veröffentlicht wurde. Ich gebe zu, so recht habe ich mit dem textlichen Aspekt der Scheibe nie auseinandergesetzt, doch sagt Wikipedia: es geht um eine tragische Liebesgeschichte eines Computerprogrammierers, die in der Zukunft angesiedelt ist.

"The Stranger" eröffnet mit knapp siebeneinhalb Minuten einen regelrechten Reigen an AOR-Perlen: im Midtempo angesiedelt, perfekt zusammengebaute Verses und ein Chorus, der sowohl im Ohr bleibt als auch unter die Haut geht, bockstarker Opener. Kennt man sich ein wenig mit der Handschrift von Hughes aus, so ist auffällig, dass man sich vom leicht "Magnum-"orientierten Sound des Vorgängers eher wieder in die Regionen der "The Name of the Rose"/"The Robe"-Phase begibt. Man hat den Eindruck, das Teil unmittelbar mitsingen zu können, die Melodie packt, die Chöre runden ab, dazu diese permanent präsente Gitarre, die sich in zahlreichen Soli in immer anderer Form auch in den Verses versteckt, gleiches gilt für eine Fülle an kleinen Keyboardkabinettstückchen, die man erst in ihrer Gänze erst dann alle auf dem Schirm hat, wenn man das Teil mehrfach gehört hat.

Mit "Barricade" verlässt Hughes die eben angesprochene, eigene Wohflühlzone: die brachiale Eröffnung mit einem kleinen Keyboard-Gitarrenduell lässt mich unweigerlich an Gary Moore denken. Burns darf sich mächtig austoben, ehe ein pumpender Bass die Grundlage für die erste Gesangsstrophe bildet, die sich im weiteren Verlauf auch noch zusätzlich mit einem Riff verstärkt: ganz, ganz nah an metallischer Kunst, Produktion und (effizienter!) Keyboardteppich verhindern, dass das Teil gar als Metalsong durchgeht, ganz, ganz stark - bis hin zum Chorus, der schlicht danach schreit, live aus zahlreichen Kehlen gegrölt zu werden. Geil, geil, geil - es geht einfach nicht besser.

Bei "Give in this Time" (Ballade 1 des Werkes) setzt Hughes ganz locker auf den Baukasten für AOR-Balladen: kann man sich von zig anderen Bands über 80er Heart bis Bon Jovi als Stadionrocktränentreiber vorstellen. Und doch: das Ding wirkt nicht flach oder langweilig, wäre es in den 80ern veröffentlicht worden, es wäre sicher ein Hit geworden - auch hier ist der Chorus wieder ganz hervorragend gelungen. Anders als bei den beiden vorangegangen Songs darf die Gitarre hier - vom "üblichen" Solo abgesehen - schön geradlinig werkeln, dieses "übliche" Solo - es hat schlicht eine immense Qualität und rundet einen gelungenen Tränentreiber mit Stadionpotential perfekt ab.

"Love became the Law" ist düster, schleppend - und strahlt eine gewisse Bedrohlichkeit aus. Erneut verzichtet Hughes auf zusätzliche Gitarreneruptionen, erschafft aber einen wunderbaren, langsamen, wenn auch nicht balladesken Song.

Es folgt "The Heat", noch einmal Midtempo, eröffnet mit einem Mix aus akustischer und elektrischer Gitarre - und erneut gelingt es Hughes, zum Einen einen neuen Klangtupfer auf das Album zu legen und wieder einmal mit einem spannungsgeladenen Songaufbau bis hin zu einem perfekten Ohrwurmrefrain zu punkten. Es ist fast schon beängstigend, mit welcher Perfektion der Mann zu Werke geht, zu keinem Zeitpunkt hab man auch nur im Mindesten den Eindruck, dass man hier "Füllmaterial" benötigt hat. Spezielles Kompliment für ein als Konzeptalbum erdachtes Werk, große Klasse.

Als Tränentreiber fungiert "Silent Rain": hier verlässt man den Pfad des AOR, im Grunde könnte man hier eher auch einen Elton John am Klavier vermuten. Eine ganz, ganz großartige Ballade, die auch ein wenig an ähnlichen Regen im November erinnert. Der Refrain ist Bombast pur, die Strophen geben sich immer ein wenig mehr an Instrumentalem, so dass man hier eher an britische Hardrockballaden denn an amerikanische erinnert wird. Über fast sechseinhalb Minuten gelingt es, eine Stimmung aufzubauen, die gefangen nimmt.

"Timeless" indes rifft gut los: der orientalische Touch in der Eröffnung weckt ohne jegliche Umwege Assoziationen an Rainbow und deren große Phase - und eben als es scheint, als würde man diesen Effekt einer Weichspülerstrophe opfern, da kehrt diese Passage zurück. Die Gitarre ist überdies auch hier in zahlreichen Soli auch während der Gesangspassagen wieder präsent, dazu kommt - schon wieder (!) ein einfach unwiderstehlicher Refrain. Hughes baut aber mitnichten auf das platte "Strophe - Verse - Chorus"-Rezept, sondern verschachtelt den Song sowohl instrumental als auch hinsichtlich der Gesangslinien, ohne ihm auch nur die Spur seines Flows zu berauben - muss man in dieser Form erstmal hinbekommen. Geil.

Mit "Black hearted Woman" ist man dann doch noch einmal auf der Magnum-Schiene: das Ding hätte auf jedem Spätwerk von Clarkin & Co. eine gute Figur gemacht, einfach ein Gute-Laune-Rocker der gehobenen und ja, auch der bombastischen Sorte. Die Axt rifft und kreist, dass es eine Freude ist. Dazu ein (natürlich) perfekter Refrain mit vorausgeschickter Bridge - unwiderstehlich. Kann man kaum besser machen.

Hat man es sich gerade in der Wohlfühlzone bequem gemacht, da überraschen Ten mit dem wohl metallischsten Stück ihrer Bandgeschichte: "Thunder in Heaven" ist ein Knaller vor dem Herrn, orchestral und doch metallisch ohne jeglichen Kitsch, die Wendungen zu Beginn ein Ohrenschmaus (man möchte eigentlich gar nicht, dass das irgendwann mal aufhört...), dann dieses gottverdammte Solo, warum spielt denn niemand mehr solche melodischen Dinger? Gänsehaut pur, die locker Bestand behält, wenn der Gesang einsetzt. Für mich eines der großartigsten Hardrockstücke, die jemals verfasst wurden, völlig gleichgültig, ob man dafür nun Zutaten verwendet, die nicht zwingend "neu" sind, auf deren Zusammnenbau kommt es an. Sieben Minuten purer Musikgenuss, einfach ein absoluter Hammer!

"Valentine" klimpert natürlich balladesk - wie sich das gehört für den Rausschmeißer eines Konzeptalbums - und doch ist hier schon wieder eine echt überirdische Ballade am Start, nicht zuletzt garniert durch ein perfektes, einfach wunderbar reingebratenes Gitarrensolo. Dazu die Theatralik im Gesang....hach ja, eigentlich muss man solche Musik eigentlich permanent genießen, groß, wirklich groß.

Womöglich leitet man es anhand meiner begeisterten Worte ab: "Babylon" ist groß, ganz groß. Ein AOR-Meisterwerk. Bis heute fraglich, warum es ein Hughes nie in die Riege eines Ballard oder Child als großer Songwriter für "andere" geschafft hat. Vielleicht einfach deshalb, weil er diese stets verspielten Elemente mit einbringt, die aber dem Gesamtbild der Songs keinerlei Abbruch tun, sondern - ganz im Gegenteil - diese aus der Masse herausheben. Wer auch nur im Ansatz etwas mit AOR anfangen kann und dieses Album nicht kennt oder - eigentlich noch wichtiger - sein Eigen nennt, der hat eine Lücke in seiner Sammlung, die es dringend zu schließen gilt - nicht zuletzt auch aufgrund des wunderschönen Luis Royo-Artworks (und jetzt komme mir diesbezüglich keiner mit "Kitsch"!).
 
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Ten-Chef Gary Hughes hatte Momente, in denen sein Songwriting schlicht überirdisch war: so zählen bereits die ersten TEN-Werke ganz klar zu den absoluten Highlights des AOR, die sich hinter den großen Namen wie Journey & Co. keinesfalls verstecken müssen. Abweichend von diesen Bands aber war speziell die Gitarrenarbeit bei TEN eher metallisch ausgerichtet, die Sologitarren schneiden regelrecht und bieten einen echten Kontrast zum eher harmonischen Hardrock der Band. Die Chöre sind gigantisch aufgeblasen, ohne dies negativ zu meinen: wenn schon Bombast, dann bitte so! Hört man Alben wie "Babylon" laut, so hat man definitiv nicht den Eindruck, einem Weichspüler zu lauschen, spannend wäre es gewesen, wenn die Produktion an sich noch etwas erdiger gewesen wäre. Ihren absoluten Höhepunkt fand diese Entwicklung in den Alben "Spellbound" und "Babylon", die eigentlich in jeder ordnungsgemäßen AOR-Bibel zu finden sein sollten.

Die Besetzung auf "Babylon" lässt ein wenig mit der Zunge schnalzen: neben Hughes am Gesang finden sich mit Vinny Burns und Don Airey zwei weitere sehr bekannte Namen im Line-Up, deren Zutun sicherlich noch ein wenig dazu beigetragen hat, dieses Konzeptalbum zu dem zu machen, was es ist: "leider" nur einem echten Geheimtipp, der schlicht und ergreifend zum Besten gehört, was auf diesem Sektor so um das Jahr 2000 herum veröffentlicht wurde. Ich gebe zu, so recht habe ich mit dem textlichen Aspekt der Scheibe nie auseinandergesetzt, doch sagt Wikipedia: es geht um eine tragische Liebesgeschichte eines Computerprogrammierers, die in der Zukunft angesiedelt ist.

"The Stranger" eröffnet mit knapp siebeneinhalb Minuten einen regelrechten Reigen an AOR-Perlen: im Midtempo angesiedelt, perfekt zusammengebaute Verses und ein Chorus, der sowohl im Ohr bleibt als auch unter die Haut geht, bockstarker Opener. Kennt man sich ein wenig mit der Handschrift von Hughes aus, so ist auffällig, dass man sich vom leicht "Magnum-"orientierten Sound des Vorgängers eher wieder in die Regionen der "The Name of the Rose"/"The Robe"-Phase begibt. Man hat den Eindruck, das Teil unmittelbar mitsingen zu können, die Melodie packt, die Chöre runden ab, dazu diese permanent präsente Gitarre, die sich in zahlreichen Soli in immer anderer Form auch in den Verses versteckt, gleiches gilt für eine Fülle an kleinen Keyboardkabinettstückchen, die man erst in ihrer Gänze erst dann alle auf dem Schirm hat, wenn man das Teil mehrfach gehört hat.

Mit "Barricade" verlässt Hughes die eben angesprochene, eigene Wohflühlzone: die brachiale Eröffnung mit einem kleinen Keyboard-Gitarrenduell lässt mich unweigerlich an Gary Moore denken. Burns darf sich mächtig austoben, ehe ein pumpender Bass die Grundlage für die erste Gesangsstrophe bildet, die sich im weiteren Verlauf auch noch zusätzlich mit einem Riff verstärkt: ganz, ganz nah an metallischer Kunst, Produktion und (effizienter!) Keyboardteppich verhindern, dass das Teil gar als Metalsong durchgeht, ganz, ganz stark - bis hin zum Chorus, der schlicht danach schreit, live aus zahlreichen Kehlen gegrölt zu werden. Geil, geil, geil - es geht einfach nicht besser.

Bei "Give in this Time" (Ballade 1 des Werkes) setzt Hughes ganz locker auf den Baukasten für AOR-Balladen: kann man sich von zig anderen Bands über 80er Heart bis Bon Jovi als Stadionrocktränentreiber vorstellen. Und doch: das Ding wirkt nicht flach oder langweilig, wäre es in den 80ern veröffentlicht worden, es wäre sicher ein Hit geworden - auch hier ist der Chorus wieder ganz hervorragend gelungen. Anders als bei den beiden vorangegangen Songs darf die Gitarre hier - vom "üblichen" Solo abgesehen - schön geradlinig werkeln, dieses "übliche" Solo - es hat schlicht eine immense Qualität und rundet einen gelungenen Tränentreiber mit Stadionpotential perfekt ab.

"Love became the Law" ist düster, schleppend - und strahlt eine gewisse Bedrohlichkeit aus. Erneut verzichtet Hughes auf zusätzliche Gitarreneruptionen, erschafft aber einen wunderbaren, langsamen, wenn auch nicht balladesken Song.

