(Traditionelle) Klassik, die Metalheads gefallen könnte

So, wie angekündigt kommen jetzt noch ein paar Anspieltipps für Solo-Klavier von mir. Im vorigen Post hatte ich schon angedeutet, dass ich da keine großen Geheimtipps auf Lager habe, d.h. wenn man sich eh schon für Klassik bzw. Klaviermusik interessiert, dann ist einem das meiste davon wohl schon bekannt. Aber vielleicht gibt's hier ja auch ein paar Reinschnupperwillige...
(Die folgende Nummerierung dient alleine der Übersichtlichkeit - bei einem so ranglistenaffinen Forum wie diesem sollte ich das wohl erwähnen. ;) )


1) Frédéric Chopin auch hier, hat einfach viel zu bieten. Nennen muss ich leider zwei sowieso schon sehr bekannte Stücke, führt kein Weg daran vorbei.
Zum einen das Gänsehaut erzeugende "Regentropfen-Prélude": Und dann noch der Trauermarsch ("Marche funèbre"). Stimmung des Stücks ist selbsterklärend - aber durch die düsteren Wolken dringen auch immer wieder ein paar Sonnenstrahlen: https://www.youtube.com/watch?v=sg3DsKtZVHM

2) Franz Schubert, der nächster Romantiker. Ich müsste mir auch mal wieder die anderen Impromptus anhören, hängen geblieben ist bei mir vor allem das Impromptu Nr. 4: https://www.youtube.com/watch?v=KdnETWq7rcY
Falls jemand tatsächlich Schuberts sehr bekannte "Winterreise" noch nicht kennen sollte - ruhig auch mal antesten, ist allerdings Klavier und Gesang. https://www.youtube.com/watch?v=xqby9Y1-mss

3) Franz Liszt. Nach den beiden ruhigeren Vertretern mal etwas forschere Klaviermusik. Die Ungarischen Rhapsodien sind insgesamt hörenswert, hier mal die Nr. 6: https://www.youtube.com/watch?v=LhInwkq4nAw

4) Maurice Ravel. "Gaspard de la nuit" besteht aus drei Sätzen, den dritten hat Ravel damals anscheinend in der Absicht komponiert, das schwerste Klavierstück überhaupt zu liefern. "Gaspard de la nuit" ist deutlich sperriger als die vorigen Beispiele und beeindruckt alleine schon durch die Virtuosität - ich bekomme schon vom Zuschauen Knoten in den Fingern -, aber nach mehreren Durchläufen gefiel es mir auch rein vom Musikalischen.
Hier der dritte Satz "Scarbo": https://www.youtube.com/watch?v=VBgwk98ZPuI
 
Noch zwei Klavier-Classics:
Von Chopin finde ich das Fantaisie-Impromptu wahnsinnig schön. Das "Riff" zum Einstieg ist ein richtiger Ohrwurm und herrlich verspielt, ohne dabei die typische Chopin-Melancholie zu verlieren.

Und Ravels Pavane pour une infante défunte ist ein impressionistisches Glanzstück.
https://www.youtube.com/watch?v=cwL4nSb9am8
Das gibt es auch in diversen Gitarren-, Orchester- und Kammermusik-Transkriptionen. Ich habe eine Variante mit Klavier und Bratsche zuhause stehen, die zum Heulen schön ist. Die hier kommt zumindest nahe ran:
https://www.youtube.com/watch?v=WGHzDuGHnIc
 
Oh, wenn du selbst jahrelang Klavier gespielt hast, dann ist es aber fraglich, ob ich dir da überhaupt etwas Neues empfehlen kann - ich hatte hinsichtlich Solo-Klavier z. B. auch die schon von dir genannten Chopin (natürlich) und Ravel im Hinterkopf.
Ich dachte, in einem Metalforum kann ich bedenkenlos einfach ein paar bekanntere Sachen anpreisen, aber ich hätte eigentlich wissen müssen, dass hier auch genügend in nichtmetallischen Bereichen fachkundige User unterwegs sind. ;)

