Nachwuchs Black Metal?

Ich merke mal wieder, wenn ich mir einen Großteil von dem Gefasel, was ich mir in diesem Thread so durchlese, dass mir dieses ganze ideologische Gedöns was im BM so verbreitet wird sowas von auf die Nerven geht. Mann Leute, ey, die Musik, die MUSIK!
 
Mir ist ja bekanntlich ideologisches Geschwafel in jeglicher Couleur und Richtung völlig wurschdt, so also auch in der Beziehung, was wahrhaftiger Black Metal sein kann, soll, darf oder muss.

Manuels Einwurf, dass quasi halbe Kinder die zweite Welle erst losgetreten haben, war auch das erste, was mir zu dem Thread eingefallen ist. Einen Tipp kann ich dem Threadersteller leider nicht geben, weil ich nicht weiß, wie alt die Musiker der jüngeren, neu gegründeten Black-Metal-Bands in meiner Sammlung so sind. Das ist eine Frage, die ich mir gar nie stelle, weil mir das genauso egal ist, wie die ideologischen Hintergründe einer solchen Band.

Allerdings habe ich in meinem Leben schon oft die Erfahrung gemacht, dass mich die Musik von Irren, Bekloppten, Extremisten, Unreifen, oft emotional besonders anspricht. Der Grund dafür ist für mich recht offensichtlich: Diese Bands und Musiker sind sehr oft nicht nur von ihrer Mucke überzeugt, wie viele ihrer "erwachsenen" und "zivilisierten" Kollegen, sondern von einer inneren Überzeugung und einer Art Sendungsbewusstsein "beseelt", die einfach die für mich oft spürbare Identifikation zwischen Musik und Künstler unglaublich verstärkt. Da spricht halt oft der unbedingte Wille aus der Musik, die Welt zu erschüttern und aus den Angeln zu heben.

Das war für mich schon immer ein Element, das mich fasziniert hat, und warum ich auch sehr gerne Musik von extremen Persönlichkeiten höre. Dieses Genie-und-Wahnsinn-Element bringt sehr häufig Kunst hervor, die mich auf eine ganz spezielle Weise fasziniert. Deshalb stört es mich auch grundsätzlich nicht "ideologisch fragwürdige" Bands zu hören, auch wenn sie aus meiner Sicht unvertretbare Inhalte haben. Einfach das "Faszinosum der Kunst von Überzeugungstätern" an sich, das oft sehr tiefe Eindrücke und Perspektiven offenbart, die ich im Leben nicht teilen werde, die ich aber irre spannend zu beobachten finde.

Und - um den langen Kreis zu schließen - das kommt gerade bei sehr jungen Musikern oft noch viel krasser zum Tragen als bei abgeklärten alten Veteranen. Egal welchen prominenten Nordland-Mucker du nimmst, bei fast allen fasziniert mich das Frühwerk ganz besonders, weil ich z.B. bei Emperor oder Enslaved 1993 viel mehr von dieser radikalen, unbezähmten, ja, auch ideologisch teils abseitigen Dynamik und Energie spüre, als bei Enslaved oder Ihsahn 2012.

Ich kann mir gut vorstellen, dass das auch im Black Metal 2014 passieren kann, wenn ein paar 16- oder 17-jährige eine neue Band gründen. Aber - und da bin ich dann bei Noisenberg - es wird bestimmt nicht funktionieren, wenn es sich um "Generika" handelt, deren Ziel es ist, so "cool" zu sein wie Varg & Euronymous 1993, oder deren Ziel es ist, einfach mit 1000x gehörter Mucke die Charakteristika eines komplett ausdefinierten Genres zu bedienen. Ja, im Endeffekt fürchte ich, dass das nur funktionieren kann, wenn die Typen mindestens genauso kaputt drauf sind, wie unsere subarktischen Freunde es anno 1991-1993 waren. Das heißt um Himmels Willen nicht, dass ich mir einen neuen "Inner Circle" mitsamt derselben kriminellen Energie wünschen würde, aber mein Gefühl sagt mir (leider?), dass diese Szene eben nur diesen Einfluss und Nachhall haben konnte, weil die Typen so extrem drauf waren. Nicht der Taten wegen, sondern der Einstellung zur Musik und zum Leben wegen. Jo, wie gesagt, "Genie und Wahnsinn" halt.

Noisenbergs Einstellung teile ich zwar nicht, und ich freue mich auch immer über junge Metaller (hab als metallischer Jugendleiter im Verein über die letzten 20 Jahre selbst schon den einen oder anderen jungen Burschen zum Metaller werden sehen, und mich darüber immer gefreut bzw. auch gerne mal welche zu Gigs mitgenommen). Aber verstehen kann ich die Einstellung im Bezug auf neue Bands schon irgendwie, da ich an mir selbst beobachte, dass ich - leider - auch von so ziemlich keiner einzigen nach 2000 gegründeten so begeistert bin, dass sie bei mir in den Rang einer Lieblingsband aufgestiegen wäre, und das betrifft ALLE Genres.