Es folgt "The Heat", noch einmal Midtempo, eröffnet mit einem Mix aus akustischer und elektrischer Gitarre - und erneut gelingt es Hughes, zum Einen einen neuen Klangtupfer auf das Album zu legen und wieder einmal mit einem spannungsgeladenen Songaufbau bis hin zu einem perfekten Ohrwurmrefrain zu punkten. Es ist fast schon beängstigend, mit welcher Perfektion der Mann zu Werke geht, zu keinem Zeitpunkt hab man auch nur im Mindesten den Eindruck, dass man hier "Füllmaterial" benötigt hat. Spezielles Kompliment für ein als Konzeptalbum erdachtes Werk, große Klasse.

Als Tränentreiber fungiert "Silent Rain": hier verlässt man den Pfad des AOR, im Grunde könnte man hier eher auch einen Elton John am Klavier vermuten. Eine ganz, ganz großartige Ballade, die auch ein wenig an ähnlichen Regen im November erinnert. Der Refrain ist Bombast pur, die Strophen geben sich immer ein wenig mehr an Instrumentalem, so dass man hier eher an britische Hardrockballaden denn an amerikanische erinnert wird. Über fast sechseinhalb Minuten gelingt es, eine Stimmung aufzubauen, die gefangen nimmt.

"Timeless" indes rifft gut los: der orientalische Touch in der Eröffnung weckt ohne jegliche Umwege Assoziationen an Rainbow und deren große Phase - und eben als es scheint, als würde man diesen Effekt einer Weichspülerstrophe opfern, da kehrt diese Passage zurück. Die Gitarre ist überdies auch hier in zahlreichen Soli auch während der Gesangspassagen wieder präsent, dazu kommt - schon wieder (!) ein einfach unwiderstehlicher Refrain. Hughes baut aber mitnichten auf das platte "Strophe - Verse - Chorus"-Rezept, sondern verschachtelt den Song sowohl instrumental als auch hinsichtlich der Gesangslinien, ohne ihm auch nur die Spur seines Flows zu berauben - muss man in dieser Form erstmal hinbekommen. Geil.

Mit "Black hearted Woman" ist man dann doch noch einmal auf der Magnum-Schiene: das Ding hätte auf jedem Spätwerk von Clarkin & Co. eine gute Figur gemacht, einfach ein Gute-Laune-Rocker der gehobenen und ja, auch der bombastischen Sorte. Die Axt rifft und kreist, dass es eine Freude ist. Dazu ein (natürlich) perfekter Refrain mit vorausgeschickter Bridge - unwiderstehlich. Kann man kaum besser machen.

Hat man es sich gerade in der Wohlfühlzone bequem gemacht, da überraschen Ten mit dem wohl metallischsten Stück ihrer Bandgeschichte: "Thunder in Heaven" ist ein Knaller vor dem Herrn, orchestral und doch metallisch ohne jeglichen Kitsch, die Wendungen zu Beginn ein Ohrenschmaus (man möchte eigentlich gar nicht, dass das irgendwann mal aufhört...), dann dieses gottverdammte Solo, warum spielt denn niemand mehr solche melodischen Dinger? Gänsehaut pur, die locker Bestand behält, wenn der Gesang einsetzt. Für mich eines der großartigsten Hardrockstücke, die jemals verfasst wurden, völlig gleichgültig, ob man dafür nun Zutaten verwendet, die nicht zwingend "neu" sind, auf deren Zusammnenbau kommt es an. Sieben Minuten purer Musikgenuss, einfach ein absoluter Hammer!

"Valentine" klimpert natürlich balladesk - wie sich das gehört für den Rausschmeißer eines Konzeptalbums - und doch ist hier schon wieder eine echt überirdische Ballade am Start, nicht zuletzt garniert durch ein perfektes, einfach wunderbar reingebratenes Gitarrensolo. Dazu die Theatralik im Gesang....hach ja, eigentlich muss man solche Musik eigentlich permanent genießen, groß, wirklich groß.

Womöglich leitet man es anhand meiner begeisterten Worte ab: "Babylon" ist groß, ganz groß. Ein AOR-Meisterwerk. Bis heute fraglich, warum es ein Hughes nie in die Riege eines Ballard oder Child als großer Songwriter für "andere" geschafft hat. Vielleicht einfach deshalb, weil er diese stets verspielten Elemente mit einbringt, die aber dem Gesamtbild der Songs keinerlei Abbruch tun, sondern - ganz im Gegenteil - diese aus der Masse herausheben. Wer auch nur im Ansatz etwas mit AOR anfangen kann und dieses Album nicht kennt oder - eigentlich noch wichtiger - sein Eigen nennt, der hat eine Lücke in seiner Sammlung, die es dringend zu schließen gilt - nicht zuletzt auch aufgrund des wunderschönen Luis Royo-Artworks (und jetzt komme mir diesbezüglich keiner mit "Kitsch"!).
Da danke ich dir, mein Lieber!
Du hast genau das niedergeschrieben, was ich so nicht hätte besser ausdrücken können!:verehr:

Die Story zum Album ist natürlich nix neues (Tragische Liebesgeschichte). Aber bei mir kommen bei den einzelnen Songs, und auch bei den als Zwischensequenzen eingeflochtenen "Radio"-News, immer wieder Bilder in den Kopf. Halt wie`n Film.:)
 
Mal das Debut für 2021:

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Ich glaube, ich kenne nur zwei Alben, wo Norlander hauptverantwortlich war und die fand ich beide wenig besonders. Du sagst also, dass ich das dennoch anhören soll?

Nicht zuletzt inspiriert durch den Magnum-Thread:

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Ja, die letzte wirkliche Top-Scheibe der Band. Mit dem Ausstieg von Vinnie Burns wurde TEN leideer berechen- und austauschbarer. Es wurde nie richtig schlecht, aber es gibt Menschen, die behaupten würden, dass die Magie verschwunden war. Und damit Recht hatten.
 
Ich glaube, ich kenne nur zwei Alben, wo Norlander hauptverantwortlich war und die fand ich beide wenig besonders. Du sagst also, dass ich das dennoch anhören soll?

Absolut. Das Oeuvre des Herrn Norlander ist in der Tat sehr facettenreich, leider neigt er bisweilen allerdings auch zum Kleistern, so beispielsweise auf seinem Solowerk und auf den frühen Lana-Lane-Alben. "Oblivion Days" ragt aus der Masse seiner Arbeiten klar hervor, hier ist die Balance zwischen Rock und Prog sehr gelungen, das Album lohnt. Weiterhin mag ich aus heutiger Sicht auch noch die "Queen of the Ocean" und auch die "Secrets of Astrology" von Lana Lane. Zwar habe ich alle Rocket Scientists-Alben, doch an die Klasse von eben "Oblivion Days" ist er nicht mehr heran gekommen, in Summe aber ist das stets gefälliger Prog, nicht selten mit Schlagseite in den Rock hinein.

Zum Reinhören hier der YT-Link zwecks Tippersparnis:
Ja, die letzte wirkliche Top-Scheibe der Band. Mit dem Ausstieg von Vinnie Burns wurde TEN leideer berechen- und austauschbarer. Es wurde nie richtig schlecht, aber es gibt Menschen, die behaupten würden, dass die Magie verschwunden war. Und damit Recht hatten.

Tatsächlich sind einige der letzten Alben nicht übel, aber bei weitem nicht auf dem Niveau der Burns-Werke. Demzufolge ist das mit der heutzutage fehlenden Magie sicher nicht verkehrt und demzufolge würde ich mich auch zu den Menschen zählen, die genau dies behaupten :).
 
Manchmal entdeckt man Alben schlicht für sich wieder:

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Es ist unbestritten, dass "Heaven and Hell" und "Mob Rules" in Stein gemeißelt sind, Meisterwerke der Metalkunst, eine Verbindung hochgeradigster Songwritingkunst mit dem Gesang von der Rock- und Metalstimme schlechthin.

Die Reunion mit Dio anno 1992 war demzufolge mehr als ersehnt, zumal ich als Oberfan der Sabbath/Dio-Ära hier nach Deep Purples neuerlicher Wiedervereinigung mit Ritchie nicht weniger als ein Meisterwerk erwartete - oder sagen wir "erhoffte", das trifft es besser.

Daheim aufgelegt (ja, ich besitze noch die LP-Erstpressung *protz*) machte sich indes Ernüchterung breit: wie auch beim fortschreitenden Kampf des tiefen Purpurs war das hier am Ende dann....nicht das, was man erwartet hatte. Nur: was genau hatte man denn erwartet? Letztlich in jedem Fall zuviel. Für viele, viele Jahre verschwand "De-Humanizer" schlicht in der Versenkung meiner Sammlung, nur um im vergangenen Sommer wieder hervorgezaubert zu werden - und es ist absolut selten, aber mich hat das Album seither nachhaltig verzaubert.

Der "Computer God" mit seinem furztrockenen Drumintro, unmittelbar gefolgt von einem dieser typischen, tonnenschwerern Iommi-Riffs, dazu Ronnie, der sich hier von seiner absoluten Schokoladenseite zeigt: kein "Heaven and Hell", kein "Die Young", kein "Mob rules", natürlich nicht, aber die gab es ja schon. Aus heutiger Sicht kann man sich das Ding mit leicht veränderter Produktion und dem Gesang von Tony Martin ebenso als "Martin"-Track vorstellen, aber auch als Song der mittleren Dio-Ära: beide Künstler hatten sich weiterentwickelt und so klingt "Computer God" eben wie eine Symbiose aus Dio-Sabbath/Martin-Sabbath und "Lock up the Wolves". Allein dieser Opener ist unglaublich vielschichtig: wurden eher epische Elemente z.B. beim "Sign of the Southern Cross" oder eben "Heaven an Hell" noch bewusst auf Melodielinie gehalten, so punktet der Computergott zusätzlich mit einer entsprechenden Sperrigkeit, die man sich - im Positiven - erst erarbeiten muss. Der Abgehpart in der Mitte des Stücks gemahnt dann eindeutig an "Die Young" - und somit hat man etwas komplett Neues zusammengesetzt, das seine Ursprünge zu keiner Zeit verleugnet, diese geile Produktion (finde ich absolut gelungen!) setzt dem Ganzen die Krone auf und transportiert den Sabbath-Sound in perfekter Form in die erste Neunzigerhälfte.

"After All/The Dead" walzt sich in ähnlicher Manier seine Bahn: erneut eine gewisse Sperrigkeit, schwer, doomig, Ronnies Gesang gleichermaßen virtuos-vielseitig, wie auch regelrecht böse an verschiedenen Stellen. Machte mir seinerzeit das Aufeinanderfolgen zweier - auf den ersten Hör - ähnlich gebauten Songs das Leben schwer, so erkenne ich heutzutage die völlig anderen Facetten an "After All". Hier verzichtet man auf einen Abgehpart, auch hält sich das Verschachteln eher in Grenzen und doch hat man eine überaus fähige Doom-Granate geformt, die heute um Längen besser in meinen Gehörgängen einschlägt als anno Dunnemals.

Hat man an Geschwindigkeit ein wenig gespart beim Vorgänger, so knallt "TV Crimes" dann um so heftiger aus den Boxen. Erneut wäre auch Tony Martin hier als Sänger denkbar, ist bei diesem simpel gestrickte Abgeh-Rocker letztlich Ronnies Gesang ebenso die Sahne auf der Torte wie Iommis schlichtweg oldschooliges Solo. Das Riffing ist phantastisch und trägt den Song. Ein klassischer Autobahn-Beschleuniger - und ein Text, für den man sich wohl mit Genesis abgesprochen hatte....

Mächtig doomig geht es mit den Briefen von der Erde weiter: hier hat man erstmalig "so richtig" den Eindruck, man hätte es u.U. mit einem Überbleibsel alter Songwriting-Sessions aus den 80ern zu tun. Seinerzeit einfach übersehen fällt es mir heute überaus leicht, mir "Letters from Earth" auch auf "Mob Rules" oder eben "Heaven and Hell" vorzustellen. Der leicht moderne, etwas härtere Anstrich der beiden ersten Stücke verschwindet im eher klassisch-hardrockigen Kosmos von Sabbath und doch bietet "Letters..." so viel - und spätestens zum beschleunigten Part kann man gar nicht anders als mit dem Fuß oder dem Kopf zu wippen. Dazu dieses erneut einfach klassische Gitarrensolo (mein Bruder nennt sowas liebevoll "E-Gitarrenvergewaltiung") - perfekt! Besser geht nicht.

Weiteres Highlight: "Master of Insanity"! Was für ein absolut geniales Stück Musik! Erinnert der Beginn unmittelbar an "Computer God 2" (Bass, Schlagzeug), so entwickelt sich das Teil zu einem absoluten Uptemporocker mit Wiederkennungsfaktor, ebenso ein bedrohlich wie gleichermaßen ein Wohlfühlsong - bekommen nur ganz Wenige in dieser Form auf die Reihe. Spannungsaufbau während der Strophen, gefolgt von einem regelrecht eruptiven Refrain, was für ein tolles Ding. Dazu geizen Sabbath nicht mit spannenden Tempiwechseln und einem erneut überaus gelungenen Gitarrensolo - rund, absolut rund.