In welchem Rahmen hattest du denn Klavierunterricht?
In einer Musikschule hab ich angefangen. Auf dem musisches Gymnasium wurde Klavier mein „Pflichtinstrument“. Man hat Instrumentalunterricht an der Schule, es wird benotet, es gibt „Pflichtstücke“ usw. In der Oberstufe habe ich Musik zwar wegen Kunst abgewählt, aber Klavier aus Spaß an der Sache als Wahlfach belegt. Ausgefallenes hab ich dagegen nicht gespielt, sondern oft das was halt im Pflichtstückheft stand oder an unserer Schule grad so „im Umlauf“ war. Erst die letzten Jahre da hab ich meine Noten selber aufgetrieben und oft länger gesucht um „schönes & spielbares“ zu finden.

“The Monarch and the Viceroy" von Cipa lief hier letztens schonmal als Hintergrundmusik zum Hausarbeiten schreiben. Danke für den Tipp!

Chopins Fantasie Impromptu, eins meiner Lieblingsstücke, wurde ja inzwischen schon genannt. Ich mach einfach noch weiter mit einem Walzer und einer Nocturnes die ich sehr gerne mag:

Valse Op. 34 No. 2

Nocturnes Op. 9 No. 1
https://www.youtube.com/watch?v=WnFs85pLmj4

Und ein meiner Meinung nach schönes Preludes: Chopin Preludes Op. 28 No. 4
https://www.youtube.com/watch?v=HEAtKTGvhSw
Aber ich erinnere mich, dass als ich das geübt hab kam: „Ist jemand gestorben? Spiel doch mal was fröhlicheres...“
 
Klaviermusik, der nächste Schritt. Nachdem die letzten Beiträge eher die Softie-Fraktion bedient haben, folgt nun die Erweiterung der Zielgruppe um die Jungs und Mädels aus dem Inferno-Bereich. Die Klaviermusik von Alexander Skrjabin ist eine Klanglandschaft mit einer atonalen, von Verdammnis kündenden Tonsprache. Ich kenne nichts Vergleichbares. Das Oeuvre Skrjabins ist m.E. vergleichbar mit dem Stellenwert von Lovecraft oder Tolkien in ihren literarischen Sparten: Ein eigenes Universum mit eigenen Regeln, eigenen Figuren und einer eigenen Sprache. Die Tonsprache Skrjabins ist musikhistorisch eine Wagner-inspirierte Vorstufe der Zwölftonmusik – insofern ein Grenzgänger zwischen diesem Thread und dem „Neue Musik“-Thread – und – nicht immer, aber immer öfter – vor allem eins: abgrundtief schwarz. Black-Metaller müssen gehört haben u.a. und v.a. die Sonate 8 op. 66.
 
In einer Musikschule hab ich angefangen. Auf dem musisches Gymnasium wurde Klavier mein „Pflichtinstrument“. Man hat Instrumentalunterricht an der Schule, es wird benotet, es gibt „Pflichtstücke“ usw. In der Oberstufe habe ich Musik zwar wegen Kunst abgewählt, aber Klavier aus Spaß an der Sache als Wahlfach belegt. Ausgefallenes hab ich dagegen nicht gespielt, sondern oft das was halt im Pflichtstückheft stand oder an unserer Schule grad so „im Umlauf“ war. Erst die letzten Jahre da hab ich meine Noten selber aufgetrieben und oft länger gesucht um „schönes & spielbares“ zu finden.

“The Monarch and the Viceroy" von Cipa lief hier letztens schonmal als Hintergrundmusik zum Hausarbeiten schreiben. Danke für den Tipp!