Trotz allem, über Tipps zum Threadthema würde auch ich mich freuen, auch wenn ich </= 18 jetzt schon arg jung und einengend finde (</= 25 wäre ja auch noch Jugendgruppe, oder nicht?). Trotzdem: Ich bin gespannt.
 
Und mir ist an Black Metal alles außer der Musik völlig egal. Also hör ich nur die Musik und find das teilweise extrem cool (Helrunars Sol) oder halt weniger cool (2nd Wave). So einfach mach ich mir das.
 
Ich war noch nie besonders anfällig für Kasperltheater. Wenn das Produkt stimmig ist, bin ich zufrieden. Mehr brauch ich nicht.
 
Ich war noch nie besonders anfällig für Kasperltheater. Wenn das Produkt stimmig ist, bin ich zufrieden. Mehr brauch ich nicht.

Ich brauche das "Kasperltheater" persönlich auch nicht. Aber ich habe halt für mich tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass mich die Musik von extremen Personen oft besonders stark anspricht, und zwar ganz unabhängig davon, ob das dann mir nahe stehende oder völlig gegen den Strich gehende Ideologien, politische Positionen, Religionen, Weltanschauungen sind. Da habe ich keinerlei Berührungsängste. Hatte da mal eine CD von einer tschechischen Hare-Krishna-Vegan-Core-Band, die mich ziemlich begeistert hat, obwohl ich von Hare Krishna und Veganismus ungefähr so weit weg bin der VfB vom Meistertitel. Vielleicht sogar noch weiter. Aber ich hatte bei der Scheibe einfach das Gefühl, dass hier ein paar Typen wirklich sehr intensiv ihre Überzeugung in die Musik einfließen lassen, und das findest du halt bei Rechten, Linken, wiedergeborenen Christen, Satanisten, Antikosmikern, Rednecks, Tierrechtlern, Verschwörungstheoretikern etc... auch, und das finde ich persönlich in Ordnung. Überzeugungstäter bringen oft sehr, sehr viel von ihrer Persönlichkeit und Hingabe - oder eben von ihrem Wahn - in die Musik ein, und ich finde, dass man das in vielen Fällen hören kann. Black Metal von krassen Persönlichkeiten mit dem Ziel der Weltherrschaft wird m.E. fast immer intensiver und authentischer klingen als Black Metal von jemandem, dessen Ziel es ist, alten Darkthrone zu huldigen und dazu passende Texte zu schreiben, der aber außer dem Handwerk "geile Mucke machen" keinen weiteren Anspruch an seine Musik hat. Davon bin ich überzeugt. Und ich liebe es einfach, wenn Musik etwas Wahnhaftes, Wahnsinniges, Abgründiges transportiert. Das ist einerseits schade, weil mich seine Allmachtphantasien nicht die Bohne interessieren, und ich auch gut ohne sie sein könnte, aber wenn sie ihm andererseits dabei helfen, bessere, tiefere, extremere Musik zu machen, dann darf er sie sehr gerne haben.
 
Das in etwas meinte ich - völlig unabhängig vom Genre - sehr knapp mit dem zweiten Satz, kurzum: ist ein Künstler voller Hingabe seinem Werk gegenüber, kann (nicht muss) dies sich auch in jenem niederschlagen und auf den Rezipienten übertragen. Da ist es (mir) relativ gleich, ob es eine Hardcoreband ist oder eine sog. orthodoxe BM Band, etc., finde ich. Mehr Schein als Sein, darauf springe ich nicht an (Kasperltheater, bspw. Ofermod für mich).
 
Die müssen natürlich nicht blutjung sein, 18 oder 20 zählt für mich auch noch als jung. Ich erhoffe mir einfach bei Bands mit noch nicht voll entwickelten Persönlichkeiten auf Interessantes zu stoßen....
Das ist aber nicht bezogen auf diese im Black Metal verbreitete Einstellung, Black Metal sei ja quasi eine reine Lebenseinstellung und man dürfe es nicht genießen, da es kein Entertaining sei (NICHT so gesagte, aber im groben gemeinte Aussage von Dead von Mayhem). Von der bin ich kein besonderer Anhänger, da das meiner Meinung nach den gerade im Black Metal so vollmundig propagierten Individualismus zunichte macht.
 
Naja, das ist Auslegungssache, aber grundsätzlich macht der gemeinsame Nenner "SATAN" in Verbindung mit einer gewissen Ernsthaftigkeit die Bezeichnung "Black-Metal" ja erst legitim, ist also Pflicht, ob die Band nun Mercyful Fate oder Mayhem heißt. Gibt nur ganz wenige Ausnahmen, wie z.B. Burzum, der ja nur das Instrumental Dominus Sathanas oder so ähnlich hat. Da kann der Individualismus darin bestehen, in wie weit man das auslebt oder in welcher Ausprägung. Musikalisch kann man auch ganz individuell sein. Aber ob der BM nun satanisch sein muss oder nicht, das ist sehr strikt und bei vielen Bands auch definitiv mit einer Lebenseinstellung verbunden. Die dann natürlich auch sehr strikt sein kann mit einem Kreis an Leuten, was natürlich alles andere als Individuell ist, sondern eben eine Glaubensgemeinschaft, mehr oder weniger.
Auch wenn sich jemand als Elitärer Einzelkämpfer und Individualist sieht ist es im Prinzip so.
Also bleibt unterm Strich nur die individuelle Unterscheidung, wie ernst man es meint und auslebt und welche Form die Musik hat.
 