Tatsächlich ist "Time Machine" der - dennoch gutklassige - Ausreißer auf De-Humanizer: vorab schon bekannt aus "Wayne's World" hat man hier einen recht flotten Uptemprorocker am Start, der jedoch klar hinter der Zeitmaschine zurücksteht. Auch hier erinnert mich das Songwriting tatsächlich partiell noch ein wenig an Alben wie "TYR" oder "Headless Cross", ein wenig beliebig allerdings.

Mit "Sins of the Father" biegen Iommi & Co. aber wieder völlig richtig ab: hier kann man sich direkt ein wenig in 70's Vibes in modernerer Produktion wühlen. Da ist sie wieder, Iommis Bratgitarre, die vor allem ab Strophe 2 wieder mächtig mit Riffs unterlegt und mit einem Mal prächtig vor sich hin sägt. Erneut weigern sich Sabbath einen unmittelbar durchsichtiges Konstrukt zu erschaffen, auch die Sünden des Vaters sind mit zahlreichen Schlenkern unterlegt. Ein echter Geheimtipp.

"Too late" - oh Mann! Klassischer Sabbath/Dio-Stoff, der ebenfalls auf "Heaven and Hell" gepasst hätte. Geezer Butler hat irgendwann mal gesagt, er hasse Balladen. Auf die explizite Nachfrage, was denn mit den Sabbath-Balladen sei antwortete er sinngemäß: "Die auch". Abseits der Tatsache, dass ich das in Summe anders sehe hatte der gute Geezer wohl dieses Meisterwerk Sabbath'schen Schaffens kaum auf dem Schirm: "Too late" ist schwer, emotional, packend...all' das, was eine gute Ballade ausmacht.

Nun denn, "Ei" - äh, "I". Aus "alten Tagen" war mir vor der Wiedererweckung in Sachen "De-Humanizer" leidlich der Refrain im Kopf, den ich irgendwie als nervig abgespeichert hatte. Entlockt mir heutzutage ein Achselzucken. Nervig ist da mal gar nix, vielmehr ist dieses gesungene Personlapronomen (je Refrain 3 x wiederholt) die Krönung eines Stampfers, den man spätestens nach zweimaligem Hören nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Schönes Stück, nicht komplett überragend - und doch einfach feiner Sabbath-Stoff.

Am Ende des De-Humanizers wird man denn dann lebendig begraben: Sabbath laden die Doom-Walze noch mal durch, stampfend und schwer bahnt sich das Teil seinen Weg, erneut ist vor allem Ronnies Gesang hier der Unterschied zu landläufig ähnlich Songs. "Buried alive" baut in Sachen Chorus ein wenig anders auf als die anderen Titel auf dem Album - und tatsächlich hätte man da auch noch ein wenig länger was von haben dürfen. Hier hätte das Grundgerüst gerne noch mehr hergegeben. Jammern auf hohem Niveau, schöner Rausschmeißer.

"De-Humanizer" passt in die Reihe der Dio-Sabbath-Klassiker - Punkt und aus. Sabbath haben große Songs auf diesem Album und im Wesentlichen (streitbar wäre im Zweifel die Zeitmaschine) geliefert. Aus heutiger Sicht kenne ich wenige Alben, die auf diesem hohen Level bleiben, einerseits den Hörer fordern und gleichermaßen einladen, schmeichlerische bis epische Refrains zwischen tonnenschweren Riffs. "SORCERER" mag da der Ein- oder Andere brüllen, aber am Ende schlägt hier noch klar der Meister den Lehrling. Fast schon ärgerlich, dass dieses Kleinod so lange unterhalb meines persönlichen Radars geflogen ist, das Teil unterstreicht einfach die individuelle Klasse, die Black Sabbath (ich betone aus meiner Sicht: speziell mit DIO) ausgemacht hat. Doch Ronnie, Du fehlst immens...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, ist ein super Album. So wie es dir mit "Dehumanizer" geht, ging es mir im vergangenen Jahr mit "Tyr", die fand ich zwar anno 1990 auch schon gut, war aber denncoh für Jahre in meiner Sammlung verstaubt. Bester Song auf "Dehumanizer" ist natürlich 'I'. Ganz große Nummer.
 
Ja, ist ein super Album. So wie es dir mit "Dehumanizer" geht, ging es mir im vergangenen Jahr mit "Tyr", die fand ich zwar anno 1990 auch schon gut, war aber denncoh für Jahre in meiner Sammlung verstaubt.

"TYR" ist polierter - und dennoch absolut großartig! Neben "Headless Cross" sicher die größte Sabbath-Tat mit Tony Martin am Mikro. Hier habe ich auch noch die Original-LP, seltsamerweise ist die - anders als "De-Humanizer" - immer mal wieder gelaufen, wohl auch, weil ich ein wenig süchtig bin nach "Heaven in Black" oder auch "Jerusalem".
 
"Dehumanizer" ziehe ich sogar "Heaven & Hell" und "The Mob Rules" sowieso vor.

Mir gefällt Dio viel besser wenn er die düsteren und doomiger Songs macht (wie bei "Strange Highways").
 
Urgewalt!

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Ein Album, das in diesem Jahr neu aufgelegt wird: The Almighty's "Powertrippin'".

1993: Der Grunge regiert, zumindest, wenn es nach der Fachpresse geht. Der "klassische" Metal ist auf dem Rückzug, die 90er sind "alternativ" - und in der damaligen Clique der höheren Handellsschule sind Nirvana, Paradise Lost und Rage der heiße Scheiß. Eines Tages kommt dann Jemand mit eben dieser CD um die Ecke: Große Pause, ab in isn Auto - und Probehören.

Ich selbst beschäftigte mich seinerzeit eher mit Dream Theater und dem Threshold-Debut, der Progressive-Rock und Metal entwickelte sich zu einer Leidenschaft. Demgegnüber standen aber durchaus wütende Alben: Nirvana's "Nevermind", viel mehr aber Warrior Souls "Salutations from the Ghetto Nation" - in meinen Eingangsreview noch recht kurz abgehandelt.

Was also waren "The Almighty"? Die Wurzeln der Band lagen durchaus im klassischen Rock. AC/DC und Motörhead dürften Bands gewesen sein, die die Schotten durchaus inspiriert haben dürften, Black Sabbath legten eine gewisse Düsternis mit in den Grundsound - und der Grunge, zumindest in der Form, wie ihn Kurt und seine Mannen praktizierten, der war auch nicht spurlos an Ricky Warwick und Pete Friesen vorbeigegangen.

"Powertrippin'" war ein absolut wichtiges Album zur damaligen Zeit für mich: neben der progressiven Schiene und der Art Metal, die mich seinerzeit mehr und mehr zu begeistern vermochte (nehmen wir mal Savatage und Metal Church, aber auch Armored Saint hinterließen ihre Spuren - wobei bei Letzteren seinerzeit nicht klar war, ob da überhaupt noch was kommen würde nach dem genialen "Symbol of Salvation") gab es auch noch Saxon ("Forever free" hielt die Fahne des klassischen Metal doch ziemlich einsam in den Wind - so man nicht in den Katakomben des Undergrounds forschte) brauchte ich "Dreck". Waren AC/DC zu dieser Zeit irgendwie eher out of Order hatte man ja immerhin noch Motörhead, Warrior Soul - und mit einem Mal "The Almighty"!

"Addiction" eröffnet das Album: natürlich mag man gerne schnelle Eröffnungen, "Addiction" ist ein Stampfer - und was für Einer! Hier verbrüdert sich der Doom-Metal von Sabbath mit den alternativen Elementen Nirvanas - und heraus kommt Hardrock! Hätten AC/DC mal auf "düsterer" geschaltet, "Addiction" hätte ein Paradebeispiel dieser Ausrichtung sein können. Dazu kommt, dass es instrumental durchaus verspielt daher kommt (was mir seinerzeit immens zusagte und bis heute tut): hier ein kleines Break, da ein wenig Variabilität im Drumming - und dann ein hochmelodischer Chorus inmitten eines fiesen Stampfers. So klingt packende Rockmusik!

Mit "Possession" zieht man das Tempo merklich an: Alternative Rock? "Moderner" Hardrock? Man kann es schimpfen, wie man mag: allein das fiese, kleine Gitarrensolo zur Einleitung legt die Motörhead-Wurzeln offen, überhaupt erinnert mich das Ding immer wieder mal an Lemmys Truppe. Dazu passend: der Gesang von Ricky Warwick, fies, rotzig - einfach wie gemacht für diese Art von Musik.

"Over the Edge", Song Nr. 3 hat so ein leichtes Blue-Oyster-Cult Flair und geht dann in einen klassischen Saxon-Riffing über: die Verses sind getragen vom Bass, das Ganze kehrt in den Midtempobereich zurück. Der Refrain ist aus heutiger Sicht vielleicht ein wenig platt und den genialen Opener packt man damit auch nicht, trotzdem: so darf, ja so muss (Hard-)Rock klingen! Kein Song für die Ewigkeit - und doch bleibt er im Ohr.

Songtitel des Jahrhunderts: "Jesus loves you....but I don't"! Ich liebe dieses Stück, summe es bei der Hausarbeit, beim Sport (ok, selten genug bei mir) - und bei zig anderen Gelegenheiten. Diese schöne, balladeske Eröffnung, der mit einem Mal regelrecht melodiöse Gesang von Warwick, diese sich einschmeichelnde E-Gitarre....ein etwas verspielter Bass, der das ganze Stück trägt. Das wirklich monumentale an diesem Ding ist die Steigerung nach hinten raus: "Halbballade"? Keine Ahnung. In jedem Fall ein ganz, ganz starker Songaufbau, immer eine kleine Schippe drauf, ehe es nach hinten raus regelrecht explodiert und Warwick den Refrain regelrecht rausrotzt: ein wenig die böse Variante von Thunders "Low Life in high Places", einfach bockstark, zeitlos, eine Verbindung der 70er bis hin zu den alternativen Momenten der 90er und mit ordentlichem Wums. Und wer alles sucht, an dem ein Blaze Bayley mal beteiligt war: der ist hier in den Backings zu hören. Hammerteil!

"Sick and Wired" ist dann wieder ein "klassischer" Rockstampfer, der ein wenig eingedüstert wurde - eben dieses "Eingedüsterte" ist das Trademark des ganzen "Powertrippin'*"-Albums, ein roter Faden, der sich letztlich durch die doch eher vielseitigen Kompositionen wühlt. Heftet dem Ding eine gewisse Lässigkeit an, so hat es doch einen leicht bedrohlichen Unterton, die Bridge zum Chorus hat etwas sehr Positives und Warmes. Feines Rockstück.

Der Titeltrack hat dieses "Hot-for-Teacher"-Flair: beginnend beim Drumming pflanzt es sich in einen kleinen High-Speed-Hardrock-Song fort, der keine 3 Minuten benötigt, um durchs Ziel zu laufen. Wütend, wild - genau das Richtige für eine Autofahrt! Tempo kurz raus beim Refrain - Intro-Drums wieder ausgepackt - und weiter gehts. Genau an der richtigen Stelle im Album platziert. Das Solo ist regelrecht hartmetallisch und noch mal so eine kleine VH-Referenz. Ist seinerzeit wohl nicht mal den Rezensenten aufgefallen, dass "Powertrippin'" auch auf jedes 80er Jahre-Hardrockalbum gepasst hätte.

Weiter geht es mit "Takin' over": hier darf man eingangs gerne den Begriff "psychedelisch" bemühen. Very 70's like, ohne jetzt all zu hippiesk daher zu kommen. Ein wenig Zeppelin, ehe es in einen weiteren flotten Rocker übergeht. Hier ist man versucht, auch an Warrior Soul zu denken, die Parallelen zwischen beiden Bands sind bei diesem Ding doch recht offensichtlich, auch, wenn Warwick nicht ganz so angepisst daherkommt wie ein Cory Clark. Auffällig auch hier: die Gitarre ist eher hardrockig bis metallisch denn punkig, was sich vor allem im Solo niederschlägt.

"Out of Season" ist wohl das, was in gekürzter Variante eine perfekte Radio-Single hätte abgeben können: ruhig, so ein klein wenig "Runaway-Train"-Attitüde und doch irgendwie spannender. Ansonsten bringt das Ding viel mit, was eben eine solche Hit-Single hätte haben müssen, das wohl offensichtlich alternativste Stück des Albums.

