Gezwungenermaßen daheim - also mal was Neues:
Im Zuge des IQ-Konzertbesuchs mit
@Vauxdvihl und
@CimmerianKodex streiften wir im Zuge unserer allgemein-musikalischen Fachsimpelei das Thema "US Metal". Hierbei kam mir dieses Werk aus dem Jahr 1997 mal wieder in den Sinn - und auch der Wunsch, es einfach mal wieder aufzulegen. Da beiden Herren diese Band nicht geläufig war (Überraschung - ernst gemeint!) habe ich mir gedacht: stelle ich es mal hier vor, vielleicht suchen ja noch ein paar Trüffelschweine ein verborgenes US-Metal-Juwel. Genau das ist dieses Debut von Foreseen (namentlich: "Prophet's Dream"), die wohl im Nachgang noch eine 2 Veröffentlichung vorweisen konnten ("Soulless Age", 2001), dann jedoch scheinbar in der Versenkung verschwanden. Heutzutage findet Dr. Google nur noch eine finnische Band gleichen Namens, die aber definitiv musikalisch anderweitig unterwegs ist.
"Prophet's Dream" bietet angeprogten US-Metal mit einer hohen Hitdichte. Bereits der Opener "12 A.M." fährt ein amtliches Brett, verbunden mit einem wunderbar eingängigen Chorus und einer streckenweise wahnwitzigen Gitarrenarbeit in klassischer US-Metal-Manier. Es folgt mit "London Nights" ein eher stampfender Song, der recht offensichtlich auch britische Einflüsse zitiert, das Tempo ist ein wenig raus, der Chorus eher geshoutet. Auffällig bei beiden Songs im Übrigen das überaus variable Drumming, hier vermag das Schlagzeug echte Akzente zu setzen.
Der an Stelle 3 platzierte Titeltrack ist nur eingangs ein wenig irritierend, so etwa 3 Sekunden lang: plötzlich elektronisch? Gottlob nein! Foreseen bleiben ihrer Linie treu, auch "Prophet's Dream" bleibt der US-metallischen Linie treu, ist in sich tatsächlich recht vertrackt, punktet aber dennoch mit einem tollen Chorus, der hier auch wieder mit einer Bridge vorab veredelt wird. Ein klein wenig erinnert das Ganze auch irgendwie an eine US-Metal-Faith-no-More-Variante, denn grundsätzlich ist der Songaufbau schon eher untypisch und doch absolut US-Metal.
"When the Moon fades" hat eher etwas hardrockiges, erinnert ein wenig an britischen Hardrock, wenn auch ein wenig aufgepeppt in Sachen Härtegrad. Auffällig auch hier wieder das Gespür für Melodien, sowohl in den Verses, als auch im Refrain. "AOR-US-Metal" - schon wieder ein neues Genre kreiirt, wobei letztlich vor allem zum Ende hin klar die eher metallische Kante dominiert.
Natürlich muss es sich bei einem Song mit dem Namen "Remember Yesterday" um eine Ballade handeln, impliziert bereits der Titel irgendwie. Und somit auch hier keine Überraschung, sondern eine solide US-Metal-Ballade, sehr schön im Kontext des Albums platziert, ruhiger Aufbau, zwischenzeitlich mit entsprechendem Wums gesegnet, damit es nicht zu sehr ins Tal der Tränen geht.
"Garden of Eden" eröffnet mit einem "Maiden-Gedächtnis"-Intro, wie man es feiner kaum inszenieren kann. Die Double-Base drückt das Ding schön auf Geschwindigkeit, der Bass ist schön präsent - und wie schon genannt sind die Einflüsse hier absolut glasklar, der ganze Song könnte schlicht ein verschollener Maiden-Track sein, richtungweisend hier eher so die Phase "Piece of Mind", vielleicht "Powerslave". Prägnant: der ebenfalls an Harris & Co. erinnernde Mittelpart, episch und mit entsprechendem Instrumental ausgestattet, ohne zu verfrickeln, wohl aber in der Lage, jedem Instrument seinen Rahmen zu geben. Tolles Stück Musik.
Mit "Hidden Thoughts" geht der Fuß zunächst wieder ein wenig auf die Bremse, ein im Midtempo gehaltener Anfangspart, der sich letztlich in arg progmetallische Gefilde hineinsteigert, teils ist man hier schon ein wenig an der Grenze zum Thrash unterwegs. Foreseen verlassen hier den bislang eingeschlagenen - trotz aller Finessen - eher ebenen Weg und bieten einen auf den ersten Durchgang zerfahrenen Song, der aber mit jedem Durchgang wächst und auch wunderbare Gitarrensoli aufweist. Nach nicht ganz fünfeinhalb Minuten ist der Spuk vorbei - und der frickelsüchtige durchaus ohral befriedigt.
"Twilight Winter" scheint zunächst eher wieder in eine gerade Richtung zu laufen: schneller US-Metal-Song. Doch auch hier täuscht der Anfangspart: eher driftet man ab in klassisch-US-metallische Gefilde mit progressivem Einschlag und zahreichen Wendungen. Nicht
ganz so verfrickelt wie sein unmittelbarer Vorgänger und doch auch nicht unbedingt Standard. Auffällig: anders als bei "Hidden Thoughts" geht es hier wieder in Richtung "Refrain mit Wiedererkennungswert".
"Give it all" könnte auch von Metal Church stammen, nach den beiden eher vertrackten Songs fährt man hier einfach die Geschwindigkeitsschiene mit "Don't-bore-us-get-to-the-Chorus"-Attitüde. Verses und Chorus bleiben gleichermaßen im Ohr, auffällig ist vor allem, dass sowohl Drumming als auch die Gitarrenarbeit eher im Hintergrund mit echten Akzenten punkten. Das Ding ist in sich eine kleine und überaus gelungene US-Metal-Hymne mit dem gewissen Etwas.
Der Rausschmeißer "Farewell" geht noch einmal in eine balladeskere Richtung, weigert sich aber definitiv, ein Tränentreiber zu sein. Noch einmal die eher klassisch-verspielte Variante einer US-Metal-Ballade, groß auch hier in Sachen Chorus und Bridge, für mich persönlich einen Tacken gelungener als "Remember Yesterday".
Über die Produktion dieses Albums braucht man jetzt keine großen Worte verlieren, ein wenig unterdimensioniert, wie es eben so war in den 90's. Das Album selbst ist ein wunderbares US-Metal-Album, bietet alle Trademarks, die man aus dieser Richtung erwartet, vor allem einen bisweilen sehr präsenten progressiven Einschlag. Leider ist das Ding nicht in vollem Umfang in der Tube zu finden, so dass der Anspieltipp sich auf den dort vorhandenen Opener des Prophetentraums beschränkt:
Für mich ein großes Werk aus der meinetwegen gar 3. oder 4. Reihe, was der musikalischen Qualität keinerlei Abbruch tut. Leidenschaftlicher US-Metal mit dem gewissen Etwas.