Neue Musik, moderne Musik, Avantgarde & Co

Ich empfehle allen, die die Möglichkeit haben Dienstag in Braunschweig hinzugehen.

Lohnt.

Leider kam der Chorleiter aus genau dieser Schule heute, so das die ganze buckelige Verwandtschaft und diese wiederliche bürgerliche Bagage aus Musiklehrern und Kirchenchormitgliedern anwesend war, incl. schreiendem Baby und einem kräftigem Gewitter über der Halle.

Die waren auch ganz schön geflasht, kennen aber auch wenig mehr als Mozart, Händel und Schumann, so mein in mehreren Gesprächen gewonnener Eindruck.

Ich war auch weniger über Grenzüberschreitungen erfreut (da kenne ich aus dem Dadaismus ganz andere Sachen), sondern weil es einfach toll war.

Ausserdem wurde der Jabberwocky in der fantastischen deutschen Übersetzung vorgetragen, ich liebe das Stück, ist wesentlich besser als das englische Orginal:

Gar elump war der Pluckerwank!

Nur die dazwischen geschobenen Klavierstücke haben mich irritiert: Mendelssohn-Bartholdy ernsthaft?

Musste das sein, damit der Pianist auch mal was zu tun hat oder war das als Versöhnungsangebot an ein kleinbürgerliches Publikum gedacht?


Was mir bei dem nur von Frauenstimmen vorgetragenem Stück wieder aufgefallen ist:

Wie schlecht sind eigentlich die ganzen Trällerelsen im Metal? Es geht mir nicht um persönlichen Geschmack, sondern darum das zB. Nightwish, Cradle of Filth oder My Dying Bride (die ich ja durchaus mag) echt handwerklich schlecht sind, wenn es an "echten" Frauengesang geht.

Zu den einzelnen Stücken evtl. später was, kannte nahezu nix und habe mein Programm vorhin bei meiner Mutter liegenlassen.

Die allerletzte Zugabe, was war das denn? Die steht nicht im Programm und wurde (glaube ich?) nicht angekündigt.

Kannst das Lob und den Text ruhig an deinen Chor weitergeben, wenn du magst.
 
Ach ja, als ich aus der Schule 'raus kam, kam gerade die tschechische Motörheadcoverband an, die nebenan bei den Rocker MC spielt. Habe ihnen viel Erfolg gewünscht.

In der Stadt selber der Jazz-Sommer war katastrophal, zumindest die 10 Minuten vorher und die 10 Minuten hinterher, die ich gehört habe.
 
Nur die dazwischen geschobenen Klavierstücke haben mich irritiert: Mendelssohn-Bartholdy ernsthaft?
Da hab ich mich auch gewundert - ich gebe zu, ich wusste nicht, welche Stuecke auf dem Klavier vorgetragen wuerden und haette da auch etwas weitaus abgedrehteres erwartet. Ist ja nicht so, dass es da nichts gaebe...
Edit: Die Stuecke stammen aus einem "Lieder ohne Worte" betitelten Zyklus von Mendelssohn-Bartholdy, allein deswegen wurden sie offenbar verwendet. Na und vielleicht auch ein bisschen, um die Spielzeit zu fuellen, nachdem waehrend des Semesters auch das Programm ein bisschen eingestampft werden musste...

Aber ansonsten Danke fuer das Lob :) Dadurch, dass wir im Laufe des Semesters massiven Schwund zu verzeichnen hatten (normalerweise sind wir zwischen 60 und 70 Mann), waren manche Stuecke doch noch ein klein bisschen holprig meiner Einschaetzung nach. Aber gut zu hoeren, dass das anscheinend nicht allzu sehr aufgefallen ist^^

