Wacken 2023 (02.-05.08.)

Nur vier Stunden, nachdem mein Vater und ich losgefahren sind, haben wir unsere Wacken-Bändchen am Arm. Ich fühle mich erleichtert, aber richtig freuen kann ich mich nicht. Für uns war es die kürzeste Anreise zum Wacken Open Air, die wir je hatten – während andere durch die Stau-Hölle gegangen sind und am Ende trotzdem umkehren mussten. Es ist nicht fair.

Aber von vorne: Starkregen hat vielen Fans das größte Heavy-Metal-Festival der Welt vermiest. Autos mussten von Traktoren einzeln auf das Gelände geschleppt werden. Schon Montagmittag wird ein Anreisestopp verhängt, der Dienstagabend bis zum Festivalende für alle Kraftfahrzeuge verlängert wurde. Anreisen per Auto oder Wohnmobil ist ab da nicht mehr erlaubt.

Seit Mittwochmorgen bekommen auch solche Metalheads kein Bändchen mehr, die im Stau um das Festivalgelände herum stehen – viele seit mehr als 20 Stunden. Auch, wer sich an die Anweisungen der Veranstalter gehalten hat und sich Dank der Tausenden Hilfsangebote aus den umliegenden Dörfern privat eine Unterkunft in der Nähe des Geländes gesucht hat, ist aufgeschmissen.

Die Bändchenausgabe ist gestoppt.


Enttäuschte Fans drehen um.

Wacken-Mitgründer Thomas Jensen hatte am Vorabend noch explizit gesagt, dass nur die Anreise mit Auto verboten sei – wer mit den Shuttle-Bussen vom Bahnhof Itzehoe, per Fahrrad oder zu Fuß kam, wurde eingelassen. Am Mittwochmorgen sagt Jensen dann in einer Videobotschaft: »Jetzt ist der Punkt erreicht, das Gelände kann nicht mehr Leute aufnehmen.« Schweren Herzens müsse man das Gelände zumachen, man habe alles versucht.

Mich erreicht die Nachricht, noch ohne Jensens Worte, pünktlich zum Aufstehen um 5 Uhr in der Wacken-App. Schade, denke ich, wir wollten gerade los.

Mein Vater ist über 60, normales Camping macht er nicht mehr mit. Deshalb haben wir »Glamping« gebucht. Das ist die Abkürzung für »glamourous camping« und bedeutet im Fall von Wacken oft so viel wie: Ich habe Rücken – und viel Geld.

Zusätzlich zu den 300 Euro pro Ticket kostet der Wohncontainer im »Moshtel«, den wir gemietet haben, 2300 Euro für zwei Personen und fünf Nächte. Dafür gibt es ein Bett, Duschen in der Nähe und es regnet nicht rein. Andere machen eine Fernreise, wir fahren nach Wacken.

Dienstagabend hatte es noch geheißen, dass Besucher des Moshtels und des Islands, wo es feststehende Zelte und Hütten zu mieten gab, noch anreisen dürfen. Sogar mit dem Auto. Wir fragen zwei Freunde von mir, die normal campen wollen, ob wir sie mitnehmen sollen. Sie wollen aber lieber bei ihrer Anreise-Gruppe bleiben und es Mittwochfrüh mit der Bahn versuchen. Vor dem Aufstehen nehme ich mir vor, dass wir in die Facebook-Gruppe schreiben und unsere Plätze im Auto anderen Fans anbieten. Dann lese ich vom endgültigen Einlassstopp.

Um kurz nach 5 Uhr rufen wir beim Moshtel an. Dort heißt es, dass sie sehr wohl noch Besucher aufnehmen. Ich wundere mich. Wir packen schweigend und fahren los.

Ich denke an die Tausenden Fans, die nun nach teils mehrtägiger Odyssee umdrehen müssen. Von denen einige schon Tausende Kilometer Flugreise hinter sich haben. Natürlich ist die Unterbringung von Gästen in feststehenden Zelten und Containern einfacher als auf freiem Feld. Die Toiletten im Infield werden wir trotzdem nutzen. Wir belasten die in Matsch versinkende Logistik.

