CRYO CHAMBER / Dark Ambient Label (CAN)

@G0ri , die neue Phonotek finde ich bockstark, die beste bisher. Sie ist immer noch etwas ungemütlich, fällt aber insgesamt deutlich atmosphärischer und wärmer aus. Cover passt super und sieht übrigens sehr nach Heath aus, ohne von ihm zu sein.
Im Katalog von Cryo Chamber zudem einer der eigenständigsten Acts.
Das klingt doch mal gut. Mit der "Lost in Fog" hatte ich ja meine Probleme, aber wenn sie atmosphärischer ist, dann dürfte das ja kein Problem sein.
Hier wollte ich dir nochmal ein Album auf den Weg geben, von einem der Musiker des obigen Projektes. 'Sphäre Sechs' ist ja ein aufs ultimativ geringste reduzierte Dark Ambient Projekt, wo ausschließlich mit analoger Ausrüstung gearbeitet wird. Mittlerweile gibt es mir nix mehr, anfangs fand ichs aber recht spannend.

Bin aber in einem anderen Forum auf 'Phelios - Astral Unity' gestoßen und das hat mich dermaßen aus den Socken gehauen. Für mich ist das Space Ambient wie er klingen muss. Total detailverliebt und sehr spannend von vorne bis hinten: https://phelios.bandcamp.com/album/astral-unity Anspieltipp wäre hier DEADSPACE & CLOUD SECTOR β.
 
Auch wenn dieses Duo hier bereits mehrfach Thema war, gehört das neue Album nochmal besonders gewürdigt.

PHONOTHEK: Styx

Nach gefühlt 100.000 Durchläufen seit Veröffentlichung und keiner einzigen Sekunde Langeweile dabei möchte ich mich festlegen: „Styx“ gehört zum Besten, was jemals auf diesem Label erschienen ist. Unvorhersehbar, eigenwillig und dabei in jedem Moment schlüssig.

Phonothek sind die Kopfgeburt von George Shamanauri, der klassischer Trompeter ist, was schonmal eine interessante Prämisse für ein Dark-Ambient-Projekt ergibt. Die Trompete ist denn auch eins der federführenden Instrument dieser Reise durch die Welt der Toten/Fast-Toten und „Styx“ nimmt, wie seine Vorgänger, seinen Startpunkt im Dark Jazz, führt das Genre aber schon nach wenigen Stücken in ungeahnte Gefilde – so kommt z.B. keine Sekunde sowas wie Lounge-Feeling auf. Ein latentes Gefühl der Bedrohung schwebt über allen Stücken, was zum Thema des Albums (s. Liedtitel) gut passt. Die Trompete spielt nicht, sie lebt, sie bäumt sich auf, sie keucht, ächzt, träumt, stirbt. Sie imitiert auf eigenständige Weise Laute. Und das alles auf ganz untheoretische, ungekünstelte Weise, nur die Beschreibung wirkt theoretisch.

„Styx“ ist kompakt, mit Stücken, die im Mittel drei bis vier Minuten gehen, von denen jedes einen eigenen Charakter hat, der von schmusig („Shadow of the Ferryman“) bis bösartig („Hades“) reicht, was in der Serie eine stimmige Entwicklung abgibt. Das Album geht sehr ins Abseitige, was schon die klug gewählten Field Recordings zeigen. Allein, dass der beim Thema „Flüsse der Toten“ offensichtlichste Klang, nämlich der von
Wasser
auf dem ganzen Album, wenn mich nicht alles täuscht, lediglich an einer Stelle mal hintergründig auftaucht, dafür aber viele verwandte Klänge von knarzenden Planken bis zur klingelnden Sturmlaterne, spricht Bände.

