[Top of the Progs - 100 Meisterwerke] - Prog-on's Liste

Langsam, aber unaufhaltsam kommen die oberen beiden Drittel näher...

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70. Communic - Waves of Visual Decay (NOR, 2006)
Der Communic-Zweitling erschien seinerzeit quasi zeitgleich zum Anpfiff der Fußball-WM in Deutschland, und die Frage aller Fragen war, welche Verbindung Fabien Barthez (für alle Fußballverächter: damaliger Nationaltorwart Frankreichs) wohl zur norwegischen Dreierkette um Oddleif Stenstad haben mochte, hatte er doch offensichtlich für das (zugegeben doch recht unterwältigende) Artwork Modell gestanden. Eben jener WM ist es dann auch in die (Fußball-)Schuhe zu schieben, dass die Scheibe in den ersten Wochen nach Release nur wenige Runden bei zudem relativ niedrigem Aufmerksamkeitsgrad drehte und bereits vorsichtig unter "eher enttäuschend" einsortiert worden war. Dann kamen der 4. Juli, Fabio Grosso und die schicksalshafte 119. Minute in Dortmund, und ich lernte, was wirkliche Enttäuschung ist (dass der FC wenige Wochen zuvor wieder einmal abgestiegen war - reine Routine). Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt: Bei intensiverer Auseinandersetzung mit dem Werk zeigte sich rasch, dass "Waves of Visual Decay" nicht bloß ein durch und durch würdiger Nachfolger des bockstarken Debüts, sondern tatsächlich das bessere, weil reifere (und weniger Nevermore-lastige) Album ist
Bei vielem, was du zu dem Album schreibst, sehe (und sah) ich es ähnlich (außer, dass ich mit Fußball so gar nichts am Hut habe). Zuerst hat es mich, im Gegensatz zum Debüt, überhaupt nicht gepackt, während es später sehr gewachsen ist.
Aber den Einschub in Klammern verstehe ich nicht - was, außer dem Opener/Titelsong klingt denn auf dem Debüt (mehr) nach Nevermore?
Wäre der Opener nicht, hätte ich bei "Conspiracy In Mind" wohl sogar niemals Vergleiche mit Nevermore gezogen, einzig der Gesang erinnert manchmal entfernt an die Band aus Seattle. So sehr nach Nevermore-Kopie wie eben jener Opener klingt zwar nichts auf dem Nachfolger, aber ich würde das Album als Ganzes gar nicht als weniger Nevermore-lastig als das Debüt ansehen.
Aber schöne Auswahl mal wieder, wenn auch Anathema in meiner Sozialisation und Prog-Welt gar keine Rolle spielen.
 
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Bei vielem, was du zu dem Album schreibst, sehe (und sah) ich es ähnlich (außer, dass ich mit Fußball so gar nichts am Hut habe). Zuerst hat es mich, im Gegensatz zum Debüt, überhaupt nicht gepackt, während es später sehr gewachsen ist.
Aber den Einschub in Klammern verstehe ich nicht - was, außer dem Opener/Titelsong klingt denn auf dem Debüt (mehr) nach Nevermore?
Wäre der Opener nicht, hätte ich bei "Conspiracy In Mind" wohl sogar niemals Vergleiche mit Nevermore gezogen, einzig der Gesang erinnert manchmal entfernt an die Band aus Seattle. So sehr nach Nevermore-Kopie wie eben jender Opener klingt zwar nichts auf dem Nachfolger, aber ich würde das Album als Ganzes gar nicht als weniger Nevermore-lastig als das Debüt ansehen.
Aber schöne Auswahl mal wieder, wenn auch Anathema in meiner Sozialisation und Prog-Welt gar keine Rolle spielen.
Hm, ich finde schon, dass die Songs auf dem Debüt, die relativ schnell ins Ohr gehen, sprich der von dir auch genannte Opener, "Communication Sublime", aber auch das abschließende "Silence Surrounds", passagenweise recht viel von Nevermore haben, und auch gewisse Parallelen im Gesang (nicht durchgehend, wieder nur punktuell) sind für meine bescheidenen Ohren nicht von der Hand zu weisen. Auf dem Nachfolger höre ich diese Anleihen dann auch kaum noch raus, kurioserweise am ehesten noch im genannten Anspieltipp "Frozen Asleep in the Park"...
 
Hm, ich finde schon, dass die Songs auf dem Debüt, die relativ schnell ins Ohr gehen, sprich der von dir auch genannte Opener, "Communication Sublime", aber auch das abschließende "Silence Surrounds", passagenweise recht viel von Nevermore haben, und auch gewisse Parallelen im Gesang (nicht durchgehend, wieder nur punktuell) sind für meine bescheidenen Ohren nicht von der Hand zu weisen. Auf dem Nachfolger höre ich diese Anleihen dann auch kaum noch raus, kurioserweise am ehesten noch im genannten Anspieltipp "Frozen Asleep in the Park"...
Okay, da gehen die Wahrnehmungen dann einfach auseinander. Außer dem Opener ist der Stil auf dem Debüt für mich echt ein komplett anderer als bei Nevermore - bei den Norwegern dominiert für mich hymnisch-verträumte Atmosphäre statt extremer Riffgewitter mit schrägen Melodien und Rhythmen. Von den Melodien her finde ich Nevermore auch oft eher düster-schräg bis depressiv statt verträumt. Auf mich wirkte der Opener des Debüts von Communic sogar immer stilistisch wie ein totaler Fremdkörper auf dem Album (ich überspringe den tatsächlich auch immer).
 
