[Top of the Progs - 100 Meisterwerke] Pavlos' Liste


Bei dem Umbruch in der Hälfte hatte ich heute mal wieder Lust, alles kurz und klein zu schlagen. Ich habe es nicht gemacht, dafür die Leistungsgrenzen meiner Anlage ausgereizt.

Musik zum Anfassen, als hätten sich die Musiker komplett im Notensystem aufgelöst und machen da, was sie wollen. Wenn man mit diesem Video nichts anfangen kann, braucht man die Band wohl nicht.

Hoffentlich kommt Peter wieder auf die Beine, damit die früh datierte Tour noch stattfindet.
 
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082. Crack – Si Todo Hiciera (Spanien, 1979)
Spanischer Rock und Prog aus den 70ern ist auch so ein wunderschönes Feld voll süßlich duftender Blumen, in dem ich mich jedes Mal aufs Neue stundenlang genüsslich hin und her wälzen könnte. Im Gegensatz zu vielen anderen Klassikern der alten spanischen Schule (ich denke da z.B. an solch genialen Truppen wie Triana, Cai, Bloque und Mezquita) spielte der Flamenco bei Crack keine allzu große Rolle. Lediglich bei ein, zwei Nummern wird dieses Element in den Bandsound eingegliedert, und auch da eher zurückhaltend. Vielmehr erinnert "So Todo Hiciera" mit seinem cineastischen Symphonic Prog und dem typisch südländischen Romantik-Pathos an die damaligen Nachbarn aus Italien. Hier mal das luftige und dynamische 'Marchanda Una Del Cid':


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081. Jethro Tull – A Passion Play (UK, 1973)
Nach dem Erfolg des grandiosen Vorgängers "Thick As A Brick" war Bandchef Anderson erneut nach einem Konzeptalbum, aber es sollte sich stilistisch deutlich vom Vorgänger unterscheiden. Diese Vorgabe bzw. Einschränkung, sowie mehrere abgebrochene Songwriting- und Aufnahmesessions im Vorfeld, die in massiven Zeitdruck und Unstimmigkeiten innerhalb der Band resultierten, hatten zur Folge, dass "A Passion Play" manchmal nicht wirklich stimmig, flüssig und sinnvoll erscheint. Als ob viele Passagen nicht zu Ende gedacht wurden. Auf der anderen Seite kann diese Zerissenheit auch ein großer Pluspunkt sein, denn da, wo auf "Thick As A Brick" stets zielführend gedacht und musiziert wurde, da hagelt es hier "abgefahrene" Herausforderungen für den Prog-affinen Hörer. Eine absolue love it or hate Angelegenheit, also. Von mir gibt es jedenfalls beide Daumen nach oben, denn ich mag den "komischen" Flow der Scheibe total, gerade in Kombination mit der düsteren Grundstimmung, den zahlreichen dissonanten Passagen und den kuriosen Lyrics über das Sterben, was danach passiert, und Andersons Sicht auf die christliche Vorstellung von Himmel und Hölle. Bei einem zusammenhängenden Monster wie 'A Passion Play' ist es natürlich immer schwierig einen einzelnen Song bzw. eine einzelne Passage herauszufiltern, aber ich denke, das fantastische 'The Foot Of Our Stairs' repräsentiert ganz gut die wunderbare Verschrobenheit dieser einzigartig klingenden Platte. Bitte mal auf das instrumentale Zusammenspiel achten, welches zwischen "Ich glaub, ich bin raus!" und "Genial, was wir hier machen!" pendelt....und dann doch zu jeder Sekunde Sinn ergibt:
https://www.youtube.com/watch?v=_0shKJBJWAk


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080. Anglagard – Hybris (Schweden, 1992)
Nachdem sich der klassische Prog Mitte, spätestens jedoch Ende der 70er in eine dunkle, verlassene Höhle zurückgezogen und den Eingang mit einem riesigen Felsbrocken verschlossen hatte, und der Neo-Prog daraufhin die 80er dominierte, hievten ab Anfang/Mitte der 90er immer mehr junge, enthusiastische Retro-Progger den alten Sound der 70er zurück in die Ohren der Prog-Community. Anglagard aus Schweden schoben 1992 mit "Hybris" den oben erwähnten Felsbrocken beiseite, und sorgten mit ihrem authentischen Retro-Sound dafür, dass der alte Prog wieder unter die Lebenden konnte. Er roch zwar streng, aber sein Herz pochte noch (krumm). "Hybris" zitiert ganz viele alte Helden der goldenen Ära, geht dabei aber deutlich kantiger (und melancholischer) zu Werke. Die Zutaten: skandinavische Düsterheit in Kombination mit überraschendem Songwriting, virtuosen Melodiebögen und atemberaubenden Skills an den Instrumenten. Kameraden, diese Scheibe MUSS man besitzen, und wer das hier verlinkte 'Kung Bore' nicht mag, dem ist aus Prog-Sicht einfach nicht mehr zu helfen:
https://www.youtube.com/watch?v=zqE6zPYS1oY
 
Zuletzt bearbeitet:
2 x unbekannt, 1 x viel zu selten gehört (das spanische Album - Spaß beiseite ;-)).

