Sehr fein war's gestern in Würzburg beim X-Mas Metal Meeting mit Rotting Christ und Moonspell an der Spitze des Billings - zumindest, wenn man zwei der sechs Bands weiträumig umschiffte.
Punkt 16.30 Uhr ging's in der Posthalle Würzburg los. Eine schicke Location mit ausreichend (kostenlosen) Parkplätzen in der Umgebung. Trotz Weihnachtsmarkttourismus und Last-Minute-Geschenk-Schoppern gab's noch genügend freie Plätze, um den Wagen abzustellen. Orga rund um die Posthalle ist perfekt, der Eintritt inkl. Security-Check war in Windeseile absolviert. Allerdings war auch der Andrang nicht wirklich groß. Die meisten Leutchen schenkten sich die ersten zwei Vorbands.
Und sie haben auch nicht wirklich viel verpasst. Ascian spielten generischen Doom-Death, der nicht weh tat, aber auch nicht zündete. Außerdem killten die cleanen Vocals nicht gerade, um nicht zu sagen: sie waren ziemlich schief. Also gab es schonmal genügend Zeit, um ordentlich vorzuglühen. Das war auch bitter nötig, da Silver Dust, die Schweizer waren die Nummer zwei des Abends, schier nicht zum Aushalten waren. Selbst bezeichnen sie sich als Gothic Metal mit Steampunk-Image. Ergo: Gothic Metal mit Steampunk-Image ist absolut nicht meines. In meinen Ohren klang das wie ganz schwache, mittlere Paradise Lost mit unpassenden Modern-Metal-Einschüben. Kurz gesagt: strunzlangweiliges Songwriting trifft auf mittelmäßige handwerkliche Fähigkeiten und übertriebene Selbstdarstellung. Die Mucker hüpften in lustige Kleidchen (Samtfrack, Zylinder und mehr Doofheiten) gezwängt herum und zwischenrein absolvierte auch noch eine Ballerina im Tütü (!) Ausdruckstanz. *ächz*
Man muss der Band allerdings zugestehen, dass sie versucht, ein stimmiges Image zu erschaffen inklusive einer entsprechenden Show mit allerlei fürs Auge netten Gimmicks. So duellierte sich Bandchef Lord Campbell (uff!), mit einer Projektion des "Phantom der Opers". Das ist vielleicht bei Ausnahmekönnern muskilaisch interessant und lehrreich, aber sicherlich nicht bei einer Drittliga-Band.
Also schnell in den hinteren Teil der Poha verzogen und das stilvolle Rotting Christ-Merch aufgekauft. Leider waren nur Fruit of the Loom-Leibchen verfügbar, dafür aber ganz charmante Motive zu fairen Kursen (Zip-Hoodie: 45 Euro, Longsleeve 30 Euro und T-Shirt 20 Euro). Arme Moonspell-Fans: Der Druck auf dem Zip-Hoodie war zwar dank historischem Holzschnitt-Motiv und ollem Logo schick, aber einfach kacke gemacht. Viel zu viel Gummi aufgetragen. Der Merch-Abschuss war Debuchery. Was die Herrschaften alles an Artikeln auffahren, ist einfach krass. Ich brauche aber keine Action-Figuren, die aus dem Diablo-Universum entsprungen sein könnten. Aber die Vielzahl an Shirt-Motiven nötigt einem schon Respekt ab. Allein die Menge des Merchs ließ einen glauben, dass Debauchery der Hedaliner waren.
Wie dem auch sei: Schick eingekleidet, ging's dann zu Vision Bleak. Und die überzeugten 45 Minuten lang mit Klassikern aus allen Bandphasen. Vision Bleak schaffen es mE, die Untiefen des angeschwärzten Gothic Metals zu umschiffen, ein nicht gerade leichtes Unterfangen. Vision Bleak überschreiten nie die Grenze der Peinlichkeit, verzichten auf überzogene Theatralik und kommen authentisch rüber. Hinzu gesellen sich eingängiges Songwriting, tolle Hymnen und eine symptahische Ausstrahlung der gesamten Truppe. Das passte! Es kam auch erstmals so etwas wie Stimmung auf. Respekt für den Schlagzeuger, der auf seinem Mini-Kit eine tolle Show abzog.
Anschließend verwandelten Debauchery die Bühne in eine kitschige Warhammer-Diablo-Kulisse. Sehr peinlich das Ganze. Dazu gab's bewährten stumpfen 4/4- und 2/4-Takt-Uffta-Todesmetall, der bei den einen zu Fluchtreaktionen führte, aber auch eine ganze Menge Fans vor die Bühne zog. Mehr kann ich dazu nicht sagen, ich habe mich in sicherer Entfernung und außer Sichtweite verkrümelt, um mit Jägermeister die Stimmung weiter hoch zu halten.
Rotting Christ war dann der erhoffte Abriss und der nicht ganz so heimlich Headliner. Die im Vergleich zur vorausgegangenen Tour mit Watain umbesetzte Truppe präsentierte sich extrem eingespielt - und sie hatte wirklich Bock in Würzburg was zu reißen. Geile Show, geile Songauswahl (alles, was so mit muss), volle Hütte, beigeistertes Publikum! Darf eine Black-Metal-Band (wohlgemerkt der ersten Stunde der zweiten Welle) so musikalisch sauber produziert rüberkommen? Ich finde ja, auch wenn ich mir gerne auch den trven Underground gebe. RC kann man sich einfach immer geben und wird nie enttäuscht.
Moonspell hatten es danach trotz ebenfalls großer musikalischer Könnerschaft und vielen Hits tatsächlich schwer, mitzuhalten. Die Sin/Pecado-Phase ist nun nicht so meines, aber es war genug altes Material dabei. Ich hatte nur den Eindruck, dass die Portugiesen ein wenig enttäuscht waren, dass nach RC beim Publikum ein wenig die Luft raus war. Die Poha war zwar immer noch voll, die Stimmung gut, aber eben nicht auf dem Level wie bei den allseits abgefeierten Griechen. Ziemlich routiniert spulten Moonspell ihr Programm runter. Bei RC war insgesamt mehr Leben und mehr Spontanität in der Show. 23.30 Uhr war es dann auch gut. Ein ingesamt gelungener Vorweihnachtsabend. Und sechs Bands für 38 Euro ist schon ok, selbst wenn Silver Dust und Debauchery dabei sind. Man muss ja bei sieben Stunden ohnehin mal Pause machen.