Chopins Fantasie Impromptu, eins meiner Lieblingsstücke, wurde ja inzwischen schon genannt. Ich mach einfach noch weiter mit einem Walzer und einer Nocturnes die ich sehr gerne mag:

Valse Op. 34 No. 2

Nocturnes Op. 9 No. 1

Und ein meiner Meinung nach schönes Preludes: Chopin Preludes Op. 28 No. 4
Aber ich erinnere mich, dass als ich das geübt hab kam: „Ist jemand gestorben? Spiel doch mal was fröhlicheres...“
Ach so, musisches Gymnasium, verstehe. Ich hatte den Klavierunterricht nur in der Musikschule, immerhin von der ersten bis zur elften Klasse. Dafür habe ich in der Oberstufe Musik weitergemacht und Kunst abgewählt.
Ein Freund von mir hatte Musik als Leistungskurs und sich für die Abi-Prüfung Chopins "Revolutionsetüde" draufgeschafft: https://www.youtube.com/watch?v=ZF3yHxIQBy4
So schnell wie die Pianistin im verlinkten Video hat er das in der Prüfung sicher nicht gespielt, aber er war mit dem Stück laut eigener Aussage schon gut gefordert.

Mit Chopin macht man eh nicht viel falsch, die von dir und progge geposteten Chopin-Stücke hatte ich zwar nicht an Namen oder Werksnummer erkannt, aber als sie dann ertönten, konnte ich immer sagen "ah ja, hat man schon gehört".

Was das "Ist jemand gestorben?..." angeht: Mir persönlich ist z. B. die Musik von Mozart und Haydn meistens eher zu fröhlich.
Klaviermusik, der nächste Schritt. Nachdem die letzten Beiträge eher die Softie-Fraktion bedient haben, folgt nun die Erweiterung der Zielgruppe um die Jungs und Mädels aus dem Inferno-Bereich. Die Klaviermusik von Alexander Skrjabin ist eine Klanglandschaft mit einer atonalen, von Verdammnis kündenden Tonsprache. Ich kenne nichts Vergleichbares. Das Oeuvre Skrjabins ist m.E. vergleichbar mit dem Stellenwert von Lovecraft oder Tolkien in ihren literarischen Sparten: Ein eigenes Universum mit eigenen Regeln, eigenen Figuren und einer eigenen Sprache. Die Tonsprache Skrjabins ist musikhistorisch eine Wagner-inspirierte Vorstufe der Zwölftonmusik – insofern ein Grenzgänger zwischen diesem Thread und dem „Neue Musik“-Thread – und – nicht immer, aber immer öfter – vor allem eins: abgrundtief schwarz. Black-Metaller müssen gehört haben u.a. und v.a. die Sonate 8 op. 66.
Gefällt. Von Alexander Skrjabin habe ich sogar eine CD (das Klavierkonzert, natürlich ;) ) im Regal stehen, die ich aber leider bisher ziemlich stiefmütterlich behandelt habe, vielleicht 2-3mal gehört und das ist länger her... Habe mir die CD aber jetzt schon rausgelegt zur Wiederentdeckung.
 
Und weiter im Black Metal. Richard Strauss hat mit seinen Vier letzten Liedern nicht nur Gedichte von Eichendorff und Hesse vertont, sondern auch ewige Monumente umwerfender musikalischer Schönheit, Demut und Melancholie geschaffen.
Die beste, weil doomigste (heißt: langsamste) Fassung ist m.E. die von Elisabeth Schwarzkopf eingesungene.
Gesang in der Klassik ist ja eigentlich nicht so meins. Hat aber hier durchaus was. Dein Link scheint allerdings nicht mehr zu funzen.
 
Na, dann versuche ich hier auch mal mit meinem .. äh .. rudimentären Fachwissen im Bereich Klassik zu glänzen:

Ebenfalls Black Metal:

Modest Mussorgski: "Eine Nacht auf dem Kahlen Berge"

Beschreibt den Tanz der Hexen zu Ehren Satans in der Johannisnacht (vom 23. auf den 24. Juni) auf dem Lyssaja gora („kahlen Berg“), einem Ort der slawischen Mythologie, der ähnlich dem Blocksberg als Versammlungsort der Hexen gilt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Eine_Nacht_auf_dem_kahlen_Berge

Einige kennen vielleicht die Metal-Adaptionen von Mekong Delta ...
https://www.youtube.com/watch?v=4KYwhXEcQNA