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70. Man kann über die Nevermore-Parallelen hin und her diskutieren, ich höre die auch bisweilen, speziell beim Debut, ansonsten ist das schon eine recht eigene Stilistik, wie ich finde. Alles in Allem stellt sich mir die Frage, warum Communic nie größer geworden sind, speziell auch die recht heftigen Grenzgänge zum Thrash dürften die Band prinzipiell auch für Thrashhörer interessant machen. "Waves..." lief seit Urzeiten nicht bei mir, was ich dann doch mal wieder ändern sollte. Ein wirklich schlechtes Album gibt es von Communic einfach nicht.

69. Der letzte Satz gilt auch für Redemption, obgleich ich mit dem Wechsel zu Tom immer noch nicht wirklich glücklich bin, denn all zu oft tönen die Alben mit seiner Mitwirkung doch nach Evergrey - wohl das Schicksal einer markanten Stimme, wobei im Umkehrschluss festzuhalten bleibt, dass Ray ebenfalls über eine sehr eigenständige Stimme verfügt, kurioserweise Redemption mit seinem Gesang trotzdem nicht nach Fates Warning klangen. Nun denn, "Snowfall..." ist ein tolles Album und spielt in dem Triple "The Fullness of Time", eben jenem "Snowfall..." und "The Art of Loss" ganz oben in der Prog-Metal-Liga, danach kommt für mich das Debut, "This Mortal Coil" ist ein kleiner Dämpfer und wirkt etwas orientierungsloser.

68. Zu Anathema habe ich unlängst schon angemerkt, dass die Band erst zu ihren "New-Artrock"-Zeiten auf meinem Radar erschienen ist. Ich gelobe diesbezüglich fleißige Nacharbeit in Sachen kompletter Discographie.
 
Die nächsten Tage komme ich kaum zum Schreiben, daher halt heute schon frische Ware...

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67. Ayreon - The Human Equation (NL, 2004)
Ich liebe ihn ja, den Arjen, und war einst fest davon überzeugt, dass er der König Midas des zeitgenössischen Prog sei, doch dann schuf er "Transitus", welches ich alles andere als "astonishing" fand (oder eben doch sehr, je nach Sichtweise), und ich bekam eine Ahnung davon, wie sich Fans des FC Bayern fühlen müssen, wenn ihr komischer Verein dieses eine Mal pro Halbserie verliert (leider meist am Niederrhein). Doch konzentrieren wir uns lieber auf Angenehmeres, will sagen auf eine der großartigsten Progopern aus der Feder des überfliegenden Holländers, die de facto nur vom elektrischen Schloss übertroffen wird, doch dazu später mehr auf diesem Kanal. Anders als bei Arjen üblich und der Titel "The Human Equation" eventuell vermuten ließe, ist die zugrundeliegende Geschichte dieses Mal keine mit Sci-Fi-Grundierung, sondern die eines im Koma liegenden männlichen Autounfallopfers (gesungen von James LaBrie), das im unfreiwilligen Tiefschlaf mit seinen inneren Dämonen ringt. Letzteren leihen wahre Szenegrößen wie Mikael Åkerfeldt (Furcht), Eric Clayton (Vernunft), Devon Graves (Todesangst) oder Devin Townsend (Wut) ihre Stimmen, was tatsächlich so gnadenlos gut ist, wie die bloße Lektüre der Namen vermuten lässt. Stilistisch weist die menschliche Gleichung eine Vielzahl von Lösungen auf, etwa überraschend harte Metaleinlagen, butterweiche Keyboardteppiche sowie originelle Streicher- und Flötenklänge, die dem Material punktuell eine höchst angenehm folkige Note verleihen, man gönne sich etwa "Day Sixteen: Loser" (), in welchem der wunderbare Mike Baker (RIP) einen denkwürdigen Gastauftritt als fieser Vater des Komatösen hat. Ja, den Mike, den liebe ich auch...

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66. Steven Wilson - The Raven That Refused to Sing (And Other Stories) (UK, 2013)
Ein verliebtes Paar ist des Nachts im Auto unterwegs, er fährt, sie sitzt auf dem Beifahrersitz. Plötzlich ist sie verschwunden, einfach so. Ein Uhrmacher, der seiner Arbeit fast schon pedantisch nachgeht, verbringt völlig emotionslos ein halbes Jahrhundert mit seiner Ehefrau. Eines Tages tötet er sie unvermittelt und begräbt den Leichnam unter den Holzdielen seiner Werkstatt. Ein einsamer alter Mann glaubt in einem Raben, der regelmäßig seinen Garten aufsucht, seine ältere, schon lange verstorbene Schwester zu erkennen, zu der er als Kind eine sehr enge Beziehung hatte. Wann immer er sich in Nöten wähnte, pflegte sie für ihn zu singen, doch der große schwarze Vogel hält den Schnabel, schweigt beharrlich. Dies sind Handlungslemente aus drei der sechs skurrilen Geschichten ("Drive Home", "The Watchmaker", der Titeltrack), die uns der Meister auf seinem dritten Soloalbum erzählt, welches auch eben jenes ist, auf dem er am ohrenscheinlichsten auf Tuchfühlung mit seinen legendären Landsleuten aus den 70ern geht; schimmerten King Crimson bereits auf dem Vorgänger "Grace for Drowning" mehr als deutlich durch, so schmückt sich der schweigsame Rabe mit zahlreichen fremden, aber höchst willkommenen farbenfrohen Federn aus den (Vogel-)Häusern Emerson, Lake & Palmer, Genesis und Yes. Dazu gesellt sich noch die typische Porcupine-Tree-Melancholie, und fertig ist das Meisterwerk, welchem man sich idealerweise über das bereits erwähnte, alles überragende "The Watchmaker" (https://m.youtube.com/watch?v=YdzLWl8GCz0&pp=ygUcc3RldmVuIHdpbHNvbiB0aGUgd2F0Y2htYWtlcg==) nähert. Wer hier das "Opeth-Deliverance"-Gedächtnisriff findet, darf es behalten!

