Weezer - Eulogy for a Rock Band
Adios rock band that we loved the most
This is a toast to what you did
And all that you were fighting for
Who could do more when time marches on?
Words come and go
We will sing the melodies that you did long ago
So besingt Rivers Cuomo, Bandkopf von Weezer in Eulogy for a Rock Band seine alten Helden. Der schmächtige, zu Neurosen neigende Zwerg hat sich mit Haut und Haaren der Musik verschrieben. Er verehrt die Beach Boys, Kiss und feiert Bands und Künstler ab, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Oder wer ist sonst gleichzeitig Fan von Slayer und Kayne West?
Dabei hat er mit Weezer selbst mittlerweile ein kleines Stück Rockgeschichte geschrieben, auch wenn er das bis heute selbst nicht ganz begreifen kann oder will. Analog zu seinen musikalischen Vorlieben zeigte sich die Band in ihrer Karriere wandlungsfähig und kreativ. Man wollte eben nicht ewig auf das beschränkt bleiben, was man gemeinhin als Pop Punk oder College Rock bezeichnet. Ohnehin nichtssagende Stilbeschreibungen, die der Band nicht gerecht werden. Der ständige Wandel führte oft zu Missverständnissen, enttäuschten Fanerwartungen und Querelen mit den Plattenfirmen. Und Rivers zeigte mit merkwürdigen Auftritten und Äußerungen, dass er alles andere als einfach ist. Aber gerade deshalb gibt es im Weezer Universum einiges zu entdecken. Eines muss man aber voraus schicken: Cuomo betrachtet sich in erster Linie als Pop Künstler. Die verzerrten Gitarren stecken fast immer unter einer meterdicken Zuckerkruste. Wer damit klar kommt, findet Im Oeuvre genug Hymen um diesen und den nächsten Sommer zu beschallen. Und die darauf folgenden.
Blue Album
Unverzichtbar
Mai 1994. Cobains Selbstmord war gerade mal vier Wochen her. Rockpresse, Fans und Mitmusiker zeigten sich bestürzt und viele fragten sich wie es weitergehen sollte. Hatte man doch Nirvana als Posterboys und Heilsbringer einer neuen Musikbewegung vermarktet. Die ja eigentlich gar nicht so neu war. Aber insbesondere den Plattenfirmen war das angesichts der Verkaufszahlen scheißegal. Mitfühlend, wie es die großen Labels damals waren, sah man sich schnell nach den nächsten Bands um, die fleißig Dollars abwerfen sollten. Und Weezer schienen gut zu passen. Mit dem Demo „The Kitchen Tape“ konnte man die Aufmerksamkeit von DGC Records, einem Unterlabel von Geffen auf sich ziehen, welche schließlich die Aufnahmen finanzierten. In vier Wochen schrubbte die junge Band ihr Debüt ein und verlor dabei gleich ein Bandmitglied. Gitarrist Jason Cropper, dessen Freundin ein Kind erwartet, wollte sich lieber komplett der Familie widmen. Sein Ersatz wurde Brian Bell, der seitdem als Cuomos musikalischer Partner sehr wichtig ist. Auf dem Debüt ist er aber noch nicht zu hören. Was macht „das Blaue“ nun so stark? Es ist die überraschende Abgeklärtheit im Songwriting. Cuomo war hier auch kein totaler Anfänger mehr. Er zählte 24 Jahre und hatte schon diverse Banderfahrungen hinter sich. Dazu kam sein nerdiges, enzyklopädisches Musikwissen. Er wusste genau, was er wollte, und wie er es am besten erreichen kann. Mit den schon erwähnten Fixpunkten Kiss und Beach Boys gelang es ihm, Songs zu schreiben, die sich tatsächlich in der Mitte von beiden treffen. Großartige Melodien, Hardrock Gitarren und eine Konzentration aufs Wesentliche - Das ergab das Besondere. Das hatte natürlich gar nichts mit Grunge zu tun, auch wenn die Texte mitunter auch sehr persönlich gefärbt waren. Aber hier ging es nicht um depressiven Nihilismus, sondern darum, die Welt mit Hilfe von Musik ein Stück besser zu machen. Schön zu hören im bekanntesten Stück des Albums: Buddy Holly. Obwohl der Text eigentlich zwischenmenschliche Spannungen (laut Cuomo damals auch bandintern) thematisiert, wird in Verbindung mit der 50er Jahre Nostalgie und quietschenden Keyboard Sounds die Stimmung fast ins lächerliche gezogen. Diese augenzwinkernde Ironie durchzieht das Album wie auch Weezers gesamte Karriere: „Egal wie schlimm es kommt, es wird schon irgendwie weitergehen. Das ist das genaue Gegenteil zum heroinverseuchten Rock aus Seattle. Und dennoch passten sie gut in die damalige Alternative Rock Landschaft, weil die Gitarren dreckig und nicht nach Hochglanz klangen, Rivers ein schräger aber ehrlicher Sänger war und alles eben nicht ganz perfekt war. Schwachpunkte gibt es hier keine, aber Songs, die nochmal über den anderen thronen. Neben dem erwähnten Buddy Holly ist es vor allem das verzweifelte „Say it ain´t so“, eine Abrechnung mit Rivers Vater und Stiefvater, denen er beiden Alkoholmissbrauch vorwarf. Außerdem das fast psychedelische Undone (The Sweater Song) und der überlange Album Closer Only in Dreams. In beiden Songs lässt sich ein leichter Folk Einfluss heraushören, der auf den folgenden Alben immer wieder mal rudimentär vorkommen sollte. Und beim Hören von „In the Garage“ dürfte auch der letzte überzeugt sein: Eine Hymne über den Proberaum, in dem man Dungeons and Dragons spielt, wenn man nicht gerade den Amp aufdreht. Kann man peinlich finden. Oder total sympathisch.