Ach Mensch, dieses Album, das so reich an eindrücklichen, farbenfrohen Bildern und hintergründig erzählten Geschichten ist, hätte in seinem physischen Format eine aufwendige Verpackung verdient, mit wertigem Einband, dickem Booklet, Textverweisen von Homer bis Vergil und einem prächtigen Cover mit einem einsamen Fährmann darauf, der vor dem Hintergrund einer verschwommenen Brücke zwischen der Welt der Lebenden und der Toten seine Runden dreht. Das Cover ist es auch geworden, der Rest ist leider die Sparpackung, die in diesem Genre und auch bei CryoChamber so üblich ist.
Trotzdem: Ein Referenzwerk und zur Jahresmitte mein Anwärter auf die VÖ des Jahres im Dark Ambient.
Anspieler: Alles
 
Kurze Info: Man kann die neue Dahlia's Tear nun hören und ich bin nach zwei Durchläufen fasziniert!

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https://cryochamber.bandcamp.com/album/descendants-of-the-moon

Mehr Worte zum Album kommen vielleicht irgendwann.
 
Cryo Chamber Jahresrückblick 2020

Ich habe dieses Jahr hauptsächlich Dark Ambient gehört, weil ich einen im Hintergrund konsumierbaren, aber nicht zu flachen Sound brauchte, um die Motivation zum Selbststudium im Rahmen einer berufsbegleitenden Ausbildung aufrecht zu erhalten. Hat gut geklappt. Next year dann wieder mehr Metal.
Cryo Chamber war 2020 wichtig. Die folgenden Veröffentlichungen dieses Jahres fand ich bemerkenswert:

„Advent“ von Randal Collier-Ford: Gewohnt detailliert und tiefschürfend, sehr dunkel, tolles, superdickes Booklet.

„Crier's Bane“ von Dead Melodies & Beyond the Ghost: Nicht weltbewegend, aber läuft seit Erscheinen doch regelmäßig, vermutlich, weil es so einen konstanten Flow hat.

„Descendants of the Moon“ von Dahlia's Tear: Erkennt man stets nach wenigen Sekunden an diesen geheimnistuerisch-schwelgerischen Synthiebergen. Ist jetzt aber schon das dritte Album im selben Stil und es wäre m.E. dann mal wieder Zeit für etwas Variation.

„Styx“ von Phonothek: Hab ich mich ja schon zu ausgelassen. Das beste Album des Duos und eins der besten auf dem Label überhaupt.

„Metta“ von Dronny Darko & ProtoU: Kann mit den Solo-Outputs beider eher wenig anfangen, aber die Kombi hat angenehmen, esoterisch angehauchten ASMR mit Ethno/Dschungel-Vibes hervorgebracht.

„Eternal Drift“ von Beyond the Ghost: Setzt die vielschichtige Linie des Debüts fort – melancholisch, neblig, warm, bilderreich.

„Anthropocene“ von Dead Melodies & Zenjungle: Dark Jazz, wobei der Jazz wirklich nur vom Saxophon kommt, es gibt keine weiteren Jazz-Instrumente, dafür abgründige Drones; in dem Subgenre eine der besten Veröffentlichungen, die ich kenne.

„Against Civilization“ von Apocryphos: Ziemliche Kehrtwende, weil sehr melodiös und z.T. gitarrenbasiert. Erinnert mich stilistisch an die famosen „Echo“/“Onyx“-Kollaborationen, an denen er ja auch beteiligt war.
 
SiJ & Textere Oris: Reflections at the Sea
Ilya Fursov aka Textere Oris aus Moskau macht einen schüchternen Eindruck - seit 2012 aktiv, aber null profiliert, keine Webpräsenz, keine Interviews, veröffentlichungstechnisch fast ausschließlich an Kollaborationen beteiligt (die normalerweise bei Endless Quest Media erscheinen). Die erste Kollaboration mit SiJ anno 2016 bei Cryo Chamber hat er schon in Gold verwandelt und die jüngst erschienene Nachfolgescheibe jetzt ebenso. "Reflections", Teil 2, steigt noch viel tiefer in Ethno-Gefilde ab als sein Vorgänger. Vibraphon-artige Klänge, Naturtrompeten, Panflöten, vertreute Klaviertöne und Schlangenbeschwörgesang breiten sich auf dem konsanten Drone von SiJ warm und betörend aus. Alles findet im mittigen Frequenzbereich statt. Ein angenehmes und friedvolles Album, das einem viel Luft zum Atmen lässt, nicht wirklich "dark". In dem Feld, das es beackert, state of the art, und in diesem Jahr bis jetzt mit Abstand die beste VÖ auf dem Label.
https://cryochamber.bandcamp.com/album/reflections-at-the-sea
 
