RageXX
Till Deaf Do Us Part
Versaut haben es bei mir eher ein paar Bands damit, dass sie nach Jahrzehnten im Ruhestand nochmals eine Reunion machen mussten und dann auch noch ein neues Album einspielen mussten.
Speziell Bands, die eine Art "Nimmerwiedersehen" prophezeit haben machen es mir da abseits des nicht selten auch musikalisch fragwürdigen Inhalts nicht leicht. Jüngst Mötley Crüe sind ein Beispiel, die Onkelz im Speziellen (kommt schon, @Hexe4.0 hat auch schon Sabaton im Hut gehabt ), aber auch Ozzy mit seinen zahlreichen Abschiedstourneen, ebenso wie die Scorpions, die ich lange Zeit nicht ernst nehmen konnte hinsichtlich ihrer gefühlt 100jährigen Abschiedstournee. Selbst die von mir so hoch verehrten Saga haben sich vollmundigst verabschiedet, um nun wieder on Tour zu sein.
Ein Sängerwechsel ist auf jeden Fall ein Wechsel auf der Position, auf der man es am unmittelbarsten hört. Das kann einem eine Band schon sehr zunichtemachen oder sie im Gegenteil aufwerten, wobei mir durchaus auch Bands einfallen, die sowohl mit dem einen als auch dem anderen Sänger mag, teilweise sogar mit drei verschiedenen.
Der Sänger ist das Aushängeschild, ganz klar. Nicht nur stimmlich auf Konserve, sondern eben auch auf der Bühne als Frontmann. Prominentestes Beispiel sind Maiden mit den "X"-Alben: ich könnte versuchen, mir diese Alben schön zu hören, aber es klingt für mich eben nicht nach Maiden. Ich weiß nicht, wie ich es gesehen hätte, wenn Damian Wilson damals das Rennen für den Sängerposten gemacht hätte, der natürlich über völlig andere stimmliche Qualitäten verfügt, aber selbst das wäre in jedem Fall schon mal seltsam gewesen. Wenn Bruce den "Clansman" live gibt, dann haut mich das schon ganz gut weg. Auf Konserve aber wirkt das Original mit Blaze einfach nicht. Natürlich hatten wir da auch mal früher den Paule, aber der hatte eine Attitüde, die sogar auf Platte zu hören war und Maiden waren zu diesen Zeiten auch noch "rotziger" unterwegs.
Line-up-Wechsel an anderen Instrumenten sind zumindest für mich hintergründiger. Kürzlich ging es darum im Death-Angel-Thread. Ab 2010, nachdem Andy Galeon und Dennis Pepa weg waren, hat mir kein Album mehr wirklich gefallen, da gab es plötzlich "nur" noch soliden Thrash - aber wo war der Funk hin, wo der Hüftschwung? Das Erleben war aber hier klar ein anderes als bei einem Sängerwechsel: Es war nicht sofort klar, was plötzlich anders war, sondern es erschloss sich erst mit der Zeit.
Ich hatte eine sehr lange "No Death-Angel"-Phase und kannte außer meinem absoluten Lieblingsalbum "Act III" nur Fragmente. Mittlerweile habe ich das geändert, wenn auch noch nicht in Gänze verinnerlicht, aber es stimmt: Death Angel "fühlen" sich andres an, gerade dieses unterschwellig "funkige" ist weg. Macht die neueren Alben nicht schlechter, aber in der Tat anders.
Ich denke, hätten Queen je den Gitarristen getauscht wäre es vielleicht nicht ganz so gravierend ausgewirkt wie das Fehlen Freddies, doch der Sound der Red Special und Mays Spielweise (die ich für äußerst einzigartig halte) hätte in jedem Fall gefehlt. Möglicherweise trifft das in diesem Kontext auch auf Deacon und Taylor zu - und Rush mit einem anderen Schlagzeuger mögen in irgendeiner Form funktionieren, aber sie sind irgendwie trotzdem nicht mehr Rush.