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65. Ne Obliviscaris - Portal of I (AUS, 2012)
"Tapestry of the Starless Abstract", "And Plague Flowers the Kaleidoscope", "Of Petrichor Weaves Black Noise" - allein die Songtitel sind Prog pur und haben das Potential, die allseits beliebte Debatte, ob das Album hier nun vortanzen darf oder nicht, bereits im Keim zu ersticken. Allerdings ist davon auszugehen, dass letztere ebenfalls ausgeblieben wäre, würden die Songs auf Namen wie "Desire of Fire", "Steel Is Real" und "Feel Well in Hell" hören, denn das Debüt der Australier ist eines jener Alben, die progressiv im allerbesten Wortsinn sind. Black Metal ist ein wesentlicher Bestandteil des Soundgefüges, melodisch-melancholischer Death Metal à la Opeth zu "Blackwater-Park"-Zeiten ebenso (der Gitarrensound!); wer bzw. was diese Band im Allgemeinen und "Portal of I" im Speziellen (keines der drei Folgewerke erreicht dessen Niveau, wohl auch nicht das noch ganz frische "Exul") jedoch so einzigartig macht, ist ein gewisser Tim Charles bzw. dessen Violine, welcher er Klänge zu entlocken vermag, die einem in schöner Regelmäßigkeit den Atem rauben, und die zumindest meine bescheidenen Ohren in einem metallischen Kontext so nie zuvor vernommen hatten bzw. danach auch nie wieder vernommen haben. Dass der Mann darüber hinaus des ergreifenden Klargesangs mächtig ist, ist dabei i-Tüpfelchen und Randnotiz zugleich. Anspieltipp? Wenn die Scheibe einen Hit (im weiteren Sinne, klar) hat, dann ist das wohl "And Plague Flowers the Kaleidoscope" (https://m.youtube.com/watch?v=BNyYi...uZCBwbGFndWUgZmxvd2VycyB0aGUga2FsZWlkb3Njb3Bl). Wen hier die Violine nicht völlig fertig macht, dem oder der ist nicht mehr zu helfen!
 
Diese AYREON (so wie auch die "01011001") finde ich tatsächlich noch ne Ecke besser als "Into The Electric Castle", was sowohl an den Songs, als auch an der Auswahl der Leute für die Gesangseinlagen liegt (phänomenal)! Großartiges Teil, muss bei mir wahrscheinlich auch in die Liste, wenn auch lange nicht gehört (aber das werde ich für die Zusammenstellung meiner Liste definitiv noch einmal tun).
Die "Raven That Refused To Sing" ist für mich das mit Abstand beste Album von Steven Wilson! Finde auch, dass seine Vorbilder hier nicht kopiert wurden, sondern lediglich als Inspiration für ein sehr eigenständiges, atmosphärisches und (für Prog-Verhältnisse) auch überhaupt nicht forderndes Album herhalten mussten.
Deinen Platz 65 kenne ich überhaupt nicht, liest sich auf jeden Fall interessant!
 
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67: Band bekannt. Album nicht. Check!
66: Kenne ich nicht. Aber die Stories hinter den Songs gefallen mir
65: Hilfe! Das hat in meiner Welt nix mit Prog zu tun. Ist nach meiner Definition Black Metal. Kann ich mir nicht anhören
 
Nach über einer Woche Pause geht's hier zu später Stunde endlich weiter...

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64. Queensrÿche - Promised Land (USA, 1994)
Die Frage, ob "Promised Land" in einem Atemzug mit den großen Queensrÿche-Werken genannt werden darf, entzweit seit jeher die Gelehrten und kann an dieser Stelle natürlich nicht abschließend geklärt werden. Ein vorsichtiges, in aller Bescheidenheit vorgetragenes Plädoyer für "Ja, und noch mehr..." sei aber gestattet, wird doch zumindest einmal der unmittelbare Vorgänger ("Empire") mit relativer Leichtigkeit in die Schranken gewiesen. War eben jener, obgleich grundverschieden, das unproggigste Queensrÿche-Album seit "The Warning", geht's im versprochenen Land deutlich sperriger, nachdenklicher und signifikant weniger stadionrockig zu. Letzteres heißt nicht, dass es an herausragenden Melodien bzw. Hooklines fehlt, im Gegenteil, doch diese sind leiser, weniger aufdringlich und effekthascherisch, nicht allzu leicht zu ergründen, im Langzeittest jedoch, und das ist's, was letztlich zählt, einfach nicht klein zu kriegen. Man nehme etwa die tieftraurige Vater-und-Sohn-Überballade "Bridge" (). Instant ear candy mag, nein, muss man anders definieren, aber hat der Song erst einmal zugebissen, lässt er einen nicht mehr los und sorgt bei jedem Durchlauf aufs Neue für reichlich Himmelfahrtsmomente im Nackenhaarbereich. Ähnliches ließe sich aussagen über den Opener "I Am I", den im Ersteindruck unspektakulären, letztlich jedoch superben Titeltrack oder die abschließende ausschließlich vom Piano getragene Großtat "Someone Else?", womöglich das eine Stück Musik, das die stimmliche Brillanz des Geoff Tate am offensichtlichsten abbildet. Und all dies (und noch mehr, worüber aus Kapazitätsgründen hier gar nicht geschrieben werden kann) soll tatsächlich nicht das Zeug zum Bandklassiker haben? Also bitte...

