Pavlos
Till Deaf Do Us Part
Im Kampf gegen die immer kürzer werdende Aufmerksamkeitsspanne bei Musikhörern ist mir mittlerweile jedes Trigger-Mittel recht - auch sexy Fotos. Anmerkung für diesbzgl. empfindliche Zeitgenossen: das ist das offizielle Foto von der bandcamp Seite. Zu sehen ist Lainey Schooltree aus Boston, die seit vielen Jahren als Sängerin, Pianistin, Komponistin, Tagträumerin, u.v.m. unterwegs ist. Und lustig ist die begabte Dame auch, lauten die ersten Worte auf ihrer Homepage doch "Hi! I'm Lainey Schooltree, and like other personal websites, this one is egregiously neglected. If you're looking for updated information, shoot me an email". Herrlich, genau mein Humor. Aber hier soll es ja mehr um das Album und Laineys wundervolle Musik gehen, ergo poste ich vielleicht doch mal das tolle Artwork und schreibe was zum Inhalt:
"Heterotopia" ist ein Art Rock Brocken. Die einzelnen musikalischen Zutaten (Rock, Prog, Pop, Folk, Musical) sind vielfältig und -seperat betrachtet- fluffig leicht, ergeben aber zusammengemischt eine extrem harte Audio-Nuss, die es zu knacken gilt. Was das Reinkommen in dieses Doppelalbum so erschwert ist seine Komplexität, die sich weniger durch abgefahrene Instrumental-Parts und ausufernde Passagen ergibt, sondern durch die Vielfalt und Vielzahl der Ideen, Stimmungen und Stile. Keine Sache, die man nach den ersten Spins komplett greifen kann, und die einen dadurch vielleicht sogar zunächst mal abturnt. Wer aber dranbleibt, bekommt ein abenteurliches "I don't give a fuck wie das klingt und ob das passt, ich mach das jetzt so weil es mir gefällt!!" Album zu hören, das so verdammt viel zum Entdecken und Verlieben hergibt. Und wenn wir ehrlich sind, besitzen die erst nach und nach zündenden Platten am ehesten die Langzeitgarantie, nach der wir alle suchen, oder?!
Die Arbeiten an dem Album nahmen rund vier Jahre in Anspruch, und das Ergebnis spiegelt in seinen knapp 100 Minuten die Akribie wieder, mit der Lainey hier vorging. Ihre Gabe, intelligenten Pop mit düsterem Prog zu vermischen, ohne, dass dabei der Anspruch verloren geht, fasziniert mich total. Der detailreiche Stoff (Use your Kopfhörer, Luke!!) klingt gleichzeitig nach Radiomusik für Erwachsene und Bewerbung für die Elite-Musikhochschule. Dass es noch eine abgefahrene Story zum Erkunden und Entschlüsseln gibt, muss ich ja wohl nicht erwähnen: "This rock opera is about a girl who loses her body and must journey as a ghost through a parallel world of the collective unconscious to get it back. But something is wrong in Otherspace; it has been overtaken by shadows and chaos. In order to become whole again, Suzi must delve into the origins of this world's darkness, going from the neon lights of her plasterboard horizon home to the bottom of a cursed river’s malevolent lullaby, where the fate of Otherspace and her own are inextricably linked" - da weißte bescheid, ne. Wenn man will, kann man grob von einer modernen Variante des Broadway-Lamms von Genesis reden. Ein Begleitbuch (welches mir allerdings nicht vorliegt) dazu, sowie eine Multimedia-Liveshow kurz nach Release gab es übrigens auch, die Nerd-Zielgruppe will ja schließlich ständig gefüttert werden.
Einzelne Anspieltipps machen keinen Sinn, "Heterotopia" MUSS am Stück erlebt werden. Am besten mit den Texten vor einem liegend. Dabei bitte nicht das Tauchabzeichen vergessen, denn so schnell lassen dich Mrs. Schooltree und ihre Begleitmusiker nicht mehr aus den Tiefen ihrer einzigartigen Klangwelten frei. Ticket lösen, hier geht's zum Eingang:
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