Mal eine Frage an die Musikbusinessmenschen hier :-)

Andi

Dawn Of The Deaf
Moin zusammen,

Mensch, da bin ich schon relativ lange im Forum angemeldet und schreibe erst jetzt meinen ersten richtigen Thread. Asche über mein Haupt.

Mal eine Frage an alle Musiker und Musikbusiness-Menschen, vielleicht könnt ihr mir helfen.
Ich hoffe, ich bin hier richtig.

Fangen wir mal einfach an: Ich spiele Bass in einer Metalband (irgendwas zwischen Maiden und Atlantean Kodex; um mal meine beiden Lieblingsbands zu nennen) und kümmere mich auch um das Booking, die Presse, Social Media usw. Als Basser hat man ja eh kaum was zu tun in den Songs, also bietet sich das an. Während unsere 3 Gitarristen die Pentatoniken hoch und runterflitzen, setze ich eben noch schnell ein Posting ab oder schreibe Veranstalter und Locations an. Hat bisher keiner der Nasen gemerkt. Zur Not spiele ich schnell ein tiefes E und alle sind wieder happy.

Ok, ich schweife ab.

Wir sind frisch zurück aus dem Studio und nun könnten wir ja alles wie immer machen: CDs pressen lassen, irgendwie Gigs heranholen und dann spielen und spielen. Ab und zu auch spielen und ein Video drehen.

Problem: Seit 10 Jahren drehen wir uns da im Kreis. Zwar immer echt gute Rezensionen in den üblichen Magazinen (Ne, noch nicht im Deaf...), allerdings hat uns das bisher nicht weitergebracht. Es gab ein paar Anfragen von Booking-Agenturen, die aber eher zweifelhafte Vorstellungen und Vorgehensweisen hatten.
Und die Konzerte bewegten sich auch immer im näheren Umkreis, sprich im Norden und Nordwesten der Republik.

Ich möchte gerne mehr rausholen. Sprich: Höhere Verbreitung, bessere Konzerte und einfach mehr Dampf.

Was sind eure Erfahrungen diesbezüglich? Kann eine Label- oder Bookingakquise helfen?
Oder sind diese Zeiten ein für allemal vorbei und man kommt mit DIY eher weiter?

Es geht nicht ums "Großrauskommen" und das Baden in Geld. Dafür sind wir alle zu spät und zu alt ;)
Sondern das "Raus aus dem gewohnten Umfeld".

Habt ihr Erfahrungen und/oder Tipps und mögt ihr die einmal teilen?

Würde mich freuen!

LG

Andi
 
Ich glaube, @C_O_B könnte da vielleicht ein paar gute Tips haben. Godslave waren (sind?) ja DIY immer ordentlich unterwegs.
Definitv "sind", das kriegen wir leider nicht mehr abtrainiert :-D

@Andi Ich bin weit davon entfernt, zu behaupten, wir hätten bei solchen Themen die Weisheit mit Löffeln gefressen, von daher sind das hier jetzt weniger "Tipps mit So-wirds-besser-Garantie", sondern eher Erfahrungen was bei uns ganz gut geklappt hat (und die letzten anderthalb Jahre blenden wir dabei sowieso aus... da war ja nix normal).

Ohne DIY geht unserer Erfahrung nach nix. Erst durch Strampeln und viel Aktivität werden Veranstalter, Booker, Labels aufmerksam. Vor allem interessieren sich alle Beteiligten "aus dem Business" eher für Bands, die eben schon Schwung/Reichweite/Publikum mitbringen, von daher beisst sich die Katze da irgendwie in den Schwanz, wenn man auf Hilfe von Dritten hofft, um mal ne Stufe höher zu klettern.

Um aus der eigenen Region herauszukommen, sind die guten alten Austauschgigs immer noch ein probates Mittel. Sucht Euch Bands, die stilistisch zu Euch passen, irgendwo anders in der Republik sitzen und dort vor gut gefüllten Reihen spielen. Sprecht die an und spielt mit offenen Karten, worum es Euch geht - möglicherweise freuen die sich ja selbst über eine Show in Eurer Ecke. Natürlich fällt man da auch mal auf die Schnauze und die andere Band kommt mit der Gegeneinladung nicht aus dem Quark, aber wenn man grundsätzlich fair miteinander umgeht und sich gut um die Gastbands kümmert und man beim Heimgig merkt, dass man auf einer Wellenlänge ist, sollte das klappen. 2 Gigs zuhause mit je zwei Gastbands sind dann ja tendenziell schon 4 Gigs auswärts.