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63. Shadow Gallery - s/t (USA, 1992)
Gelegentlich erfahren Alben (nicht nur) aus dem Progbereich "hinten raus" die ultimative Veredelung in Gestalt eines abschließenden Mammutstücks. Beispiele hierfür (allesamt aus dieser Liste) sind etwa "The Art of Loss" von Redemption ("At Day's End", 22:33), "Liquid Anatomy" von Alkaloid ("Rise of the Cephalopods", 19:41) oder "In Contact" von Caligula's Horse ("Graves", 15:31). Kein Beispiel hierfür ist das selbstbetitelte Debüt der besten Kuschelprogger aller Zeiten, nicht etwa in Ermangelung eines solchen Mammutstücks, oh nein, "The Queen of the City of Ice" bringt es auf eine stolze Spielzeit von 17:22, beendet, ganz so wie es obige Axiomatik verlangt, das Album, kostet letzterem aber, man muss es leider so deutlich sagen, die Höchstpunktzahl und somit eine Platzierung im oberen Viertel dieser Liste. Vermag gut die erste Hälfte des Songs noch mehr als ordentlich zu fesseln, beginnt so um die 11. Minute herum das große Irrlichtern, was zumindest mir die Suppe einigermaßen versalzt. Glücklicherweise sind die übrigen, weniger ausladenden Gänge durchweg allererste Sahne und bieten alle Shadow-Gallery-Trademarks auf, die das Fanboyherz höher schlagen lassen: eingängige, teils fast schon zuckersüße Ohrwurmmelodien, Mike Bakers (RIP) ausdrucksstarker Wundergesang, famose Keyboard-, Gitarren-und Querflötenläufe, manchmal gar simultan, große Freude, große Freude. Als Anspieltipp empfehle ich das rockige "Darktown". Nein, den eleganten Ohrwurm "Say Goodbye to the Morning". Ach was, es wird der mitreißende Opener "The Dance of Fools" (https://m.youtube.com/watch?v=DH-4H-mY4Aw&pp=ygUhc2hhZG93IGdhbGxlcnkgdGhlIGRhbmNlIG9mIGZvb2xz). Nun ja, eigentlich das ganze Album. Also minus den abschließenden Longtrack. Wer braucht schon solche Mammutstücke?

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62. Haken - The Mountain (UK, 2013)
Es ist kein Geheimnis, dass das Vereinigte Königreich der Welt die schönsten aller Berge geschenkt hat. Sie befinden sich allesamt im äußersten Nordwesten des Landes, hören auf solch klangvolle Namen wie An Teallach, Beinn Alligin oder Suilven, und wer bereits einmal die schottischen Highlands bereist hat (und sich ein wenig in der dortigen Hillwalking-Szene auskennt), wird schon bei der bloßen Lektüre dieser Namen allergrößte Mühe haben, den umgehend einsetzenden Speichelfluss in geregelte Bahnen zu lenken. Um es gleich zu sagen: Dieses alles überragende Niveau erreicht der Hakensche Berg nicht ganz, Inselherkunft hin, Inselherkunft her; gleichwohl haben wir es bei ihm natürlich mit einem formidablen Brocken Progressive Rock bis Metal zu tun, dessen Besteigung zwar Kondition und Konzentration erfordert, aber uneingeschränkt zu empfehlen ist, umfasst das Gipfelpanorama doch Perlen wie etwa den Bandklassiker "Cockroach King" (grandioser Satzgesang!), das wunderschöne, choralartige "Because It's There" (ach, wäre es doch bloß nicht so schnell vorbei...) oder das angenehm frickelige, mit einem herausragenden Refrain gesegnete "Pareidolia" (https://m.youtube.com/watch?v=kr_gROZmTtA&pp=ygUQaGFrZW4gcGFyZWlkb2xpYQ==). Nachdem mit dem zwischen Marillion und Porcupine Tree oszillierenden "Somebody" schließlich auf dramatische Weise die Sonne untergegangen ist, macht man sich zufrieden an den Abstieg, freut sich auf das pint after the peak und plant die Touren für die nächsten Tage, nachzulesen dann auf walkhighlands.co.uk respektive im "Gerade im Player"-Faden...
 
