Hach ja, ich stöbere ja gerne mal durch die alten Jahreshighlights-Threads. Kommt immer mal wieder vor, dass man eigentlich interessante Veröffentlichungen plötzlich, aus welchem Grund auch immer, nicht mehr auf dem Schirm hat oder dass man die Hörproben zu einem eigentlich ungünstigen Zeitpunkt gemacht hat. Zumindest geht's mir so.
Bei dieser „zweiten Chance“ bin ich wieder über ein, zwei sehr nette Sachen gestolpert, mit welchen ich mich auf jeden Fall nochmals näher beschäftigen will oder die mich sogar soweit beeindruckt haben, dass ein Tonträger mein Eigen sein wird. Auf der anderen Seite gibt es dann durchaus Veröffentlichungen, welche auch beim wiederholten Mal einfach keinen zwingenden, bleibenden Eindruck hinterlassen können, obwohl sie von ihrer Art durchaus in mein Beuteschema passen würden. Mal schauen, ob ich meine Einschätzungen des Nachhörens der anderen jeweiligen Forum-Jahreshighlights auch niederschreibe. Aber erstmal 2018.
Abigor - Höllenzwang
Ist mir immer noch einfach zu anstrengend. Spätestens nach 20 Minuten ist die Konzentration weg und das Gehörte nervt mich zunehmend. Was im Übrigen gar nicht mal so sehr an der Musik an sich liegt, die hat viele interessante Momente, sondern vielmehr am Sound bzw. der Produktion. Ich kann es nicht so richtig festmachen. Gitarren und Gesang rauben mir auf Dauer irgendwie den letzten Nerv. Vielleicht versuche ich es lieber mal mit den anderen, neueren Alben von Abigor.
Knokkelklang – Jeg Begraver
Viele interessante Ideen, tolle, eindringliche Gesangsleistung, angenehm abwechslungsreich im doch relativ eng gesteckten Black Metal-Korsett, perfekt passender Sound/Produktion, dabei immer wieder mit kleinen Melodieeinsprengseln. Der Titelsong ist schon großartig. Gefühlt dürfte das Tempo beim zweiten Lied ein wenig angezogen werden, so wirkt es nicht ganz so zwingend wie beim famosen Albumeröffner. Das Outro passt wie Arsch auf Eimer. Album wird ziemlich sicher demnächst eingetütet.
Mare – Ebony Tower
Diesem Album habe ich mittlerweile locker ein Dutzend Durchläufe Zeit gegeben, sich zu entfalten. Leider stehe ich nach wie vor vor den verschlossenen Toren des schwarzen Turms, auch wenn ich meine, hinter einzelnen Fenstern ein kurzes Auflodern dunkler Flammen erkennen zu können. Reicht nur leider nicht. Ein typischer Fall von „ich will es ja mögen, aber es lässt mich nicht“.
One Tail, One Head – Worlds Open, Worlds Collide
Angenehm variable Stimmlagen im leidenschaftlichen Gesang, die Tempowechsel sind gut eingebaut, der Bass ist überraschenderweise sehr interessant (zumindest für mich; Bass ist nicht unbedingt das Instrument, das gleich meine Aufmerksamkeit bekommt), es gibt ordentlich melodische Gitarrenläufe, alles hat Hand und Fuß. Und dann ist das Album vorbei und Azgoroth hat das Gehörte schon wieder vergessen und kein Bedürfnis, es nochmals laufen zu lassen. Unerklärlich, wie das Album in mir kein bleibendes Feuer auslösen kann. Dabei fand ich sie live auch immer sehr ansprechend.
Antlers – Beneath.Below.Behold
Eigentlich hatte ich meine Einschätzung des Albums noch grob im Hinterkopf, als ich es mir damals nach Veröffentlichung ein paar Mal angehört hatte: „sicherlich gut gemacht, ein paar nette Momente, bei denen ich durchaus aufhorche, aber letzten Endes zu wenig wirklich Zwingendes, um mir die Tonträger zuzulegen und mich weiter mit der Band zu beschäftigen. Wobei ich nicht ausschließen will, bei neuen Veröffentlichungen zumindest mal reinzuhören, denn eine gewisse „Grundqualität“ ist für mich auf jeden Fall da. Würde ich mir live durchaus anschauen wollen.“
Und jetzt hat es mich an den Eiern gepackt und lässt nicht mehr los. Dabei passt es eigentlich gar nicht mal so sehr in die jetzige Jahreszeit, es klingt viel mehr nach einem Album für den Herbst, wenn es draußen regnet und die Blätter von den Bäumen fallen. Aber so Passagen wie der eingeschobene Klargesang bei „Metempsychosis“ oder dieses sexy Solo bei „Heal“ scheißen auf Jahreszeiten. Dürfte im Warenkorb landen.
Verheerer – Maltrer
Gleiche Einschätzung wie bei Antlers, nur ohne den positiv besetzten „meine Eier!“-Absatz. Leider. Wobei „Kultyst“ schon ein kleines Schmankerl ist.
