Eiswalzer
Till Deaf Do Us Part
So, gestern habe ich beim Spaziergang mal ausführlich über folgendes Thema gegrübelt - und zwar aufgrund des Umstands, dass sowohl im Metal wie auch in anderen Szenen zu verschiedenen Zeiten bestimmte Bands besonders angesagt waren, von denen ein paar Jahre später gar nichts mehr zu hören ist (hier sind mir als Nicht-Metal-Beispiele so Namen wie Jeans Team oder Großstadtgeflüster eingefallen): Welchen Zweck hat es eigentlich, wenn "hier" immer wieder mal diverse Bands als jeweils der heißeste Scheiß unter der Sonne angepriesen werden? Steckt da wirklich das Potenzial dahinter, die Musikwelt nachhaltig zu verändern, oder ist das jeweils nur ein Strohfeuer?
Zu folgenden Schlüssen, die ich hier gerne zur Diskussion stellen würde, bin ich da gekommen:
Somit scheint dieses Thema wohl generell einfach dem Wesen von Szenen zu entsprechen. Hypes wirken aktivierend und halten das Publikum bei der Stange ("Hier passiert ständig was interessantes. Die Szene lebt!") und stabilisieren gleichzeitig die Hierarchie von Trendsettern und Mitläufern. Zugleich können sie also auch abgrenzend wirken ("Band X hat die Fahne hochgehalten und ist nicht vor den Verlockungen des Mainstreams eingeknickt!", "Band X hat für den Erfolg ihre Ideale verkauft - ihr gehört nicht mehr dazu!") und somit wohl ebenfalls zur sozio-ideologischen Kohärenz beitragen. Somit würde ich letzten Endes zu vermuten wagen: Hypes sind mithin also eine Triebfeder des Szene-Daseins. Oder?
Sonstige Gedanken, die noch im Zusammenhang mit diesen Grübeleien aufgetreten sind und vielleicht notiert werden sollten:
Zu folgenden Schlüssen, die ich hier gerne zur Diskussion stellen würde, bin ich da gekommen:
- Hypes gehen im Wesentlichen von Personen aus, die für sich in Anspruch nehmen, Sprachrohr der Szene zu sein und die Richtung vorzugeben (neudeutsch würde man hier wohl den Begriff "Influencer" verwenden). Mit dem regelmäßigen Ausrufen solcher Hypes soll dieser Status untermauert werden - was ein recht effizientes Mittel ist, denn besagte Personen unterstreichen damit sowohl ihren Ruf, "mit offenen Ohren" unterwegs zu sein, wie auch ihre Einschätzung der Empfänglichkeit der Szene für Trends zumeist richtig ist. Zugleich fällt es nicht auf diese - ja, jetzt sage ich's mal - Influencer zurück, wenn Band X doch keine Weltkarriere hinlegt, denn sie sind ja weder dafür verantwortlich, noch hätten sie unmittelbar davon profitiert, wenn dieser Fall eingetreten wäre.
- Für die Bands selber ist dieser Status zweischneidig. Zwar dürfen sich gehypte Bands über wesentlich mehr Aufmerksamkeit freuen, zugleich werden sie dadurch aber um einiges stärker in Richtung der musikalischen Gretchenfrage gedrängt: Versuchen wir es mit der professionellen Karriere oder nicht? Genau das impliziert nämlich dieser Hype-Status immer: Wenn Band X groß rauskommen soll, muss sie doch wohl alles auf eine Karte setzen.
- Hier wiederum ist zu bedenken, dass es zumeist ja jüngere Musiker:innen sind, die etwas mehr wagen und dadurch auffallen. In einer solchen Phase der individuellen Biografie scheint es ja primär darum zu gehen, sich im Interesse der Selbstfindung auch mal stärker auszuprobieren. Wenn's dabei mit der großen Musikkarriere nicht klappen, kann man sich rückblickend aber trotzdem noch positiv daran erinnern, mal im Rampenlicht gestanden und einem Kreis an wohlwollenden Eingeweihten Freude gespendet zu haben, auch wenn man längst in einer vormals als "Brotberuf" aufgefassten Tätigkeit in Schule, Behörde, Unternehmen oder Pflegeeinrichtung verwurzelt ist.
- Nicht vergessen werden sollte wiederum der wirtschaftliche Rahmen, in dem ein Hype überhaupt (nur noch) möglich ist: Die Szene, in der dieser Hype stattfindet, hat nun mal nur eine vergleichsweise überschaubare Größe, und wirklich groß werden Bands wiederum nur, wenn sie auch ein Publikum außerhalb davon finden - was dann aber natürlich nur mit stilistischen Kompromissen und Einbußen bei der Szene-Kredibilität zu haben ist. Beispiele dafür gibt's zuhauf, Namen erspare ich mir hier.
Somit scheint dieses Thema wohl generell einfach dem Wesen von Szenen zu entsprechen. Hypes wirken aktivierend und halten das Publikum bei der Stange ("Hier passiert ständig was interessantes. Die Szene lebt!") und stabilisieren gleichzeitig die Hierarchie von Trendsettern und Mitläufern. Zugleich können sie also auch abgrenzend wirken ("Band X hat die Fahne hochgehalten und ist nicht vor den Verlockungen des Mainstreams eingeknickt!", "Band X hat für den Erfolg ihre Ideale verkauft - ihr gehört nicht mehr dazu!") und somit wohl ebenfalls zur sozio-ideologischen Kohärenz beitragen. Somit würde ich letzten Endes zu vermuten wagen: Hypes sind mithin also eine Triebfeder des Szene-Daseins. Oder?
Sonstige Gedanken, die noch im Zusammenhang mit diesen Grübeleien aufgetreten sind und vielleicht notiert werden sollten:
- Das gelegentlich auch im DF zu lesende "Band X findet hier nicht statt" ist ein sehr, sehr kindisches Verhalten. Band X existiert ja trotzdem, bewegt sich im Dunstkreis von Szene-Events und hat eine Schnittmenge zum adressierten Publikum.
- Hinter der Frage "Gibt es ein Leben nach Iron Maiden?" steckt eine ziemlich traditionalistische Mentalität: Welcher der Söhne ist des Erbes des väterlichen Hofes oder Fachbetriebs würdig? Ob der fragliche Wirtschaftszweig überhaupt noch rentabel ist, steht dabei allerdings auf einem anderen Blatt.