Also gut, beim ersten Mal kann Neulingen ein Eindruck von Langeweile überkommen, das sollte aber schnell vergehen.
Zuallererst muss man verstehen, dass es beim Baseball einige grundsätzliche Eigenschaften gibt, die anders sind als bei den meisten anderen Mannschaftsballsportarten.
- Auf dem Spielfeld hat nicht jede Mannschaft ihre eigene Seite. Man spielt stattdessen abwechselnd und immer in die gleiche Richtung.
- Nur ein Teil des Spielfelds (das Infield) hat eine vorgegebene Form und festgelegte Maße. Der andere Teil (das Outfield) ist in jedem Ballpark unterschiedlich groß, unterschiedlich geformt, und oft asymmetrisch.
- Spielzüge finden nicht nur im Feld, sondern auch jenseits der Auslinien statt.
- Obwohl Teams mit je neun aktiven Spielern gegeneinander antreten, stehen sie nie alle gleichzeitig auf dem Feld. Über weite Phasen steht ein 1:1 Duell im Mittelpunkt.
- Nicht das angreifende, sondern das verteidigende Team ist in Ballbesitz.
- Punkte werden nicht durch den Ball erzielt, sondern ausschließlich durch den Spieler. Dafür ist es umso hilfreicher, je weiter weg der Ball vom angreifenden Spieler ist.
- Das Spiel ist zeitlich nicht begrenzt.
- Es gibt keine Unentschieden.
All das trägt dazu bei, dass Baseball für uns (mit Fußball aufgewachsene in Europa) etwas weniger intuitiv nachvollziehbar ist.
Sofern man mit den grundlegenden Regeln vertraut ist, sollte man einfach regelmäßig Spiele ansehen. In Europa kommt man dazu beinahe nicht um MLB At Bat rum, da gibt es jeden Tag das „MLB Free Game of the Day“, auch ohne Abo.
Für den Neueinsteiger macht ein Berg an Regeln und die oben genannten Punkte das Spiel erstmal etwas unüberschaubar.
Aber wie Göran Fiedler in dem sehr zu empfehlenden Buch „Baseball für Fußballfans“ sagt, ist das Gute daran, dass Baseball auf mehreren Ebenen funktioniert:
- Man muss bei Weitem kein Kenner sein, um bei einem gelegentlichen Blick auf den Bildschirm das Ergehen der Teams zu verfolgen oder den einen oder anderen Spieler ob seiner schlechten Leistungen anzuprangern.
- Wenn man sich regelmäßig geduldig die Spiele im Fernsehen anschaut, stellt sich anhand von immer wiederkehrenden Spielsituationen eine gewisse Versiertheit und Vertrautheit mit den gängigsten Spielregeln ein, und man entwickelt einen Sinn für die mögliche Dramatik des Spielverlaufs.
- Schließlich wird man, nachdem die Regeln geläufig und die Spieler des Lieblingsteams einem quasi zu langjährigen Vertrauten geworden sind, die psychologischen und taktischen Raffinessen der verschiedenen Spielsituationen erkennen und schätzen lernen.
Kurzum, man muss reinkippen.
Am geilsten an einem Spiel ist z.B. diese, nicht mal so seltene Konstellation:
Untere Hälfte 9. Inning, Heimteam am Schlag mit 0:3 Runs im Rückstand. Schon 2 Outs, aber alle Bases besetzt. Full-Count, d.h. ein Strike und das Spiel ist zu Ende.
Stattdessen trifft der Batter mit voller Wucht – Walk-Off Grand-Slam Homerun zum 4:3 Endstand!
Oder ein Inning in der Mitte des Spiels, in dem nach 2 schnellen Outs der Pitcher völlig unerwartet komplett von der Rolle gerät und alles mögliche passiert, was man selten allein in einem Inning zu sehen bekommt. Folgendes ist z.B. Max Scherzer 2018 gegen die Cubs passiert:
„
Here's how the fifth-inning rally after 2 quick outs looked: an infield single, a bloop single, a two-run double down the third-base line, an intentional walk, a dropped third strike that turned into a passed ball, and a throwing error to score another run, a catcher's interference, a hit batter to score another run before popping out to short to end the inning.“
Gib dem Spiel noch eine Chance, du wirst es nicht bereuen.
Hier noch Buchtipps:
MUSS:
Göran Fiedler – Baseball für Fußballfans
Äußerst empfehlenswert:
Dominik Asef – Baseball: Alles was man wissen muss
Claus Melchior - Baseball: Kulturgeschichte eines amerikanischen Sports
Zur Vertiefung, Englisch, aber leicht verständlich und macht Spaß:
Alex Irvine – The Comic Book Story of Baseball
Dan Formosa – Baseball Field Guide