Das letzte Stueck war Seal Lullaby von Eric Whitacre. Das war eigentlich nicht Bestandteil des Programms, aber wir kramen als Zugabe meist immer ein paar alte Stuecke hervor. Den Whitacre kann ich darueber hinaus auch empfehlen. So ein bisschen schnarchig sind dessen Stuecke zwar zuweilen schon, aber wenn man in der Stimmung fuer aetherisches Zeuch ist, ist der absolut einnehmend. Dadurch, dass der seine Stuecke desoefteren durch einen "virtuellen Chor" aus tausenden Skypesaengern weltweit einsingen laesst, gewinnen die nochmal extra an Wirkung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gehört Noise auch hier rein? Heute musste ich zufällig an Kevin Drumms " Sheer Hellish Miasma" denken und ich wollte es mit euch teilen, weil es wahrscheinlich mein Lieblingsalbum in Sachen (Harsh)Noise-Drone ist.
Fünf sich gegenseitig ergänzenden Stücke, das Album sollte man eigentlich im Ganzen hören. Absolute Perfektion.

Hab dann jetzt endlich mal die Sheer Hellish Miasma uff CD geholt auf deine Empfehlung hier. Stand eh schon lange auf der Liste. Hab von Herrn Drumm hier eh ein paar Tonträger zu liegen und hab ihn auch schon häufiger live erlebt. S.H.M. ist schon ein sehr starker Brocken. Hab sie neulich abends dann mal so am Stück mit Hingabe gehört und war echt sehr mitgenommen. Ganz heißer Scheiß! Mal abgesehen von der musikalischen Qualität ist es auch ein Phenomen wie laut das Teil ist bzw. wirkt. Wenn ich das Ding auf meiner normalen Abhör-Lautstärke höre, hab ich den Eindruck die Boxen verplatzen mir gleich und die Nachbarn stehen gleich mit der Polizei vor der Tür.

Aber der gute Kevin hat ja auch eine zarte Seite, die ich ebenfalls sehr schätze. Es gibt da übrigens auch (s)eine Bandcamp-Seite, wo man sich 73 (!) Alben von ihm anhören kann: https://kevindrumm.bandcamp.com/music
Er stellt da bestimmt 1 x im Monat ein neues Werk drauf, also eben z.T. nur so digitale Releases, aber auch einige Klassiker aus seinem Euvre.

Zwei Alben möchte ich unbedingt zur Anhörung empfehlen ...
Imperial Horizon (2009): https://kevindrumm.bandcamp.com/album/imperial-horizon
und
Imperial Distortion (2008): https://kevindrumm.bandcamp.com/album/imperial-distortion
Beide Alben sind eher auf der ruhigen Seite, die Stücke auf lang hin angelegt und mit sehr langsamen, morphenden Entwicklungen. Beide als CD auf dem Label mit dem hübschen Namen Hospital Productions veröffentlicht. Letzteres Album wurde auch später auf Vinyl re-released, aber ich bin ja der Meinung - obwohl eigentlich totaler Vinyl-Anhänger - dass solche Musik mit seinen extremen Frequenzen auf CD eher besser aufgehoben ist (wobei ich da jetzt nicht den konkreten Vergleich habe).