Das nachfolgende "Lifeblood" ist ein harscher Kontrast dazu: die Gitarre rifft im Eingang fast schon thrashig, ähnlich wie der Opener ein überaus schleppendes Teil, ein wenig wirkt es musikalisch speziell im Bereich der Bridge so, als wolle sich der Song gar nicht recht packen lassen. Die Schwere des Riffings zieht sich durch, der Refrain ist nicht ganz so erste Sahne wie beim erwähnten "Addiction" - und doch: ein starkes Teil!

Der "Instinct" wildert noch einmal mächtig in Warrior-Soul-Gefilden: zum Refrain hin wird es ein wenig beliebig, ein Risiko, das man einfach eingeht, sobald ein Album mehr als 8 Songs hat. Ist der Rest des Werkes auf einem durchgängig hochklassigen Niveau mit nur kleinen Schlenkern nach oben oder unten, so ist "Instinct" im Grunde - ja, verzichtbar. Eigentlich der Japan-Bonus-Track, der sich am Ende doch aufs reguläre Album verirrt hat, daran ändert auch die feine Basspassage so zur Mitte hin nix.

Die Entschädigung hierfür übernimmt "Meathook": mächtig motörheadig, hätte ich unglaublich gern mal live gehört. Bockstarkes Ding, das einfach Laune macht.

Mit "Eye to Eye" wird es dann noch mal recht alternativ und man beklaut sich innerhalb des eigenen Albums so ein wenig selbst, fühlt man sich doch an der ein- oder anderen Stelle an "Powertrippin'" erinnert - nur mit mehr "Seattle-Melodie" in Richtung Refrain.

Dem schottischen Power-Trio ist mit "Powertrippin'" ein Album geglückt, das eine Menge Reize hat, sich bewusst zwischen verschiedenen Polen positioniert und letztlich Spaß macht - und auch heute noch frisch und unverbraucht wird. Ein Kompliment, das man nicht allen Alben dieser Zeit machen kann. Nicht selten ärgere ich mich selbst darüber, dass die Band bei mir nur mit diesem einen Album im CD-Schrank vertreten ist, doch waren die Kritiken zum Nachfolger "Crank" seinerzeit vielfach regelrecht vernichtend. Heute lege ich "Powertrippin'" gerne auf, wenn Hausarbeit ansteht - oder einfach gute Laune. Kurioserweise gelingt dem Ding in seiner Gesamtheit ein absoluter Spagat aus Ernsthaftigkeit, Rock'n Roll Attitüde und einer ungreifbaren Düsternis, die zwischen all dem immer wieder aufblitzt und dem Album einen ganz eigenen Stempel aufdrückt.

Höre ich ab und an in neuere Pearl-Jam-Werke hinein ("Backspacer" ist so ein klassischer Fall - eines der PJ-Alben, die meine Frau nicht selten mal aus dem Hut zaubert), dann fühle ich mich an ein "Powertrippin'" - Light erinnert, sind doch die Melodien von Vedder im wesentlichen schmeichlerischer und nicht mit so vielen Widerhaken versehen, versprühen aber doch diese Melancholie, die auch diesem Almighty-Werk innewohnen.

Ein im positiven Sinne "seltsames" Album - und vielleicht auch deshalb bis heute so interessant und spannend.
 
Noch einer auf die Schnelle:

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Skyclad entdeckte ich eher durch Zufall: ein Kumpel von mir hatte mir die famose "Dreamweaver" von Sabbat vorgespielt. Beim Besuch in der CD-Abteilung des SATURN zu jenen Tagen entdeckte ich den Namen "Martin Walkyier" nun auch auf diesem Album. Nun ja, das Cover ließ Rückschlüsse auf eine ähnliche, musikalische Aurichtung zu, also: einfach mal eingetütet und mitgenommen!

Daheim eingelegt erwartete mich das "War and Disorder" betitelte Intro. Ok, ein Intro halt. Aus heutiger Sicht ist es eine mehr als gelungene und imposante Überleitung in den ersten "echten" Song, "A broken promised Land". Tatsächlich offenbarte sich eine gewisse Parallele in Richtung Sabbat: hartes Riffing und die Stimme Walkyiers, wie ein böses Rumpelstilzchen, wütend, leidenschaftlich - schlicht: geil! Was war denn das da so Richtung Refrain....? Eine Geige? Ja, tatsächlich! Äußerst ungewöhnlich und auf den ersten Hör irgendwie durcheinander, aber so nach 2, 3maligem Hören ein Knaller: das harte Riffing gepaart mit diesem Übergang mit Bass und Violine in den fast schon eingängig zu nennenden Chorus, der aufgrund des Gesangs von Martin regelrecht alles plattwalzt: ein echter Knaller, wie die Pogues in Metal. Dazu diese folkige, eher ruhige Passage, eingeschoben vor dem letzten Chorus - und allein hier ist der Moment, in dem das Riffing wieder einsetzt Gänsehaut pur: ich war gefangen von diesem Ding!

Die "Spinning Jenny" war dann wirklich der erste "Folk-Metal"-Song, den ich kennen lernen durfte. Schön, dass der Bass hier deutlich zu hören war - und man sich dank der nach wie vor wütenden Vocals von Martin weiterhin nicht in zu seichte Gefilde wagte. Ich habe mir das Ding nicht selten in reduzierter Form und Martin am Gesang in einem Irish-Pub vorgestellt: irgendwie ein Mitgröler vor dem Herrn. Ein 2. Volltreffer!

"Salt on the Earth" lässt ein wenig Endzeitstimmung aufkommen: Tristesse, nur die Violine, ehe ein Metalriff mit Galopper das Teil entsprechend würzt! Walkier brüllt ein paar Worte - und aus Folk-Metal wird schon fast ein wenig Thrash-Folk. Die Violine nimmt niemals einen zu großen Rahmen ein, überhaupt sind wir hier in der Schnittmenge von Heavy-Metal und Thrash unterwegs, der Refrain packt nicht so direkt wie beim Opener oder der Spinning Jenny - und doch einfach ein wunderschöner Metalsong der etwas anderen Art. Auffällig: in den Solopassagen erinnert die Gitarre nicht selten an die Spielweis eines Brian May, ehe man zwischen metallischen Soli und Riffs hin und her springt.

Wie der Name schon andeutet ist "Intermission" ein Zwischenspiel von kaum mehr als 30 Sekunden und leitet über in "Karmageddon", mein weiteres Highlight auf diesem Skyclad-Zweitling. Generell erinnert die Musik ein wenig an Black Sabbath-meets-NWoBHM. Wie schon im Intro und auch in Teilen von zerbrochenen, versprochenen Land baut man auch hier Sequenzen ein, die ein wenig Endzeitstimmung verbreiten - und zwar in Form von Lautsprecherdurchsagen, die einen sehr klinischen Anstrich verbreiten. "Karmageddon" glänzt mit einer Düsternis, die den Hörer in ihren Bann zieht, die Violine hat hier eher begleitende Funktion, Walkier gibt erneut alles - ein starkes Stück Metal, in der Tat. Ungewöhnlich, das Stakkato-Drumming untermalt in Sachen Härte die Aussage des Textes, das Riffing ist zumeist betont klassisch-metallisch. Großes Ding.

Nach diesem Endzeit-Batzen wirkt eine nur knapp über zweiminütige Ballade in Form von "Ring Stone Round" ein wenig wie die Verschnaufpause in Form von "Lord of the Rings" auf dem BG-Epos "Tales from the Twilight World". Eine akustische Gitarre und der Gesang dieses Mal melodisch, fast ein wenig wehmütig. Schönes Ding.

"Men of Straut" räumt unmittelbar wieder mit der Wohlfühlstimmung auf: ein wenig erinnert mich das Ganze gar an Maiden zum Beginn hin, das Zusammenspiel von Gitarre und Bass weckt sofort Erinnerungen an Harris und seine Bande. Vorbei ist es mit der Harmonie auch in Sachen Gesang: Walkier brüllt, wütet und gibt erneut alles. Kratzten Songs wie "Salt on Earth" oder auch "A broken Promised Land" durchaus am Thrash, so ist "Men..." luprenreiner, britischer Metal, auch, wenn zwischenzeitlich mit thrashigen Elementen gearbeitet wird. In sich ein Ohrwurm gar, der Laune macht, allein ob der Leidenschaft, mit der er dargeboten wird.

Mit "R'Vannith" nähert man sich bereits in großen Schritten dem Ende eines Albums, das mich damals wie heute schlicht begeistert hat: die bislang verwendeten Elemente für harten Metal werden beibehalten, klassisch-metallisches Riffing, eine leichte Thrash-Schlagseite und ein latenter Folk-Touch, der erstaunlicherweise niemals als Mittel zum Zweck eingesetzt wird, sondern passagenweise eine ganz eigene Stilistik herstellt. Mal disharmonisch, mal melodiös-begleitend mogelt sich die Violine immer mal wieder in die doch recht harten Riffs und verleiht dem Song erneut einen ganz eigenen Touch.

"The Declaration of Indifference" setzt erneut auf das melancholische Element der Violine zum Beginn, ehe erneut ein metallisches Riff den weiteren Verlauf des Songs übernimmt: auffällig ist, dass hier auch der Refrain wieder in jeden Pub dieser Welt passen würde. Ein Mitsing-Chorus par Excellence, im Grunde ist "Declaration..." ein simpler Song, ohne wie ein solcher zu wirken - und genau das ist die große Kunst.

Mit "Alone in Deaths Shadow" hat man sich selbst einen Klassiker gebastelt: viel zu lange ist das Teil mehr oder minder an mir vorbeigeplätschert. Erst vor einigen Jahren - man war mit der Tagesabschlusszigarrette auf der Terrasse und das Album war der Rausschmeißer des Tages - blieben meine Ohren sehr, sehr aufmerksam an diesem fast schon psychedelischen Stück Musik hängen. Nahezu auf einer Tonlage bahnt sich das Ding gänsehautartig seinen Weg, die Feinheiten sind es, die hier die Faszination ausmachen, ehe es zum Ende hin noch fein rifft und härter wird. Mit einer leicht anderen Instrumentierung wäre dies die optimale (Halb-)Ballade, die Maiden nie geschrieben haben - und nie schreiben könnten. Speziell der Einsatz der härteren Instrumente zum Ende hin sind Maiden as Fuck und auch gleichermaßen wieder nicht, die gesungenen Zeilen würden einem Bruce ebenfalls wunderbar zu Gesicht stehen - und da schreiben die eher sowas wie "Blood Brothers" oder "Wasting Love"....gerade das garstige Finale der Einsamkeit im Todesschatten ist der Wahn.

Unerklärlich, warum dieses Album im 90er Battle nicht weiter gekommen ist. Im Grunde genommen ist "A burnt Offering for the Bone Idol" ein klassisches Metal-Album - und doch wieder nicht. Scheiterte der deutsche Mittelalter "Metal" à la Subway to Sally oder In Extremo all zu oft an fast schon schunkeligen Anleihen, so gelang es den Herren (und der Dame, die natürlich nicht unterschlagen werden darf) wirklich, zwei Genres zu kreuzen, die eigentlich nicht so recht zu einander passen wollten. Der große Trumpf ist und bleibt für mich hier stets Martin Walkier, sowohl hinsichtlich seines völlig einzigartigen Gesangs (der sicherlich einen Dieter Bohlen bei DSDS in den Wahnsinn getrieben hätte), als auch hinsichtlich seiner tatsächlich überaus lyrischen und intelligenten Texte.

Skyclad waren (und sind) schlicht zu unerklärlich für den Mainstream, ein Überwerk wie der Zweitling ist ihnen in meinen Ohren (trotz weiterer überragender Alben wie "Jonah's Ark" oder den stillen Walen im Mondsee) nicht mehr gelungen, hier passt einfach Alles - und räumt damit auf, dass Metal eben zu klingen hat wie er nun mal klingt. Die Band hat mit einem Haufen gängiger Konventionen gebrochen und in meinen Ohren damit nur gewonnen. Wäre das Wort "Querdenker" nicht so negativ belegt, hier hätten wir es mit einem "quermusizieren" im positivsten Sinne zu tun.

Jeder, der sich diesem Album aus heutiger Sicht neu nähert, sollte sich der Tatsache bewusst sein: Skyclad wollen erarbeitet werden! Hat nichts mit Schönhören zu tun. Die Schönheit der Musik lauert unter der Oberfläche, sie offenbart sich zunächst nicht auf den ersten Hör, sondern entfaltet sich. Ich entdecke heute noch Wunderbares an diesem Album - toll, dass es solche Musik gibt.
 
Urgewalt!

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Ein Album, das in diesem Jahr neu aufgelegt wird: The Almighty's "Powertrippin'".

