Neue Musik, moderne Musik, Avantgarde & Co

Hab ihn zuletzt auch live in Hamburg gesehen. Das ist aber schon ne Weile her, 1994 in der Fabrik mit Masada.
Fand die Band damals richtig klasse. Aber irgendwann schien mir der "radical jewish culture"-Drops doch etwas ausgelutscht.

Mensch, das scheint ja ein großer bunter Abend zu werden:
https://www.elbphilharmonie.de/de/programm/john-zorn-marathon/7148
Würde mich ja auch reizen, mal wieder die alten Helden zu sehen. Da steht aber leider "Derzeit nicht verfügbar". :hmmja:

John Zorn war für mich damals der Einstieg in die Welt der Avantgarde. War irgendwie über Mr. Bungle Anfang der 90 auf den Namen gestoßen. Die ersten CDs waren dann die erste Naked City (1990) und Elegy (1992). Nachdem von 1988 bis ca. 1992 Metallica die musikalischen Übergötter waren, ging's dann bei mir völlig weg vom Metal und war Zorn da ein ganz Großer. Wir sind damals immer nach Hamburg zum CDs shoppen gefallen. WOM hatte damals ne riesige Abteilungen für Jazz, Avantgarde und Weltmusik. Da hat man immer stapelweise reingehört und stapelweise eingekauft und die Zivi-Kohle verhökert. Hab hier wohl so knapp drei Duzent CDs von ihm im Regal, aber die letzten 15 Jahre hab ich ihn ziemlich aus den Augen verloren. Die große kreative Kraft, die er in den 80ern und frühen 90ern hatte, scheint ihm ein bißchen abhanden gekommen zu sein. So als Saxophonist soll er aber immer noch ne ziemliche Wucht sein, obwohl er ja eher selten noch spielt. Häufig dirigiert er ja nur sein Zeugs.
 
Manche Sachen von ihm - John Zorn - stehen für mich auch bißchen in der Zeit, sprich sind schlecht gealtert, aber andere wiederum sind echte Klassiker. Herausragend finde z.B. sein Saxophon (und jede Menge Preparationen, Entenlockrufpfeifen, etc.) Solo The Classic Guide to Strategy von 1983 bzw. 85. Die CD kann man günstig über Amazon Marketplace abgreifen.
 
... oder auch seine Komposition Redbird (1995) für Harfe, Viola, Cello und Perkussion, auch wenn's ein ziemlicher Morton Feldman-Klau ist:
 
... wenn ich die kleine John Zorn-Reihe fortsetzen darf? Also das Avantgarde Jazz/Grindcore-Projekt Painkiller hat für mich auch den Test of Time bestanden. Sicherlich keine Musik für jede Gelegenheit, aber wenn man gerade so drauf ist;-) Painkiller ist ein Trio mit John Zorn/saxophone, Bill Laswell/electric bass & Mick Harris (Napalm Death)/ drums & vocals. Die ersten beiden Vinyl EPs "Guts of a Virgin" (1991) und "Buried Secrets" (1992) kann ich empfehlen.
Hier im YouTube-Clip sind beide EP zusammengelegt. Das war wurde später als CD so re-released.
 
... nicht zu vergessen natürlich auch Naked City (John Zorn/sax, Bill Frisell/git, Fred Frith/bass, Wayne Horvitz/key, Joey Baron/drums & Yamatsuka Eye/vocals) von 1989 bis 1993. Manchen von diesen ganzen Stil-Gepaste wirkt doch sehr historisch in der Zeit verhaftet, anderseits aber irgendwie sehr gut gemacht.
Am ehesten lege ich heute noch das Leng Tch'e Album von 1992. Die Platte fällt eigentlich stilisch ziemlich raus, weil eher sone Art Avantgarde Doom Metal ist. Erinnert übrigens sehr stark an das Melvins Album Lysol aus dem gleichen Jahr. Sind für mich quasi Geschwister-Alben, die ich auch gern mal nacheinander höre.
 
... vielleicht repräsentativer für Naked City und wunderbar radikal das grindcorige "Torture Garden" von 1990. 42 Stücke in 26 Minuten. Auch irgendwie zeitlos das Ding:

Ich fand und finde ja, das Mike Patton's Fantomas ein ziemlich dreister und nicht so guter Rip Off von Naked City ist. Aber irgendwie ist diese Cut-and-Paste-Ästhetik für mich dann mit Mitte der 90er Jahre auch abgegessen. Den Stil-Mischmasch mit dem Zorn ja auch berühmt geworden ist, kann man noch am besten auf dem selbstbetitelten Naked City Debut Album erleben oder auch in seinem dirigierten Gamepiece "Cobra".
 