64. Ja, ganz toll. Da konnte ich schon 1994 die Enttäuschung nicht nachvollziehen. 'Damaged', 'Bridge', der sperrige Titeltrack, 'Someone Else', für mich ist das ein Hammeralbum. Vielleicht zwar das "schwächste" bis zu diesem Zeitpunkt im QR-Kosmos, aber dennoch großartig.
63. Ja, ganz toll, hatte ich an anderer Stelle schon mal geschrieben.
62. Ja, ganz toll. Hat mir die Tür zu HAKEN geöffnet, nachdem ich die beiden Vorgänger nicht so stark fand.
 
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64. Queensrÿche - Promised Land (USA, 1994)
Die Frage, ob "Promised Land" in einem Atemzug mit den großen Queensrÿche-Werken genannt werden darf, entzweit seit jeher die Gelehrten und kann an dieser Stelle natürlich nicht abschließend geklärt werden. Ein vorsichtiges, in aller Bescheidenheit vorgetragenes Plädoyer für "Ja, und noch mehr..." sei aber gestattet, wird doch zumindest einmal der unmittelbare Vorgänger ("Empire") mit relativer Leichtigkeit in die Schranken gewiesen. War eben jener, obgleich grundverschieden, das unproggigste Queensrÿche-Album seit "The Warning", geht's im versprochenen Land deutlich sperriger, nachdenklicher und signifikant weniger stadionrockig zu. Letzteres heißt nicht, dass es an herausragenden Melodien bzw. Hooklines fehlt, im Gegenteil, doch diese sind leiser, weniger aufdringlich und effekthascherisch, nicht allzu leicht zu ergründen, im Langzeittest jedoch, und das ist's, was letztlich zählt, einfach nicht klein zu kriegen. Man nehme etwa die tieftraurige Vater-und-Sohn-Überballade "Bridge" (). Instant ear candy mag, nein, muss man anders definieren, aber hat der Song erst einmal zugebissen, lässt er einen nicht mehr los und sorgt bei jedem Durchlauf aufs Neue für reichlich Himmelfahrtsmomente im Nackenhaarbereich. Ähnliches ließe sich aussagen über den Opener "I Am I", den im Ersteindruck unspektakulären, letztlich jedoch superben Titeltrack oder die abschließende ausschließlich vom Piano getragene Großtat "Someone Else?", womöglich das eine Stück Musik, das die stimmliche Brillanz des Geoff Tate am offensichtlichsten abbildet. Und all dies (und noch mehr, worüber aus Kapazitätsgründen hier gar nicht geschrieben werden kann) soll tatsächlich nicht das Zeug zum Bandklassiker haben? Also bitte...

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63. Shadow Gallery - s/t (USA, 1992)
Gelegentlich erfahren Alben (nicht nur) aus dem Progbereich "hinten raus" die ultimative Veredelung in Gestalt eines abschließenden Mammutstücks. Beispiele hierfür (allesamt aus dieser Liste) sind etwa "The Art of Loss" von Redemption ("At Day's End", 22:33), "Liquid Anatomy" von Alkaloid ("Rise of the Cephalopods", 19:41) oder "In Contact" von Caligula's Horse ("Graves", 15:31). Kein Beispiel hierfür ist das selbstbetitelte Debüt der besten Kuschelprogger aller Zeiten, nicht etwa in Ermangelung eines solchen Mammutstücks, oh nein, "The Queen of the City of Ice" bringt es auf eine stolze Spielzeit von 17:22, beendet, ganz so wie es obige Axiomatik verlangt, das Album, kostet letzterem aber, man muss es leider so deutlich sagen, die Höchstpunktzahl und somit eine Platzierung im oberen Viertel dieser Liste. Vermag gut die erste Hälfte des Songs noch mehr als ordentlich zu fesseln, beginnt so um die 11. Minute herum das große Irrlichtern, was zumindest mir die Suppe einigermaßen versalzt. Glücklicherweise sind die übrigen, weniger ausladenden Gänge durchweg allererste Sahne und bieten alle Shadow-Gallery-Trademarks auf, die das Fanboyherz höher schlagen lassen: eingängige, teils fast schon zuckersüße Ohrwurmmelodien, Mike Bakers (RIP) ausdrucksstarker Wundergesang, famose Keyboard-, Gitarren-und Querflötenläufe, manchmal gar simultan, große Freude, große Freude. Als Anspieltipp empfehle ich das rockige "Darktown". Nein, den eleganten Ohrwurm "Say Goodbye to the Morning". Ach was, es wird der mitreißende Opener "The Dance of Fools" (https://m.youtube.com/watch?v=DH-4H-mY4Aw&pp=ygUhc2hhZG93IGdhbGxlcnkgdGhlIGRhbmNlIG9mIGZvb2xz). Nun ja, eigentlich das ganze Album. Also minus den abschließenden Longtrack. Wer braucht schon solche Mammutstücke?