Cryo Chamber Jahresrückblick 2021

Nicht viele Neuentdeckungen bei Heath und seiner Crew dieses Jahr. 2021 bestand im Wesentlichen aus neuen Veröffentlichungen sattsam bekannter Acts. Vieles baut dann auch auch die einmal etablierte Stilrichtung weiter aus: Dahlia´s Tear klingt mit "Adrift ..." dunker als zuletzt, aber immer noch sehr schwelgerisch; Ager Sonus wendet sich zur Abwechslung der nordischen Mythologie zu ("Nifelheim"), was ein perkussiveres, z.T. im Ritual Ambient wucherndes Album zur Folge hat; Hilyard vertont zwar neuerdings Bäume, Erde und tibetische Mönche, erkannt hätte ich es aber nicht; God Body Disconnect ist immer noch langweilig; Ruptured World macht mit seinem nervigen Gequassel immer noch alles kaputt; Alphaxone brummt weiter; Cities Last Broadcast verstehe ich vielleicht in meinem nächsten Leben.

Die Überraschungen, gleichzeitig meine Highlights (neben SiJ/Textere Oris und The Night and Other Sunken Dreams, zu denen ich mich an anderer Stelle schon ausließ):

Von Beyond the Ghost gibt es gleich zwei Alben und beide setzen neue Akzente. Während "The Last Resort" in die melancholische Nebelwelt der Vorgänger homogen und vollends gelungen Elemente des Dark Jazz einführt, bricht "The Desolation Age" ganz mit dem Ursprungssound und bietet eine cyberpunkige Dark-Ambient-Auslegung von 70er/80er-Elektronika a la Klaus Schulze. Man wartet eigentlich ständig darauf, dass noch ein Beat einsetzt - kommt aber keiner, es bleibt im Ambient. "The Desolation Age" ist auf jeden Fall die eingängigste seiner bisherigen Veröffentlichungen. Beide Alben finde ich inzwischen besser als die (schon tollen) zwei Vorgänger.

Planet Supreme ist zwar ein Neuzugang auf dem Label, gleichzeitig aber an vielerlei Stellen Old School. Auf "Creation of a Star" verbindet sich stark cineastischer Space Ambient mit warmer, analog geprägter Berliner Schule, wobei es diesmal mehr Tangerine Dream als Klaus Schulze ist, bin da aber nicht so der Experte in den Diskographien. Hat für mich, auch wenn es um den Weltraum gehen soll, etwas sehr Urbanes und Greifbares.

Bei Worldclock weiß man ja eh nie, was rauskommt, und jedes Album klingt völlig anders als sein Vorgänger. "A Greater Bliss" vereint eine Armada an Gastmusikern und hat denn auch etwas Sprunghaftes, Improvisiertes - als ob Passagen aufgenommen, zerschnitten und in Spuren zerlegt und dann zu neuen Samples zusammengesetzt wurden. Man könnte Aufsätze für Kunstmagazine schreiben, in denen man das alles seziert. Das Ergebnis bewegt sich an der Grenze dessen, was man noch "Dark Ambient" nennen kann, aber zum Glück sind die Überschriften ja bei guter Musik völlig schnurz, und faszinierend ist das Album allemal.

(Zuletzt muss ich die Veröffentlichungspolitik des Labels mal lobend erwähnen. Manche werden sie ideenlos finden, ich mag das Unaufgeregte daran.
- Gleichbleibender VÖ-Rhythmus mit fast immer demselben Abstand zwischen Ankündigung und Veröffentlichung eines Albums sowie zwischen einem und dem nächsten Album.
- Der Vorabtrack ist immer schlicht der erste Track des Albums oder die ersten zwei, wenn es eher kurze Stücke sind.
- Die Struktur der Promotexte ist immer dieselbe, bestimmte Textbausteine tauchen jedesmal auf.
- Die immer gleichen Heath-Cover wurde hier ja schon mehrfach thematisiert.
- Ansonsten ist CC halt einfach schnickschnackfreie Zone. Man wählt zwischen digitalem Release oder CD, mehr gibbet nicht, in seltenen Fällen mal ein Digibook als Höchstes der Gefühle.)
 