1993: Der Grunge regiert, zumindest, wenn es nach der Fachpresse geht. Der "klassische" Metal ist auf dem Rückzug, die 90er sind "alternativ" - und in der damaligen Clique der höheren Handellsschule sind Nirvana, Paradise Lost und Rage der heiße Scheiß. Eines Tages kommt dann Jemand mit eben dieser CD um die Ecke: Große Pause, ab in isn Auto - und Probehören.

Ich selbst beschäftigte mich seinerzeit eher mit Dream Theater und dem Threshold-Debut, der Progressive-Rock und Metal entwickelte sich zu einer Leidenschaft. Demgegnüber standen aber durchaus wütende Alben: Nirvana's "Nevermind", viel mehr aber Warrior Souls "Salutations from the Ghetto Nation" - in meinen Eingangsreview noch recht kurz abgehandelt.

Was also waren "The Almighty"? Die Wurzeln der Band lagen durchaus im klassischen Rock. AC/DC und Motörhead dürften Bands gewesen sein, die die Schotten durchaus inspiriert haben dürften, Black Sabbath legten eine gewisse Düsternis mit in den Grundsound - und der Grunge, zumindest in der Form, wie ihn Kurt und seine Mannen praktizierten, der war auch nicht spurlos an Ricky Warwick und Pete Friesen vorbeigegangen.

"Powertrippin'" war ein absolut wichtiges Album zur damaligen Zeit für mich: neben der progressiven Schiene und der Art Metal, die mich seinerzeit mehr und mehr zu begeistern vermochte (nehmen wir mal Savatage und Metal Church, aber auch Armored Saint hinterließen ihre Spuren - wobei bei Letzteren seinerzeit nicht klar war, ob da überhaupt noch was kommen würde nach dem genialen "Symbol of Salvation") gab es auch noch Saxon ("Forever free" hielt die Fahne des klassischen Metal doch ziemlich einsam in den Wind - so man nicht in den Katakomben des Undergrounds forschte) brauchte ich "Dreck". Waren AC/DC zu dieser Zeit irgendwie eher out of Order hatte man ja immerhin noch Motörhead, Warrior Soul - und mit einem Mal "The Almighty"!

"Addiction" eröffnet das Album: natürlich mag man gerne schnelle Eröffnungen, "Addiction" ist ein Stampfer - und was für Einer! Hier verbrüdert sich der Doom-Metal von Sabbath mit den alternativen Elementen Nirvanas - und heraus kommt Hardrock! Hätten AC/DC mal auf "düsterer" geschaltet, "Addiction" hätte ein Paradebeispiel dieser Ausrichtung sein können. Dazu kommt, dass es instrumental durchaus verspielt daher kommt (was mir seinerzeit immens zusagte und bis heute tut): hier ein kleines Break, da ein wenig Variabilität im Drumming - und dann ein hochmelodischer Chorus inmitten eines fiesen Stampfers. So klingt packende Rockmusik!

Mit "Possession" zieht man das Tempo merklich an: Alternative Rock? "Moderner" Hardrock? Man kann es schimpfen, wie man mag: allein das fiese, kleine Gitarrensolo zur Einleitung legt die Motörhead-Wurzeln offen, überhaupt erinnert mich das Ding immer wieder mal an Lemmys Truppe. Dazu passend: der Gesang von Ricky Warwick, fies, rotzig - einfach wie gemacht für diese Art von Musik.

"Over the Edge", Song Nr. 3 hat so ein leichtes Blue-Oyster-Cult Flair und geht dann in einen klassischen Saxon-Riffing über: die Verses sind getragen vom Bass, das Ganze kehrt in den Midtempobereich zurück. Der Refrain ist aus heutiger Sicht vielleicht ein wenig platt und den genialen Opener packt man damit auch nicht, trotzdem: so darf, ja so muss (Hard-)Rock klingen! Kein Song für die Ewigkeit - und doch bleibt er im Ohr.

Songtitel des Jahrhunderts: "Jesus loves you....but I don't"! Ich liebe dieses Stück, summe es bei der Hausarbeit, beim Sport (ok, selten genug bei mir) - und bei zig anderen Gelegenheiten. Diese schöne, balladeske Eröffnung, der mit einem Mal regelrecht melodiöse Gesang von Warwick, diese sich einschmeichelnde E-Gitarre....ein etwas verspielter Bass, der das ganze Stück trägt. Das wirklich monumentale an diesem Ding ist die Steigerung nach hinten raus: "Halbballade"? Keine Ahnung. In jedem Fall ein ganz, ganz starker Songaufbau, immer eine kleine Schippe drauf, ehe es nach hinten raus regelrecht explodiert und Warwick den Refrain regelrecht rausrotzt: ein wenig die böse Variante von Thunders "Low Life in high Places", einfach bockstark, zeitlos, eine Verbindung der 70er bis hin zu den alternativen Momenten der 90er und mit ordentlichem Wums. Und wer alles sucht, an dem ein Blaze Bayley mal beteiligt war: der ist hier in den Backings zu hören. Hammerteil!

"Sick and Wired" ist dann wieder ein "klassischer" Rockstampfer, der ein wenig eingedüstert wurde - eben dieses "Eingedüsterte" ist das Trademark des ganzen "Powertrippin'*"-Albums, ein roter Faden, der sich letztlich durch die doch eher vielseitigen Kompositionen wühlt. Heftet dem Ding eine gewisse Lässigkeit an, so hat es doch einen leicht bedrohlichen Unterton, die Bridge zum Chorus hat etwas sehr Positives und Warmes. Feines Rockstück.

Der Titeltrack hat dieses "Hot-for-Teacher"-Flair: beginnend beim Drumming pflanzt es sich in einen kleinen High-Speed-Hardrock-Song fort, der keine 3 Minuten benötigt, um durchs Ziel zu laufen. Wütend, wild - genau das Richtige für eine Autofahrt! Tempo kurz raus beim Refrain - Intro-Drums wieder ausgepackt - und weiter gehts. Genau an der richtigen Stelle im Album platziert. Das Solo ist regelrecht hartmetallisch und noch mal so eine kleine VH-Referenz. Ist seinerzeit wohl nicht mal den Rezensenten aufgefallen, dass "Powertrippin'" auch auf jedes 80er Jahre-Hardrockalbum gepasst hätte.

Weiter geht es mit "Takin' over": hier darf man eingangs gerne den Begriff "psychedelisch" bemühen. Very 70's like, ohne jetzt all zu hippiesk daher zu kommen. Ein wenig Zeppelin, ehe es in einen weiteren flotten Rocker übergeht. Hier ist man versucht, auch an Warrior Soul zu denken, die Parallelen zwischen beiden Bands sind bei diesem Ding doch recht offensichtlich, auch, wenn Warwick nicht ganz so angepisst daherkommt wie ein Cory Clark. Auffällig auch hier: die Gitarre ist eher hardrockig bis metallisch denn punkig, was sich vor allem im Solo niederschlägt.

"Out of Season" ist wohl das, was in gekürzter Variante eine perfekte Radio-Single hätte abgeben können: ruhig, so ein klein wenig "Runaway-Train"-Attitüde und doch irgendwie spannender. Ansonsten bringt das Ding viel mit, was eben eine solche Hit-Single hätte haben müssen, das wohl offensichtlich alternativste Stück des Albums.

Das nachfolgende "Lifeblood" ist ein harscher Kontrast dazu: die Gitarre rifft im Eingang fast schon thrashig, ähnlich wie der Opener ein überaus schleppendes Teil, ein wenig wirkt es musikalisch speziell im Bereich der Bridge so, als wolle sich der Song gar nicht recht packen lassen. Die Schwere des Riffings zieht sich durch, der Refrain ist nicht ganz so erste Sahne wie beim erwähnten "Addiction" - und doch: ein starkes Teil!

Der "Instinct" wildert noch einmal mächtig in Warrior-Soul-Gefilden: zum Refrain hin wird es ein wenig beliebig, ein Risiko, das man einfach eingeht, sobald ein Album mehr als 8 Songs hat. Ist der Rest des Werkes auf einem durchgängig hochklassigen Niveau mit nur kleinen Schlenkern nach oben oder unten, so ist "Instinct" im Grunde - ja, verzichtbar. Eigentlich der Japan-Bonus-Track, der sich am Ende doch aufs reguläre Album verirrt hat, daran ändert auch die feine Basspassage so zur Mitte hin nix.

Die Entschädigung hierfür übernimmt "Meathook": mächtig motörheadig, hätte ich unglaublich gern mal live gehört. Bockstarkes Ding, das einfach Laune macht.

Mit "Eye to Eye" wird es dann noch mal recht alternativ und man beklaut sich innerhalb des eigenen Albums so ein wenig selbst, fühlt man sich doch an der ein- oder anderen Stelle an "Powertrippin'" erinnert - nur mit mehr "Seattle-Melodie" in Richtung Refrain.

Dem schottischen Power-Trio ist mit "Powertrippin'" ein Album geglückt, das eine Menge Reize hat, sich bewusst zwischen verschiedenen Polen positioniert und letztlich Spaß macht - und auch heute noch frisch und unverbraucht wird. Ein Kompliment, das man nicht allen Alben dieser Zeit machen kann. Nicht selten ärgere ich mich selbst darüber, dass die Band bei mir nur mit diesem einen Album im CD-Schrank vertreten ist, doch waren die Kritiken zum Nachfolger "Crank" seinerzeit vielfach regelrecht vernichtend. Heute lege ich "Powertrippin'" gerne auf, wenn Hausarbeit ansteht - oder einfach gute Laune. Kurioserweise gelingt dem Ding in seiner Gesamtheit ein absoluter Spagat aus Ernsthaftigkeit, Rock'n Roll Attitüde und einer ungreifbaren Düsternis, die zwischen all dem immer wieder aufblitzt und dem Album einen ganz eigenen Stempel aufdrückt.

Höre ich ab und an in neuere Pearl-Jam-Werke hinein ("Backspacer" ist so ein klassischer Fall - eines der PJ-Alben, die meine Frau nicht selten mal aus dem Hut zaubert), dann fühle ich mich an ein "Powertrippin'" - Light erinnert, sind doch die Melodien von Vedder im wesentlichen schmeichlerischer und nicht mit so vielen Widerhaken versehen, versprühen aber doch diese Melancholie, die auch diesem Almighty-Werk innewohnen.

Ein im positiven Sinne "seltsames" Album - und vielleicht auch deshalb bis heute so interessant und spannend.
Danke für das Review und die Erinnerung an die Platte. Heute gleich mal wieder aufgelegt. Hab sogar die Erstauflage mit der Live-CD von Donington 92. Ich hatte damals das "Addiction"-Video gesehen und die CD gleich geholt. Was für eine Power! Wurden ja damals auch im Headbanger's Ball gut hofiert (wurde ja auch von seiner Frau moderiert). Den Nachfolger hab ich mir aufgrund des eher schwachen Videotracks ("Jonestown Mind"?) dann aber nicht mehr geholt und die Band aus den Augen verloren. Vor ein paar Jahren ist dann für nen schmalen Taler die Best-Of in die Sammlung gewandert, aber das war es dann auch. "Powertrippin" ist und bleibt ein Machtwerk!

Sehr geil übrigens: Headbanger's Ball - Special von Milton Keynes 93 (mit drei Livetracks von dem Album und nem Video)
 
Machen wir doch mal wieder einen:

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Ich denke, ein Drittel aller Opeth-Fans (oder die, die es mal waren oder wurden) würde als Lieblingsalbum "Blackwater Park" nennen, ein weiteres Drittel ausnehmend auf die deathmetallische Frühphase verweisen und dann gibt es noch die Fraktion derer, die aufgrund mangelnden Grunzgesangs eher auf die "jüngeren" Opeth-Werke ab "Heritage" setzen.

Möglicherweise falle ich da aus dem Rahmen bzw. sitze zwischen all diesen Stühlen: Meine 3 Top-Alben sind Watershed, Still Life und erst dann der Schwarzwasserpark.

"Watershed" ist ein ganz eigenes Album. Ein erstes Brechen mit Konventionen des bisherigen Bandsounds, obwohl dieser ohnehin schon stets einem stetigen Wandel unterworfen war (und ist) - und das perfekte Verflechten progressiver Versatzstücke im Kontext mit Deathmetalzutaten. Nun mag manch einer entgegnen, dass es sicher kontroverse Opeth-Werke, aber definitiv keine langweiligen Akerfeldt-Outputs gibt - ein Konsens, den ich durchaus zu unterschreiben gewillt bin. Und doch ist "Watershed" letztlich noch gewagter als sein Nachfolger "Heritage" - auch, wenn man dort erstmals auf schier cleane Vocals setzte. "Heritage" schien eine logische Konsequenz dessen zu sein, was "Watershed" andeutete, der Schlag ins Gesicht für den ein- oder anderen Anhänger war die Kompromisslosigkeit, mit der Akerfeldt auf "Heritage" speziell in Sachen Schwenk in Richtung Hardrock/Artrock/Prog/Kraurock ging. "Watershed": ein Übergangsalbum, um letztmalig die "alten" Anhänger abzuholen - oder in Wahrheit das Ultimo dessen, was Akerfeldt aus dem Mix (Death-)Metal/Prog/Krautrock hervorzaubern konnte und wollte?

