Steven Wilson

@Prodigal Son : Mit Widerspruch hatte ich natürlich gerechnet und er sei Dir von Herzen gegönnt. Gebe zu, daß die Lust an der Zuspitzung ihre Rolle gespielt haben mag... :)

Bzgl. Metal-Anspruch gebe ich Dir recht, beim Rest muß ich inhaltlich aber hart bleiben, sehe ich halt so oder so ähnlich. Selbst alle zwei Jahre ne neue Platte (hast Du No-Man und Blackfield mitgerechnet?) ist in diesem anspruchsvollen Segment doch recht fleißig. Aber eigentlich ist das ja auch egal, bei Steven Wilson gehen in letzter Zeit die Meinungen halt auseinander.

Selbst kleinere Kritik ist ja auch i.wo ein Zeichen von Wertschätzung. Morgen werde ich mal wieder "Up The Downstair" einlegen...
 
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Ich muss mich immer stark wundern, wenn Fans in so absoluten Urteilen über den Werdegang von Künstlern sprechen. Man versetze sich mal in die Lage eines Musikers und vergleiche es mit der eigenen Vita. Ich kann so verstehen, dass sich Interessen ändern, vergangene Projekte auch im Kopf abgeschlossen bleiben wollen und man vorwärts kommen möchte. Nur erstens sind die wenigsten von uns Normalos so mutig, um das wirklich durchzuziehen und zweitens wird man in einem nicht-künstlerischen Beruf viel seltener auf vergangene Tage reduziert.

Für mich war ja tatsächlich die "Hand.Cannot.Erase." der Höhepunkt seines Schaffens, weil das Album emanzipiert klingt, aber nicht entwurzelt. Das war dann erst "To The Bone" - dort habe ich nie den Zugang gefunden, den ich finden wollte. Das neue Album wird demnächst mal gekauft und an einem ruhigen Abend gehört. Was mich aber weiterhin an meinem Fan-Dasein festhalten lässt, sind seine Konzerte. Da spielt er zum einen ja immer viel älteres Material und zum anderen sind auch die poppigen neuen Nummern soundtechnisch immer eine Nummer härter mit Live-Band im Nacken.
 
Ich muss mich immer stark wundern, wenn Fans in so absoluten Urteilen über den Werdegang von Künstlern sprechen. Man versetze sich mal in die Lage eines Musikers und vergleiche es mit der eigenen Vita. Ich kann so verstehen, dass sich Interessen ändern, vergangene Projekte auch im Kopf abgeschlossen bleiben wollen und man vorwärts kommen möchte. Nur erstens sind die wenigsten von uns Normalos so mutig, um das wirklich durchzuziehen und zweitens wird man in einem nicht-künstlerischen Beruf viel seltener auf vergangene Tage reduziert.

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Gerade das macht für mich progressive Musik aus.
 
Gerade das macht für mich progressive Musik aus.

Ja, das stimmt schon. Allerdings bin ich auch ein großes Stück "Genre-Prog"-Fan und mag beides. Progressive im Wortsinn sind ja die wenigsten Bands, die mehr als ein Demo und ein Album auf dem Buckel haben. Alleine schon deshalb schätze ich Wilson als authentischen Menschen. Dass ich seine Mainstream-Bestrebungen (die mit dem Wechsel der Plattenfirma, Promo-Agentur und ähnlichem einherging) nicht schätze, ist halt mein persönliches Pech.
 
Nun ja...

Progressiv im eigentlichen Sinne ist auch schwierig...

Komplett neue Musik zu erfinden, geht nicht. Wir haben in allen Kulturen einfach nur ein begrenztes Tonmaterial. Und auch die atonale Musik ist bereits gut erforscht worden.

Was man machen kann: Versuchen, die bisherigen musikalischen Elemente neu zusammen zu setzen. Daraus ergeben sich rein theoretisch tausende von Kombinationen, die interessant klingen.

So gesehen passiert genau das auf The Future Bites. Die Kombination von Disco Sounds mit bisherigem Wilson Material.

Trotzdem habe ich immer noch das Gefühl, dass das vorrangig produktionstechnisch passiert und nicht vom Songwriting her.

Wilson kann einfach keine Songs in der Art von Prince, Jackson usw. schreiben, weil er schnell in alte Songwriting Muster verfällt.