... oder von Marduk:
https://www.youtube.com/watch?v=rMRLWrVP0lU&list=OLAK5uy_n-_v-atiaEn1nXs9wa7gaqbtln-xRNjAI&index=4
 
Zuletzt bearbeitet:
Na, dann versuche ich hier auch mal mit meinem .. äh .. rudimentären Fachwissen im Bereich Klassik zu glänzen:

Ebenfalls Black Metal:

Modest Mussorgski: "Eine Nacht auf dem Kahlen Berge"

Beschreibt den Tanz der Hexen zu Ehren Satans in der Johannisnacht (vom 23. auf den 24. Juni) auf dem Lyssaja gora („kahlen Berg“), einem Ort der slawischen Mythologie, der ähnlich dem Blocksberg als Versammlungsort der Hexen gilt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Eine_Nacht_auf_dem_kahlen_Berge

Einige kennen vielleicht die Metal-Adaptionen von Mekong Delta ...
https://www.youtube.com/watch?v=4KYwhXEcQNA

... oder von Marduk:
https://www.youtube.com/watch?v=rMRLWrVP0lU&list=OLAK5uy_n-_v-atiaEn1nXs9wa7gaqbtln-xRNjAI&index=4
Ja, das ist echt nett! Danke für den Tipp!
 
Auch sch
In einer Musikschule hab ich angefangen. Auf dem musisches Gymnasium wurde Klavier mein „Pflichtinstrument“. Man hat Instrumentalunterricht an der Schule, es wird benotet, es gibt „Pflichtstücke“ usw. In der Oberstufe habe ich Musik zwar wegen Kunst abgewählt, aber Klavier aus Spaß an der Sache als Wahlfach belegt. Ausgefallenes hab ich dagegen nicht gespielt, sondern oft das was halt im Pflichtstückheft stand oder an unserer Schule grad so „im Umlauf“ war. Erst die letzten Jahre da hab ich meine Noten selber aufgetrieben und oft länger gesucht um „schönes & spielbares“ zu finden.

“The Monarch and the Viceroy" von Cipa lief hier letztens schonmal als Hintergrundmusik zum Hausarbeiten schreiben. Danke für den Tipp!

Chopins Fantasie Impromptu, eins meiner Lieblingsstücke, wurde ja inzwischen schon genannt. Ich mach einfach noch weiter mit einem Walzer und einer Nocturnes die ich sehr gerne mag:

Valse Op. 34 No. 2

Nocturnes Op. 9 No. 1
https://www.youtube.com/watch?v=WnFs85pLmj4

Und ein meiner Meinung nach schönes Preludes: Chopin Preludes Op. 28 No. 4
https://www.youtube.com/watch?v=HEAtKTGvhSw
Aber ich erinnere mich, dass als ich das geübt hab kam: „Ist jemand gestorben? Spiel doch mal was fröhlicheres...“
Auch schöne Beispiele! Gefällt mir! Danke!
 
Wer im zeitgenössischen Funeral Doom die richtig schweren, nihilistischen Brocken sucht, kann nach Russland schauen. Die Mischung aus Schwermut und Apokalypse ist in der russischen Musiktradition fest verankert und im 20. Jahrhundert im Bereich der Klassik u.a. und v.a. von Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch meisterhaft ausgeführt worden. Über die Musik von Schostakowitsch wurde gesagt, sie sei in ihrer Tristheit und Brutalität die Vertonung der Sowjetunion während des Stalin-Regimes. Zeitlich damit alles andere als spätromantisch, ist die Musik von Schostakowitsch doch neben allerlei tonalen Gemeinheiten noch deutlich der romantischen Tradition verhaftet. Berühmt sind seine Streichquartette, von denen das achte, eine Verarbeitung der Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs, sicherlich das bekannteste ist. Für diesen Thread habe ich aber sein fünfzehntes Streichquartett, das letzte, herausgesucht, denn es ist mit fünf Sätzen, die alle im Adagio angesiedelt sind, purer Doom.
 