Möglicherweise ist es ein Mix aus Beidem: der Abschied vom Deathmetal wird in kompromisshafter Form praktiziert und gleichzeitig setzt man Akzente, die im Grunde ein eigenes Genre definieren könnten. Zunächst irritierend: das nur knapp 3minütige "Coil" mit integriertem Frauengesang, eher feenhaft leicht, eigentlich gänzlich unmetallisch, im Grunde kommen einem hier eher Mostly Autumn oder Clannad in den Sinn - und trotzdem klingt das Ganze nicht nach Blackmores Night. Der Beginn einer phantastischen Reise.

"Heir Apparent" spielt mit den Zutaten des 70er Krautrock und mischt diese gekonnt mit mittelalterlich anmutenden Einsprengseln, die todmetallischen Ausbrüche bilden ein Bindeglied in sich. Der Song ist unglaublich spannend, verzaubernd, gleichermaßen wütend, böse und an einigen Stellen gar verträumt. Die Sorte Song, die nur Jemand komponieren kann, dem völlig gleichgültig ist, was der Hörer am Ende damit anfängt. Es ist eine Selbstverwirklichung, ein Verquicken zahlreicher Elemente, die letztlich schlicht in einem großartigen Song gipfelt.

Der "Lotus Eater" ist eine megaunterschätzte Perle im gesamten Opeth-Kosmos: einerseits greift man auf die Elemente des Vorgängertracks zurück, reichert diese aber nun zunehmend mit ebenso harmonischen wie virtusen Gitarrensoli an, nimmt das Tempo ein wenig länger zurück, scheut nicht einmal leicht spacige Elemente. Kann man mehr in einen Song packen? Über all dem thront ein wenig die Atmosphäre des Alan-Parsons-Raben und nein, die hat in dieser Form nicht mal Herr Wilson auf seinem Rabenalbum hinbekommen. Der cleane Gesang ist hier klar dominant - und das ist auch gut so. Anders als bei seinen Folgearbeiten ab "Heritage" ist hier noch eine mächtige Portion Metal mit an Bord, was letztlich nochmals die Wertigkeit des Tracks an sich, aber auch die Ausnahmestellung des gesamten Albums untermauert.

Wenn mir nun irgendjemand erzählen möchte, "Burden" sei weichgespült, Verrat am Metal, was-weiß-ich, dem sei entgegnet: na UND? Überdies gibt es eine Reihe großartiger Opeth-Balladen, gleich, ob älteren oder jüngeren Datums, kurioserweise erkennt man diese zu allen Bandphasen sofort auch als Solche. Das Besondere an "Burden" ist, dass man hier erstmals ein wenig andere Pfade beschreitet und der Song eben nicht auf den ersten Hör als Opeth-Song zu identifizieren ist. Mir kommen eher Vergleiche zu Deep Purple oder auch dem "Shrines..." Album von Riverside in den Sinn. Natürlich sind da dennoch diese wabernden Keys, die am Ende doch den urtypischen Opeth-Sound stützen - aber sonst? Ungewöhnlich...eine Art "When a Blind Man cries" für das neue Jahrtausend.

Fiel "Burden" eher ein klein wenig aus dem Rahmen, so lässt das Porzellanherz keinen Zweifel daran, wer hier musiziert: Opeth eben. Doomig-metallischer Aufbau, die ruhige Akustische für die erste Strophe - war der Vorgängertrack die Verbeugung vor Purple, so sind jetzt Sabbath dran. Wie schon bei "Heir Apparent" und dem Lotusmampfer wäre Akerfeldt natürlich nicht Akerfeldt, würzte er nicht auch diesen Song mit zahlreichen weiteren Zutaten aus dem reichaltigen Baukasten der 70er-Jahre Sounds inklusive mittelalterlicher, ja, gar kammerartiger Sequenzen. Noch einmal drängt sich eine düstere Version von Parsons Raben auf, wobei es hier eher die dezente Stimmung in den ruhigen Passagen ist, die eine düstere Spannung verbreiten, ehe man zum Finale des Songs erneut in Richtung metallischer Sabbath-Kante ausbricht.

Mit "Hessian Peel" folgt mein persönliches Magnum-Opus des Albums, eine tiefe Verbeugung vor dem 70s Prog, leicht symphonisch, allein diese gottverdammte Akustische...dann dieses abermals nicht minder gottverdammte E-Solo so ab Minute 4:20. Es ist unfassbar, welche Stimmung dieser Song aufbaut, gleichermaßen hymnisch wie minimalistisch an den richtigen Stellen, gleichermaßen ein perfekter Soundtrack für einen Arthouse-Film wie auch ein modernes Stück metallischer Klassik. Hat Akerfeldt indes je fieser gegrunzt als so ab Minute 6:30? Letztlich landet man dann zum Ende hin irgendwie gedanklich beim "Hound of Baskervilles" oder Ähnlichem. Dieses Epos ist eine Abfahrt, die ihresgleichen sucht - und dies nicht nur im bandeigenen Kontext.

Nun mag man ja denken, danach kommt nix mehr - doch weit gefehlt: "Hex Omega" gibt aus heutiger Sicht gar einen Ausblick auf das letzte Opeth-Werk, geht hierbei natürlich bisweilen metallischer zu Werke, Zutaten, die auch schon auf "Heir Apparent" oder "Lotus Eater" zum Einsatz kamen werden noch einmal neu gemischt, das Ganze wird dann zwischenzeitlich gar in psychedelische Richtungen gelenkt, wobei man letztlich markant auf Heavy-Riffs setzt, die dieses positive Einlullen aufheben und dem Song zum Ende hin gar etwas ebenso hymnisches wie auch Episches verleihen.

"Watershed" ist eine musikalische Entdeckungsreise, ein Album, das unglaublich fordert und zugleiche unendlich viel gibt. Womöglich Akerfeldts letztes Statement in Sachen Verquicken von deathmetallischen Elementen und Kraut-Folk-was-auch-immer. Schade, dass er diese deathmetallische Seite inklusive Growls komplett geopfert hat. So gern ich die neue Witherfall mag, doch gerade hier fällt mir im direkten Vergleich ein gravierender Unterschied speziell zu Opeth auf: wirkt bei "Tempest" der DM-Part eher wie ein Fremdkörper innerhalb eines ansonsten großartigen Songs, so hat man diesen Eindruck auf Watershed zu keiner Sekunde und bei keinem Song. Die Übergänge im Akerfeldt-Kosmos sind fließend und unglaublich homogen, gerade das Zusammenspiel vieler ruhiger akustischer Elemente, die in einem Mal eruptiv in Richtung Extremmetal ausufern machen einen ganz besonderen Reiz aus - und dieser kommt auf "Watershed" nahezu in Perfektion zur Geltung.

Auf meinem Teppchen des nunmehr schon über 20jährigen neuen Jahrtausends ist dieses Album definitiv auf einem der ersten 10 Stufen zu finden. Eine unfassbare Ansammlung großartiger Ideen. Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: möglicherweise tatsächlich das Ultimo dessen, was Akerfeldt aus dem Mix (Death-)Metal/Prog/Krautrock hervorzaubern konnte und wollte - oder ob er uns eines Tages doch den Beweis liefert, das er sich hier geirrt hat?
 
Im Augenblick mal wieder verstärkt im Player:

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Für nicht Wenige ist "Scarsick" neben "Be" und den beiden "Road Salt"-Alben das "hässliche Entlein" in der Discografie von Daniel Gildenlöws Ensemble. Eine Ansicht, die ich kurioserweise absolut nicht teilen kann. Ab von der Tatsache, dass mich dieses Werk in einer besonderen Phase meines Lebens erwischt hat, auf die ich nun nicht näher eingehen möchte, so sei doch verhalten angemerkt: "Scarsick" ist auch ohne diesen Umstand schlicht ein großes Werk.

Der Opener spielt einige der bewährten Zutaten von PoS auf den Punkt aus: Schräge Bassläufe, nicht minder schräge und dennoch eingängige Bridges hin zum aggressiven Chorus, gerappte (!) Parts: man mag es sich einbilden oder nicht, im direkten Vergleich klingt "Scarsick" ein wenig wie "Used" in einer thrashigeren Version. Schon immer hat mich diese Bauart an PoS-Songs an eine leicht angethrashte Version von Faith No More erinnert, verbunden mit den zahlreichen, mehrstimmigen Elementen hat man letztlich sogar ein Alleinstellungsmerkmal kreirt. Bockstarkes Ding.

"Spitfall" beginnt ebenfalls mit Rap-Vocals - nur, um in eine dieser traumwandlerisch schönen Bridges von Gildenlöw zu münden. Das Zusammenspiel von harten Rap-Passagen über eben jene melodischen Bridges hin zu einem eher eruptiven und auf den Punkt gesetzten Refrain sind auch hier präsent, anders als beim Opener ist der melodische Part gar melodiöser, angereichert mit vielen Zutaten, die im Hintergrund laufen und zunächst gar nicht offensichtlich sind. Ehrlich: die Kunst, die Rage against the Machine einst auf den Markt warfen haben Tracks wie dieser auf eine neue Stufe gehoben.

"Cribcaged" beginnt wie ein Spaghettiwestern - und öffent mit einem Mal eine neue Tür ins PoS-Universum: Gildenlöw ist ein Meister im Erschaffen melancholischer bis trauriger Sounds, es gibt keine PoS-Ballade die auch nur in irgendeiner Form peinlich oder abgedroschen wäre. Auch "Cribcaged" erfüllt keinerlei Klischees, in Verbindung mit dem Text packt es zum Einen und ist so wunderschön. Eine wunderschöne Verschnaufpause nach den eröffnenden Hassbatzen.

Neben dem später Folgenden "Disco Queen" ist für viele speziell diesen Song ein Schwachpunkt auf "Scarsick". Ich entgegne: wie brillant kann man Versatzstücke von Chartbreakern wie "Kids in America" und der "West-Side-Story" verquicken und in einen eingängigen (!), ganz eigenen, Kontext setzen und so ganz "nebenbei" damit noch auf perfekte Art und Weise den Text unterstreichen, der letztlich zwischen augenzwinkernd und bissig zynisch die Supermacht schlechthin beleuchtet? "Amrica" ist groß, ein Ohwurm, ohne ein offensichtlicher Ohrwurm zu sein - und einfach in Sachen Songwriting oberste Kajüte.

Nun zur Discokönigin - und mein Fazit: großartig! Großartig! Großartig! Abba-Sounds im Metalgewand, auch hier ist die Verbindung zwischen Text (naives Disco-Girlie - und wie ein Solches letztlich ausgenutzt wird aus Sicht des Protagonisten), ab dem Zeitpunkt der Eskalation der Lage in sich wird das Stück mit härteren Passagen unterfüttert. Nicht zuletzt sind die Keyboardsounds speziell in den Verses, regelrecht befremdlich und düster gelagert, gleiches gilt für den Gesang in den ersten Passagen. Natürlich gehört eine Menge Traute dazu, so ein Ding rauszuhauen, sowohl mit Blick auf das eigene Fanlager aus musikalischer Sicht, als auch hinsichtlich möglicher Reaktionen von Solchen, die gar einen gar negativen bis frauenfeindliche Aspekt in den Vordergrund rücken würden/werden/wollen - im Grunde ist "Disco Queen" ein Stück, das man auch abseits der Musik gerne kontrovers hätte diskutieren können. Es zeigt aber auch: PoS haben keine Wohlfühlzone, sind unberechenbar und doch jederzeit PoS - welche Band kann das schon in dieser Form von sich behaupten?

"Kingdom of Loss" erinnert mich heute vom Eingang her ein wenig an "Repentless" von Dream Theater, allerdings mit einem gravierenden Unterschied: plätschert das Traumtheater über die komplette Songdauer mehr oder minder belanglos vor sich hin, so baut sich "Kingdom...." zum Ende hin in eine fast schon hymnische Form hin auf, ohne den sonst hierfür vielfach verwendeten Kitsch zu verwenden, um den Herr G. ohnehin im Regelfall stets einen mehr als eleganten Schlenker macht. Früher habe ich dazu geneigt, dieses Ding zu skippen, was ein echter Fehler war: "Kingdom..." ist ein Grower, der auch überdies noch perfekt an dieser Stelle des Albums platziert ist.