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62. Haken - The Mountain (UK, 2013)
Es ist kein Geheimnis, dass das Vereinigte Königreich der Welt die schönsten aller Berge geschenkt hat. Sie befinden sich allesamt im äußersten Nordwesten des Landes, hören auf solch klangvolle Namen wie An Teallach, Beinn Alligin oder Suilven, und wer bereits einmal die schottischen Highlands bereist hat (und sich ein wenig in der dortigen Hillwalking-Szene auskennt), wird schon bei der bloßen Lektüre dieser Namen allergrößte Mühe haben, den umgehend einsetzenden Speichelfluss in geregelte Bahnen zu lenken. Um es gleich zu sagen: Dieses alles überragende Niveau erreicht der Hakensche Berg nicht ganz, Inselherkunft hin, Inselherkunft her; gleichwohl haben wir es bei ihm natürlich mit einem formidablen Brocken Progressive Rock bis Metal zu tun, dessen Besteigung zwar Kondition und Konzentration erfordert, aber uneingeschränkt zu empfehlen ist, umfasst das Gipfelpanorama doch Perlen wie etwa den Bandklassiker "Cockroach King" (grandioser Satzgesang!), das wunderschöne, choralartige "Because It's There" (ach, wäre es doch bloß nicht so schnell vorbei...) oder das angenehm frickelige, mit einem herausragenden Refrain gesegnete "Pareidolia" (https://m.youtube.com/watch?v=kr_gROZmTtA&pp=ygUQaGFrZW4gcGFyZWlkb2xpYQ==). Nachdem mit dem zwischen Marillion und Porcupine Tree oszillierenden "Somebody" schließlich auf dramatische Weise die Sonne untergegangen ist, macht man sich zufrieden an den Abstieg, freut sich auf das pint after the peak und plant die Touren für die nächsten Tage, nachzulesen dann auf walkhighlands.co.uk respektive im "Gerade im Player"-Faden...
Wieder schöne Beschreibungen!
Die "Promised Land" kenn ich tatsächlich noch gar nicht, war aber auch nie der große QUEENSRYCHE-Fan (außer von der EP und etwas später auch vom mir früher zuerst viel zu zahm produzierten aber dennoch gr0ßartigen "Warning". Mit den beiden Nachfolgern habe ich erst vor einigen Jahren meinen Frieden gemacht, vor allem "Operation Mindcrime" hatte mir früher immer zu viele Elemente des 80er Mainstream-Hardrocks, ist natürlich trotzdem eine wirklich gute Scheibe, spielt aber in meiner musikalischen Sozialisation und selbst heute noch emotional keine große Rolle für mich).
Beim SHADOW GALLERY Debüt nervt mich der Drumcomputer leider kolossal! Hätten sie dafür ein echtes Schlagzeug aufgenommen, wäre die Scheibe deutlich lebendiger und besser, es passt auch null zu dieser emotionalen Musik und wirkt wie ein absoluter Fremdkörper. Daher wird dieses Album auch nicht in meiner Liste landen, trotz toller Songs...

Mit HAKEN hab ich mich ja noch nie wirklich eingehend beschäftigt, aber inzwischen sind sie auf dem Einkaufszettel.
 
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64. Queensrÿche - Promised Land (USA, 1994)
Die Frage, ob "Promised Land" in einem Atemzug mit den großen Queensrÿche-Werken genannt werden darf, entzweit seit jeher die Gelehrten und kann an dieser Stelle natürlich nicht abschließend geklärt werden. Ein vorsichtiges, in aller Bescheidenheit vorgetragenes Plädoyer für "Ja, und noch mehr..." sei aber gestattet, wird doch zumindest einmal der unmittelbare Vorgänger ("Empire") mit relativer Leichtigkeit in die Schranken gewiesen. War eben jener, obgleich grundverschieden, das unproggigste Queensrÿche-Album seit "The Warning", geht's im versprochenen Land deutlich sperriger, nachdenklicher und signifikant weniger stadionrockig zu. Letzteres heißt nicht, dass es an herausragenden Melodien bzw. Hooklines fehlt, im Gegenteil, doch diese sind leiser, weniger aufdringlich und effekthascherisch, nicht allzu leicht zu ergründen, im Langzeittest jedoch, und das ist's, was letztlich zählt, einfach nicht klein zu kriegen. Man nehme etwa die tieftraurige Vater-und-Sohn-Überballade "Bridge" (). Instant ear candy mag, nein, muss man anders definieren, aber hat der Song erst einmal zugebissen, lässt er einen nicht mehr los und sorgt bei jedem Durchlauf aufs Neue für reichlich Himmelfahrtsmomente im Nackenhaarbereich. Ähnliches ließe sich aussagen über den Opener "I Am I", den im Ersteindruck unspektakulären, letztlich jedoch superben Titeltrack oder die abschließende ausschließlich vom Piano getragene Großtat "Someone Else?", womöglich das eine Stück Musik, das die stimmliche Brillanz des Geoff Tate am offensichtlichsten abbildet. Und all dies (und noch mehr, worüber aus Kapazitätsgründen hier gar nicht geschrieben werden kann) soll tatsächlich nicht das Zeug zum Bandklassiker haben? Also bitte...

