2023 im Doom-Review
Ist zwar noch ein paar Tage bis Jahresende, aber da die nächsten Tage ganz Frau und Kids gehören sollen:
Leute, was taugte euch 2023? Mein Jahr war beruflich und privat nicht ohne, in Sachen Weltgeschehen ja schonmal gar nicht, so dass ordentlich Kompensation nötig war. Ich habe 2023 mehr Metalkonzerte besucht als üblich, mehr Völlerei betrieben und viel Doom stand auch auf dem Regulationsprogramm.
Passenderweise gab es davon auch viel. Vermutlich kam hier ein Corona-Stau wieder ins Rollen, es zeichnete sich jedenfalls zur Jahresmitte schon ab, dass 2023 ein saustarkes Doom-Jahr wird. So viele tolle Alben sind erschienen, dass ich noch zu sehr in einer Auseinandersetzung bin, für die ich auch das Folgejahr brauchen werde. Ich könnte keinen Jahressieger benennen. Für die Herausbildung von Abnutzungseffekten fehlte in der Masse der Alben auch die Zeit, also völlig ernst sollte man meine Schwärmerei nicht nehmen (sowieso nicht, bin bei Doom total unkritisch).
Highlights
Prägend im Grunzdoom war die Südeuropa-Breitseite. Im Monatstakt hagelte es hochwertige Veröffentlichungen aus Italien (Shamael, Ikarie, Solautumn), Spanien (Ornamentos del Miedo, Of Darkness, Cryonomicon), Portugal (Carma, Oak, Velar, Hanged Ghost) und Griechenland (Decembrance, Ocean of Grief, On Thorns I Lay). Da die Bands jeweils stilistisch ziemlich unterschiedlich unterwegs sind, ist es schwer, einen Liebling rauszuschälen. Im Länderranking entscheide ich mich aber für Italien. Der Dreifachschlag aus Doom-gewordenem Impressionismus (Shamael), emotionaler Brüllwand (Ikarie) und schwermütiger Sommerliebe (Solautumn) ist einfach zu gut.
Die USA ziehen nach mit starken Veröffentlichungen von The Howling Void, Oromet, Sutratma, Depleted und Mesmur, wobei hier Mesmur das Highlight vorlegen mit einem kalten, dystopischen, komplexen Album, das einen wie ein sadistisches Monster langsam verschlingt.
Deutschland hatte auch einen super Run mit Zentnerware von Adversvm, Frowning, Exitium Sui, Ahab und dem tollen Debüt von Woods of Grief. Hier landen Adversvm mit einer herrlichen Evoken-Ersatzdroge auf der Pole Position.
Fernab geographischer Gemeinsamkeiten haben die alten Hasen Convocation und Eye of Solitude und die debüttierenden Morning Dead alle auf hohem Niveau in ihrem Bereich geliefert. Bei Eye of Solitude neige ich zu dem Urteil, dass die neue das beste Album ist, das Daan unter dem Moniker je gemacht hat.
Nebenschauplätze
In den Randbereichen dieses Threads fand ich Corvus Corone (Post/Ambient), They Grieve (Sludge/Post), Bolt Gun (Experimental/Black), Guyođ (Death), Fvnerals (Drone/Ambient) und auf den letzten Metern des Jahres die tief bewegende, weit überdurchschnittliche Mourning Sun (Electronica) überzeugend.
Fvnerals spielten mein Konzert des Jahres in der Leipziger MB.
Schlecht sind sie beileibe nicht, aber wenig warm geworden bin ich bis jetzt mit Slow (sehr detailarm), Mournful Congregation (sehr Standard), Woe Unto Me (sehr plätschernd) und Suffer Yourself (sehr mathematisch), wobei mindestens letztgenannte weitere Durchläufe verdient hat und sich dann vielleicht doch noch erschließt.
Wiederentdeckung des Jahres war für mich der bald dreißigjährige Song „Facing Failure“ von Funeral, in dessen drei Strophen Hanne Hukkelberg eine komplexe, einzigartige, wunderbare Gesangsmelodie darbietet, die einen, wenn man dabei noch den Text mitliest, tieftraurig stimmt. RIP, Einar Andre Fredriksen.
In days of revolt
I too would carry a torch
and swing at my arrows
But time is ruthless
and heals nothing
Preview
Machen die Doom-Tür 2023 zu: Evadne mit ihrer streicherbegleiteten Best of "20 Years Behind The Veil Of Melancholy" am 31.12.
Vorausblick 2024: Stuporous, Ad Nihilum, Abysskvlt, Counting Hours, Gravkväde, Mourning Dawn, Qaalm, Cloven, Isenordal, Shattered Hope, Drown the Sea, Inborn Suffering, Orphean Passage, Unsouling
Hoffnung 2024: Weniger Gründe Doom zu hören und eine zweite Fallen zum zwanzigjährigen Jubiläum der ersten – immerhin sind im Jahr 2023 laut MA Déhà und Carlos D´Água (Collapse of Light) da eingestiegen.