Bei mir haben diesen "Unantastbar"-Status ganz klar Motörhead! Ich habe Maiden in den 90ern - durchaus mit viel Pein - links liegen gelassen, so enttäuscht war ich von ihnen. Könnte auch daran liegen, dass ich ab den späten 80ern und durch die gesamten 90er v.a. Punk/Hardcore und Extreme Metal in etwa gleichem Maße gehört habe. Da waren viele alte Helden außen vor, was Neuwerke betraf. Sabbath, Priest, Manowar, AC/DC, da kam nix Substanzielles mehr für mich, was mich irgendwie gekickt hätte. Manche haben okaynes aber nix weltbewegendes rausgebracht, manche nur noch Murks. Interessanterweise finde ich doch viele Sachen aus der Zeit im heutigen Nachgang gut und habe mir vieles nachbesorgt, da ich heute wieder "anders" höre, zuhöre (mitschuld daran dürfte die Maiden-Reunion und "Brave New World" sein, die die alte Liebe zum klassischen Metal und Hardrock wieder voll entfacht hat). Ausnahme Metallica, da finde ich alles nach AJFA richtigen Mist. Nur Motörhead haben es sich bei mir nie versaut. Auch wenn ihre 90er-Sachen nicht mehr an das alte Zeugs anknüpfen konnten, ich fand es immer mindestens gut bis geil. Liegt es daran, dass sie halt noch immer genügend Punk im Tank hatten, liegt es an ihrer kompromisslosen Attitude? Im Nicht-Extreme-Metal-Bereich waren sie die einzigen, wo ich noch auf Konzerte all die Jahre hindurch hin bin. Nicht mehr jede Tour, aber doch meist. Ein Fakt ist halt auch, dass die Band durch Lemmys Tod in der Hinsicht nix mehr verbocken kann. Keine dummen Zeitgeist-Statements, die sie mir verleiden könnten (s. Hansen), keine miesen Platten (s. Manowar), kein halblauer Aufguss um vergeblich an glorreiche Zeiten anknüpfen zu können (s. Metallica). Da ändert auch die ausschlachtende Art und Weise der Nachlass-Verwaltung nix dran. Bevor es jetzt in den falschen Hals kommt: natürlich wäre es toll, wenn Lemmy noch leben und die Band weiter aktiv wäre, ich denke das sollte klar sein..
P.S.: Slayer habe ich auch weiterhin durch die 90er verfolgt und bin zu Konzerten hin. Auch wenn ich nicht alle Alben mehr zwingend geil fand, aber sie verkörperten etwas, dass nicht gut erklären kann.
Für mich sind Motörhead, mehr als Musik, eher ein Gesamtkunstwerk für sich. Unter "Kompromisslosigkeit" sollte im Prinzip im Lexikon ein Foto von Lemmy zu finden sein. Gleich, wer in der Band war, Motörhead waren immer als Motörhead zu erkennen. Ich habe zum Thema "AC/DC" schon weiter oben einen Satz geschrieben, ich sehe Motörhead ganz ähnlich, unverzichtbar für die Szene, ganz gleich, wie sehr man nun auf "Nebenkriegsschauplätzen" von Parfum über Whiskey und sonstwas das Vermächtnis der Band ausschlachtet - was ja auch vor Lemmys Ableben schon stattfand. Motörhead machen jedeoch, ebenso wie Rush, bewusst, dass es eben nicht ewig gehen kann mit der Musik.
Für mich gibt es schon ein paar Bands mit lupenreiner Weste, was die Kreativität über die Jahre hinweg angeht... Slough Feg, Reverend Bizarre, Atlantean Kodex oder Cirith Ungol, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wenn eine Band bei mir einmal in diesem Ruf steht, müsste sie schon verdammt viel über einen längeren Zeitraum falsch machen, um mich komplett zu verlieren.
Man könnte jetzt auch sagen, dass diese Bands eine überschaubare Anzahl an Tonträgern veröffentlicht haben, was den Output von Qualität demzufolge erleichtern würde. Auch "nutzt" sich eine Band dann nicht in einer permanenten Tretmühle ab. Ich würde hier z.B. Armored Saint ergänzen. Ein weiterer positiver Nebeneffekt dieser Veröffentlichungspolitik ist hier zudem ein regelrechtes Fieber, wenn nur erwähnt wird, das nach etwa 10 Jahren mal was Neues kommen könnte.
