Umsonst? Hätt ich sofort genommen. Dann geschaut, was für mich interessant ist, und den Rest verschenkt/verkauft
Was du hier in einer Zeile abhandelst, ist aber in der Realität schon ein längeres Prozedere.
Natürlich gibt es Faktoren, die das Sichten einer Sammlung beschleunigen. Ich kann mir spontan folgende vorstellen:
1) Ein gut informierter Metalfreak sichtet eine homogene Metalsammlung. Dürfte relativ unproblematisch sein, das meiste ist bekannt und lässt sich gut in „her damit“ und „weg damit“ einteilen. Wobei auch in dieser Konstellation Komplikationen denkbar sind, sobald der Metalhead es mit einer Nische zu tun bekommt (was weiß ich – philippinischer Death Metal oder so), bei der er denkt „hoppla, davon kenne ich fast nichts, interessiert mich aber“.
2) Man sichtet eine überwiegend schrottige oder mainstreamige Sammlung, wo man zig CDs von DJ Ötzi, DJ Bobo, Helene Fischer und wie sie alle heißen entsorgt und sich nur ein paar wenige Rosinen rauspickt (sofern es in so einer Sammlung überhaupt welche gibt).
3) Der Sammlungsbesitzer ist ein völlig Fremder, d. h. man hat keinerlei Bezug zu ihm oder der Sammlung.
War in diesem konkreten Fall aber überhaupt nicht so, siehe im Folgenden:
...
Es gäbe nur eine einzige Sammlung, die ich als Ganzes in mein Haus lassen würde: Das wäre die Sammlung meines damals besten Freundes und Nachbarn. Sie ist nicht sehr groß (wahrscheinlich um die 60-70 Platten), aber sie enthält viele schöne Scheiben, die ich mir damals nicht selbst gekauft habe, sondern nur bei ihm auf Tape kopiert habe (und umgekehrt). Wobei er aus heutiger Sicht den besseren Geschmack von uns beiden hatte. Aber das Gras ist ja bekanntlich immer grüner auf der anderen Seite...
Das ist hier tatsächlich auch der Fall. Der Sammler war in Jugend- bis Teenager-Zeiten mein bester Freund und dementsprechend lief meine frühe musikalische Sozialisation ziemlich parallel zu seiner. Beim Verladen kam es daher auch immer wieder mal vor, dass eine obenauf liegende CD rausgeholt und grinsend kommentiert wurde. Oder dass er eine CD hochhielt - typischerweise aus der härteren Ecke - und meinte „das müsste doch was für dich sein“ woraufhin ich meistens antworten konnte „danke, hab ich schon“. Metal und Hardcore hörte er übrigens vorwiegend in Teenager-Tagen, danach immer weniger bis gar nichts mehr davon. Daher würde ich den Metal-Anteil der Sammlung nur auf 10-15% schätzen, ansonsten genremäßig ganz gut gemischt. Aber das war halt schon ein massiver Musik-Nerd, früher noch deutlich mehr als ich (während sich das inzwischen offenbar gedreht hat), daher ist da jede Menge hochwertige und gleichzeitig unbekannte Musik zu vermuten. Würde man hier alles einem selbst nicht bekannte Zeug einfach aussortieren, müsste man befürchten, dass einem jede Menge gute Musik durch die Lappen geht. Und das ginge ja nicht.
Außerdem: Selbst wenn man ein Album komplett anhört, ist es oft nicht so, dass man im Anschluss gleich eindeutig sagen kann „Schrott, kann weg“ oder „super, auf jeden Fall behalten“. So einfach ist das in vielen Fällen gar nicht, denn ein Großteil der Veröffentlichungen bewegt sich irgendwo dazwischen. Gibt genügend gute Alben, die sich beim ersten Anhören mit Sperrigkeit „wehren“ und sich erst bei wiederholten Durchläufen erschließen (dieses Problem beim Einschätzen von Alben ergibt sich natürlich auch beim Musik-Einkauf).
Fazit: Das Sichten und Anhören (jedenfalls bei mir unter den beschriebenen Umständen) kann ein Fass ohne Boden sein (selbst bei deutlich kleineren Tonträger-Mengen).
Das hört sich doch nach nem ziemlich guten Richtwert an!