Noch so ein spezielles Album von ihm ist Trouble (Editions Mego, 2014): https://kevindrumm.bandcamp.com/album/trouble
Das Album ist tatsächlich extrem leise und sollte so an der Wahrnehmungsschwelle gehört werden. Ist schon irre, wenn man das Teil so spät nachts hört und die Musik nur ganz subtil an den Trommelfellen streichelt. Ich leg die CD auch manchmal auf, wenn ich Besuch habe und dann nach 20 min die Frage "Sag mal, läuft da irgendwas?"
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei der Neuen Musik ist ja auch immer die Frage, wenn sie nicht mehr so ganz neu ist, wie sie denn so altert. Funktioniert sie mehr im Kontext der Zeit und ist sie zeitlos "schön" (in welchem Sinne auch immer). So ein Klassiker der Neuen Musik, den ich immer wieder faszinierend finde, ist John Cages "Sonatas and Interludes" für präpariertes Klavier von 1946-48, gleichermassen zeitlos schön, von der Klanglichkeit aber fast schon archaisch und vom Ansatz für die damalige Zeit höchst erfinderisch und radikal.
Man muss sich das mal vorstellen, der zweite Weltkrieg war gerade vorbei und John Cage steckt Schrauben und Radiergummi zwischen die Saiten eines Klavierflügels. Cage machte damals häufiger mit Musik für das moderne Tanz-Ensemble seines Lebensgefährten Merce Cummingham. Er suchte nach einer perkussiven Klangwelt und man konnte kein großes Perkussionensemble mit auf die Reisen nehmen. So fing er an das Klavier zu präparieren. Die Klänge die dabei entstehen erinnern z.T. stark an die balinesische Gamelan-Musik. Der Stück-Zyklus "Sonatas and Interludes" ist ein konzertantes Klavier-Solo-Stück aus dieser Zeit. Neben der Partitur liefert Cage auch eine genaue Präparationsanleitung mit und gibt genaue Angaben zu Schrauben- und Radiergummigrößen und deren exakter Position im Flügel. Heute gehört das präparieres des Klavier zum Standard in der zeitgenössischen Klavier-Literatur und für experimentelle Pianisten.
Interpret dieser hier ausgewählten Einspielung (unten, 1. von 4 Teilen) übrigens der Endländer John Tilbury, der sich nicht nur als Interpret insbesondere für Morton Feldman und John Cage einen Namen gemacht hat, sondern auch als Improvisator (u.a. mit der legendären Band "AMM"), Komponist eigener Werke und übrigens auch als Autor einer sehr umfangreichen Cornelius Cardew Monographie.
4784250.jpg

Habe vor ein paar Tagen diese CD bekommen und wollte Euch dringlich die Anschaffung selbiger ans Herz legen.
Hatte schon vorher eine Einspielung von John Cage's Sonatas & Interludes, aber da hatte mich irgendwie der hallige Sound genervt. Die Einspielung ist aus dem Jahre 1974 (eh ein sehr guter Jahrgang) von John Tilbury. Eine grandiose Interpretation und eine sehr gute Aufnahme. Diese zeitlose Musik sollte in keiner Sammlung fehlen. Gibt's im amazon marketplace für 5,66 €. Dit Papp-Cover is bißchen flimsy, aber für den Preis jeht dit, wa.
 
Zuletzt bearbeitet:
4784250.jpg

Habe vor ein paar Tagen diese CD bekommen und wollte Euch dringlich die Anschaffung selbiger ans Herz legen.
Hatte schon vorher eine Einspielung von John Cage's Sonatas & Interludes, aber da hatte mich irgendwie der hallige Sound genervt. Die Einspielung ist aus dem Jahre 1974 (eh ein sehr guter Jahrgang) von John Tilbury. Eine grandiose Interpretation und eine sehr gute Aufnahme. Diese zeitlose Musik sollte in keiner Sammlung fehlen. Gibt's im amazon marketplace für 5,66 €. Dit Papp-Cover is bißchen flimsy, aber für den Preis jeht dit, wa.

Danke für den Tipp, wird gemacht :top:
 
Wo wir gerade beim Thema sind - also nicht das Liebesleben von Musikwissenschaftlerinnen - heute Abend gibt's ein Konzert mit experimentellen MusikerInnen aus Hanoi und Berlin im Ackerstadtpalast (netter, kleiner Underground-Schuppen im Hinterhof vom Schokoladen in Berlin-Mitte):
http://ackerstadtpalast.de/Events/Hanoi-Berlin-Experimental-Music-Meeting-2016
Bin sehr gespannt. Ich kenne die vietnamesische Experimental-Szene nämlich überhaupt nicht.
 
Ich hab gerade fast mein Handy weggeworfen vor Lachen :D

Ne, die hat sich dafür entschieden, groß Karriere zu machen und lebt jetzt nur noch für die Forschung. Im Gegensatz zu mir - ich leb jetzt nur noch fürs Forum ^^ :D
 
Zurück
Oben Unten