Vielleicht habt Ihr auch eine Band, die nicht ganz in Eurer Ecke ist, mit der Ihr Euch aber schon gut versteht und mit der Ihr das Ganze zusammen macht, also Euch im Package anbietet. Die nutzen ihr Netzwerk, Ihr Eures und beide Bands profitieren voneinander und haben ein Interesse, sich reinzuhängen. Gemeinsam mit Eradicator haben wir da in der Vergangenheit richtige kleine "Touren" aus Wochenend-Gigs auf die Beine stellen können.

Und zu guter Letzt natürlich weiterhin die Veranstalter (im positiven Sinne) bombardieren. Durchforstet die Sozialen Netzwerke nach Veranstaltungen in Eurer Größenordnung/Kragenweite und baut Euch eine Datenbasis auf, die Ihr dann auch aktuell haltet und bewerbt Euch dort immer wieder erneut. Das ist nix für Leute mit niedriger Frustrationsgrenze, aber bringt Euch weiter. Auch die Tourdaten von anderen Bands sind eine gute Quelle an Veranstaltungen und Locations, bei denen man sich bewerben kann. Auch da realistisch bleiben, was die Größe angeht. Aber die Masse macht's, im Stile von "100 anschreiben, damit 10 überhaupt Interesse zeigen, von denen am Ende 2 zustande kommen". Die Zahlen sollen nur das Prinzip verdeutlichen :) Aber daher ist es eben wichtig, sich breit zu bewerben, aber die Veranstalter eben nicht unpersönlichen Massenmails zu quälen. Alles, ein Arsch voll Arbeit mit vielen Fettnäpfchen.

Als Inspiration und auch bissl als Coaching empfehle ich den Podcast "The Bandshow" von Murphy Lange auf Spotify. Da gibt es sehr viel Hintergrundinformationen, Tipps, Interviews mit Musikern, Bookern etc. wo man auch sehr viele Tipps bekommt, weil das alles völlig den Rahmen sprengen würde (sich gut und kreativ zu bewerben, Außendarstellung etc.).

Genug gelabert... was mir bissl Bauchschmerzen in Deinem Post macht, ist der Umstand, dass Du scheinbar die komplette Orga/Booking/Social Media etc. alleine machst. Vielleicht schaffst Du es, Deine Pentatonik spielenden Kollegen ein wenig mit einzubinden. Wenn Ihr Euer Tempo wirklich erhöhen wollt, ist das aus unserer Erfahrung nach richtig viel Arbeit und wenn die auf zu wenigen Schultern lastet, haben die Hauptverantwortlichen bald die Schnauze voll und werfen hin - true Story.
 
Erstaunlich viel hat mit persönlichen Kontakten zu tun. Wer viel rumkommt, kriegt Berichte, wird gebucht, ist präsent und kriegt die interessanten Labeloffer. Jeder, der irgendetwas in der Szene macht, steht jemand anderem nahe, der auch etwas macht - Veranstalter und Clubbesitzer, Label- und Distromenschen, Musiker, und nicht zuletzt Medienleute. "Die Szene" ist die Summe der Gefallen, die diese Leute einander tun. Es hilft sicher, sich ein Bild zu machen, wer mit wem zu tun hat - und wo man selbst hin passt oder hin will (ja, damit meine ich, dass es auch viel mit dem Szene-Schick des jeweiligen Umfelds zu tun hat, ob es klappt).
Man kann sich diese Kontakte erarbeiten, das wurde ja schon gut beschrieben. Wenn das nicht geht (hat ja auch viel mit Zeit und Wohnort zu tun) ist man hoffentlich bei einem engagierten Kleinlabel, das diese Arbeit für einen übernimmt. Wenn nicht, kann es helfen, jemand dafür zu bezahlen. Das kann ein gut vernetzter Booker oder ein Bandmanagement sein (eine gut gebuchte Tour bringt nicht nur neue Fans, sondern füllt das Kontaktverzeichnis aller Beteiligten mit neuen Namen; und wer Bandmanagement anbietet, macht im Prinzip nichts anders, als sein persönliches Netzwerk und die darin zirkulierenden Gefallen gegen Geld zur Verfügung zu stellen). Klingt unappetitlich, kann aber viel bringen - hier hat eine lokale Band eben für ihr Debut viel Geld in die Hand genommen und jemand Professionelles für die Promoarbeit bezahlt, und die wurden mit ihrem okayen Heavy Rock dann in jedem relevanten Rock/HM-Magazin des deutschen und englischen Sprachraums besprochen, waren im Radio und steigen nun in regionalen und überregionalen Billings tatsächlich eine Stufe höher ein, als sie das sonst täten (wenn sich jemand fragen sollte, woher der nie enden wollende Strom an Kackbands direkt in die Festivalbillings und Werbeseiten im EMP kommt, das ist der Grund).
 
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