Anglagard hat damals eine Menge Support von JFK (damals noch Rising Sun) bekommen und die Band hat einen sehr guten Ruf und fährt stets gute Rezis ein, ist aber auch nicht gerade veröffentlichungswütig. Beides sind keine Kriterien für "gut oder schlecht", garantiert aber für "sollte man gehört haben". Das Cover fixt mich schon an, die Beschreibung der Musik kaum weniger. Muss auf den Prüfstand.

In Sachen "südländischem Prog" fordere ich vom Pavlos Forever und artverwandten Nerds (ihr wisst, wer ihr seid!) ein etwa 250seitiges Special mit Hörbeispielen hier im Forum, ihr könnt den "italienieschen" Faden ja einfach erweitern. Notfalls die Seitenzahl nach Erfordernis korrigieren.

Und auch, wenn ich nicht so prominent bin wie ein gewisser Gratulant: auch von mir alles Gute nachträglich zum Geburtstag @Pavlos.
 
Danke.

Die Aufnahme vom DeMaio ist (ein gut gemachter) Fake. Ich dachte, das sei klar.

Auf dein Feedback zu Anglagard bin ich gespannt.
 
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079. Anyone's Daughter – Adonis (D, 1979)
Novalis, Hoelderlin, Eden, Neuschwanstein, Eloy. Die Liste des sog. Spätsiebziger Romantic Progs aus deutschen Landen ist gar nicht mal soooo lang, beinhaltet dafür aber ein paar hell glänzende Edelsteine anspruchsvoller "Kitsch"-Musik voll Melancholie und Sehnsucht. Mein Liebling aus dieser vollkommen unterbewerteten Sparte hört auf den Namen "Adonis" und wurde zu eine Zeit veröffentlicht, als nur noch die ganz Hartgesottenen dieser Art Sound folgten. Der kunstvolle Symphonic Rock der Stuttgarter erreicht in Sachen Atmosphäre und Storytelling fast schon die Klasse früher Genesis, lediglich beim zurückhaltenden, (für damalige Prog-Musik) typisch deutschen Gesang muss man Abstriche (igitt!!) machen. Dafür gibt es aber wunderschöne Instrumentalpassagen, Gitarrenfiguren und Melodiebögen zu hören, fühlen und (ver)lieben. Wie z.B. beim die erste Plattenseite komplett einnehmenden Titelstück:


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078. Il Bacio Della Medusa – Discesa Agl'Inferi D'Un Giovane Amante (I, 2008)
Lyrischer Italo-Prog mit röhrender Orgel, lauten Gitarren, ausufernden Instrumental-Parts und (natürlich) emotionalem Gesang. Das Konzeptalbum (der Titel lautet sinngemäß "Abstieg eines jungen Liebenden in die Hölle", wenn ich das jetzt richtig übersetzt habe) besteht aus mehreren fließend ineinander übergehenden Songs, bewegt sich dabei stets zwischen Prog-Stolz und Rock-Biss, und hat ab und an auch leisere, pastorale Kammerspiel-Parts mit Streich- und Blasinstrumenten mit dabei. Die qualitative Distanz zu den ganz großen italienischen Klassikern der 70er ist gar nicht mal so weit entfernt, und die Scheibe fühlt sich wie ein großes Zitat der goldenen Ära an, nur mit deutlich mehr Heaviness. Ich reiß mal einen Song aus dem Gefüge heraus:
https://www.youtube.com/watch?v=dsZJ3aOvXwI