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63. Shadow Gallery - s/t (USA, 1992)
Gelegentlich erfahren Alben (nicht nur) aus dem Progbereich "hinten raus" die ultimative Veredelung in Gestalt eines abschließenden Mammutstücks. Beispiele hierfür (allesamt aus dieser Liste) sind etwa "The Art of Loss" von Redemption ("At Day's End", 22:33), "Liquid Anatomy" von Alkaloid ("Rise of the Cephalopods", 19:41) oder "In Contact" von Caligula's Horse ("Graves", 15:31). Kein Beispiel hierfür ist das selbstbetitelte Debüt der besten Kuschelprogger aller Zeiten, nicht etwa in Ermangelung eines solchen Mammutstücks, oh nein, "The Queen of the City of Ice" bringt es auf eine stolze Spielzeit von 17:22, beendet, ganz so wie es obige Axiomatik verlangt, das Album, kostet letzterem aber, man muss es leider so deutlich sagen, die Höchstpunktzahl und somit eine Platzierung im oberen Viertel dieser Liste. Vermag gut die erste Hälfte des Songs noch mehr als ordentlich zu fesseln, beginnt so um die 11. Minute herum das große Irrlichtern, was zumindest mir die Suppe einigermaßen versalzt. Glücklicherweise sind die übrigen, weniger ausladenden Gänge durchweg allererste Sahne und bieten alle Shadow-Gallery-Trademarks auf, die das Fanboyherz höher schlagen lassen: eingängige, teils fast schon zuckersüße Ohrwurmmelodien, Mike Bakers (RIP) ausdrucksstarker Wundergesang, famose Keyboard-, Gitarren-und Querflötenläufe, manchmal gar simultan, große Freude, große Freude. Als Anspieltipp empfehle ich das rockige "Darktown". Nein, den eleganten Ohrwurm "Say Goodbye to the Morning". Ach was, es wird der mitreißende Opener "The Dance of Fools" (https://m.youtube.com/watch?v=DH-4H-mY4Aw&pp=ygUhc2hhZG93IGdhbGxlcnkgdGhlIGRhbmNlIG9mIGZvb2xz). Nun ja, eigentlich das ganze Album. Also minus den abschließenden Longtrack. Wer braucht schon solche Mammutstücke?

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62. Haken - The Mountain (UK, 2013)
Es ist kein Geheimnis, dass das Vereinigte Königreich der Welt die schönsten aller Berge geschenkt hat. Sie befinden sich allesamt im äußersten Nordwesten des Landes, hören auf solch klangvolle Namen wie An Teallach, Beinn Alligin oder Suilven, und wer bereits einmal die schottischen Highlands bereist hat (und sich ein wenig in der dortigen Hillwalking-Szene auskennt), wird schon bei der bloßen Lektüre dieser Namen allergrößte Mühe haben, den umgehend einsetzenden Speichelfluss in geregelte Bahnen zu lenken. Um es gleich zu sagen: Dieses alles überragende Niveau erreicht der Hakensche Berg nicht ganz, Inselherkunft hin, Inselherkunft her; gleichwohl haben wir es bei ihm natürlich mit einem formidablen Brocken Progressive Rock bis Metal zu tun, dessen Besteigung zwar Kondition und Konzentration erfordert, aber uneingeschränkt zu empfehlen ist, umfasst das Gipfelpanorama doch Perlen wie etwa den Bandklassiker "Cockroach King" (grandioser Satzgesang!), das wunderschöne, choralartige "Because It's There" (ach, wäre es doch bloß nicht so schnell vorbei...) oder das angenehm frickelige, mit einem herausragenden Refrain gesegnete "Pareidolia" (https://m.youtube.com/watch?v=kr_gROZmTtA&pp=ygUQaGFrZW4gcGFyZWlkb2xpYQ==). Nachdem mit dem zwischen Marillion und Porcupine Tree oszillierenden "Somebody" schließlich auf dramatische Weise die Sonne untergegangen ist, macht man sich zufrieden an den Abstieg, freut sich auf das pint after the peak und plant die Touren für die nächsten Tage, nachzulesen dann auf walkhighlands.co.uk respektive im "Gerade im Player"-Faden...


Promised Land : Geniales Album, von vielen zu schlecht bewertet. Danach wurde es erstmal Zappenduster.
Shadow Gallery : Geniales Album again trotz des sehr dünnen Sounds.
Mountain : Mein Problem, wenn es zu jazzy wird bin ich raus. Für mich zu anstrengend.
 
Und zack, schon steht die 5 vorne! Wie schnell die Zeit doch vergeht...

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61. Riverside - Wasteland (PL, 2018)
Als ich jüngst an gleicher Stelle meine Gedanken zu Hakens "The Mountain" niederschrieb, wurde mir bewusst, dass es so langsam an die absoluten Herzensalben geht, die Essentiellen, die Unverzicht- und Unkaputtbaren, eben Werke wie "Wasteland", seines Zeichens eine der drei besten Riverside-Scheiben und nebenberuflich Album des Jahres 2018. Seine relative Jugend ist dann letztlich wohl auch ausschlaggebend dafür, dass es sich "nur" auf Rang 61 (immerhin: eine Primzahl!) einsortieren darf; sollten wir das Listenspielchen in ein paar Dekaden noch einmal neu auflegen, dürfte sich das Ödland bis dahin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch deutlich weiter Richtung Norden ausgedehnt haben. Apropos Norden: Am wirkungsvollsten entfaltet sich die Magie dieses Albums in der kalten Jahreszeit, wenn Nebelschwaden durch die Gassen ziehen, der schwere Rotwein im Glas seine Runden dreht, das Kerzenlicht in der guten Stube flackert und die Holzscheite im Kamin knacken würden, besäße ich einen solchen. Songs wie "Guardian Angel", "Lament" oder "River Down Below" () lassen einen sanft in wohliger Melancholie dahinschwelgen und empfehlen sich somit nachdrücklich als ernsthafte Katatonia-Alternative, Mastermind Mariusz Duda liefert eine Gesangsperformance von beeindruckender Intensität ab, sodass "Wasteland" bisweilen wirkt wie ein sehr persönliches Solowerk, und wenn eben jener ganz am Ende ein von außerweltlichen Pianoklängen getragenes, tieftrauriges Schlaflied zu Kriegszeiten anstimmt ("The Night Before"), bleibt - auch und insbesondere mit Blick auf die gegenwärtige Situation im östlichen Nachbarland - kein Auge trocken ("Don't mind the noise/There're just the bombs/A part of music for this song" - brrrrr). Ist das imaginäre Kind schließlich eingeschlafen, lauscht man noch ein wenig seinen Gedanken nachgehend in die Stille hinein und fühlt sich in seiner Einschätzung letztlich mehr als bestätigt: Essentiell. Unverzichtbar. Unkaputtbar. Absolutes Herzensalbum eben. So wie alle anderen nun folgenden Werke auch.

