Der wunderschöne Tatort-Thread für alle, die noch Fernsehen gucken

Ich dachte immer, Mannheim ist Kurpfalz?

Jo, aber Karlsruhe nicht. Und die Kurpfalz gehört ab 1803 zum Großherzogtum Baden. Baden ist - genau wie Württemberg - ein recht amorphes Gebilde, weshalb das Begriffspaar "Badener vs. Schwaben" eigentlich recht unsinnig ist, da Badener und Württemberger schlicht die Untertanen der entsprechenden Herrscherhäuser sind, während es sich bei den Schwaben um einen Volksstamm bzw. ein Dialektkontinuum handelt. Die meisten Württemberger sind auch Schwaben, aber längst nicht alle (z.B. die Hohenloher und die Heilbronner sind württembergische Franken); und es sind auch längst nicht alle Schwaben auch Württemberger (z.B. sind die Augsburger und Günzburger Schwaben und Bayern... aber keine Baiern). Die "Badener" indes bestehen aus Angehörigen mehrerer alemannischer Dialekträume (Bodenseealemannen, Niederalemannen, Hochalemannen) und rheinfränkischer Dialekträume (Kurpfälzer).

Ein Kurpfälzer aus Mannheim ist also landsmannschaftlich ein Kurpfälzer=Vorderpfälzer=Pfälzer=Rheinfranke=Franke und politisch ein Badener.
Ein Karlsruher ist landsmannschaftlich ein Niederalemanne=Alemanne und politisch ein Badener.
Ein Hohenloher ist landsmannschaftlich ein Hohenloher=Ostfranke=Franke, politisch ein Württemberger.
Ein Ulmer ist landsmannschaftlich ein Schwabe=Alemanne, politisch ein Württemberger.

Sprachlich sind also - da beide Teil des alemannischen Dialektkontinuums - der Südsüdwestbadener aus Freiburg und der Ostwürttemberger aus Ulm weitaus näher miteinander verwandt als der Ulmer mit dem Nordwürttemberger (Hohenloher) aus Weikersheim oder der Freiburger mit dem Nordbadener (Kurpfälzer) aus Mannheim.

Alles eigentlich recht einfach, weshalb mich die Verwirrung darob oft verwirrt.




EDIT:

Aber um den Bogen zum Tatort zurück zu schlagen:

Ich HASSE es fundemental, dass der Tatort aus der Schweiz synchronisiert wird, und dass in den meisten deutschen Tarort-Teams nur der Vermieter, die Putzfrau oder die Oma von nebenan den örtlichen Dialekt spricht, aber kaum eine Hauptrolle. Das ist nicht nur unrealistisch sondern auch langweilig. Mit mir hat noch nie ein örtlicher Büttel schriftdeutsch geredet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Alles eigentlich recht einfach, weshalb mich die Verwirrung darob oft verwirrt.
Ich bewundere Deine Begeisterung dafür und die Genauigkeit, mit der Du das darlegst. Aber es verwirrt mich. :D
und dass in den meisten deutschen Tarort-Teams nur der Vermieter, die Putzfrau oder die Oma von nebenan den örtlichen Dialekt spricht, aber kaum eine Hauptrolle.
Da pflichte ich Dir bei.
Mit mir hat noch nie ein örtlicher Büttel schriftdeutsch geredet.
Eine der schönsten Amtsbezeichnungen überhaupt, leider heutzutage oft despektierlich verwendet. Benutzt Du die Vokabel auch beruflich? :D
 
Eine der schönsten Amtsbezeichnungen überhaupt, leider heutzutage oft despektierlich verwendet. Benutzt Du die Vokabel auch beruflich? :D
Na ja, also beruflich nicht, da legt man ja schon Wert darauf, die exakt richtige offizielle Amtsbezeichnung zu wählen, und da wird der Begriff halt leider nimmer verwendet.

Find ich aber auch schön und meine ich absolut nicht despektierlich.

Umgangssprachlich dialektal ist es bei uns im Zweifel die meistverwendete Bezeichnung für die Polizei. Bullen sagt man weniger. Entweder "dr Bollázei" (Singular, "der Polizei", wenn man weder Name noch Dienstgrad weiß) oder "d' Biddl" (Plural, "die Büttel"); d'Landjäger kommt auch vor, aber selten, noch seltener d'Schandarmá. Geht aber alles.
 
Jo, aber Karlsruhe nicht. Und die Kurpfalz gehört ab 1803 zum Großherzogtum Baden. Baden ist - genau wie Württemberg - ein recht amorphes Gebilde, weshalb das Begriffspaar "Badener vs. Schwaben" eigentlich recht unsinnig ist, da Badener und Württemberger schlicht die Untertanen der entsprechenden Herrscherhäuser sind, während es sich bei den Schwaben um einen Volksstamm bzw. ein Dialektkontinuum handelt. Die meisten Württemberger sind auch Schwaben, aber längst nicht alle (z.B. die Hohenloher und die Heilbronner sind württembergische Franken); und es sind auch längst nicht alle Schwaben auch Württemberger (z.B. sind die Augsburger und Günzburger Schwaben und Bayern... aber keine Baiern). Die "Badener" indes bestehen aus Angehörigen mehrerer alemannischer Dialekträume (Bodenseealemannen, Niederalemannen, Hochalemannen) und rheinfränkischer Dialekträume (Kurpfälzer).