Hat jemand Empfehlungen für John Zorn Alben nach 2000? Da bin ich echt recht blind und würde gerne auf die eine oder andere Perle aufmerksam gemacht werden.
 
Ist ausverkauft. Wie gesagt, Karten ab 10€.
Komisch, warum waren die den so billig? Erinnert bißchen an die Death Magnetic-Record Release-Show in Berlin damals. Hat die Elbphilharmonie da überhaupt schon offen? Ich dachte das Teil wäre der BER-Flufhafen von Hamburg und die beiden Städte liefern sich ein neverending Battle, um die längste Bauverzögung aller Zeiten.
 
Eröffnung ist bald, ich habe keine Karten für die erste Woche bekommen (es gab wohl 300.000 Interessenten).

10€ Karten könnte sein das man von den Plätzen keinen Blick auf die Bühne hat... .

Das mit der Elbphilharmonie ist tatsächlich spannend, ich glaube die wollen so vielen Kritikern wie möglich entgegenkommen, Einstürzende Neubauten spielen auch und waren noch schneller ausverkauft.

Fehlt noch was mit Jens Rachut und die Fankurve von St. Pauli.
 
Ich habe es gerade nicht auf dem Schirm, das ist doch von der damals ersten regulär "Kristallnacht" betitelten Platte?

Die fängt übrigens mit sieben Minutem reinem Glasklirren, zerscheppern, wie man das auch nennt, an. Heavy Stuff.


Sein langes Interview im Jazz Thing! habe ich immer noch als Kopie/Ausdruck ganz oben bei der Musikliteratur liegen. Was man da erfährt und wie der abgeht (abgegangen ist?), wow.
 
Ha geil! Es geht um John Zorn den Freak! Da muss ich mal meinen älteren Beitrag zu seinem Song auf dem Earache Grindcrusher Sampler hier reinkopieren (aus dem "Welche Scheibe läuft jetzt... ?" Thread)

Irgendwann tauchte mal im erweiterten Bekanntenkreis ein ziemlich intellektueller Non-Metal Typ auf. Journalismus Student, Free-Jazz, Stockhausen E-Musik usw. Nach Kneipensperrstunde sind wir mal mit so ca. 5 Leuten zu ihm weitersaufen gegangen. Weil er John Zorn Fan war hatte er die Platte da auf der Osaka Bondage drauf ist. Er hielt das für unhörbar bis superintellektuell anspruchsvoll. Ich sag: Hey die Band kenn ich, die haben auch einen Hit: Mach mal Osaka Bondage an.
Als wir Assis dann alle jeden Ton von Osaka Bondage auswendig "mitsingen" konnten (oder halt die vokalen "Geräusche" mitmachen). Da hat der nicht gelacht. Der war total geschockt. Hat die ganz Nacht nur noch fassungslos vor sich hingeglotzt. und das dann noch Jahre später überall rumerzählt.

Ja, den Grindcrusher Sampler, den kannte man halt aus dem ff in der Szene früher.

 
Schöne Geschichte. Wobei ich (zumindest Anfang der 90er) auf beiden Seiten hätte stehen können.

Eine kleine Feinheit noch: Auf den ersten Ausgaben des Grindcrusher Samplers war John Zorn / Torture Garden noch nicht mit dabei. Das kam erst später.
(Wir sind hier ja in einem Plattennazisammler Forum, da darf man das erwähnen.)

Und man darf auch ruhig die Frage in den Raum stellen, warum der Tüp jetzt in der Elbphilharmonie spielt und nicht auf dem Deaf-Forever-Festival, da in der Markthalle, da in Hammaburg.
 
Und man darf auch ruhig die Frage in den Raum stellen, warum der Tüp jetzt in der Elbphilharmonie spielt und nicht auf dem Deaf-Forever-Festival, da in der Markthalle, da in Hammaburg.
John Zorn ist extrem teuer. Der spielt eigentlich in Europa nur auf sehr hoch subventionierten Veranstaltungen. Von dem Budget das für den großen Zorn-Abend in der Elbphilharmonie drauf geht, könnte man wahrscheinlich drei Jahrgänge Hell Over Hammaburg komplett buchen bei freien Eintritt inklusive Fischbrötchen und Freibier für alle.
 
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