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077. Khan – Space Shanty (UK, 1972)
Sowas wie die eingängigste Scheibe aus der Canterbury Ecke, auf jeden Fall aber eine der bzw. vielleicht sogar DIE beste Scheibe des "Genres". Und das soll schon was heißen, denn damals gab es mit Caravan, Hatfield And The North, Gong, Nucleus, Egg, Soft Machine, National Health und Gilgamesh -um jetzt mal nur die bekannteren Bands zu nennen- ja einige geniale Truppen, die den geneigten Fan zum Schwärmen bringen. Was Khan so einzigartig macht(e), war die Kunst, Anspruchsvolles so zu formen, dass es sowohl für das geübte, als auch für das ungeübte Ohr angenehm anzuhören war. Breaks, Taktwechsel, jazzige und "krumme" Beats finden zwar statt, aber das passiert ständig in einem angenehmen Flow, der zu jeder Zeit nachvollziehbar bleibt. Die "Hektik", die vielen der eben genannten Bands inne wohnt, bleibt bei Khan konsequent draußen. Wie z.B. bei 'Driving To Amsterdam':
https://www.youtube.com/watch?v=4DXDWp8zUrw
 
Zuletzt bearbeitet:
Vom Medusen-Bussi bisher völlig unbeleckt, applaudiere ich umso nachdrücklicher der Wahl der anderen beiden Scheiben :top:
War aber auch sowas von erwartbar, daß ich hier im Thread auf die Vollbedienung meines Geschmacks treffen würde :)
Ihr beide schwebt über uns Sterblichen hier wie ein unaufgelöster Septakkord über einer primitiven Bluesband. Und das ist natürlich als Kompliment gemeint. :)
 
hier mal weiter kommentieren:
85: Mittelalter ist nicht so wirklich meins, aber das klingt insgesamt interessant und wer ein Schachthema hat, bekommt einen Hörversuch.
84. Ich habe noch nie Canterbury-Stoff gehört, der mir gefällt. Mein Drang dies neu auszutesten, ist bislang recht gering.
83. Was ich von VdGG kenne, ist wenig und war bisher nicht so meins, aber ist eine der Bands, wo ich doch mal ausgiebiger antesten werde.
82. Nie von gehört. notiert.
81. ja, die ist fein, bei JT muss ich aber noch ein paar Lücken füllen.
80. kenne ich, ist aber sicher 10-15 Jahre her, dass ich sie gehört habe und fand sie sehr schwierig. Werde ich aber auch noch mal testen.
79. Hier kenne ich nur "Piktor's Verwandlungen" und ein paar Songs von der selbst betitelten Scheibe. Das gefiel mir gut, aber hat nie dazu geführt, mich in der Tiefe mit der Band zu beschäftigen.
78. Nie gehört, aber bei den Italienern bin ich eh ziemlich blank. Ich warte mal noch, was du hier noch so vorstellst.
77. Siehe 84, aber hier höre ich rein, wenn es "eingängig" sein soll.
 
Fast schon erwartungsgemäß 3 x unbekannt, wobei mir Anyone's Daughter namentlich natürlich ein Begriff sind.

Die Khan fixt mich von der Beschreibung her etwas mehr an, als die Italiener...mal schauen, es bleibt in jedem Fall spannend und tatsächlich ist der verlinkte Song durchaus ein nettes Appetithäppchen.
 
Damit ich überhaupt was schreiben kann zu der aktuellen Auswahl: das Album von Khan taucht im neuen Rocks unter der Rubrik "Perlentaucher" auf.

Ich kenne wieder mal überhaupt nichts, werde beizeiten rein hören und erwarte, mindestens einmal Flötentöne beigebracht zu bekommen.
 
Ihr beide schwebt über uns Sterblichen hier wie ein unaufgelöster Septakkord über einer primitiven Bluesband. Und das ist natürlich als Kompliment gemeint. :)


Georgie: "Schweben sie?" (die Luftballons)

Pennywise: "Ja, und auch du wirst schweben. Wir alle schweben hier unten...."

#grusel, grusel/ soviel zu meinem über allen anderen schweben :acute: - bei @Pavlos wird das anders aussehen.
 
