Ihr durftet die beanstandeten CDs aber behalten und "nur" nicht verkaufen oder wurden die an Ort und Stelle direkt beschlagnahmt? Entschuldige die blöde Frage, ich kenn mich da nicht so aus. Ich weiß nur von unterschiedlichen Listen die es innerhalb dieser Indizierung wiederum gibt.
Grundsätzlich gilt, dass diese Ordnungsamtsverfügung (unter anderem) den Inhalt hatte, dass indizierte Tonträger nicht feilgeboten und verkauft werden dürfen, so lange man nicht sicherstellen konnte, dass keine Minderjährigen den Verkaufsraum betreten. Da du das bei einem offenen Zelt auf dem Festivalgelände nicht kannst, musst du also indizierte Ware aus dem Stand nehmen. Dafür braucht es an sich noch nicht einmal eine Ordnungsamtsverfügung, denn das gilt schon kraft Gesetzes, dass indizierte Werke eben nicht im Regal stehen dürfen, sondern nur an Volljährige auf Nachfrage (das berühmte Verkaufen "unter dem Ladentisch"). Das löst der durchschnittliche Händler gerne mal so, dass im Cannibal Corpse-Fach ein Zettel steht mit dem Wortlauf ("weitere Titel von CC auf Nachfrage"), dann kann er sich von der Volljährigkeit des Kunden vergewissern, bevor er etwas herausgibt.
Diese Möglichkeit nahm die Ordnungsamtsverfügung den Händlern, denn über die gesetzliche Regelung hinaus wurde die "unter dem Ladentisch"-Option nicht ausdrücklich eingeräumt und der Wortlaut verbot jeglichen Verkauf und jegliches Anbieten. Ob das Ordnungsamt dies überhaupt so gedurft hätte, oder auch ob das so überhaupt Absicht war, ist sicherlich zweifelhaft, aber die Anordnung war sofort vollziehbar, der Wortlaut eindeutig und der Veranstalter (an den die Anordnung ging) hat sich - nach meiner Kenntnis - nicht dagegen gewehrt (man muss ja auch künftig mit dem Ordnungsamt zusammenarbeiten, daher verständlich), so dass der Händler sich halt - genauso wie die Band selbst - fügen musste, um etwaigen Schadensersatzforderungen zu entgehen, wenn der Veranstalter ein Bußgeld aufgebrummt bekommt, weil Händler oder Band eine CD angeboten oder ein Lied gespielt hätten, das untersagt war.
Für eine Beschlagnahme gab es keinen Anlass. Zum einen haben die Händler ja gehorcht, zum anderen richtete sich die Verfügung ja auch nicht an die Band oder die Händler, sondern an den Veranstalter, und zuletzt gab es keine Standdurchsuchungen oder derartiges. Es ging ja nicht darum, was der Händler in den Kisten hat, sondern darum, was er anbietet. Zuletzt sind die CC-Beschlagnahmebeschlüsse weitgehend eh verjährt (was an der Indizierung an sich nichts ändert).
Die Kette des Drangsals läuft in solchen Fällen wie folgt:
0.
Politisch fehlgeleitete Profilneurotiker mit messianischem Sendungsbewusstsein beschweren sich beim Ordnungsamt über drohende Sittenverrohung und Gewaltverherrlichung, Satansverehrung, Frauenfeindlichkeit und rechtsradikale Umtriebe. Irgend etwas davon wird schon kleben bleiben und die um das Volk besorgte Politik zum intendierten aktionistischen Handeln zu Lasten des Feindes bewegen.
1.
Das Ordnungsamt untersagt zur Vermeidung medialer Shitstorms und des Rufs schändliche Brutalos zu stützen dem Veranstalter mittels Bescheid unter Androhung von Bußgeldern pauschal und ohne intensive Sachkenntnis oder Bemühen um verhältnismäßigere Lösungen das Spielen oder Anbieten indizierter Musik.
2.
Um Bußgelder zu vermeiden und seine ansonsten gute Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt nicht zu gefährden kuscht der Veranstalter widerspruchslos und verbietet den Bands und Händlern kraft Hausrechts unter Androhung von Schadensersatzansprüchen für den Fall der Zuwiderhandlung ebendieses Spielen und Anbieten indizierter Musik.
3.
Ebenfalls zur Wahrung seiner wirtschaftlichen Interessen, seiner Zusammenarbeit mit dem Veranstalter und zur Meidung unnötiger und nervender Diskussionen nimmt der Händler die entsprechenden Produkte unwidersprochen aus dem Angebot.
4.
Der Fan, der die entsprechenden Produkte kaufen oder Songs hören wollte, schaut in die Röhre und verflucht die Menschen aus Ziffer 0.
5.
Brave New World!