Cryo Chamber Jahresrückblick 2022

Insgesamt war es ein starkes Jahr bei CryoChamber. Und ein Jahr, in dem sich große Themen unserer Zeit spiegeln.

Corona zum Beispiel. Ich kenne zwei Personen, für die Mount Shrine das höchste der Gefühle im Dark Ambient ist. Für mich nicht, aber wer die Vorgänger mochte, kann auch „All Roads Lead Home“ unmöglich schlecht finden – eine gute halbe Stunde in Synthie-Drones gegossener Seelenfrieden. Das Album ist das letzte unter dem Moniker Mount Shrine, denn Cesar Alexandre, der Macher dahinter, verstarb im April 2021 an einer Covid-Infektion, in seiner Heimatstadt Rio de Janeiro, wo die Pandemie in diesem Zeitraum eskalierte und aufgrund der schieren Menge an Erkrankten viele nicht mehr medizinisch versorgt werden konnten. Cesar Alexandre wurde 27.

Und da ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Aus Kiew stammt Sasha Puzan aka ProtoU. Sehr sonderbar und daher interessant ist ihr Album „Memory Alpha“ ausgefallen. Die Stücke nehmen unterschiedliche Richtungen ein: Feierliche Melodiösität („Somniat Praeterita“) trifft auf Cluster-artige Orgalakkorde („Fragmented“) trifft auf reine Soundcollagen („Capsule of Decaying Dreams“) trifft auf Sci-Fi-Computerspiel-Ästhetik („Replica“). Die typischen Drones sind auch dabei. Insgesamt wirkt das Album aber sehr ernst und dunkel, nicht so Ethno und verkifft, wie ich ProtoU in Erinnerung habe. In seinem Variantenreichtum entdeckungswürdig.

„Memory Alpha“ erschien am 1. März, wenige Tage nach Beginn der russischen Invasion. Sasha Puzan arbeitet in Kiew als Grafikdesignerin, Model und Musikerin. Sie gehört zu den Veranstaltern der Kyiv Voguing Nights, die Teil des LGBT-Szenelebens in Kiew sind. Sie verkörpert die progressive, liberale Ukraine, die Putin zerstören will. Als die ersten Raketen in den Kiewer Vororten einschlugen, floh sie mit ihrem dreijährigen Kind nach Warschau. An der polnischen Grenze musste sie wie so viele wegen des ablehnungswürdigen Kriegsrechts der Ukraine ihren Ehemann Oleg Puzan zurücklassen.

Oleg Puzan ist in der Dark-Ambient-Szene ebenfalls kein Unbekannter und nennt sich dort Dronny Darko. Der Telegraph interviewte ihn im März in Lwiw. “Personally, I always looked to Russia as a wiser neighbour who would protect us. […] I still can’t believe this is happening.“
In all dem Leid und Chaos hat Dronny Darko im Juli ein neues Album in die Welt gesetzt. Während mir als Vertreter der Weichei-Fraktion sein bisheriger Output meist zu geräuschbasiert war, ist ihm mit „Dissolving into Solitary Landscapes“, einer Kollaboration mit einem gewissen G M Slater, ein Treffer gelungen, ein sehr beruhigendes Album, das einen in eine dunkle, warme Höhle eintauchen lässt. “My music is ambient and pacifistic (...). We want to play music. We don’t want to kill people."

Was bleibt? Vielleicht neben viel Hilfe auch ein wenig Demut darüber, dass wir uns Relitätsflucht, ob nun in Form von Dark Ambient oder was auch immer, leisten können.