Um solche Songs wirklich zu SCHREIBEN und nicht nur zu produzieren, bräuchte er die Hilfe von gleichberechtigten externen Komponisten.

Und damit bin ich wieder beim Thema ;)
 
Es ging mir nicht darum, "komplett neue" Musik zu erfinden. Sondern sich weiter zu entwickeln, beim Songwriting über den Tellerrand schauen. Da werden insgesamt Tonmaterial und rhythmische Elemente schön nach Tradition westlicher klassischer Musik verwendet. Aus diesen Schemata bricht eben kaum jemand aus. Auch wenn es nur begrenztes Tonmaterial gibt: Mikrotonale Musik kenne ich im Rock/Metal-Kontext beispielsweise nicht (zumindest aus dem Stegreif). Das würde vermutlich so viele Hörer vor den Kopf stoßen, weil man es schlicht nicht gewohnt ist. Die Debatte gibt es in der Jazz-Szene nahezu 1:1 und führt einem gut vor Augen, wie stark die kulturelle Prägung die Scheuklappen macht, mit denen Musiker und wir Zuhörer unterwegs sind.
 
Es ging mir nicht darum, "komplett neue" Musik zu erfinden. Sondern sich weiter zu entwickeln, beim Songwriting über den Tellerrand schauen. Da werden insgesamt Tonmaterial und rhythmische Elemente schön nach Tradition westlicher klassischer Musik verwendet. Aus diesen Schemata bricht eben kaum jemand aus. Auch wenn es nur begrenztes Tonmaterial gibt: Mikrotonale Musik kenne ich im Rock/Metal-Kontext beispielsweise nicht (zumindest aus dem Stegreif). Das würde vermutlich so viele Hörer vor den Kopf stoßen, weil man es schlicht nicht gewohnt ist. Die Debatte gibt es in der Jazz-Szene nahezu 1:1 und führt einem gut vor Augen, wie stark die kulturelle Prägung die Scheuklappen macht, mit denen Musiker und wir Zuhörer unterwegs sind.

Ich habe auch nie die Weiterentwicklung von Wilson in Frage gestellt.

Ganz und gar nicht. Und ich kaufe ihm auch ab, dass er Bock auf diese Stilistik hat. Das habe ich in meinem ersten Beitrag auch klar heraus gestellt, finde ich.

Ich bin wie gesagt nur der Meinung, dass er diese Weiterentwicklung ALLEINE nicht all zu gut umsetzen kann. Was dann zu halbgaren Songs führt...

Off Topic:

Auch Mikrotonalen Metal gibt es schon.

Sehr empfehlenswert sind Blut aus Nord (Avantgarde Black Metal):


und M.A.N. (Bissl Djent mäßig):

https://m.youtube.com/watch?v=EXaIwvXa3SI
 
Vorweg @The Sleeper: ich teile deine Auffassung bezüglich "Hand.cannot.erase". Ebenso Deine Ausführungen in Sachen Weiterentwicklung, diese begrüße ich generell - ich kann sie nur nicht immer mitgehen. Gildenlöw ist auch so ein Typ, der es mir da nicht immer leicht macht: "Be" und die Salzstraßen sind bei mir (immer noch nicht) angekommen.

"To the Bone" ist gefällig für meine Ohren, aber mehr nicht. Kann der Steven nix für, es ist sicher gut gemacht, doch die hohe Kunst des Artpop (Talk Talks Spätwerke, A-ha, Peter Gabriel, Kate Bush), die erreicht er hier nur selten und dies war seinerzeit ja seine Intention mit diesem Album: an derartige Acts anzuknüpfen.

Anders als der Rabe, der eine mehr als gelungene Hommage an den 70s Prog war ist es ihm mit "TtB" aus meiner Sicht nicht gelungen, ein "modernes" 80er Artpop-Album zu produzieren.

Was ich bisher vom neuen Album gehört habe ist absolut nicht meins. Vielleicht mal irgendwann vom Grabbeltisch...brauche ich schlicht nicht. Ich bezweifle auch, dass er sich damit eine (noch) breitere Hörerschaft erschließt, aber ich mag mich irren.

So es für ihn ok ist - dann doch gut.