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076. Dali's Dilemma – Manifesto For Futurism (USA, 1999)
"Clone" klingt immer blöd (und unfair) wenn man Musik beschreiben will, und wird vielen Kapellen und ihrem Schaffen nicht gerecht, aber zur schnelleren Orientierung muss es dann halt doch oft herhalten. Also, ok, Dali's Dilemma (intelligenter Bandname, gerade in Verbindung mit dem coolen Cover und dem Albumtitel) sind ein Dream Theater Clone (think "Images And Words" meets "Awake"), und meiner Meinung nach sogar der beste dieser Gattung. Ja, als so stark empfinde und höre ich diese Scheibe. Wobei, und jetzt komm ich wieder auf den ersten Satz zurück, Clone trifft es dann auch nicht so 100%ig, denn da ist schon ganz viel eigener Charakter zusätzlich im Sound der Kalifornier drin. Und weitere Vorbilder. Symphony X und Shadow Gallery, zum Bleistift. Wenn Dali's Dilemma keinen Prog-Slalom in langen Instruemtalpassagen fahren, schlittern sie (meistens in den Strophen) im Fünfer-Bob straight durch den Eiskanal, und erinnern dabei an Rainbow und Deep Purple. Und ja, die Refrains klingen dann immer schön groß. All diese Elemente ergeben ein extrem flüssig und beeindruckend konstruiertes Album, welches man als Prog Metaller schon kennen sollte, wie ich finde. Ich mein, was soll schon schiefgehen, wenn man solch geile Bass-Soli in seinen Songs hat:


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075. Wobbler – Hinterland (NOR, 2005)
Ich liebe diese Band seitdem ich 2003 ihre beiden Demotracks online gehört habe. Retro Prog, wie ihn die great old ones lebten und zelebrierten, gemischt mit dieser ganz speziellen skandinavischen Düsternis. Hier riecht es nach Moos und Holz, und während man über eine kleine, alte Brücke einen vor sich hinplätschernden Bach überquert, hat man ständig das Gefühl, dass weiter hinten, dort wo das Gestrüpp immer enger und dunkler wird, ein paar Schatten unruhig umherwandeln. Hier mal der Promo-Text, der auf dem OBI Strip der Erstauflage zu lesen war: "Wobbler's debut channels the holy spirits of the ancient gods of progressive rock. In scope and purely uncompromising, "Hinterland" offers elaborate compositions filled with thunderous vintage keyboards, delicate flute work, searing guitar and dynamic rhythmic intensity". Auch wenn danach noch vier weitere Superscheiben folgen sollten (und besonders die "From Silenece To Somewhere" gefällt mir da auch ganz arg), bleibt "Hinterland" aufgrund seiner massiven Rückwärtsgewandheit in Sachen Sound und Spiel, aber auch (gerade im Vergleich zu den beiden letzten Scheiben der band) wegen dieser gaaaaanz ruhigen Art zu Musizieren mein Favorit der Norweger. Verblüffender Fakt:: läuft Wobblers Musik, wächst der Bart schneller. Nachzuhören und -fühlen auf dem fast halbstündigen Titeltrack:
https://www.youtube.com/watch?v=agw5W9IyLQg


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074. King Crimson – In The Wake Of Poseidon (UK, 1970)
Muss man nicht viel dazu schreiben, denn wer sich für die ganz alte Schule interessiert, hat die Platte im regal. Punkt. Aus. Ende. Naja, fast. Apropos "fast", "In The Wake Of Poseidon" ist fast schon eine Kopie des famosen "In The Court Of The Crimson King" Debüts, nur vielleicht nicht gaaaaaaaaanz so stark. Wobei wir hier von einer Relation von "1" zu "1+" sprechen, um das jetzt mal in Schulnoten etwas konkreter auszudrücken. Obwohl die Band turbulente Zeiten durchmachte, und Musiker praktisch im Wochentakt kamen und gingen, zauberten Fripp & Co. ein weiteres Meisterwerk aus dem Hut. Und das innerhalb weniger Monate, wohlgemerkt. Und Menschen, die aufgrund der Ähnlichkeit zum legendären Debüt von Schnellschuss oder Resteverwertung sprechen, werde ich eh nie verstehen. Bei Genesis z.B. klingen die Scheiben von "Trespass" bis "Selling England By The Pound" auch ähnlich (toll), und da liest man nie solche lächerlichen Vorwürfe. Nun ja, Poseidon wird sie alle mit in die Tiefe ziehen. Fast alle, den wer fast as a shark ist, könnte entkommen. Oder den Titeltrack anhören und dabei Metal-Fasten. Genug der blöden Wortspiele, fasten your seatbelts:
https://www.youtube.com/watch?v=J1JjOpXsJ7A
 
Zuletzt bearbeitet:
76. Habe ich bei VÖ irgendwie verpasst, klingt aber super und ist auf dem Einkaufszettel gelandet
75. Ich kenne ein oder zwei spätere Alben der Band, das war mir immer zu retro. Dafür habe ich bekanntlich nicht so die Ader.
74. Habe in den letzten Tagen/Wochen in ein paar Alben der Band hineingehört und ich fand einige Tracks fantastisch, andere nervig. Ich bleibe unentschlossen, aber auch dran.
 
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