"Mrs. Modern Mother Mary" - eine Spielwiese zwischen schrägen Faith-No-More und jazzarigen Sounds, manch einer mag das gar nervig titulieren und ich bringe da ein gewisses Verständnis gerne mit, nur: dann dieser Chorus! Süßlich, unwiderstehlich. Nicht selten kommt einem der Gedanke: der Gildenlöw könnte, wenn er nur wollte, chartkompatible Musik schreiben - die Tatsache, dass er eben das genau nicht tut, das macht ihn und seine Band aus.

Mit "Idiocracy" biegt man wieder ab in etwas zugänglichere Gefilde: der Song strahlt nach anfänglich eher minimalistischem Drumming etwas Bedrohliches aus (was nicht zuletzt dem ganzen Album irgendwie inne wohnt), Gildenlöw pharsiert den Gesang, schmeichelt vereinzelte Worte. Was Instrumental passiert untermalt das Ganze in Nuancen, aber um so effektiver, definitiv kein Fastfood für die Ohren. Der Refrain indes hat schon fast etwas Chorales, ehe man mit einem doch gepflegten Metalriff das ganze fest unterfüttert. Elektronische Spielereien bieten wahlweise Verwirrung oder einen zusätzlichen Klangtupfer. Und erneut zeigt sich: PoS-Songs leben von ihrer Eskalation, vom Aufbau Minimal zu Maximum, am Ende ist "Idiocracy" ein schwerer Metal-Stampfer mit teils Queen-artigen Verweisen in der Gitarrenarbeit.

"Flame to the Moth" - ein klein wenig "Remedy-Lane"-Feeling schwappt durch den Song - und wer mag, der kann hier erste Querverweise in Richtung der folgenden "Salzstraßen-Alben" finden. Der 70's-Sound verschwindet hier allerdings trotz aller unterschwelliger Leichtigkeit noch hinter einer amtlichen Metal-Instrumentalisierung, im Grunde genommen ist "Flame...." ungewöhnlich - selbst, für die Verhältnisse der Band. Prägende Elemente sind hier neben dem tollen Refrain vor allem die Shouts, die wohl jede andere Band als Growls gesetzt hätte. Um so erstaunlicher, dass Gildenlöw gerade auf dieses Stilmittel verzichtet, obwohl es es doch mehr als offensichtlich anbietet. Tolles Stück Musik.

Mit "Enter Rain" setzt man ein wahres Magnum Opus ans Ende der Scheibe: mit (effektiv) über 9 Minuten Länge haben PoS hier eine Achterbahnfahrt der Gefühle am Start, die von Led-Zeppelin-Elementen bis hin zu arg schwermetallischen Zutaten alles zu einem wahren Monstersong verbindet. In einer gerechten Welt wäre dies einer der größten Songs aller Zeiten und er wird immer wieder gern übersehen, wenn es um eine Ansammlung großartiger Longtracks geht: wer das Ding einmal live erlebt hat, der kennt die Entenpelle, die sich speziell zum Ende hin einstellt, wenn dieses "Enter Rain" gleichsam hymnisch wie bedrohlich rauskommt, untermalt von schweren Metal-Sounds, eine wahre Hymne, ein Stück Musik, dass Dich an den Eiern packt.

Kurzum: war "Scarsick" der Versuch, das wirklich letzte aus dem seit dem Debut gepflegten Sound der Band herauszuholen? Ja - und nein. Die Bauchlandung mit "Be" hat sicherlich dazu beigetragen, ein wenig in Richtung "Perfect Element 1" bzw. "Remedy Lane" zurück zu rudern, doch waren ja auch schon diese Alben bis auf bestimmte Merkmale schon in sich grundverschieden. "Scarsick" arbeitet mit Elementen aus beiden Alben, baut aber noch offensichtlicher auf ein Crossoverelement, das sich aus dem Bereich Rage against the Machine/Faith no More speist. Man könnte vielleicht noch andere Paten nennen, doch ist den genannten Bands gemein, dass auch hier sehr verspielte Zutaten im Bandsound eine Rolle gespielt haben.

Aus heutiger Sicht ist das Album zeitlos, aus meiner Sicht sogar wegweisend. Gildenlöw spielt mit eingängigen Zutaten ("America", "Disco Queen", "Flame to the Moth"), erlaubt sich aber zu keiner Zeit ein Abweichen von der offenbar von ihm für sich gezogenen künstlerischen Linie. Dazu kommt die Lyrik, locker auf dem Niveau eines Neal Peart, wenn auch um Längen verschachtelter - aber das passt einfach auch zur Musik.

"The perfect Element 2" ist genau das: ein perfektes Element, ein Album, mit dem man sich auseinandersetzen muss, das trotz seiner "Hits" bei Weitem kein Spaziergang ist, ganz im Gegenteil. Es unterstreicht die Einzigartigkeit einer Band, die es so kein zweites Mal gibt - und das gilt nicht nur für das Prog-Universum.
 
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Für nicht Wenige ist "Scarsick" neben "Be" und den beiden "Road Salt"-Alben das "hässliche Entlein" in der Discografie von Daniel Gildenlöws Ensemble. Eine Ansicht, die ich kurioserweise absolut nicht teilen kann. Ab von der Tatsache, dass mich dieses Werk in einer besonderen Phase meines Lebens erwischt hat, auf die ich nun nicht näher eingehen möchte, so sei doch verhalten angemerkt: "Scarsick" ist auch ohne diesen Umstand schlicht ein großes Werk.

Der Opener spielt einige der bewährten Zutaten von PoS auf den Punkt aus: Schräge Bassläufe, nicht minder schräge und dennoch eingängige Bridges hin zum aggressiven Chorus, gerappte (!) Parts: man mag es sich einbilden oder nicht, im direkten Vergleich klingt "Scarsick" ein wenig wie "Used" in einer thrashigeren Version. Schon immer hat mich diese Bauart an PoS-Songs an eine leicht angethrashte Version von Faith No More erinnert, verbunden mit den zahlreichen, mehrstimmigen Elementen hat man letztlich sogar ein Alleinstellungsmerkmal kreirt. Bockstarkes Ding.

"Spitfall" beginnt ebenfalls mit Rap-Vocals - nur, um in eine dieser traumwandlerisch schönen Bridges von Gildenlöw zu münden. Das Zusammenspiel von harten Rap-Passagen über eben jene melodischen Bridges hin zu einem eher eruptiven und auf den Punkt gesetzten Refrain sind auch hier präsent, anders als beim Opener ist der melodische Part gar melodiöser, angereichert mit vielen Zutaten, die im Hintergrund laufen und zunächst gar nicht offensichtlich sind. Ehrlich: die Kunst, die Rage against the Machine einst auf den Markt warfen haben Tracks wie dieser auf eine neue Stufe gehoben.

"Cribcaged" beginnt wie ein Spaghettiwestern - und öffent mit einem Mal eine neue Tür ins PoS-Universum: Gildenlöw ist ein Meister im Erschaffen melancholischer bis trauriger Sounds, es gibt keine PoS-Ballade die auch nur in irgendeiner Form peinlich oder abgedroschen wäre. Auch "Cribcaged" erfüllt keinerlei Klischees, in Verbindung mit dem Text packt es zum Einen und ist so wunderschön. Eine wunderschöne Verschnaufpause nach den eröffnenden Hassbatzen.

Neben dem später Folgenden "Disco Queen" ist für viele speziell diesen Song ein Schwachpunkt auf "Scarsick". Ich entgegne: wie brillant kann man Versatzstücke von Chartbreakern wie "Kids in America" und der "West-Side-Story" verquicken und in einen eingängigen (!), ganz eigenen, Kontext setzen und so ganz "nebenbei" damit noch auf perfekte Art und Weise den Text unterstreichen, der letztlich zwischen augenzwinkernd und bissig zynisch die Supermacht schlechthin beleuchtet? "Amrica" ist groß, ein Ohwurm, ohne ein offensichtlicher Ohrwurm zu sein - und einfach in Sachen Songwriting oberste Kajüte.

Nun zur Discokönigin - und mein Fazit: großartig! Großartig! Großartig! Abba-Sounds im Metalgewand, auch hier ist die Verbindung zwischen Text (naives Disco-Girlie - und wie ein Solches letztlich ausgenutzt wird aus Sicht des Protagonisten), ab dem Zeitpunkt der Eskalation der Lage in sich wird das Stück mit härteren Passagen unterfüttert. Nicht zuletzt sind die Keyboardsounds speziell in den Verses, regelrecht befremdlich und düster gelagert, gleiches gilt für den Gesang in den ersten Passagen. Natürlich gehört eine Menge Traute dazu, so ein Ding rauszuhauen, sowohl mit Blick auf das eigene Fanlager aus musikalischer Sicht, als auch hinsichtlich möglicher Reaktionen von Solchen, die gar einen gar negativen bis frauenfeindliche Aspekt in den Vordergrund rücken würden/werden/wollen - im Grunde ist "Disco Queen" ein Stück, das man auch abseits der Musik gerne kontrovers hätte diskutieren können. Es zeigt aber auch: PoS haben keine Wohlfühlzone, sind unberechenbar und doch jederzeit PoS - welche Band kann das schon in dieser Form von sich behaupten?

"Kingdom of Loss" erinnert mich heute vom Eingang her ein wenig an "Repentless" von Dream Theater, allerdings mit einem gravierenden Unterschied: plätschert das Traumtheater über die komplette Songdauer mehr oder minder belanglos vor sich hin, so baut sich "Kingdom...." zum Ende hin in eine fast schon hymnische Form hin auf, ohne den sonst hierfür vielfach verwendeten Kitsch zu verwenden, um den Herr G. ohnehin im Regelfall stets einen mehr als eleganten Schlenker macht. Früher habe ich dazu geneigt, dieses Ding zu skippen, was ein echter Fehler war: "Kingdom..." ist ein Grower, der auch überdies noch perfekt an dieser Stelle des Albums platziert ist.

"Mrs. Modern Mother Mary" - eine Spielwiese zwischen schrägen Faith-No-More und jazzarigen Sounds, manch einer mag das gar nervig titulieren und ich bringe da ein gewisses Verständnis gerne mit, nur: dann dieser Chorus! Süßlich, unwiderstehlich. Nicht selten kommt einem der Gedanke: der Gildenlöw könnte, wenn er nur wollte, chartkompatible Musik schreiben - die Tatsache, dass er eben das genau nicht tut, das macht ihn und seine Band aus.

Mit "Idiocracy" biegt man wieder ab in etwas zugänglichere Gefilde: der Song strahlt nach anfänglich eher minimalistischem Drumming etwas Bedrohliches aus (was nicht zuletzt dem ganzen Album irgendwie inne wohnt), Gildenlöw pharsiert den Gesang, schmeichelt vereinzelte Worte. Was Instrumental passiert untermalt das Ganze in Nuancen, aber um so effektiver, definitiv kein Fastfood für die Ohren. Der Refrain indes hat schon fast etwas Chorales, ehe man mit einem doch gepflegten Metalriff das ganze fest unterfüttert. Elektronische Spielereien bieten wahlweise Verwirrung oder einen zusätzlichen Klangtupfer. Und erneut zeigt sich: PoS-Songs leben von ihrer Eskalation, vom Aufbau Minimal zu Maximum, am Ende ist "Idiocracy" ein schwerer Metal-Stampfer mit teils Queen-artigen Verweisen in der Gitarrenarbeit.

"Flame to the Moth" - ein klein wenig "Remedy-Lane"-Feeling schwappt durch den Song - und wer mag, der kann hier erste Querverweise in Richtung der folgenden "Salzstraßen-Alben" finden. Der 70's-Sound verschwindet hier allerdings trotz aller unterschwelliger Leichtigkeit noch hinter einer amtlichen Metal-Instrumentalisierung, im Grunde genommen ist "Flame...." ungewöhnlich - selbst, für die Verhältnisse der Band. Prägende Elemente sind hier neben dem tollen Refrain vor allem die Shouts, die wohl jede andere Band als Growls gesetzt hätte. Um so erstaunlicher, dass Gildenlöw gerade auf dieses Stilmittel verzichtet, obwohl es es doch mehr als offensichtlich anbietet. Tolles Stück Musik.

Mit "Enter Rain" setzt man ein wahres Magnum Opus ans Ende der Scheibe: mit (effektiv) über 9 Minuten Länge haben PoS hier eine Achterbahnfahrt der Gefühle am Start, die von Led-Zeppelin-Elementen bis hin zu arg schwermetallischen Zutaten alles zu einem wahren Monstersong verbindet. In einer gerechten Welt wäre dies einer der größten Songs aller Zeiten und er wird immer wieder gern übersehen, wenn es um eine Ansammlung großartiger Longtracks geht: wer das Ding einmal live erlebt hat, der kennt die Entenpelle, die sich speziell zum Ende hin einstellt, wenn dieses "Enter Rain" gleichsam hymnisch wie bedrohlich rauskommt, untermalt von schweren Metal-Sounds, eine wahre Hymne, ein Stück Musik, dass Dich an den Eiern packt.