Metal-Einflüsse bei PT? Habbich als Prog-Fan eh keine Ahnung von :D. Reunion zumindest für die Bühne? Wäre ich sofort dabei!
 
Vorweg @The Sleeper: ich teile deine Auffassung bezüglich "Hand.cannot.erase". Ebenso Deine Ausführungen in Sachen Weiterentwicklung, diese begrüße ich generell - ich kann sie nur nicht immer mitgehen. Gildenlöw ist auch so ein Typ, der es mir da nicht immer leicht macht: "Be" und die Salzstraßen sind bei mir (immer noch nicht) angekommen.

"To the Bone" ist gefällig für meine Ohren, aber mehr nicht. Kann der Steven nix für, es ist sicher gut gemacht, doch die hohe Kunst des Artpop (Talk Talks Spätwerke, A-ha, Peter Gabriel, Kate Bush), die erreicht er hier nur selten und dies war seinerzeit ja seine Intention mit diesem Album: an derartige Acts anzuknüpfen.
Das sehe ich übrigens ähnlich. Ich bin jetzt auch kein Riesen-Fan von den genannten Sachen, aber die empfinde ich allesamt als deutlich origineller (vor allem für die jeweilige Entstehungszeit), spannender und einfach interessanter und mitreißender komponiert, als die Sachen, die ich bisher von den neuesten beiden Wilson-Alben gehört habe. "Gefällig" ist da für mich auch die zutreffendste Beschreibung.
Und gerade vor dem Hintergrund finde ich es dann auch lustig, wenn sich Künstler oder manche Fans darüber ärgern, dass die Prog-Fans ja oft so verbohrt seien und gar keinen echten Fortschritt wollen - aber wo sind die jüngsten Sachen von Wilson denn stilistisch innovativ? Der hat jetzt halt einfach andere Vorbilder und nen anderen Sound im Kopf als z.b. vor 10 Jahren, aber ist dabei sicher nicht kreativer oder origineller geworden (auf den Bereich bezogen). Die Songs sind nun halt nur leichter nachvollziehbar und theoretisch für ein deutlich größeres Publikum konsumierbar (ob sich das auch in Erfolg niederschlägt, ist ja immer auch eine Sache der Vermarktung - und des Glücks).
Wenn er Bock darauf hat, sich in anderen Genres auszuprobieren, finde ich das ja völlig in Ordnung und legitim, genauso legitim ist es aber auch, wenn einigen Fans das dann nicht gefällt.
 
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So, Erstlausch beendet. Vokabel der Stunde: ambivalent. Ich glaube schon, dass ich das Album perspektivisch mögen werde, wenn der Prozess der Gewöhnung an den "neuen" Sound abgeschlossen ist. Hinzu kommt, dass viele der Songs verflixt gut ins Ohr gehen, "12 Things I Forgot" ist gar ein veritabler Hit, ähnlich der Quasi-Opener "Self". Atmosphärisch ist das Album auch klasse, und Leerlauf habe ich zu keiner Sekunde wahrgenommen, das Ding vermag durchaus zu fesseln. Dennoch: Bei Lichte betrachtet und sich selbst ehrlich gemacht ist das nicht "meine" Musik, diese findet man auf Meisterwerken wie "Insurgentes", dem aphonen Raben und "Hand. Cannot. Erase", von seligen Porcupine-Tree-Klassikern ganz zu schweigen. Aber: Ein Verlassen des "Team Wilson" kommt (noch) nicht in Frage, auch wenn er mit "The Future Bites" das Toleranzintervall, das ich ihm gewähre, möglicherweise maximal ausgereizt hat. Es bleibt abzuwarten, wie es weitergeht; möglich scheint alles...
 
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Hätte gedacht, dass mich Herr Wilson mit diesem Album komplett verliert. Aber nach den ersten beiden Durchläufen hat das Album doch seinen Reiz; bin überrascht. Einzig an das fidele 12 Things I Forgot kann ich mich noch gar nicht gewöhnen. Als Gesamtwerk mit Personal Shopper als thematisches wie musikalisches Zentrum funktioniert das Album jedoch gut. King Ghost und Man of the People mache ich als meine bisherigen Highlights aus. Sound bzw. Produktion sind absolut herausragend und der springende Punkt für meine zunächst positive Wahrnehmung von The Future Bides.
 
