Mir war der Metal Hammer in den Neunzigern lieber als das Rock Hard (ohne diesen abzuwerten), da mir die dortige Redaktion viel stärker am Herzen lag. Das lag insbesondere an Andrea Nieradzik, Martin Groß und Robert Müller, denn ich konnte alles, was in deren Listen auftauchte, völlig bedenkenlos kaufen. Eine vergleichbare Nähe hatte ich nie davor und nie danach zu irgendeinem Kritiker. Zudem war auch das Layout "schöner" und ansprechender als beim Rock Hard. Und an boshaft-augenzwinkernden Klammerbemerkungen und liebevoll versteckten Seitenhieben unter den involvieren Schreiberlingen hat es nicht gemangelt. Ich habe diese Hefte damals so geliebt und derartig oft gelesen, dass ich bis heute sofort weiß, in welcher Ausgabe ich welches Review finde und diese sogar teilweise zitieren kann.
Der Stempel der "Metal-Bravo" war auf jeden Fall schon immer großer Quatsch!
Sicherlich war mit Andreas Schöwe in den 90ern nur noch ein Redaktionsmitglied mit an Bord, welches die Fahne des traditionellen Metal zu 100 % hochgehalten hat - aber dafür waren seine Höchstwertungen auch fast durch die Bank verlässlich. Außerdem hat der Metal Hammer damals in Sachen Black Metal dank Robert Müller insgesamt souveräner und schneller die Kurve bekommen. Dieses ständige Hü und Hott im Rock Hard hat mich damals jedenfalls unglaublich genervt - insbesondere die fadenscheinigen Erklärungen, warum in manchen Fällen plötzlich kein Boykott mehr stattfand oder wieso die einst geschmähte und niedrig bepunktete Platte XY auf einmal ein Meisterwerk vor dem Herren war. Mit Oliver Recker war beim Metal Hammer zudem ein absoluter Fachmann für Speed und Thrash mit an Bord. Sowieso: JEDES damals relevante Genre war durch einen absolut fähigen Soundchecker tadellos abgedeckt - besser kann man es nach meinem Empfinden überhaupt nicht machen.
Ab 1997 war der Metal Hammer dann aber leider wirklich nicht mehr besonders toll - komisches Layout, unnötige Rubriken, der Musikgeschmack einzelner Redakteure (leider auch der meiner eigentlich heißgeliebten Andrea Nieradzik) entwickelte sich in immer belanglosere Richtungen. Das hat sich aber relativ schnell wieder gebessert, spätestens 1999 war alles wieder komplett im Lot. Im Jahr 2001 habe ich dennoch nach zehn Jahren damit aufgehört, die Zeitschrift weiter zu lesen - ebenso wie auch das Rock Hard, Ablaze und Deftone.
Seit dem letzten Jahr kaufe ich aber wieder monatlich das RH und den MH (und nun auch alle zwei Monate das Deaf Forever) - und das Ranking ist aktuell ganz eindeutig:
1) DF 2) RH 3) MH.
Natürlich ist der Metal Hammer auch heute keine "Metal-Bravo"! Diese Vorwürfe sind komplett lächerlich und entbehren jeder Grundlage (vielleicht abgesehen von diesem unerträglichen Metal Hammer Awards-Ranking, welches nicht entschuldbar und komplett schlecht ist). An was ich mich aber heute im Vergleich zu damals deutlich störe, sind weite Teile der aktuellen Redaktion sowie der Mitarbeiter. Mir persönlich sind viele davon mittlerweile schlicht zu jung sowie mit Bands aufgewachsen, die ich ganz schrecklich finde (zum Beispiel Children Of Bodom, Rammstein, Edguy oder Hammerfall - wobei ich zugeben muss, dass ich das Debüt der Letztgenannten damals auch super fand...). Und leider merkt man das in deren Beiträgen oder Listen regelmäßig. Aber andererseits gibt es fähige Leute wie den unverwüstlichen Robert Müller, Matthias Mineur, Gunnar Sauermann oder Frank Thiessies, welche ich (weiter) mit Spannung lese und auf deren Meinung ich Wert lege. Zudem kann man den neuen "Jungen" ihr Alter und ihren Musikgeschmack auch nicht vorwerfen. Das, was sie da machen, machen sie meiner Lesart nach schon mit Herzblut und Überzeugung. Teilen muss man diese aber natürlich nicht, und ich tue das auch nicht - zumindest, was Leute wie zum Beispiel Katrin Riedl oder Florian Krapp betrifft (ohne diese damit angreifen zu wollen).