Für viele eben nicht. Da kannst Du behaupten was Du willst. Ich kenne persönlich genug Leute, denen das viel viel mehr bedeutet.
Das ist aber weder nötig, um Black Metal zu definieren, noch ist es ein Alleinstellungsmerkmal des Black Metal. Gibt ja auch Leute, die einem Dinge erzählen wie "Metal ist meine Lebenseinstellung.", "Onkelz sind meine Religion" oder "Ich lebe für Hip-Hop!". In jeder Szene gibt es Leute, die sich über eben diese Szene definieren.
 
Das ist aber weder nötig, um Black Metal zu definieren, noch ist es ein Alleinstellungsmerkmal des Black Metal. Gibt ja auch Leute, die einem Dinge erzählen wie "Metal ist meine Lebenseinstellung.", "Onkelz sind meine Religion" oder "Ich lebe für Hip-Hop!". In jeder Szene gibt es Leute, die sich über eben diese Szene definieren.

Da haste Recht. Aber Fussball ist ja auch nur ein Spiel.
 
Das ist aber weder nötig, um Black Metal zu definieren, noch ist es ein Alleinstellungsmerkmal des Black Metal. Gibt ja auch Leute, die einem Dinge erzählen wie "Metal ist meine Lebenseinstellung.", "Onkelz sind meine Religion" oder "Ich lebe für Hip-Hop!". In jeder Szene gibt es Leute, die sich über eben diese Szene definieren.
Für Black-Metal ist es per Definition schon nötig, wenn man es genau nimmt. Muss man nicht, ich tus auch nicht unbedingt, aber wenn man es wirklich 100% machen will, ist es nötig.
 
Genau das wollte ich oben in dem knappen Satz ausdrücken. Für Black Metal ist eben nicht nur Image der Band und Verbundenheit der "Fans" essentiell, sondern vor allem eine mehr oder weniger auf Destruktivität bestehende bzw. auf misanthropischer Weltanschauung basierende Authentizität der Künstler.
 
Genau das wollte ich oben in dem knappen Satz ausdrücken. Für Black Metal ist eben nicht nur Image der Band und Verbundenheit der "Fans" essentiell, sondern vor allem eine mehr oder weniger auf Destruktivität bestehende bzw. auf misanthropischer Weltanschauung basierende Authentizität der Künstler.

Aha, also gehts Du davon aus zu wissen, wie die Damen und Herren tatsächlich ticken oder nimmst Du das "Theater" einfach für bare Münze?
 
Aha, also gehts Du davon aus zu wissen, wie die Damen und Herren tatsächlich ticken oder nimmst Du das "Theater" einfach für bare Münze?

Es gibt Bands, die ich für authentisch halte (DSO z.B.), und welche, die ich als Kaspertheater (Mystic Circle z.B.) nicht ernst nehmen. Als Grundlage können nur die Texte, Interviews und Liveshows (sofern es sie gibt) gelten.
 
Für Black Metal ist eben nicht nur Image der Band und Verbundenheit der "Fans" essentiell, sondern vor allem eine mehr oder weniger auf Destruktivität bestehende bzw. auf misanthropischer Weltanschauung basierende Authentizität der Künstler.
Bands, die Destruktivität und Misanthropie nicht propagieren, können demnach nicht Black Metal sein? Egal, wie sie musikalisch klingen? Hm, vielleicht müsste ich dann konsequenterweise auch meine BM Alben verkaufen, verschenken oder - besser noch - vernichten, wenn ich selbst nicht der Misanthropie nachhänge? Interessant.
 
Ich glaube, die Diskussion führt hier zu nix. Noisenberg und Moonshine wollen per se nur gesagt haben, dass per Definition einfach bestimmte Sachen "erfüllt" sein müssen, um als authentischer BM zu gelten. Ob das wichtig oder erstrebenswert ist, sei dahingestellt und steht auf einer ganz anderen Medaille.
The Ruins of Beverast waren musikalisch auf den ersten beiden Alben durchaus dem BM zuzuordnen, dennoch hatten sie inhaltlich nicht viel mit dem gemein. Selbst die großartigen Nagelfar wurden des Öfteren ob der inhaltlichen Ausrichtung gern in die Pagan-Ecke gestellt. Und selbst Szenepapst Kanwulf hat sich in früheren Interviews nicht als Black Metal bezeichnet wegen des fehlenden Satanismus.

Das sind alles nur Beispiele um die Sache als solche zu erklären. Ob das jetzt sinnvoll ist, ist wie gesagt dabei erst mal zweitrangig. Natürlich ist "Virus West" eine der Sternstunden des deutschen Black Metals.
 
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