Nach etwas mehr als einer Stunde Fahrtzeit stehen mein Vater und ich in der Autoschlange auf dem Feldweg, der zum »Moshtel«-Parkplatz führt. Es geht zügiger voran als in den Vorjahren, trotzdem bleibt zwischendurch Zeit zum Aussteigen und Quatschen mit den Nachbarwagen. »Die werden sich doch das Geld nicht entgehen lassen«, sagt jemand im Alter meines Vaters zur Frage, weshalb er glaubt, dass wir noch anreisen dürfen. Und die Kosten seien ja schon entstanden, die Container stehen bereit.
Auch die solidarische Metalgemeinde ist eine Zweiklassengesellschaft. Für zahlungswillige und -fähige Gäste ist mehr möglich. Es ist nicht überraschend. Sicherlich werden die Veranstalter alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um diese Situation zu verhindern. Und natürlich geht die Sicherheit der Festivalbesucher, der Crews und Bands immer vor.

»Die Tickets werden refundiert, das ist ganz klar«, sagt Wacken-Mitgründer Thomas Jensen im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein. Wie die Rückerstattungen technisch abgewickelt werden, sei noch nicht klar.
Jetzt lächele ich doch
Trotzdem ist es traurig. Am Mittwochmorgen ist der Campground auffällig ruhig. Einige Ackerstücke sind gut begehbar. Auf einem langen Stück Weg waten alle durch rund 30 Zentimeter tiefen Schlamm.

Die Crew tut ihr bestes und fährt mit kleinen, offenen Fahrzeugen Rucksäcke, Koffer und Bierpaletten durch die Brühe zum »Moshtel«. Ein Luxus. Auf den Zwillings-Hauptbühnen beginnt der Soundcheck, vor unserem Wohncontainer zeigt die App meines Vaters in der Spitze 80 Dezibel. Jetzt lächele ich doch.
"Zusätzlich zu den 300 Euro pro Ticket kostet der Wohncontainer im »Moshtel«, den wir gemietet haben, 2300 Euro für zwei Personen und fünf Nächte."

Alter.... o_O
 
OK ich komme mir gerade dumm vor.?

Magenta Musik wird ja nur über Browser gezeigt. Daher mal auf Magenta TV am Fernseher gewechselt und versucht einen Stream rein zubekommen. Ich finde allerdings nichts. Das meiste kann man nur aufnehmen (hä?) und der einzige livestream ist irgendein Metal Battle Gedöhns. Jemand eine Ahnung?
 
OK ich komme mir gerade dumm vor.?

Magenta Musik wird ja nur über Browser gezeigt. Daher mal auf Magenta TV am Fernseher gewechselt und versucht einen Stream rein zubekommen. Ich finde allerdings nichts. Das meiste kann man nur aufnehmen (hä?) und der einzige livestream ist irgendein Metal Battle Gedöhns. Jemand eine Ahnung?
https://www.magentamusik.de/wacken/woa-louder-stage-plus-bullhead-city-2023-livestream

https://www.magentamusik.de/wacken/woa-harder-faster-stage-2023-livestream
 
"Zusätzlich zu den 300 Euro pro Ticket kostet der Wohncontainer im »Moshtel«, den wir gemietet haben, 2300 Euro für zwei Personen und fünf Nächte."

Alter.... o_O

Ich sach ja: in Sachen Wertschöpfungskette wurde investiert. Nur in die Otto-Normal-Camperinfrastruktur nicht (genug).
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Davon ab:
Die Chance aufs Gelände zu kommen scheint offenbar mit dem Grad an individueller Ungehorsamsbereitschaft ggü. ICS zu korrespondieren.
Oder kurz gesagt: Frechheit siegt!
 
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OK ich komme mir gerade dumm vor.?

