Die größte Abartigkeit der Konzertentwicklung ist für mich, dass man auch in der Metal-Szene weiterhin in bester Nach-uns-die-Sintflut-Manier handelt und der Nachhaltigkeitsgedanke beim jährlichen Festival- und Tourzirkus absolut keine Rolle zu spielen scheint. Die letzten Sommer mit netten 40° hierzulande und monatelanger Trockenheit oder der aktuell 10° zu milde Winter scheinen vielen einfach am Arsch vorbeizugehen. Oder sie sind schlicht zu einfach gestrickt, als dass sie ihr Verhalten auch nur ansatzweise reflektieren könnten.
Ja, die Nachhaltigkeitsbilanz einer widerlichen Metal-Kreuzfahrt oder eines ebenso abartigen Festivals in einer mehr als dekadenten Wüstenstadt mag sicherlich noch negativer ausfallen als die eines regulären Festivals auf der grünen Wiese, aber gut für unseren Planeten ist auch das nicht. Man führe sich nur mal vor Augen, was allein im Rock- und Metal-Bereich für Unsummen an Flugmeilen jedes Jahr durch Abertausende an permanent um die Welt fliegenden Gruppen mitsamt Bagage aufkommen. Dazu die ganze Logistik im Umfeld des Festivals. Und was die Millionen von Festival- und Konzertbesuchern alleine für An- und Abreise für eine Scheiße in die Luft blasen - ganz zu schweigen davon, dass die Kleingeister dann ja auch noch alles mit ihren Kippenstummeln und sonstigem Müll zusauen. Aber nein, es ist ja lässig und voll Metal, seine Dosen, Plastikbecher und Schnellfraß-Verpackungen in der Gegend rumzuschmeißen ... wie hängengeblieben kann man sein?
Kurz: Jede tourende Gruppe schadet diesem Planeten, und wer sich auch nur ein wenig Gedanken um seinen ökologischen Fußabdruck macht, der besucht eben nicht drei Festivals im Sommer und fünfzehn Konzerte im Jahr. Wenn man ganz konsequent ist, lässt man es ganz. Man muss sich nur klar werden, ob einem ein bisschen Kurzweil wichtiger ist als ein lebenswerter Planet für seine Kinder und Kindeskinder.
Ich gebe Dir absolut Recht.
Gleichzeitig ist der moderne Mensch eben nicht mehr 24 Stunden am Tag damit beschäftigt, Nahrung zu sammeln oder jagen und sich vor Fress-Feinden zu schützen, bzw. irgendwie sich mit einer Arbeit am Leben zu halten. Er hat und braucht im Normalfall Freizeit und Die kulturell zu nutzen, ist nicht das Schlechteste.
Es ist zwar ein Wahnsinn, wenn sich der Iron Maiden-Tross mit Flieger in Bewegung setzt oder Andere mit 20 LKW´s den Kontinent durchqueren.
Aber dennoch sind, genau wie Merkels Flieger, nicht die einzelnen Energie-Verschwendungs-Giganten das große Problem, sondern die wahnsinnige Masse der "Kleinen".
Und hier könnte jeder anfangen.
Auch ich habe in diesem Punkt, im Gegensatz zu der ruhigen Zeit 1995 - 2010, heute, bzw. aktuell eine schlechtere Bilanz.
Gleichzeitig überdenke ich alljährlich meine Festival-Pläne und der Zuschlag erfolgt nicht nur aufgrund des Verhältnisses von Billing und Preis, sondern letztlich auch Dauer und Distanz, weshalb ich im Normalfall nicht zu den großen, eintägigen Festivals anrücke, die oftmals viele hundert Kilometer entfernt statt finden. Und Swedenrock, o.ä. fällt dann immer hinten runter...
Dabei versuche ich auch immer Mitfahrer zu finden. Weiterhin mache ich dann kaum oder gar nicht beim Festival-Konsum (Dosenbier, Plastikbecher, Fastfood, Grillfeuer, ...) mit, sondern habe (trotz Verbot) meinen Kasten mit meist regionalem Bier und meine Bio-Bratwurst und den Veggie-Burger dabei. Und wenn die Sache dann vorbei ist, gibt´s fast immer Probleme mein Müllsack-Pfand zurück zubekommen, weil selbst keinen Wegwerf-Müll verursacht. Ich hebe dann halt einfach noch was bei den Nachbarn auf und pack´s in meine leere Tüte. Meine Ausrüstung (Stuhl & Co.) ist schon viele Jahre alt und musste noch nicht ersetzt werden.
Sicherlich ließe sich das, auch bei mir, mit Verzicht auf manche Aktivität noch weiter optimieren, aber ich muss es auch nicht übertreiben. Gibt ja noch andere Baustellen.
Aber wenigstens mal anfangen, nachzudenken, könnten die Allermeisten. Doch mit vollem Kopf lässt sich meist nicht ökologisch handeln.
Kotzen könnte ich, wenn Wacken & Co. Glas aus "Umweltgründen" verbieten und nochmals extra Plastik-Behälter zum Umfüllen einsetzen, 70 tausend Rucksäckchen mit Wegwerf-Artikeln befüllen, 3D-Brillen verteilen, u.s.w. Wenn Tausende von Notstromern völlig ineffizient pausenlos um die Wette rattern, um einen Kühlschrank, der nur alle 60 Minuten kurz anspringt, zu betreiben und wenn ich sehe, wie dann das viel zu viel Eingekaufte einfach am Ende weggeworfen wird - zusammen mit Stühlen, Zelten, Schlafsäcken, Matratzen, Schuhen, Klamotten, Fahnen, u.s.w. und dann nicht Wenige ans andere Ende der Welt zurück fliegen...
Ich habe mir einmal ein Extrem erlaubt (Frontiers-Festival 2014), mit Flug von Sardinien nach Mailand (500 km) - für 3 Tage. Das war aber erstens "einmal im Leben", zweitens mit Atmosfair & Co. ausgeglichen und drittens NIGHTRANGER! Den Rest des Jahres hocke ich dann in meinem Keller...
Pervers ist aber, wie jede Kreuzfahrt, wenn die Leute erst um den halben Globus fliegen, um dann mit dem Schweröl-Container noch ein paar hundert Seemeilen durchs Paradies zu tuckern und dabei auf dem Metal-Kahn ganz viel Müll fabrizieren, weil ja alles inklusive...
Meinen Hut ziehe ich vor denen, die ihre Festival-Aktivitäten mit dem ÖPNV durchziehen und Zelt & Co. wieder mit nach Hause nehmen.