Abteilung sonstige Ausrufezeichen

Von der Ukraine nach Serbien. Scorpio V, Monasterium Imperi und Eshaton sind schon recht nett, und wer die angeblichen oder tatsächlichen Unterschiede zwischen gregorianischen, byzantinischen und gotischen Gesängen sezieren möchte (natürlich Dark-Ambient-mäßig gewendet), kann sich gern durchhören, insbes. die letzte Monasterium Imperi ist sehr schön. Aber mal Butter bei die Fische: Das hochwertigste aller Choral-Projekte der anonymen Person, die das Label Prometheus Studio verantwortet, ist immer noch Metatron Omega. Drei Jahre nach der eher schwerverdaulichen, dröhnigen (aber immer noch tollen) „Evangelikon“-Scheibe ist dieses Jahr das fünfte Album „ISIH“ erschienen und geht wieder einen Schritt zurück zu den halligen Sounds von „Illuminatio“, ergänzt um rituelle Percussions. Die Produktion hätte etwas mehr Bässe vertragen können und es fehlt der Überhit, den es auf jedem der Vorgängeralben gab. Aber in Sachen Kirchenatmo, Spannungsbögen und überhaupt wie immer state of the art.

„Soludenia“, der Zweitling von Skrika, ist ein Synth-basiertes Album, das mit gefräßigen Sounds irgendwelcher Weltraumungeheuer unterlegt ist. Sehr futuristisch, episch, cineastisch, nach hinten raus meditativ. Nicht superdark, aber harmonisch absolut Metal-kompatibel. „Cerria's Lament“ erinnert mich an die Funeral-Doomster Ea.

„Timeless“ von Mindwarden ist ein in Teilen Klavier-basiertes Album, das durch die Unterbrechung mit dunklen Klangcollagen und den Einsatz von Field Recordings aber immer noch klar im Dark Ambient zu verorten ist. Sehr meditativ, zugänglich und melodieorientiert, erinnert das Ergebnis an Mount Shrine, nur mit mehr Variation.

Nachdem ich alle Vorgänger nur semiinteressant fand, ist „Murken Hollow“ das erste Album von Dead Melodies, das mich einfängt. Liegt vielleicht daran, dass neuerdings Dark-Jazz-Einflüsse zu hören sind; außerdem wirkt alles sehr durchdacht und subtil, etwa das wildgewordene Saxophon in „Forbidden“. Manches („Polaroid“) erinnert atmosphärisch an die herrlichen Noir-Eskapaden der beiden Atrium Carceri/Cities Last Broadcast-Kollaborationen.

Abteilung Fragezeichen

Die neue Randal Collier-Ford habe ich noch nicht kapiert; der Mann weiß total, was er macht, und schüttelt mühelos tiefgründige, stockfinstere Apokalypsenatmo aus dem Hemdsärmel, aber die wie immer irgendwie um die Ecke komponierte Gangart macht es einem schwer, sich einzulassen. Wird bestimmt noch.

Die neue Alphaxone ist gut gemacht, aber Mehdi Saleh hat schon viele Alben in dem Stil veröffentlicht. Auch hier braucht es vielleicht einfach Zeit.

„Colossus“, ein Kollaborationsalbum von Atrium Carceri und Kammarheit, konnte mit den beiden Beteiligten ja nicht schlecht werden. Es ist aber auch nicht das von mir erwartete Topalbum und wirkt nicht so inspiriert wie andere CC-Kollaborationen. In der zweiten Hälfte nimmt man stärker die je individuelle Klangsprache von Pär Boström („Vaults“) und Simon Heath („In the Black Stone“) wahr als in der ersten, die einen überraschend sakralen Touch hat, mit kathedraleskem Hall und Synthies, die an Chöre erinnern. „Quietude“ klingt wie eine Zweitverwertung aus der „Echo“-Kollaboration (mal „Drawn like a Moth“ dagegenhalten, dieselben Akkorde, sogar dieselbe Tonhöhe), an der die beiden ja auch beteiligt waren. Und wenn man dann noch „The Great Order of Things“ von der „Black Stage of Night“-Kollaboration vergleicht, an der beide auch beteiligt waren (wieder dieselben Akkorde, dieselbe Tonhöhe – soundmäßig aber ein anderer Stil), wird es richtig skurril. Nun ja, Kritiker sagen eh, dass in dem Stil ein Stück wie das andere klingt.

