Ok, das kann ich respektieren.
Nur zur allgemeinen Klarheit das mit dem Konsens nicht als PN: ich habe auch einen sehr politikverdrossenen Zirkel an Personen in meinem Freundeskreis. Diese Leute beschäftigen sich quasi nicht mit tagespolitischen Themen, und wenn es darum geht zu etwas eine Meinung zu haben, richten sie sich oft nach jemand den sie aus anderen Gründen als Person schätzen - etwa ein Musiker, der in seinen Interviews laut sagt, was seiner Meinung nach "Sache ist". Mein Anliegen war: wenn der jetzt von einem Journalisten interviewt wird, der sich nicht äußert oder dem Musiker nach dem Mund redet, kann - aus einer bestimmten Perspektive - der Eindruck entstehen dass ohnhin alle einer Meinung sind; bzw. dass die Meinung des Musikers einen von vielen geteilten Standard wiederspiegelt. Dessen muss man sich bewusst sein wenn man politische Gespräche führt und dann veröffentlicht - es hängt sehr vom Interviewer ab was als "normal" und akzeptabel rüberkommt.
OK. Das ist etwas, was mir ziemlich fremd ist. Heißt konkret: Ich kenne das aus meinem persönlichen Umfeld überhaupt nicht, dass Menschen ungeprüft die Meinung anderer übernehmen. Egal, wie sehr manche Menschen geschätzt werden, oder wie sehr auf deren Meinung Wert gelegt wird. Mir käme auch nie in den Sinn, dass das bei anderen Menschen anders ist. Deshalb kam mir dein Post wahrscheinlich auch etwas merkwürdig vor. Aber du kannst schon Recht haben: Es gibt diese Menschen sicher. Ich sollte vielleicht nicht immer von mir selbst ausgehen.
Ohne jetzt zu sehr aus dem Nähkästchen zu plaudern, aber um die Sache etwas in eine verständliche Perspektive zu rücken: Ich treffe mich regelmässig zu sehr "persönlichen" Gesprächsrunden mit anderen Männern, da geht es dann um alle möglichen Themen, aber hauptsächlich um (sehr) Privates.
Was aber Grundsätzlich nie behandelt wird, sind sogenannte "Küchenthemen", heißt z.B.: wie der FC Carl Zeiss Jena mal wieder verloren hat.
Das oberflächliche Gerede aus dem Alltag wird möglichst komplett aussen vor gelassen. Jeder spricht ausschließlich von sich selbst, was ihn bewegt etc. Wenn möglich immer in der "Ich"-Form. Klingt einfach, ist es aber ganz und gar nicht. Vor allem nicht, wenn man darauf konditioniert ist, in der 3. Person ÜBER etwas zu sprechen, anstatt sich persönlich zu machen. Beobachtet einfach mal, wieviele Menschen in der 3. Person von sich reden, mir passiert das natürlich auch immer mal wieder. Da heißt es dann "Man macht das nicht so", oder noch "besser": "Dann machst du das halt so" (z.B.: Oliver Kahn redet sehr oft so).
Die wenigsten sagen z.B. "Ich hab neulich das und das gemacht. Dabei ging es mir so und so". Diese Gesprächskultur gibt es so gut wie gar nicht, oder nur sehr selten. Wenn jemand beim Reden bei sich bleibt hat das natürlich nichts mit Egoismus zu tun, im Gegenteil: Erst so entstehen Beziehung und Nähe. Ist natürlich schwierig, aber immer noch besser als "Du"-Botschaften, die unweigerlich in den Krieg führen (im übertragenen aber manchmal auch im realen Sinne).
Bei unseren Treffen sind auch die unterschiedlichsten politischen Einstellungen anzutreffen. Ich komme an sich mit allen Ansichten klar, auch wenn ich sie nicht teile. Das liegt aber vor allem an der dort anzutreffenden, sehr respektvollen Gesprächskultur. Keiner wird "blöd" gemacht, nur weil er einer anderen Meinung ist. Offensichtlich vergesse ich manchmal, dass das eben in unserer Gesellschaft nicht der "Normalzustand" ist. Und dann kann es schonmal passieren, dass mir der Kamm schwillt, wenn ich hier bestimmte Sachen lese und dann vielleicht auch etwas "grob" reagiere. Ich weiß das und deshalb halte ich mich aus dem Politikthread mittlerweile fern. Es ist so gut wie unmöglich wirklich differenziert in einem Internetforum über solche Dinge zu diskutieren, vor allem mit dem emotionalen "Sprengstoff", der sich darin verbirgt. Man sieht sich nicht "eye to eye" und manchmal kommen dann Dinge auch nicht so rüber, wie sie rüberkommen sollten.
Ich bin in dieser Hinsicht auch alles andere als perfekt, aber ich arbeite dran.