Pinkerton
Empfehlenswert
Das Debüt ging durch die Decke, die Tournee wurde länger und länger, es gab Interviews, Fotoshootings, Titelstorys - Das volle Programm. Die Band, und ganz besonders ihr Kopf waren von diesem Quasi Übernacht Erfolg überrumpelt und verunsichert. Seit jeher zwischen Selbstzweifeln und Selbstüberschätzung pendelnd, entschied sich Rivers, dem Musikbusiness erst einmal den Rücken zu kehren und schrieb sich für ein Studium an der Harvard University ein. Seine Bandkollegen starteten derweil Nebenprojekte und bei Geffen knirschten sie mit den Zähnen. Es konnte doch nicht sein, dass die Band nach diesem erfolgreichen Debüt quasi implodierte. Man begann also Druck auszuüben: Ein Nachfolger sollte her! Und so begann man in der knappen Zeit zwischen Studium und Nebenprojekten mit dem Songwriting. Cuomo zweifelte, ob der Erfolg des blauen Albums an den Songs oder dem medialen Overkill mit den witzigen Videos und der (halb-)ironischen Vermarktung als Nerd Rock lag. Und legte damit auch gleich die Marschrichtung für den Nachfolger fest: Keine Ironie, keine Videos, kein Mitspielen bei Vermarktungsstrategien. Ähnlich wie Pearl Jam, von deren Strategie man sich bewusst oder unbewusst inspirieren ließ sollte nur noch eins zählen: Die Songs und die Konzerte. Und auch musikalisch wollte man dabei andere Wege gehen. Brian Bell war nun voll integriert und brachte eine rauere, punkige Ausrichtung mit. Und Rivers, der sich zudem noch mit den Folgen einer Beinoperation herumschlagen musste, komponierte die wohl düstersten Songs der Bandkarriere. Die Platte wird von vielen geliebt und besonders in der Indie Szene als Meisterwerk verehrt. Ich will da nicht ganz mitgehen. Es ist zweifellos ein sehr gutes Album, und definitiv das „böseste“ von Weezer. „Tired of Sex“, „Across the Sea“, „The Good Life“ oder „El Scorcho“ sind geniale Stücke, in denen der liebliche Pop unter allerhand Krach und Kauzigkeit begraben wird. Allerdings hört man dem Album auch an, wie kaputt das Bandgefüge und die Psyche von Cuomo war. Das ist oft nicht leicht zu ertragen, vor allem, wenn man die ganz schön kranken Texte mitliest. Außerdem gibt es auch etwas schwächere Nummern. „Falling for You“ oder „No Other One“ klingen für mich etwas ziellos. Deshalb kein Unverzichtbar, sondern nur empfehlenswert. Aber mit Ausrufezeichen.
Green Album
Zwiespältig
Nachdem man mit Pinkerton vorsätzlich kommerziellen Selbstmord betrieben hatte, lag die Band erst mal auf Eis. Alle Mitglieder arbeiteten an Nebenprojekten. Matt Sharps wurden seine „Rentales“ sogar so wichtig, dass er Weezer verließ. Die verblieben drei trafen sich mehrmals zum proben, konnten aber die zwischenmenschlichen Spannungen nicht ignorieren. Es war schließlich Cuomo selbst, der zu einer Wiedervereinigung drängte. Mikey Welsh, mit dem er bei seinen Nebenprojekten gearbeitet hatte, wurde als neuer Bassist integriert. Anschließend versuchte man Geffen/Interscope vom Wert eines neuen Weezer Albums zu überzeugen. Das Label hatte nach dem Pinkerton Debakel allerdings kein wirkliches Vertrauen mehr. Aus ihrer Sicht war nur ein komprimiertes poppiges Album akzeptabel. Eines, dass ein riesiger Erfolg wird. Und genau das passierte. Die grüne gab Weezer noch mal einen richtigen Schub und sorgte dafür, dass die Band heute noch existiert. Allerdings ist sie in meinen Augen nicht wirklich gut. Es bleibt Spekulation, ob die Plattenfirma, Rivers oder der Produzent diese fast krampfhaft auf Airplay getrimmte Richtung verfolgte. Wahrscheinlich waren es alle ein bisschen. Großmäulig behauptete Rivers über 120 Songs geschrieben zu haben, von denen die besten auf dem Album gelandet wären. Hört man das Album, klingt das haarsträubend. Zuerst mal das positive: Es gibt „Hash Pipe“, bei dem man frech das Riff von „For whom the bell tolls“ klaut. Es gibt „Island in the Sun“, definitiv einen der schönsten Sommersongs von Weezer. Und dann mit „Photograph“, „Don´t let go“ und „Knockdown Dragout“ schöne „Beach Boys mit Verzerrer“ Songs. Der Rest klingt für mich leider wie Füllmaterial, bei dem man zwanghaft versuchte, Sound und Stimmung des blauen Albums zu kopieren. Eine karrieretechnisch wichtige Platte war das hier zweifellos. Eine gute aber nicht.