Alles Andere …

… war nicht so meins. Die langweilige Beyond the Ghost kackt meilenweit gegen ihre Vorgänger ab. Die neue Apocryphos fällt stilistisch zwar in mein Beuteschema, hier nerven aber die Percussions. Nach dem Cyberpunk-beeinflussten Album kann man bei CryoChamber jedes Jahr die Uhr stellen - diesmal stammt es von Cryptios, nennt sich „Vestigium“ und ist sehr warm und analog ausgefallen, nutzt sich aber schnell ab. Die neue Lovecraft-Kollaboration von drölfzigtausend Akteuren, diesmal zu „Dagon“, ist nach zwei stärkeren Vorgängern wieder recht lahm ausgefallen, auf die zum Jahresende noch angekündigte "Tsathoggua" habe ich gar keine Lust mehr, das Konzept hat sich irgendwie totgelaufen. Wenn Dronny Darko mit einem notorischen Langweiler wie Ugasanie kollaboriert, halten sich meine Hoffnungen ohnehin in Grenzen. Die neue „Tombs“-Kollaboration hat zwar durch das Mastering von Simon Heath einen einheitlichen Sound, durch die unterschiedlichen Akteure, die jeweils Einzelsongs beisteuern, aber dennoch Kompilations-Charakter, und je nach Geschmacksausrichtung mag man halt mehr diesen oder jenen Track (ich lediglich Desiderii Marginis und für mich überraschend Mortiis – zweii Topbeiiträge).

Na ja, ich könnte hier noch ewig rummaulen, am Ende bleibt es bei: Starkes Jahr.
 
Cryo Chamber Jahresrückblick 2023

Mein Jahreshighlight ist “The Aberration of Time and Space“ von Dead Melodies, ein melodiöses, melancholisches, die Seele befriedendes Album zum Eintauchen und sich-Verlieren, das die Dark-Jazz-Elemente seines Vorgängers wieder völlig beiseite lässt.

Die Label-Neuzugänge Caldon Glover (Ritual), Silent Universe, Kristof Bathory und Duga-1 (alle Space) bedienen nicht mein Beuteschema. Die unvermeidliche Lovecraft-Kollaboration zum Jahresende ist wieder geräuschlastig und schnarchnasig.

Alles, was Mount Shrine vor seiner Zeit bei Cryo Chamber veröffentlicht hat, ist dort nun unter der Überschrift „The Lost Loops Collection“ als 5-CD wiederveröffentlicht worden, was schön ist, da das Material mit dem Tod von Cesar Alexandre aus dem Netz verschwand.

Die neue und gute Atrium Carceri wird in der ersten Hälfte von dunklen Männerchören angeleitet, um in der zweiten immer mehr auf pulsierende Bewegungen und verhallende Melodiefetzen zu setzen. Gut, ohne aber an die "Codex" ranzureichen.
Als Fanboy von Pär Boström und Scorpio V bin ich mit Underwater Sleep Orchestra und Metatron Omega auf meine Kosten gekommen, wobei beide Outputs eher zu den mittelmäßigen der beiden zählen. (Scorpio V hat auch in Eigenregie drei neue Alben mit Monasterium Imperi rausgebracht, die leider alle nicht die umwerfende Einfachheit und Schönheit seines dortigen Gesellenstücks „Trichurch of Katehon“ erreichen, aber insbes. „Voices of Ecclesianum“ hat tolle Momente.)
https://monasteriumimperi.bandcamp.com/

Ansonsten hat Simon Heath wieder viel auf Bewährtes gesetzt, und wer mit dem Labelroster vertraut ist, weiß, was ihn bei Dahlia's Tear, Skrika, Void Stasis oder Council of Nine erwartet.
Die „Across the Shifting Abyss“ von Dahlia's Tear will unser fünfjähriger Sohnemann manchmal zum Einschlafen hören, und guckt dabei ganz fasziniert auf das mystische Cover.
 
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