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60. Porcupine Tree - In Absentia (UK, 2002)
Umgibt die Porcupine-Tree-Alben der frühen bis mittleren Bandphase (in variierenden Intensitätsstufen) noch ein unverkennbarer süßlicher Duft, ist dieser seit dem hier und jetzt zu würdigenden 2002er-Release mehr oder weniger, nun ja, absent. Ja, da hat der Meister dem Stachelschweinbaum seinerzeit schon ordentlich das Astwerk zurecht gestutzt: weniger psychedelisch, weniger spacig, dafür experimenteller und in der Tendenz auch deutlich härter (punktuell mal zumindest an der Grenze zum Progressive Metal), das alles jedoch (zum Glück) nicht zu Lasten der typischen Wilsonschen Ohrwurm- und Gänsehauthooklines - fertig ist das vorläufige bandinterne Opus Magnum. Der knackige Opener "Blackest Eyes" führt sogleich auf höchst angenehme Weise in den runderneuerten Sound ein, der zweite Streich "Trains" setzt in puncto earcandy sogar noch einen drauf, das mit Beatles-Vibes versehene, sphärische "Lips of Ashes" lässt einen kurz innehalten, bevor im Anschluss mit "The Sound of Muzak" einer der großartigsten Tracks der 2000er-Jahre zur Diskussion gestellt wird - hier stimmt vom kongenialen Drumming das damaligen Neuzugangs Gavin Harrison bis zur großartigen Melodieführung in jedem einzelnen Songteil einfach alles (https://m.youtube.com/watch?v=ThXGrdgw9sk&pp=ygUhcG9yY3VwaW5lIHRyZWUgdGhlIHNvdW5kIG9mIG11emFr). Im weiteren Verlauf geht es dann jederzeit hochklassig weiter (der leichtfüßig-melancholische Hit "Prodigal" schert qualitativ sogar nochmal nach oben aus), und zum Abschluss bietet das von zarten Klavier- und Streicherklängen getragene "Collapse the Light Into Earth" auch noch das ganz, ganz große Gefühlskino. Beim Betrachten des Songtitels, für mein Dafürhalten nicht weniger als ein grammatikalisch-syntaktischer Clusterfuck, könnte ich übrigens schwören, wieder diesen unverkennbaren süßlichen Duft in der Nase zu haben...

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59. Von Hertzen Brothers - War Is Over (FIN, 2017)
"What's in a name? That which we call a rose by any other name would smell as sweet", sprach einst eine gewisse (zu diesem Zeitpunkt bis über beide Ohren verliebte) Juliet Capulet aus Verona in einer für ihr zartes Alter von 12 Jahren erstaunlichen Weisheit und Abgeklärtheit (wobei die junge Dame es ohnehin faustdick hinter den Ohren hat, wie bereits der weitere Verlauf ihres oben anzitierten Monologs zeigt, doch genug jetzt, wir sind hier nicht im Englisch-LK). Übertragen auf die Von Hertzen Brothers bedeuten ihre klugen Worte jedenfalls Folgendes: Mag der Bandname auch einigermaßen gewöhnungsbedürftig sein (böse Zungen verwenden noch harschere Vokabeln), der überragenden Qualität der sich dahinter verbergenden Musik tut dies keinen Abbruch; das gilt fürs geschwisterliche Gesamtwerk und ganz besonders für "War Is Over" (schön wär's ja...), dem in meiner Welt vorläufigen (?) Höhepunkt der Diskographie. Auf keinem anderen Album stellen die Brüder ihre typische Mischung aus Prog, Psychedelic und hochmelodischem Hardrock in einem solch perfekten Verhältnis zusammen, was eine Songvielfalt zur Folge hat, die nur als atemberaubend zu bezeichnen ist - vom erhabenen, vor genialen Ideen nur so sprudelnden Epos (der Opener und Titelsong) über cineastisch anmutenden Breitbandbombast ("Jerusalem") bis hin zur zu Her(t)zen gehenden Ballade ("Wanderlust") ist alles vertreten, alles toll. Am allertollsten jedoch ist das große Finale "Beyond the Storm"(https://m.youtube.com/watch?v=5Ntrd_czyKw&pp=ygUldm9uIGhlcnR6ZW4gYnJvdGhlcnMgYmV5b25kIHRoZSBzdG9ybQ==), das trotz seines repetitiven Charakters zu keiner Sekunde langweilt und seinen Höhepunkt in dem Moment erreicht, wenn kurz vor Ultimo die bereits bekannte "War is over"-Gesangshookline erklingt. In diesem einen Augenblick vollkommener musikalischer Glückseligkeit ist man fast geneigt, diese wunderbare Botschaft zu glauben. Fast...
 
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