Rechtes Konzert in Berlin-Friedrichshain: RAW-Gelände als Bühne für Nazi-Ästhetik?
Zwei rechtsoffene bis rechtsextreme Künstler wollen nächste Woche im alternativen Kiez auftreten. Während sich der Bezirk distanziert, schweigt der Veranstalter.
Mitten in der Hauptstadt, im alternativen Stadtteil Friedrichshain, sollen nach Tagesspiegel-Informationen nächste Woche zwei rechte Künstler auftreten. Der Auftritt der Neofolk-Musiker
„Death in Rome“ und „Herr Lounge Corps“ ist für kommenden Mittwochabend auf dem RAW-Gelände geplant. Das ehemalige Eisenbahngelände entlang der Revaler Straße gilt als einer der Party-Hotspots Berlins. Auf dem Areal finden regelmäßig alternative und queere Veranstaltungen statt.
So auch auf der Bühne des Veranstaltungsortes „Urban Spree“, direkt am Eingang des RAW-Geländes zur Warschauer Straße. Umso verwunderlicher mutet in diesem Kontext der Auftritt der beiden rechtsoffenen Neofolk-Künstler an. Der Musikstil entstand etwa Mitte der 80er Jahre und ist als Variation des „Darkwave“ und „Postpunk“ zu beschreiben.
Viele Künstler aus der Szene weisen starke Berührungspunkte zur extremen Rechten auf. Verbreitet ist die Provokation mit rechter Symbolik, wie etwa Variationen des SS-Totenkopfs oder der bei Rechtsextremen beliebten Schwarzen Sonne.
Der Hauptact des angekündigten Konzerts – die deutschen Band „Death in Rome“ – spielt mit ihrem Namen auf eine der bekanntesten Bands des Genres, „Death in June“, an. Die Musiker von „Death in Rome“ geben sich auf ihrer Homepage unpolitisch, illustrieren jedoch gleichzeitig das Cover ihres Songs „Barbie Girl“ mit dem Bild des nationalsozialistischen Kriegsverbrechers Klaus Barbie, der als „Schlächter von Lyon“ in die Geschichte einging.
„Rose Clouds Of Holocaust“ landete auf dem Index
Deutlich problematischer ist jedoch der angekündigte Voract, bei dem es sich laut des offiziellen Programms von „Urban Spree“ um das Projekt „Herr Lounge Corps“ handelt. Dessen österreichisches Mitglied Miro Snejdr ist gleichzeitig Teil von „Death in June“, die in der Szene eine große Popularität genießen.
Der „Death in June“-Leadsänger Douglas Pearce gilt als Verehrer des SA-Chefs Ernst Röhm, tritt regelmäßig in Tarnuniformen der SS auf Bühnen auf und hatte während des Jugoslawienkriegs nachgewiesene Kontakte zur faschistischen HSO-Miliz. Das „Death in June“-Album „Rose Clouds Of Holocaust“ landete auf dem Index, auf dem Cover prangt ein aus vier Hundeköpfen gebildetes Hakenkreuz.
„Death in June“ mit Douglas Pearce wird kommenden Mittwoch laut Ankündigung zwar nicht auftreten, dafür aber Mitglied Miro Snejdr als „Herr Lounge Corps“. Snejdr selbst zeigt sich auf seinem Profilfoto auf der Musikplattform „Discogs“ vor einer Schwarzen Sonne, die von Neonazis als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet wird.
Auf der Instagram-Seite Snejdrs finden sich darüber hinaus zahlreiche rechtsextreme Botschaften. So ruft der rechte Künstler unter anderem ironisch dazu auf, sich wegen des Corona-Virus mit einem Hitlergruß statt einem Handschlag zu begrüßen. In einem anderen Beitrag macht sich Snejdr über die freie Wahl von Pronomen lustig und spielt mit den Pronomen „He/Him“ auf den SS-Chef Heinrich Himmler an. Ein weiteres Foto zeigt ein Amulett mit der Aufschrift „Adolf“.
Insbesondere
die sogenannte Neue Rechte um die „Identitäre Bewegung“ identifiziert sich mit dem Musikstil. So ordnet der Identitären-Aktivist Mario Müller in seinem Buch „Kontrakultur“ das Genre des Neofolk und die Band „Death in June“ eindeutig seiner eigenen politischen Einstellung zu.
Auch der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner bezieht sich ebenfalls in seinem Buch mehrfach auf „Death in June“. Rechte Vordenker wie der Verleger Götz Kubitschek gehörten in der Vergangenheit zu Besuchern eines Konzerts von „Death in Rome“.
Auf eine wiederholte Anfrage des Tagesspiegels reagierte das Management des Veranstaltungsort „Urban Spree“ bisher nicht. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg erfuhr erst auf Anfrage dieser Zeitung von der Veranstaltung.
Ein Sprecher des Bezirksamts teilte mit, dass man sich „deutlich gegen jede Ausprägung rechtsextremer Erscheinungsformen“ stellen würde. „Rechtsextremismus, rechtspopulistische Stimmen und Rassismus jeglicher Art“ hätten in Friedrichshain-Kreuzberg keinen Platz, heißt es aus dem Bezirksamt.