Necropole - Solarite
Sehr melodisch, teilweise schon fast epische Melodieführung, hätte ich auf den ersten Hör durchaus nach Quebec gesteckt. Gerade "Sous l'Egide d'Eros" ist ein kleines Highlight. Durchaus abwechslungsreich, angenehm produziert, nicht zu dünn, mit einer guten Gesangsleistung obendrauf. Wird für den Herbst/Winter mal vorgemerkt, wenn solche Melodien mit dem richtigen wetterlichen Umfeld nochmal anders wirken können als bei 25° und Sonnenschein.
Craft – White Noise & Black Metal
Uff. Tja. Nach zwei Liedern aus akuter Langeweile wieder ausgemacht. „Total Soul Rape“ wirkt im Vergleich viel bissiger, archaischer, räudiger. Schade.
Cosmic Church – Täyttymys
Ganz schlimmer Gesang. Dazu noch das kitschige Keyboard, nein danke. Gar nicht meins.
Altar of Perversion - Intra Naos
Was für ein Biest. Jeder Durchlauf auf’s neue ein unnachgiebiger Kampf gegen einen Koloss. Und letztlich muss ich mir eingestehen, mir das Album schlicht nicht erschließen zu können, trotz unbestreitbarer Qualitäten. Ein zu großer Brocken, gar nicht mal so unähnlich zum Ebony Tower hinsichtlich seiner Unnahbarkeit, doch ungleich titanischer.
Bewundernswert, wer dieses Monster bezwungen hat.
Vargrav – Netherstorm
Im Grunde wie Cosmic Church, nur werden ab und an atmosphärische Momente angedeutet. Reicht mir zumindest aber nicht.
Kwade Droes - De Duivel En Zijn Gore Oude Kankermoer
Die Gesangsleistung ist großartig. Richtig eindringlich, gerade wenn es mehrstimmig/nachhallend wird, und durchaus abgefuckt. Instrumental in den metallischen Parts dabei eigentlich relativ stumpf, aber vielleicht gerade dadurch sehr songdienlich. Stellenweise gar nicht mal so unähnlich zu Urfaust, wenngleich der Wahnsinn noch eine Spur räudiger durchschimmert. Auf jeden Fall notiert.
Ungfell - Mythen.Mären.Pestilenz
Ui! Die sind ja mal komplett an mir vorbeigelaufen. Bei den anderen genannten Bands hatte ich zumindest schon mal in die jeweiligen Alben bzw. andere Veröffentlichungen reingehört, Ungfell dagegen waren nur namentlich ein Begriff, ansonsten aber komplett unter meinem Radar. Im Deaf Forever-Kosmos vermutlich mit „kauzig“ beschrieben, also Herzblut ohne Talent, zeigt das Songwriting aber gerade letzteres: herrlich geschriebene Songs, diese intensiven, irgendwie archaisch wirkenden schnellen Passagen mit tollen Melodieführungen der Leadgitarre, dann wieder diese netten akustischen, folkloristischen Momente und wunderbar passend eingebauten, Atmosphäre fördernden Geräusche wie das Schließen einer knarzenden schweren Holztür. Der Gesang, bei dem der Wahnsinn immer wieder durchschimmert, passt perfekt.
Ich habe wirklich nicht erwartet, in die mittelalterliche Folterkammer einer widerwärtigen Hexe (Singen kann sie ja auch noch) eingekerkert zu werden, um mir von deren morbiden Schergen eine Lektion in Sachen wunderschöner Hässlichkeit in die Haut ritzen zu lassen.
Erinnert mich vom Sound ein wenig an das Debüt von KPN. Bevor man denen aber auch nur einen Pfennig in den braunen Rachen wirft, sollte man erstmal in die ungleich talentierteren Ungfell reinhören.
Der Tonträger wird ins Haus kommen.
Sainte Marie Des Loupes - Sainte Marie Des Loupes
Bei den oben genannten Alben, welche mir nicht gefallen haben, bilde ich mir zumindest ein, in den meisten Fällen in etwa nachvollziehen zu können, was anderen daran gefallen könnte. Bei diesem Album bin ich ratlos. Das klingt so…gewöhnlich? Zum einen Ohr rein, zum anderen wieder raus. Harmlos.
Bleibt also insgesamt festzuhalten, dass sich die erneute (oder im Falle von Ungfell die erste) Auseinandersetzung mit diversen Alben absolut gelohnt hat. Knokkelklang, Antlers und Ungfell werden über kurz oder lang einen Platz im Regal und der Anlage finden, Kwade Droes und Necropole sind auf jeden Fall vorgemerkt. Tipps zu kleinen Juwelen, welche irgendwie keiner auf den Zettel hat, die euch aber doch irgendwie in dem Jahr (nachträglich?) sehr beeindruckt haben, nehme ich gerne an.