Ein paar Worte mehr zu diesem außergewöhnlichen Konzertabend in Kassel dürfen es schon sein.
VerbraucherInnentipps für einen Besuch in der Goldgrube: Empfehlenswert ist eine Fahrt mit der Regionalbahn, wenn man aus dem Süden Hessens kommt. Selbige ist lediglich 20 min langsamer als der ICE aus der Hessenmetropole. Mit einem Doitschland- bzw. Hessenticket fallen also keine weiteren Kosten an. Günstig und sauber kann man für 35 Euro in der Pension Rückert übernachten, die grade mal gut 10 min Fußweg von der „Goldgrube“ entfernt ist. Neben den bekannten Sehenswürdigkeiten gibt es in Kassel für Metaller noch ein echtes Schmankerl, wie ich gestern feststellen konnte. Das Museum für Sepulkralkultur
https://www.sepulkralmuseum.de/ (die digitalen Ausstellungen lohnen) : Das 1992 eröffnete Museum für Sepulkralkultur ist dem Themenfeld Sterben, Tod, Bestattung, Trauer und Gedenken gewidmet. Wer hier keine Inspiration für das nächste Cover findet….
Dass die Goldgrube in Kassel läuft, ist kein Wunder. Der Laden hat für derlei Veranstaltungen die richtige Größe, es passen wohl maximal 200 Leute rein, verfügt jedoch über eine breite Bühne und hat neben einer kleinen „Tanzfläche“ direkt davor, dann aufsteigend solche Treppchen, wie in einer Fußballkurve. Man wird also optimal von der Bühne frontal in die Fresse beschallt. Hinten befinden sich noch einige Rentnerbänkchen. Die perfekte Mischung zwischen leicht angeranztem Rockschuppen und deutscher Gemütlichkeit für den alternden Metalfan. Keine Abzocke nirgends, sehr zuvorkommendes, mitbangendes Personal (ich glaube von der örtlichen Moshpit-Crew) an der langgezogenen, bedienungsfreundlichen Theke. Es wird u. A. ein schmackhaftes lokales und damit öko-kompatibles Pils für 2,5 in „Stubbi-0,33l-Form“ offeriert. Alles doll
Für 24 Euro Eintritt, zwei Kracher wie Crowbar und Church of Misery anzubieten, ist eh schon, gerade in der heutigen hochinflationären Phase, bemerkenswert. Obwohl beide Bands auf ganz hohem Niveau ablieferten, gingen die Japaner als Tagessieger hervor. Das mag mit zwei Umständen zusammenhängen. Zum einen habe ich Crowbar schon gut zwanzig Mal gesehen, sodass der Exotenstatus wie im Falle von Church of Misery wegfällt. Zweitens habe ich die Japaner gestern bei meinem dritten Besuch deutlich härter erlebt. Sie durften die Anlage und den Mischer von Crowbar „mitbenutzen“. Die entsprechende Soundgrundlage war also schon mal richtig „eingestellt“.
Die Japaner lieferten für mich das beste post-Corona-Konzererlebnis ab, weil sie sowohl mit extremer Härte, fuzzigen Sounds und niemals aufdringlichem Groove agierten. Diese Mischung brachte Intensität und Originalität auf hohem Niveau auf den Punkt. Die Druckwelle von der Bühne war so hoch, dass sich bei mir das optimale Konzertgefühl einstellte, indem man die Eckzähne von Ober- und Unterkiefer aufeinander kratzen ließ. Herrlisch!
Dazu äußerst coole Saitenquäler als Kontrast zu den leicht wirren Bewegungsabläufen des Sängers und ein (neuer) Schlagzeuger, der wirklich den metallischen „Bums“ draufhatte, dabei aber das notwendige, niedrige Tempo hielt. Nur 3-4 kurze Ansagen, die eh kein Mensch verstand, ansonsten 1 h im im vollsten flow auf das Publikum „in sa fucking face“ runtergerifft. Es quietschte, fuzzte, es war schräg, es tat körperlich weh und war doch eingängig. Ohne Zugabe, aus die Maus, fertig.
Crowbar nailten es dann to the ground. Zwar verkackten sie den Opener „self inflicted“, doch danach war das eines meiner besten 3-Crowbar-Besuche. Die allgegenwärtigen harten Riffs, wenn auch immer wieder auf´s Neue faszinierend, waren keine große Überraschung. Animiert vom ordentlich abgehenden, fast ausverkauften Rund, legte die Band außergewöhnliche Spielfreude an den Tag. Dazu mag beigetragen haben, dass man bei der doch hohen Tourfrequenz die Setlist gegenüber vorangegangen Tourneen stark veränderte. So dominierten bei der Songauswahl neben Stücken der jüngsten Scheibe, vor allem Songs aus dem Frühwerk. Ein Song wurde laut Windstein zum ersten Mal seit 29 Jahren gespielt. Schande über mich, ich (er)kannte ihn nicht. Zwar haben mir z.B. einige jüngere Songs wie „walk with knowledge wisely“ gefehlt, aber man kann nicht alles haben.
Auf jeden Fall hat die Band wieder einmal bewiesen, dass sie diese einmalige Mischung aus Metal, Doom, Hardcore, einer Brise Punk zu dieser eigenwilligen Sludge-Mauer bündeln kann, wie keine andere. Die bereits angesprochene Tourintensität bei wohl nicht allzu hohen Gagen sprechen für die Passion der Kapelle.
Shirts jeweils 25 Euro, die Japaner hatten aber nur noch wenige, in kleinen Größen im Angebot. Keinerlei Tonträger von beiden Bands.