Bei jungen Bands bin ich, glaube ich, weniger wohlwollend. Spätestens beim zweiten schlechten Output in Serie sind sie erst mal runter von meinem Radar. Erfahrungswert, würde ich sagen. Kommt selten vor, dass eine Band, die schon früh in ihrer Karriere den qualitativen Knick nach unten mitnimmt, sich wieder fängt.
Ein wenig unfair den jungen Bands gegenüber, ganz sicher - aber ich bekenne, dass es mir ähnlich geht.
Selbst Manowar, die in diesem Jahrtausend echt schwach gewesen sind, was neues Material angeht, kriegen von mir immer wieder zumindest ein aufmerksames Ohr.
Von mir schon lange nicht mehr, hier reichen mir meist ein paar Minuten. Manowar machen es mir aber auch recht leicht, da mir das ganze Brimborium drumherum gleich mit auf den Zeiger geht, Konzert Ab- und Zusagen usw. usf. Das letzte Positive an Manowar bleibt für mich ihr Sänger, danach ist Feierabend - aber ja, ich weiß, was Du sagen möchtest und ich denke, mir fällt es hier auch etwas leichter, weil ich hier nie ein "Die-Hard"-Fan war.
Also AK klingen für mich durchaus eigenständig und die Einflüsse hört man viel schlechter raus als bei anderen neuen Bands. Aber hat das wirklich was mit dem Alter zu tun? Gibt auch viele ältere unter den Fans und ich bin eingentlich mehr Fan der traditionellen Heavy Metal Sachen (während ich viele Bands der NWoTHM eher meh finde).
Soll so sein, soll so bleiben. Ich denke, speziell dieses "Einflüsse raushören" funktioniert bei Jedem anders, da muss man hier nur so mal ein wenig quer lesen durch alle möglichen Threads. In jedem Fall machen AK ja etwas richtig und treffen auf breiter Basis einen Nerv bei Jüngern wie Älteren, als Band sei ihnen dies mehr als vergönnt.
@RageXX Danke dir Ja, weil ich das Schaffen vieler Bands immer retroperspektiv verfolge und man als junger Mensch ganz andere Mittel hat, die Gesamtdiskographie zu verfolgen. Das, was ältere zum VÖ-Zeitpunkt als doof erfassen, kann für uns ein Grower werden.
Also AK klingen für mich durchaus eigenständig und die Einflüsse hört man viel schlechter raus als bei anderen neuen Bands. Aber hat das wirklich was mit dem Alter zu tun? Gibt auch viele ältere unter den Fans und ich bin eingentlich mehr Fan der traditionellen Heavy Metal Sachen (während ich viele Bands der NWoTHM eher meh finde). Wie so einige unter 30, die den 70er/80er Helden huldigen.
Bezüglich MANOWAR: Bevor ich nur einen Ton der Band gehört habe, habe ich die Band gemieden, weil mir deren stumpfes Image bekannt war (ja, das liegt hier wirklich am Alter). Mit belanglos meine ich alles, was nach der Kings of Metal herauskam (obwohl diese Entwicklung schon bei Louder than Hell begonnen hat). AK mag musikalisch besser als MANOWAR sein, aber kommerziell spiegelt sich das überhaupt nicht wieder (und ich glaube auch, dass die Band das nicht will). Ich sehe die Band aber wie gesagt nicht als MANOWAR-Klon an und für mich sind MANOWAR keine übelste Legende (MAIDEN und PRIEST schon und ich denke mal, das Liegt am Image und an den...ähm...dem Protagonisten)
Nun, Kings of Metal war noch vor Louder than Hell (Klugscheißermodus aus, sorry dafür), aber Deine Meinung spiegelt auch die vieler langjähriger Fans wider: alles, was nach den "Kings..." kam ist zumindest...sagen wir, grenzwertig. Als Manowar-Klon kann man AK tatsächlich nicht sehen, aber da sind wir wieder beim Zutatenmix und da haben sie meinen alten Ohren nach auch ein wenig im "Old-Manowar-Setzkasten" nachgeschaut. Der Mix in sich ist epischer Natur und bedient sich einer Vielzahl von Zutaten, als Manowar-Klon könnte man meiner Meinung nach Majesty sehen (nein, nicht den Dream-Theater-Vorläufer...). Maiden und Priest als "übelste Legende" - das ist schon starker Tobak, aber eben auch eine Sichtweise.