Ich bin männlich, mit dem Triumph of Steel Artwork über meinem Bett aufgewachsen und würde mich (trotzdem) als Feminist bezeichnen.
Die Welt der Dungeons, Dragons und größen Brüste ist für mich nach wie vor ein wunderbarer Wohlfühlort. Was gibt es schöneres, als einen einsamen Abend mit Red Sonja und Rotwein. Eskapismus deluxe. Das Wort Eskapismus ist aber eh selbsterklärend: Es geht um die Flucht aus der Realität. Der normal intelligente Rocker kann mit Sicherheit unterscheiden, ob er sich gerade in der Realität oder in Cimmeria befindet und wird seine Arbeitskollegin wohl nicht unterm Tisch anketten.
Trotzdem muss festgestellt werden, daß Cover wie dieses eindeutig sexistisch sind, vollkommen egal, was man reininterpretiert. Wer das nicht glauben will, sollte sich erstmal näher mit dem Thema beschäftigen und mit FRAUEN über dieses Thema reden, nicht mit den Metal-Kumpels beim Grillen. Ich werde darauf auch nicht näher eingehen, ist ja hier kein Gender-Seminar. Nur kurz zusammengefasst: Genausowenig wie man sagen kann: "Ich bin eh für Tierrechte, aber das Schnitzel schmeckt so gut" kann man sich auf "Ich bin gegen Sexismus, aber Titten auf Metal-Covers sind schon geil" ausruhen. Dann hat man sich entweder nicht mit Sexismus befasst, oder irgendeine andere Verbindung im Gehirn funktioniert nicht optimal.
Natürlich kann man so ein Cover bringen, muss sich aber auch der Konsequenzen bewusst sein. Ich kenne die Musiker nicht persönlich, schätze sie aber als intelligent genug ein, um sich darüber Gedanken gemacht zu haben. Meine Meinung: Sie wollten alles auf die Spitze treiben und haben sich gedacht: Scheiß drauf, wenn schon, dann richtig. 101% Dungeons & Dragons, ein ausgestreckter Mittelfinger also. Warum nicht, sexistisch bleibt es trotzdem.
Zweiter relevanter Punkt: Es ist etwas anderes, ob Frauen oder Männer "so etwas" machen. Bei Savage Master singt eine Frau, darum gibt es einen logischen Bezug zur Frau auf dem Cover. Bei den meisten Männerbands ist das nicht der Fall, trotzdem landen Frauen auf dem Cover. Erstens weil die Band selbst Möpse besser findet als Penisse, und zweitens auch die anderen Rocker lieber Möpse kaufen als Penisse.
Das alles sollte aber eigentlich "Common Sense" sein, in unserer ach so gleichberechtigten, aufgeklärten Gesellschaft.
Was mich an dem Cover stört, ist etwas ganz anderes: Ken Kelly hat in seiner Karriere derart imposante Artworks abgeliefert, daß die Latte enorm hoch liegt (kein sexistischer Scherz). Man weiß, wozu er in der Lage ist, und auch daß er grundsätzlich anatomisch korrekt arbeiten kann. Hier gibt's leider einige Suboptimalitäten und die Dame im Vordergrund ist leider überhaupt nicht befriedigend gelöst (wieder kein sexistischer Scherz). Und auch wenn der Drache vermutlich in der Story vorkommt, ist mir die Kombination Drache UND Titten viel zu kitschig. Das "Armor of Ire" Cover war auch schon 100% Macho, lässt durch seine weniger detaillierte Ausführung aber viel mehr offen und passt für mich besser zum halligen Sound.
Zur Musik: Der Track gefällt mir sehr gut, selbst den Whoo-oos am Ende kan ich nach öfterem Hören etwas abgewinnen. Es ist jedenfalls ein Ohrwurm, der sich wunderbar auf "Armor of Ire" eingefügt hätte. Ich musste gestern gleich Manowars "Secret of Steel" auflegen, weil mich der Refrain-Einstieg so daran erinnert hat:
"A city turned pyre" [Eternal Champion]
"A scepter of iron" [Manowar]
Also, viel Spaß mit euren Dungeons and Dragons, und vielleicht trotzdem mal hinterfragen, was Sexismus eigentlich bedeutet und ob diese ganzen Mini-Puzzlestücke nicht eventuell doch dazu beitragen, daß Frauen und Männer in unserer Welt (also Mitteleuropa) immer noch nicht gleichgestellt sind.
Peace.