Johannesson, Ika & Klingberg, Jon Jefferson: Blood Fire Death. The Swedish Metal Story, Port Townsend/Wa.: Feral House 2018.
Zunächst einmal: Dieses Buch ist nicht das, was ich erwartet, gar mir erhofft hatte: Eine Erzählung über die (vor allem jüngere) Geschichte des schwedischen Black Metal, vor allem natürlich der...sagen wir...im Dunkeln belassenen Kapitel (was haben Ofermod und Co. so alles getrieben, wenn niemand genau hinsah? Stimmen alle die Gerüchte über Maligns Umtriebe? Kommt zwar etwas später im Buch auch vor, aber darauf liegt nicht der Fokus des Buches.
Da gibt es zwar auch einige Infos, aber was der Leser geboten bekommt ist eine zum Teil sehr persönliche Darstellung der Geschichte des Metal in Schweden, wobei die beiden Autoren nicht ganz chronologisch vorgehen, sondern eher anhand von einigen ausgewählten Bands/Personen der Szene ihre Entwicklung nachzeichnen. Es beginnt mit einem Kapitel über Nifelheim und die beiden Gustafsson-Brüder, führt über Heavy Load und ein Kapitel über die Entstehung der Death Metal-Szene zu Kapiteln über Per Ohlin/Dead, Entombed, Dissection/Jon Nödveitdt, natürlich Bathory etc. Dabei werden mal Konzerte oder Festivals beschrieben, mal geht es um die Entstehungsgeschichte der jeweiligen Bands oder den Lebensweg der Künstler. Dabei wird immer wieder klar, dass die Autoren sich für ihre Recherchen viel Zeit gelassen haben und zum Teil über Jahre hinweg am Thema geblieben sind.
Das erlaubt es den beiden Autoren, quasi wie im Vorübergehen auch Themen des „größeren Ganzen“ zu betrachten, wie Metal & Business (anhand von Dark Funeral und deren gerichtlichen Auseinandersetzungen mit ihrer früheren Plattenfirma MNW), Metal & Frauen oder auch Metal und Nazi-Scheiße (ein recht kurzes Unterkapitel, dass sich auch primär auf schwedische Bands konzentriert. Logisch, latürnich). Das beide Autoren sich seit Jahrzehnten in der Szene bewegen ist hierbei klar von Vorteil [auf die Frage des
Decibel-Magazins, wie sie mit jungen [männlichen] Musikern und deren eher ablehnender Haltung [„Pfff, Frau und Metal? Was weiß die schon?“] reagiert habe, antwortete Johannesson in einem Interview: „I was chugging beers at Tompa Lindberg’s 18th birthday party when you were in diapers, man!“ Sehr sympathisch!)
Die vorliegende Ausgabe weicht von der 2011 erschienenen schwedischen Ausgabe dahingehend ab, dass sie aktualisiert wurde, wo nötig (zum Beispiel das Entombed-Kapitel um den Streit der Band und ihre Teilung in Entombed und Entombed A.D.).
Hervorheben möchte ich ganz besonders die Kapitel über Bathory/Thomas Forsberg und Pelle Ohlin. Wie Autoren es schaffen, beide Personen lebendig werden zu lassen in all ihren Facetten und dabei nie sensationsgierig rüberzukommen ist schon ganz groß. Vor allem die Darstellung Ohlins wird mir nachdrücklich in Erinnerung bleiben, stellt dieses Kapitel seinen Suizid doch eindrücklich als das da, was er wirklich war: Keine „coole Aktion“ eines von der Entwicklung der Szene desillusionierten „Jim Morrison des Black Metal“ sondern schlicht und ergreifend ein verschissenes Drama, das verdammt viele Wunden bei sehr vielen Menschen hinterlassen hat (und hier ein Extra-großes Dankeschön an die beiden Autoren sich mittels Aussagen von Pers Vater und Bruder eindeutig zu dem noch immer kursierenden Cover vom „Dawn of the Black Hearts“ zu positionieren, bei dem ich jedes Mal im Strahl kotzen könnte. Ich kann mich noch deutlich an eine Diskussion in einem anderen Online-Forum erinnern die ich mal mit so einem Amöbenhirn hatte, der das Ding als Backpatch hatte und voll cool und „trve“ hielt. Intelligenz-Allergiker, der!).
Am unangenehmsten ist im Übrigen das Shining-Kapitel. Jetzt auch nicht so überraschend...
Die Autoren mischen in ihrem Buch Erzählung mit kurzen Aussagen aus selbst geführten Interviews, streuen auch immer mal wieder ein, dass der oder dieser Musiker keine Interviews geben wollte oder erst nach einigem Zögern bereit war und schaffen es so, eine lebendige, spannende und sich in Teilen wie ein Roman lesbare Schilderung zu liefern.
Ob es, wie ich in diversen Online-Reviews gelesen habe, das beste Buch zum Thema Metal ist, sei mal dahingestellt, aber es ist definitiv ganz vorne mit dabei und sei hier jedem wärmstens empfohlen.
Kleiner Hinweis noch: bei meiner Ausgabe handelt es sich um einen Fehldruck, bei dem die Seiten 145 – 155 und 158 – 168 doppelt abgedruckt wurden. Auch ein wenig ärgerlich, dass das keinem aufgefallen ist...