2) Franz Schubert, der nächster Romantiker. Ich müsste mir auch mal wieder die anderen Impromptus anhören, hängen geblieben ist bei mir vor allem das Impromptu Nr. 4: Falls jemand tatsächlich Schuberts sehr bekannte "Winterreise" noch nicht kennen sollte - ruhig auch mal antesten, ist allerdings Klavier und Gesang. https://www.youtube.com/watch?v=xqby9Y1-mss
A propos Schubert: Der gute Mann hat ja auch diesen Maiden-Galopp erfunden, also diesen Rhythmus aus einer Viertelnote und zwei Achteln. Gut nachzuhören im Moment Musicaux No. 5. :)
 
Wer im zeitgenössischen Funeral Doom die richtig schweren, nihilistischen Brocken sucht, kann nach Russland schauen. Die Mischung aus Schwermut und Apokalypse ist in der russischen Musiktradition fest verankert und im 20. Jahrhundert im Bereich der Klassik u.a. und v.a. von Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch meisterhaft ausgeführt worden. Über die Musik von Schostakowitsch wurde gesagt, sie sei in ihrer Tristheit und Brutalität die Vertonung der Sowjetunion während des Stalin-Regimes. Zeitlich damit alles andere als spätromantisch, ist die Musik von Schostakowitsch doch neben allerlei tonalen Gemeinheiten noch deutlich der romantischen Tradition verhaftet. Berühmt sind seine Streichquartette, von denen das achte, eine Verarbeitung der Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs, sicherlich das bekannteste ist. Für diesen Thread habe ich aber sein fünfzehntes Streichquartett, das letzte, herausgesucht, denn es ist mit fünf Sätzen, die alle im Adagio angesiedelt sind, purer Doom.
Klingt in der Tat schön schwermütig. Ich habe wie schon erwähnt, einige Klassik-CDs, deren letzte Lauschung leider schon länger zurück liegt und habe mir jetzt anlässlich dieses Threads gerade einen Stapel mit "Russen-Klassik" rausgelegt: Schostakowistsch (man ahnt es schon, die beiden Klavierkonzerte, aber auch eine Sinfonie und das achte Streichquartett befinden sich darunter), Tschaikowski und Prokofjew. Außerdem noch, obwohl kein Russe, den von mir selbst schon erwähnten Bartók.
Als ob sich im Einzugsbereich meiner Anlage nicht eh schon genügend Tonträgerstapel befänden, die "weggehört" werden wollen... :hmmja:
A propos Schubert: Der gute Mann hat ja auch diesen Maiden-Galopp erfunden, also diesen Rhythmus aus einer Viertelnote und zwei Achteln. Gut nachzuhören im Moment Musicaux No. 5. :)
Haha, Maiden-Galopp, gehörte jetzt nicht zu meinem aktiven Wortschatz, aber man weiß gleich, was gemeint ist. :D
Geritten wurde ja auch bei Robert Schumann, sogar wild://www.youtube.com/watch?v=q08Cpj0IMn0 ;)
 
Ich habe keine übermäßige Kenntnis in dem Sektor, aber im Unterschied zu Metal ist das reguläre Klassik-Publikum meiner Erfahrung nach doch überdurchschnittlich oft schon nahe am oder im Rentenalter. Die sexuell aufgeladene Inszenierung klassischer Musikerinnen; schmucke Klassik-Pop-Wanderer wie David Garrett; Orchester, die Filmmusiken aufführen; Kollaborationen von Orchestern mit Acts der sog. U-Musik; flippig aufgemachte Konzertmagazine etc., das alles sind auch Versuche aus der sog. E-Musik, ein jüngeres Publikum heranzuziehen. Aber wenn ich hier in Leipzig mal ganz nobel einen auf Gewandhaus mache, habe ich nicht den Eindruck, dass in dem Bereich ein demographischer Wandel ansteht. @HantSchwartz oder @kylie können da vllt. Fundierteres zu sagen.