Ich hätte gefühlsmäßig auch gesagt, dass (für mich) spätestens ab 1000 Stk der Anteil derjenigen Scheiben, denen man nicht genügend Aufmrksamkeit schenken kann, zu stark ansteigt. Aktuell bin ich noch groß dabei, geliebte Alben und/oder Klassiker mir nach und nach physisch zuzulegen, weswegen ich hin und wieder mit dem Kauf etwas über die Stränge schlage, aber ich merke ja aktuell schon, dass ich mit dem Hören insb. der unbekannten Sachen nicht hinterherkomme, manchmal Sachen versehentlich doppelt bestelle, etc. Ich schätze, wenn ich mit dem Abarbeiten des Aufholbestands durch bin, wird sich der Sammlungszuwachs eher in Grenzen halten. So viel neues im Jahr kommt ja nicht raus bzw. bei mir an… Und dazu dann vielleicht noch die ein oder andere Ausmistaktion der gesammelten Blind- oder Blendfehlkäufe…
Ich würde jetzt nicht unterstellen, dass das bei dir so läuft, nehme das aber als Aufhänger um generell zu warnen (wobei die meisten hier ja nicht gerade Sammlungsfrischlinge sind, aber egal). Ich denke nämlich, dass gerade Leute, die erst mit Sammeln anfangen und deren Sammlung noch relativ klein ist, Gefahr laufen, sich – vielleicht etwas übermotiviert – zu schnell und zu viele sogenannte Klassiker ins Regal zu stellen, die dann letztendlich vor allem Staub ansetzen. Wobei man hier wohl unterscheiden muss zwischen „Underground-Klassikern“ (quasi unter Musik-Nerds) und „Mainstream-Klassikern“ (kennt quasi jeder Metaller/Rocker/etc.). Eine Sammlung, die hauptsächlich aus mainstreamigeren Alben bzw. "Klassikern" besteht, empfinde ich eher als gesichtslos, austauschbar, also ziemlich langweilig. Eine individuelle Sammlung, bei der man beim Durchsehen immer wieder mal überrascht wird (in welcher Form auch immer), finde ich viel interessanter.
Ach ja,
@avi , die 1000er-Marke, die du setzt, sollte man aber nicht völlig isoliert betrachten, sondern auch den Sammlungszeitraum einbeziehen. Bei einem 20-Jährigen mit 1000+ Tonträgern bestand wohl nicht genügend Zeit für eine Würdigung des einzelnen Albums, bei einem 50-Jährigen mit 1000+ Tonträgern dagegen kann es gut sein, dass er jedem Album zumindest in einer bestimmten Lebensphase angemessene Aufmerksamkeit geschenkt hat.
Klar, im Allgemeinen ist ein langsameres, „gesünderes“ Sammlungswachstum anstrebsam, ich kann aber auch gut verstehen, wenn das nicht immer klappt – man hat halt einfach Bock auf neue Musik.
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Ich habe selbst ca. 1500 CDs im Keller gebunkert (die Ausschußware aus den 90ern und Nullern, das Gute ist im Wohnzimmer, Doppeltes habe ich bereits einem Freund geschenkt) und weiß nicht wohin damit: Second Hand kriegt man sie kaum los, einzeln verkaufen lohnt den Aufwand nicht, wegschmeißen will man das dann doch nicht.
Ich nehme mir wegen des unverhofften Sammlungszuwachses schon vor, noch etwas mehr auszumisten, kenne mich aber gut genug, um zu wissen, dass hier nicht der eiserne Besen, sondern nur der Staubwedel zum Einsatz kommt. Deswegen ist das wahrscheinlich tatsächlich eine gute Kompromisslösung: Einen größeren Karton packen mit CDs, die man nur noch selten hört und diese dann im Keller deponieren. Sollte man dann irgendwann nostalgische Anwandlungen oder einen sonstigen Grund haben, dann sind die CDs nicht weg, sondern können reaktiviert werden.
Ich habe aktuell, nach meiner Sale Aktion noch 871 Tonträger.
Ca. 15 Blu Ray/ DVD Releases, ganz wenige CDs, welche ich aber alle auf Platte und CD sammle, wie zB DEATHSPELL OMEGA und von vielen Releases LP, Box und Earbook oder Lavish Editionen.
Unterm Strich sind es noch 537 Releases, welche jetzt schon immer besser in die Heavy Rotation rutschen.
Fühlt sich großartig an.
Wäre jetzt nicht meine Welt bzw. Lösung, ich respektiere das aber absolut, dass du das so rigoros und effizient durchziehen kannst.