Der Zerquetscher
Till Deaf Do Us Part
Finde ich cool, dass du den "300" cool findest. Und ich sehe das genauso wie du, was die oft närrischen Reaktionen auf den Film anging (den ich übrigens damals wesentlich besser fand als heute [weil mir tatsächlich beim wiederholten Sehen die Substanz fehlt]). Und es ist völlig legitim so an die Sache ranzugehen, wie du das tust.300 halte ich für ein super Beispiel. Ich mag den Film sehr gerne. Der hat natürlich eine völlig dünne Story, aber diese wird konsequent und bis ins letzte Detail so durchgehauen und das in einer völlig überzogenen Optik. Mad Max Fury Road, wäre genau das gleiche nur mit weniger Politik. Ich liebe beide Filme.
Das Ding ist, 300 glorifiziert die faschistischen Spartiaten und deren Kriegslust zwar komplett, aber das ganze ist so völlig überzogen und drüber, dass da völlig klar ist, dass das nie ernst gemeint ist. (Das irgendwelche Genies wie die Identitären Bewegung, sich das dann trotzdem als Symbol nehmen, bleibt nicht aus...das sind halt komplette Blitzbirnen)
Barbie hätte ich natürlich nicht so gefeiert, wenn dessen Botschaft das Gegenteil gewesen wäre. Das liegt aber nicht daran, dass der Film nur die Botschaft ist, sondern sie ist ein essentieller Teil des Films. Keine Ahnung, ob ein anderer Barbiefilm mich ähnlich begeistert hätte, aber es hätte sicher noch tausende Möglichkeiten gegeben, dass umzusetzen. So wie Gerwick es umgesetzt hat, hat die Botschaft aber dazu gehört.
Das ich bei dem Film inzwischen ein Fanboy geworden bin, gebe ich gerne zu. Mich hat tatsächlich lange kein Film mehr so begeistert aus dem Kino kommen lassen, wie Barbie. Das liegt aber an allem was der Film zu bieten hat. Er ist von vorne bis hinten wunderschön und ähnlich konsequent durchdesigned wie 300 oder Fury Road. Ich hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass wegen irgendeines Klischees, einer Konvention, oder Sehgewohnheiten Kompromisse eingegangen wurden. Er hat eine völlig originelle Story, die sich auch nicht wirklich klassifizieren lässt und an so vielen Ecken mit allen möglichen erzählerischen Wänden und Erwartungen bricht, dass ich mich gewundert habe, dass es am Ende alles so gut zusammen passt. Die beiden Hauptcharaktere sind jetzt schon absolute Ikonen. Es gibt mehrere Gänsehautszenen und noch mehr die sich nachhaltig festgesetzt haben. Dazu noch der glorreiche Soundtrack und der besten Musical Nummer seit langer Zeit. Das alles zu dem genialen Set und Kostüm-Design und der Kamera von Rodrigo Prito (u.a. Wolf of Wallstreet, Irishman und Killers of the Flowermoon).
Und ja, ich sagte, der Film arbeitet oft mit dem Holzhammer. Aber ich sagte auch, dass das nur eine von vielen Ebenen ist. Diese vielen Ebenen ist eine der Dinge, die ich an einem Film für intellektuell ersprießlich halte.
Das alles kommt zu der Botschaft, noch dazu.
Ich sehe schon, um den "Barbie" komme ich wohl nicht rum. Zumal jetzt genau das passiert, was ich nicht wollte. Wir quatschen über den Film, den ich ja nicht kenne. Aber unhöflich sein mag ich auch nicht. Dass der Barbie "wunderschön durchdesignt" ist, glaube ich sofort und erwarte ich auch. Allerdings halte ich es für völlig ausgeschlossen, dass ein Film mit einem Budget von 150 Millionen Dollar "keine Kompromisse" eingeht. Das muss er nämlich tun. Schon fünfmal, wenn eine Spielzeugfirma der Hauptfinanzier ist. Selbst die Breitseiten gegen die Männer werden augenzwinkernd abgefedert werden. Die Kritik an sinnlosem Konsum in Watte gepackt. Wie sollte es denn anders sein, wenn man viel Geld verdienen will mit (s)einem "Plastikprodukt"? Und in solch einem Falle hätte ich eben gern Subtiles, an dem man sich über die Hürden der Kompromisse im Film ziehen kann. Ich kann mir echt nicht vorstellen, dass das Ding irgendwo subtil ist. Nichts an den Szenen, die ich sah, wirkt so. Aber wie gesagt, sobald der "Barbie" im Stream ist, schlage ich zu.