Unter Runner's High habe ich immer den Moment verstanden, in dem du eins mit dem Laufen bist und quasi gar nicht merkst dass du gerade läufst. Das hatte ich öfter.
Ich weiß nicht, ob man das als Runner‘s high bezeichnen kann, aber ich habe, wenn ich läuferisch richtig fit bin, öfter das Gefühl gehabt, leichte Beine zu haben und auch Berge kein Problem sind. Fühlt sich insgesamt gut an. Das hält aber natürlich nicht ewig an. Irgendwann geht die Puste aus.
Ich weiß nicht genau, was mit Runner's High gemeint ist, aber Momente, in denen es anstrengungslos zu laufen scheint, man sich einfach gut fühlt, wahrscheinlich Endorphine oder was weiß ich was vom Körper ausgeschüttet werden, die kenne ich.
Das Gefühl, dass man leichtfüßig und quasi ohne Anstrengung joggt, kenne ich auch, aber ich denke, das dürfte bei entsprechendem Fitnesslevel Standard sein und kein besonderes Phänomen.
Ich dachte eher an Gelegenheiten, bei denen man schon komplett auf dem Zahnfleisch unterwegs ist und dann auf einmal noch einen Höhenflug bekommt, als hätte man sich Aufputschmittel eingeschmissen – nur dass der Körper die Drogen eben selbst produziert haben muss. Gejoggt bin ich früher auch relativ viel, aber meistens nur kürzere Distanzen, daher hatte ich das dort nie. Aber bei Gewalttouren in den Bergen erinnere ich mich eben an eineinhalb Situationen aus den letzten Jahren, von denen ich im Nachhinein dachte „was war da eigentlich los?“ und mit Verspätung daran dachte, dass es wohl aus der Kategorie Runner‘s High sein muss – bzw. bin ich mir inzwischen sicher, anders ist das für mich kaum zu erklären.
Ich versuche mal, die auffälligste Erfahrung zu schildern. Das war eine lange anspruchsvolle Bergtour, körperlich anstrengend und auch mental fordernd, da immer wieder exponierte Kletterstellen zu absolvieren waren. Irgendwann nachmittags war dann der anspruchsvolle Teil der Tour vorüber und ein Großteil des Abstiegs auch schon erledigt. Ich kam an eine Berghütte und machte dort eine Pause. Gut zwei Stunden Abstieg in leichtem Gelände hatte ich noch vor mir. Mein Körper ging wohl davon aus, dass die Tour schon komplett vorbei war, denn der fuhr während der Pause komplett runter. Zusätzlich denke ich, dass es auch eine Rolle spielt, wenn man während einer Bergtour unterschwellig immer unter Spannung steht bzw. einen gewissen Adrenalinpegel hat, denn wenn diese Anspannung wegfällt, dann fährt der Körper erst recht runter. Jedenfalls saß ich dort auf der Hütte, hielt mich an meiner Radlermaß fest und konnte mich kaum noch aufraffen, den restlichen Abstieg anzugehen.
Aber irgendwann half alles nichts: Ich kratzte meine spärliche Restmotivation zusammen und stieg weiter ab. Nach nur einer guten halben Stunde war der Ofen dann wieder ziemlich aus und ich setzte mich auf einen Baumstamm am Wegesrand. Woher sollte die Energie für den restlichen Abstieg kommen?
Nach einiger Zeit zwang ich mich halt wieder hoch und quälte mich weiter. Und während der nächsten halben Stunde muss dann etwas passiert sein und irgendeine Schaltzentrale entschied „OK, ohne chemische Unterstützung wird das wohl nichts mehr: her mit den Drogen“. Und obwohl meine Batterie ja eigentlich komplett leer gewesen war, geschah das Verrückte. Ich fing an zu rennen! Ich rannte die verbliebene Stunde in meinen klobigen Bergstiefeln bergab. In dem Moment erschien mir das als das natürlichste auf der Welt. Erst im Nachhinein und mit etwas Abstand fragte ich mich „was war DAS denn eigentlich?“ und mir wurde bewusst, wie bizarr das gewesen war.
Ich denke inzwischen, wenn das kein Runner‘s High war, dann weiß ich auch nicht. Hinsichtlich Euphorie bin ich mir nicht sicher, aber die plötzliche und völlige Schmerzfreiheit direkt nach der Quälerei war schon frappierend. Und es fühlte sich natürlich gut an, auf einmal wieder wie beflügelt weiter absteigen zu können (rennend!). Mein Körper muss da in der Not etwas produziert haben, das das bewirkt hatte. Wenn man über das Runner‘s High liest, dann hat man anscheinend herausgefunden, dass es nicht, wie ursprünglich vermutet, Endorphine sind, sondern Endocannabinoide, also körpereigene Stoffe, die ähnlich wirken wie Cannabis.
Ich hatte bei einer anderen langen Bergtour nochmal eine ähnliche Erfahrung, allerdings in milderer Form (kein Gerenne
), da hatte mein Körper offenbar nur eine geringere Dosis produziert. Aber, zumindest bei mir, sehr selten: meistens bin ich nach einer langen Tour einfach nur kaputt, ohne dass dabei etwas Besonderes passiert. Schade eigentlich.