Ein Kurpfälzer aus Mannheim ist also landsmannschaftlich ein Kurpfälzer=Vorderpfälzer=Pfälzer=Rheinfranke=Franke und politisch ein Badener.
Ein Karlsruher ist landsmannschaftlich ein Niederalemanne=Alemanne und politisch ein Badener.
Ein Hohenloher ist landsmannschaftlich ein Hohenloher=Ostfranke=Franke, politisch ein Württemberger.
Ein Ulmer ist landsmannschaftlich ein Schwabe=Alemanne, politisch ein Württemberger.

Sprachlich sind also - da beide Teil des alemannischen Dialektkontinuums - der Südsüdwestbadener aus Freiburg und der Ostwürttemberger aus Ulm weitaus näher miteinander verwandt als der Ulmer mit dem Nordwürttemberger (Hohenloher) aus Weikersheim oder der Freiburger mit dem Nordbadener (Kurpfälzer) aus Mannheim.

Alles eigentlich recht einfach, weshalb mich die Verwirrung darob oft verwirrt.




EDIT:

Aber um den Bogen zum Tatort zurück zu schlagen:

Ich HASSE es fundemental, dass der Tatort aus der Schweiz synchronisiert wird, und dass in den meisten deutschen Tarort-Teams nur der Vermieter, die Putzfrau oder die Oma von nebenan den örtlichen Dialekt spricht, aber kaum eine Hauptrolle. Das ist nicht nur unrealistisch sondern auch langweilig. Mit mir hat noch nie ein örtlicher Büttel schriftdeutsch geredet.

Klar. Als Rheinfranke fordere ich auch die Wiedereingliederung der Kurpfalz samt Mannheim ins Rheinland plus Reparationszahlungen durch die Rechtsnachfolger der Häuser Wittelsbach/Baiern und Baden.

Wobei Karlsruhe doch südfränkischer Sprachraum ist. Für mich war es eigentlich immer ganz einfach: Schwaben sprechen Schwäbisch, echte Badener alemannisch. Auch wenn beides verwandt ist, klingt es anders.
 
Klar. Als Rheinfranke fordere ich auch die Wiedereingliederung der Kurpfalz samt Mannheim ins Rheinland plus Reparationszahlungen durch die Rechtsnachfolger der Häuser Wittelsbach/Baiern und Baden.

Wobei Karlsruhe doch südfränkischer Sprachraum ist. Für mich war es eigentlich immer ganz einfach: Schwaben sprechen Schwäbisch, echte Badener alemannisch. Auch wenn beides verwandt ist, klingt es anders.

Klar, Schwäbisch hat die Diphtongierung, die anderen alemannischen Sprachen haben sie nicht. Wobei die Übergänge extrem fließend sind, grad im Schwarzwald, am Bodensee und im Allgäu. Karlsruh isch a Grenzfall, mit amma leichta Hang gen Fränkisch, jau. Rastatt und Baden-Baden sin uf jeden Fall scho alemannisch:

Stadtwiki Karlsruhe schrieb:
Denn rund um Karlsruhe befinden sich einige Sprachgrenzen: Zwischen Karlsruhe und Mannheim/Heidelberg läuft die Sprachgrenze zwischen Oberdeutsch und Mitteldeutsch. Im Süden Karlsruhes befindet sich die Grenze zwischen alemannisch und fränkisch. Somit wird in Karlsruhe das einzige oberdeutsche fränkisch gesprochen.

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Wow, was für ein Hammer-Tatort heute. Plottechnisch zwar mitunter arg überkonstruiert, aber von der reinen Inszenierung her, Regisseur Dominik Graf sei Dank, mit das Packendste, was ich in der Reihe seit langem gesehen hab.
Freu mich auf Teil 2.
+1

das war endlich mal wieder RICHTIG gut!
Bin sehr gespannt auf den 2. Teil
 
+2
Hoffentlich dauerts nicht so lange, bis der kommt. Hat echt was, die Achse Dortmund-München mit den unterschiedlichen Charakteren. Die Figur der Nora Dalay hat mir schon immer gut gefallen und wird von Aylin Tezel spitzenmäßig gespielt.
 
50 Jahre Tatort.

Von Anfang an saß ich mit am Lagerfeuer, obwohl ich das anfangs nicht sehr unterhaltend fand. Die Kommissare waren meist recht steif und langweilig.
Natürlich kann ich mich nicht an den Ersten erinnern, hatte ihn aber gesehen.
Die beste Erinnerung werde ich immer an "Reifezeugnis" haben - wegen der nackten Kinski und dem trommelnden Lehrer.

Richtig gut wurde es aber erst mit Schimanski, Köln, Stuttgart, Münster und Kasperl, Seppl und Fitz.

Aber auch gestern lief Einer zum Erinnern. Diese absehbare, nicht verhinderte Tat...
Nicht mal meine LG ist eingeschlafen, was sie sonst fast immer kann - vor allem in Dortmund.
Die Aylin mag ich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich fand es ehrlich gesagt, trotz der anhaltenden bedrohlichen Stimmung, etwas dröge. Der Dalay weine ich allerdings nicht hinterher. Fand die immer etwas nervig (Marke 'rotzige Göre').
 
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