Kurzum: war "Scarsick" der Versuch, das wirklich letzte aus dem seit dem Debut gepflegten Sound der Band herauszuholen? Ja - und nein. Die Bauchlandung mit "Be" hat sicherlich dazu beigetragen, ein wenig in Richtung "Perfect Element 1" bzw. "Remedy Lane" zurück zu rudern, doch waren ja auch schon diese Alben bis auf bestimmte Merkmale schon in sich grundverschieden. "Scarsick" arbeitet mit Elementen aus beiden Alben, baut aber noch offensichtlicher auf ein Crossoverelement, das sich aus dem Bereich Rage against the Machine/Faith no More speist. Man könnte vielleicht noch andere Paten nennen, doch ist den genannten Bands gemein, dass auch hier sehr verspielte Zutaten im Bandsound eine Rolle gespielt haben.

Aus heutiger Sicht ist das Album zeitlos, aus meiner Sicht sogar wegweisend. Gildenlöw spielt mit eingängigen Zutaten ("America", "Disco Queen", "Flame to the Moth"), erlaubt sich aber zu keiner Zeit ein Abweichen von der offenbar von ihm für sich gezogenen künstlerischen Linie. Dazu kommt die Lyrik, locker auf dem Niveau eines Neal Peart, wenn auch um Längen verschachtelter - aber das passt einfach auch zur Musik.

"The perfect Element 2" ist genau das: ein perfektes Element, ein Album, mit dem man sich auseinandersetzen muss, das trotz seiner "Hits" bei Weitem kein Spaziergang ist, ganz im Gegenteil. Es unterstreicht die Einzigartigkeit einer Band, die es so kein zweites Mal gibt - und das gilt nicht nur für das Prog-Universum.

Die finde ich auf jeden Fall besser als die so oft gelobte "In the Passing Light Of Day", die mich bisher überhaupt nicht erreicht. "Scarsick" ist sicher an manchen Stellen kontrovers, aber hat viele großartige Momente.
 
Zu dieser Band hab ich nie Zugang gefunden.
Gibt's da vielleicht 1-2 song Empfehlungen? Vielleicht wird das ja noch was...
 
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Für nicht Wenige ist "Scarsick" neben "Be" und den beiden "Road Salt"-Alben das "hässliche Entlein" in der Discografie von Daniel Gildenlöws Ensemble. Eine Ansicht, die ich kurioserweise absolut nicht teilen kann. Ab von der Tatsache, dass mich dieses Werk in einer besonderen Phase meines Lebens erwischt hat, auf die ich nun nicht näher eingehen möchte, so sei doch verhalten angemerkt: "Scarsick" ist auch ohne diesen Umstand schlicht ein großes Werk.

Der Opener spielt einige der bewährten Zutaten von PoS auf den Punkt aus: Schräge Bassläufe, nicht minder schräge und dennoch eingängige Bridges hin zum aggressiven Chorus, gerappte (!) Parts: man mag es sich einbilden oder nicht, im direkten Vergleich klingt "Scarsick" ein wenig wie "Used" in einer thrashigeren Version. Schon immer hat mich diese Bauart an PoS-Songs an eine leicht angethrashte Version von Faith No More erinnert, verbunden mit den zahlreichen, mehrstimmigen Elementen hat man letztlich sogar ein Alleinstellungsmerkmal kreirt. Bockstarkes Ding.

"Spitfall" beginnt ebenfalls mit Rap-Vocals - nur, um in eine dieser traumwandlerisch schönen Bridges von Gildenlöw zu münden. Das Zusammenspiel von harten Rap-Passagen über eben jene melodischen Bridges hin zu einem eher eruptiven und auf den Punkt gesetzten Refrain sind auch hier präsent, anders als beim Opener ist der melodische Part gar melodiöser, angereichert mit vielen Zutaten, die im Hintergrund laufen und zunächst gar nicht offensichtlich sind. Ehrlich: die Kunst, die Rage against the Machine einst auf den Markt warfen haben Tracks wie dieser auf eine neue Stufe gehoben.

"Cribcaged" beginnt wie ein Spaghettiwestern - und öffent mit einem Mal eine neue Tür ins PoS-Universum: Gildenlöw ist ein Meister im Erschaffen melancholischer bis trauriger Sounds, es gibt keine PoS-Ballade die auch nur in irgendeiner Form peinlich oder abgedroschen wäre. Auch "Cribcaged" erfüllt keinerlei Klischees, in Verbindung mit dem Text packt es zum Einen und ist so wunderschön. Eine wunderschöne Verschnaufpause nach den eröffnenden Hassbatzen.

Neben dem später Folgenden "Disco Queen" ist für viele speziell diesen Song ein Schwachpunkt auf "Scarsick". Ich entgegne: wie brillant kann man Versatzstücke von Chartbreakern wie "Kids in America" und der "West-Side-Story" verquicken und in einen eingängigen (!), ganz eigenen, Kontext setzen und so ganz "nebenbei" damit noch auf perfekte Art und Weise den Text unterstreichen, der letztlich zwischen augenzwinkernd und bissig zynisch die Supermacht schlechthin beleuchtet? "Amrica" ist groß, ein Ohwurm, ohne ein offensichtlicher Ohrwurm zu sein - und einfach in Sachen Songwriting oberste Kajüte.

Nun zur Discokönigin - und mein Fazit: großartig! Großartig! Großartig! Abba-Sounds im Metalgewand, auch hier ist die Verbindung zwischen Text (naives Disco-Girlie - und wie ein Solches letztlich ausgenutzt wird aus Sicht des Protagonisten), ab dem Zeitpunkt der Eskalation der Lage in sich wird das Stück mit härteren Passagen unterfüttert. Nicht zuletzt sind die Keyboardsounds speziell in den Verses, regelrecht befremdlich und düster gelagert, gleiches gilt für den Gesang in den ersten Passagen. Natürlich gehört eine Menge Traute dazu, so ein Ding rauszuhauen, sowohl mit Blick auf das eigene Fanlager aus musikalischer Sicht, als auch hinsichtlich möglicher Reaktionen von Solchen, die gar einen gar negativen bis frauenfeindliche Aspekt in den Vordergrund rücken würden/werden/wollen - im Grunde ist "Disco Queen" ein Stück, das man auch abseits der Musik gerne kontrovers hätte diskutieren können. Es zeigt aber auch: PoS haben keine Wohlfühlzone, sind unberechenbar und doch jederzeit PoS - welche Band kann das schon in dieser Form von sich behaupten?

"Kingdom of Loss" erinnert mich heute vom Eingang her ein wenig an "Repentless" von Dream Theater, allerdings mit einem gravierenden Unterschied: plätschert das Traumtheater über die komplette Songdauer mehr oder minder belanglos vor sich hin, so baut sich "Kingdom...." zum Ende hin in eine fast schon hymnische Form hin auf, ohne den sonst hierfür vielfach verwendeten Kitsch zu verwenden, um den Herr G. ohnehin im Regelfall stets einen mehr als eleganten Schlenker macht. Früher habe ich dazu geneigt, dieses Ding zu skippen, was ein echter Fehler war: "Kingdom..." ist ein Grower, der auch überdies noch perfekt an dieser Stelle des Albums platziert ist.

"Mrs. Modern Mother Mary" - eine Spielwiese zwischen schrägen Faith-No-More und jazzarigen Sounds, manch einer mag das gar nervig titulieren und ich bringe da ein gewisses Verständnis gerne mit, nur: dann dieser Chorus! Süßlich, unwiderstehlich. Nicht selten kommt einem der Gedanke: der Gildenlöw könnte, wenn er nur wollte, chartkompatible Musik schreiben - die Tatsache, dass er eben das genau nicht tut, das macht ihn und seine Band aus.

Mit "Idiocracy" biegt man wieder ab in etwas zugänglichere Gefilde: der Song strahlt nach anfänglich eher minimalistischem Drumming etwas Bedrohliches aus (was nicht zuletzt dem ganzen Album irgendwie inne wohnt), Gildenlöw pharsiert den Gesang, schmeichelt vereinzelte Worte. Was Instrumental passiert untermalt das Ganze in Nuancen, aber um so effektiver, definitiv kein Fastfood für die Ohren. Der Refrain indes hat schon fast etwas Chorales, ehe man mit einem doch gepflegten Metalriff das ganze fest unterfüttert. Elektronische Spielereien bieten wahlweise Verwirrung oder einen zusätzlichen Klangtupfer. Und erneut zeigt sich: PoS-Songs leben von ihrer Eskalation, vom Aufbau Minimal zu Maximum, am Ende ist "Idiocracy" ein schwerer Metal-Stampfer mit teils Queen-artigen Verweisen in der Gitarrenarbeit.

"Flame to the Moth" - ein klein wenig "Remedy-Lane"-Feeling schwappt durch den Song - und wer mag, der kann hier erste Querverweise in Richtung der folgenden "Salzstraßen-Alben" finden. Der 70's-Sound verschwindet hier allerdings trotz aller unterschwelliger Leichtigkeit noch hinter einer amtlichen Metal-Instrumentalisierung, im Grunde genommen ist "Flame...." ungewöhnlich - selbst, für die Verhältnisse der Band. Prägende Elemente sind hier neben dem tollen Refrain vor allem die Shouts, die wohl jede andere Band als Growls gesetzt hätte. Um so erstaunlicher, dass Gildenlöw gerade auf dieses Stilmittel verzichtet, obwohl es es doch mehr als offensichtlich anbietet. Tolles Stück Musik.

Mit "Enter Rain" setzt man ein wahres Magnum Opus ans Ende der Scheibe: mit (effektiv) über 9 Minuten Länge haben PoS hier eine Achterbahnfahrt der Gefühle am Start, die von Led-Zeppelin-Elementen bis hin zu arg schwermetallischen Zutaten alles zu einem wahren Monstersong verbindet. In einer gerechten Welt wäre dies einer der größten Songs aller Zeiten und er wird immer wieder gern übersehen, wenn es um eine Ansammlung großartiger Longtracks geht: wer das Ding einmal live erlebt hat, der kennt die Entenpelle, die sich speziell zum Ende hin einstellt, wenn dieses "Enter Rain" gleichsam hymnisch wie bedrohlich rauskommt, untermalt von schweren Metal-Sounds, eine wahre Hymne, ein Stück Musik, dass Dich an den Eiern packt.

Kurzum: war "Scarsick" der Versuch, das wirklich letzte aus dem seit dem Debut gepflegten Sound der Band herauszuholen? Ja - und nein. Die Bauchlandung mit "Be" hat sicherlich dazu beigetragen, ein wenig in Richtung "Perfect Element 1" bzw. "Remedy Lane" zurück zu rudern, doch waren ja auch schon diese Alben bis auf bestimmte Merkmale schon in sich grundverschieden. "Scarsick" arbeitet mit Elementen aus beiden Alben, baut aber noch offensichtlicher auf ein Crossoverelement, das sich aus dem Bereich Rage against the Machine/Faith no More speist. Man könnte vielleicht noch andere Paten nennen, doch ist den genannten Bands gemein, dass auch hier sehr verspielte Zutaten im Bandsound eine Rolle gespielt haben.

Aus heutiger Sicht ist das Album zeitlos, aus meiner Sicht sogar wegweisend. Gildenlöw spielt mit eingängigen Zutaten ("America", "Disco Queen", "Flame to the Moth"), erlaubt sich aber zu keiner Zeit ein Abweichen von der offenbar von ihm für sich gezogenen künstlerischen Linie. Dazu kommt die Lyrik, locker auf dem Niveau eines Neal Peart, wenn auch um Längen verschachtelter - aber das passt einfach auch zur Musik.

"The perfect Element 2" ist genau das: ein perfektes Element, ein Album, mit dem man sich auseinandersetzen muss, das trotz seiner "Hits" bei Weitem kein Spaziergang ist, ganz im Gegenteil. Es unterstreicht die Einzigartigkeit einer Band, die es so kein zweites Mal gibt - und das gilt nicht nur für das Prog-Universum.
Die A-Seite von "Scarsick" bis einschließlich "Disco Queen" ist schlicht fantastisch, die B-Seite fällt in meiner Wahrnehmung aber doch recht deutlich ab, gerade "Mrs. Modern Mother Mary" und "Idiocracy" empfinde ich als eher ziellos vor sich hin wabernd denn zwingend. Und auch "Enter Rain" gehört m. E. tendenziell zu den schwächeren PoS-Longtracks, wobei mir da das von dir angesprochene Live-Erlebnis fehlt, welches ja vielleicht bzw. hoffentlich noch kommen kann...
 
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