Magenta Musik wird ja nur über Browser gezeigt. Daher mal auf Magenta TV am Fernseher gewechselt und versucht einen Stream rein zubekommen. Ich finde allerdings nichts. Das meiste kann man nur aufnehmen (hä?) und der einzige livestream ist irgendein Metal Battle Gedöhns. Jemand eine Ahnung?

Gerade Einblendung sie starten sobald das Programm auf der Louder beginnt
 
OK ich komme mir gerade dumm vor.?

Magenta Musik wird ja nur über Browser gezeigt. Daher mal auf Magenta TV am Fernseher gewechselt und versucht einen Stream rein zubekommen. Ich finde allerdings nichts. Das meiste kann man nur aufnehmen (hä?) und der einzige livestream ist irgendein Metal Battle Gedöhns. Jemand eine Ahnung?

Da fragte auch jemand in den Comments bei Instagram.
Übertragen werden soll wohl auf MagentaMusik (Standardbelegung 141) und auf Sender dabeiTV (StB 18) . Laut den Magenta-Leuten.
 
Was heißt "Frechheit siegt"? Einfach mal'n Blick in's Wacken-Forum werfen, da wird man schnell feststellen, dass auch vermeintliche Normalos noch easy auf das Gelände kommen und ihre Bändchen erhalten. Abgesehen davon hat man dafür ja auch gezahlt, also bitte.
 
Was heißt "Frechheit siegt"? Einfach mal'n Blick in's Wacken-Forum werfen, da wird man schnell feststellen, dass auch vermeintliche Normalos noch easy auf das Gelände kommen und ihre Bändchen erhalten. Abgesehen davon hat man dafür ja auch gezahlt, also bitte.

Du musst schon alles lesen bzw. zitieren. Das bezog sich nicht auf den Artikel, aber da war der Absatz wohl nicht genug des Guten.
Generell gilt offenbar: je höher die Bereitschaft zur (teilweisen) Ignoranz der offiziellen Verlautbarungen, desto höher die Bändchenwahrscheinlichkeit.
Einen "absoluten Anreisestopp" (Q&A) gibt es jedenfalls nicht.
 
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Was heißt "Frechheit siegt"? Einfach mal'n Blick in's Wacken-Forum werfen, da wird man schnell feststellen, dass auch vermeintliche Normalos noch easy auf das Gelände kommen und ihre Bändchen erhalten. Abgesehen davon hat man dafür ja auch gezahlt, also bitte.
Bezahlt haben alle dafür. Die einen haben sich an die Anweisungen gehalten, die anderen nicht. Dass die, die sich daran gehalten haben jetzt stinkig sind kann ich durchaus verstehen. Grade, wo man jetzt überall liest, dass jetzt doch alle wieder reingelassen werden.
 
Was heißt Ignoranz? Ich würde dann auch nicht umdrehen, wenn überall (Forum, Social Media, etc.) fröhlich davon berichtet wird, dass weiterhin Menschen auf das Festivalgelände gelassen werden. Schließlich hat man a) für das Festival gezahlt und b) dann natürlich auch noch für Anreise, Verpflegung, etc.. Dass der Veranstalter sich selbst nicht an seine Vorgaben hält, ist ja nicht das Problem der Kunden/Fans.
Ich verstehe auch, dass diejenigen, die sich daran gehalten haben, stinkig sind, aber dass man nicht einfach umkehrt, wenn man schon vor Ort ist, kann ich auch einigermaßen nachempfinden.
 
screenshot_20230802_19vdfo.jpg
 
Wenn jetzt wieder/immer noch massenhaft Leute reingelassen werden, obwohl heute Morgen der ,,absolute Anreisestopp" kommuniziert wurde, wird das den Unmut der zigtausend Zurückgereisten bzw. Daheimgebliebenen garantiert nicht mildern. Entweder hü oder hott.

Wie man es auch dreht und wendet: Kommunikation und Krisenmanagement leider mangelhaft.


Oooohh mein Gott ... das kann doch nicht wahr sein.

Bitte, Leute, schaut euch an, wie ihr 1990 angefangen habt, und was daraus geworden ist! Wolltet ihr das wirklich?
 
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