Woran ich es auch zu bemerken glaube, ist an der Tatsache, dass im Bereich der Klassik vieles nicht online zu finden ist. Das Medium der Klassik ist die CD. Hier nun also zwei Underground-Tipps, bei denen ich leider keine Hörbeispiele mitliefern kann. Beides zeitgenössisch, aber keine Avantgarde.

„Nordisk“ ist eine mit Sprechpassagen des Dichters Matias Eriksso versehene Tondichtung des finnischen Komponisten Kim Nyberg, die als Ode an seine skandinavische Heimat gemeint ist und auch Einiges mitbringt, was man den Finnen eben so nachsagt: Etwas Melancholie, etwas Folklore, etwas Tanzbein. Im fünften Satz ist sogar eine Tango-Sequenz zu hören, denn der finnische Tango hat eine lange Tradition. Zielgruppe: Amorphis.

Eine völlig andere Baustelle beackert Johannes Weyrauch mit seinem Werk „Eine Kantate vom Reich Gottes“, thematisch sowieso (s. Titel, W. trat im Wesentlichen als Kirchenmusiker und Komponist von Kirchenmusik in Erscheinung), aber auch musikalisch. Die Kantate für Kammerorchester und Chor ist absolut abgefuckt dunkel, bei der Akkordführung der instrumentalen Eingangsmusik und dem Einsatz des Chors verfinstern sich die schön bunten Bleiglasfenster jeder Kirche automatisch und man spürt den Todesengel im Nacken hochkriechen. Apokalyptisch. Zielgruppe: Black Metal.
 
Gesang in der Klassik ist ja eigentlich nicht so meins. Hat aber hier durchaus was. Dein Link scheint allerdings nicht mehr zu funzen.
Bei mir läuft der Link.
Wenn dir die vier letzten Lieder von Strauss zusagen, dann ist die logische Konsequenz, dass dir auch die schwelgerische Düsternis eines Gustav Mahler gefallen muss.;)
Dritte Sinfonie, vierter Satz - Black Metal, weil: Nietzsche-Vertonung.

Und "Nun seh' ich wohl, warum so dunkle Flammen", eine Rückert-Vertonung aus den Kindertotenliedern, die einen dicken Kloß im Hals zurücklässt.
https://www.youtube.com/watch?v=m8PKDjF98Z4
Was dir nur Augen sind in diesen Tagen:
In künft’gen Nächten sind es dir nur Sterne.
 
Weiter geht's mit Epik-Metal:
Eine Szene aus Richard Wagners "Siegfried". Brunnhildes Erwachen, nachdem Siegfried mit einem Kuss den Schlaf-Fluch gebrochen hat:

Klingt schon sehr mächtig, heavy und episch im wahrsten Sinne des Wortes. Das Spiel mit der Dynamik von ganz leise zu berstend laut ist faszinierend. Dreht eure Anlage bei den leisen Stellen am Anfang auf, dann vibrieren bei den lauten Stellen die Gläser im Schrank.
 
Ach ja, das härteste "Klassik"-Stück, das ich überhaupt kenne, dürfte wohl das "Dies Irae" aus dem Verdi-Requiem sein. So geknüppelt wurde danach so ungefähr erst auf "Altars Of Madness" wieder. Das kommt leider nicht in jeder Interpretation so gut rüber (und im Metal-Bereich wurde das Stück ja ohnehin schon von Symphony X vereinnahmt, die das als Intro zur "V: The New Mythology Suite"-Scheibe verwurstet hatten), aber gerade die weniger schwelgerischen Fassungen liefern dafür mehr als genug Argumente. Hier mal meine Lieblingsfassung - das RIAS-Sinfonieorchester unter Ferenc Fricsay im Jahre 1954:
 
Metal-Fans mögen Quietschgitarre und deswegen (und ich kenn das einige) mögen sie mitunter die späten ziemlichen fiesen Streichquartette, die ähnlich verrissen wurde wie die 9.: (Opus 130, 133, 127 und 135)
 
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