Steven Wilson - The Future Bites

Mein erster Eindruck nach zweimaligem Hören. „Unself“ und „Self“ bilden eine Einheit und gefallen mir sehr gut. „Self“ hat einen starken Flow mit schönen Background Vocals diverser Damen.
„King Ghost“ fließt hauptsächlich elektronisch dahin, geht so. Wilson’s Falsett geht mir auf die Nerven.
„12 Things I Forgot“ ist ein schöner Akustik Song, der am ehesten an „Porcupine Tree“ erinnert. Wilson singt melodisch und wieder ein vielstimmiger Damenchor.
„Eminent Sleaze“- Bass betonter Track mit orientalischem Flair und Discoryhtmen incl. Frauenchor und Handclaps.
„Man Of The People“ – Jetzt wird es zum ersten Mal langweilig, es blubbert vor sich hin und scheint kein Ende zu nehmen.
„Personal Shopper“ war der erste Song, den man vorab hören konnte, ein intensiver Track mit schnellen elektronischen Rhytmen, Wilson’s Falsett und wieder die Damenriege im Vocal Einsatz. Als Extended Version von 15:00 Minuten mit Sicherheit ein Disco Tanzflächenfüller.
„Follower“ – Voll elektronischer Sound, stumpf und ereignisarm, zum vergessen.
Count Of Unease“ – Ein ruhiger Abschluss mit einem seltsamen Hintergrundgeklimper, das sich wie Schlittenglocken durch den gesamten Song zieht. Es plätschert alles lange und ereignislos daher.

Tja, was soll ich sagen? Als langjähriger Porcupine Tree und Steven Wilson Stammhörer ist man natürlich ob der vollelektronischen Ausrichtung höchst irritiert. Auf der einen Seiten gefallen mir einige Songs gut und andere überhaupt nicht. Ich würde das als mutig und gleichzeitig als Eigentor bezeichnen. Ob Wilson damit mehr neue Hörer gewinnt, als alte Fans verschreckt, wird die Zeit zeigen. Das scheint ihm völlig egal zu sein, er zieht seinen Stiefel durch.
 
Also ich finde auf jeden Fall dass Radiohead damals mit "Kid A" den Sprung hin zur Elektronik wesentlich besser gemeistert haben. "The Future Bites" ist zwar schon n gutes Album aber aus den Socken hauts mich nicht. Quasi wie die meisten Wilson Solo-Sachen.
 
Wie befürchtet hat sich das Album recht schnell abgenutzt...
 
Zur neuen Steven Wilson...

"Personal Shopper" ist klar der beste Song auf dem Album. Ansonsten muss ich leider aber auch feststellen, dass es mit Abstand die schwächste SW ist. Ist immer noch ein gutes Album aber klingt für mich irgendwie als hätte er das auch unter einem neuen Sideproject rausbringen können. Ist alles schon sehr poppig und anders.
Beim nächsten mal hätte ich dann gerne wieder ein ausladenderes, proggigeres und tiefergehendes Album. Aber ich habe wenig Hoffnung, dass er nochmal zurückschwenkt:hmmja:

Btw... die Extended Version von "Personal Shopper" auf der Bonus Disc ist eine 19minütige Wonne:verehr::verehr::verehr:
 
Meine 5-jährige Tochter fährt auf "Personal Shopper" total ab und verlangt ständig nach dem Song. Gut, dass sich da offenbar früh eine Affinität zu Longtracks ausbildet; als nächstes versuche ich's mal mit "Black Rose Immortal"...
"Echoes" von Pink Floyd, "Supper's Ready" von Genesis, "Amarok" von Mike Oldfield, "The Whirlwind" von Transatlantic... Da gibt es so viele schöne Möglichkeiten. ;)
 
Sehr schön, vor allem "Amarok" wird in dem Zusammenhang viel zu selten genannt!
Jepp, mein Liebling vom guten alten Mike...

Zur neuen Wilson:
Er wollte offensichtlich so ein Album machen. Manch einem gefällt's wirklich, manch einer findet es gut weil Wilson drauf steht, manch einer findet es gut, weil er nicht als Kunstbanause dastehen will, mir gefällt es bis auf ein zwei Songs überhaupt nicht. Schade...
 
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