DT sind in meiner Welt einfach zu wichtig [...]
DT sind in meiner Welt vollkommen unerheblich, dennoch muß auch ich noch kurz was zu LaBries Gesang sagen. Man sollte zunächst ein paar Dinge unterscheiden: Tessitura (mehr oder weniger gleichbedeutend mit dem Stimmumfang, den man mühelos erreichen kann), Klangfarbe (evtl. unterschiedlich in den einzelnen "Registern" der Stimme und mehr oder weniger "naturgegeben") und Gesangsstil.
Wenn wir mit letzterem beginnen: Es war von Anfang an klar, daß sich LaBries Stil von dem der meisten ProgMetalsänger unterscheidet (aber nicht aller, ich denke an Mike Baker oder Mac). Nach wie vor bin ich der Meinung, Petrucci (und möglichweise damals auch Portnoy) wollten exakt so etwas haben, einen Vokalisten, dessen Linie sich gut innerhalb der Anfang der 90er beginnenden Highgloss-Ästhetik der Band bewegte. LaBrie hat aber darüberhinaus von Beginn an schlimme Manierismen gezeigt, sein musicalhaftes Gestöhne und Gegurre war schon verschärft. Gleichwohl hat er zumindest auf "Awake" zeigen können, daß er seinerzeit spielend auch mit Edge singen konnte. Und zwar, ohne seine Stimme "zuzumachen", wie es weniger begabte Sänger tun (müssen), um diesen Effekt zu erzielen.
Seine Tessitura war früher beeindruckend. Er kam nie so tief hinab wie Geoff Tate, aber in den Höhen hat LaBrie locker mit dem Queensryche-Sänger mithalten können Und darauf kam Ende der 80er, Anfang der 90er nunmal viel an, wir dürfen nicht vergessen, daß sich das Bild von Hardrock/Metalgesang innerhalb der letzten Jahrzehnte doch sehr gewandelt hat. Jeff Scott Soto hat anläßlich der VÖ des ersten Sons-Of-Apollo-Albums darüber gesprochen, wie stolz er darauf sei, keiner dieser Krakeeler und Quietschboys zu sein. Es ist das normalste der Welt, daß sich der Stimmumfang im Alter verkleinert. Leider ist Petrucci ein absoluter Hardliner, was die Reprodution der Albumsongs auf der Bühne angeht. Er insistiert auf kompromißloser Werktreue, das kam bei den Drummer-Auditions ganz klar raus. Ich fürchte, er läßt sich nicht mal dazu hinreissen, Songs zum Vorteile des Sängers nach unten zu transponieren.
LaBries Klangfarbe hingegen hat wohl selten etwas anderes zugelassen als das, was er letztlich immer gemacht hat. In den mittleren Registern hat(te) er eine schöne, volle Bruststimme, die er allerdings oft künstlich verschlankt hat, vermutlich um (noch) mehr Casting-Show-Emotionen in den Song zu legen. Kann man es ihm verübeln, wenn er solches Material zu singen hatte wie "Another day", "Surrounded", "Take away my pain", "Hollow years" oder "Through her eyes"?
Ich finde, man kann es nicht. Wenn deine Kapelle schon auf Kitsch getrimmt ist, kannst du selbst bei basisdemokratischeren Unternehmungen als Sänger nicht mehr allzu viel gegensteuern. Meiner Ansicht nach hat der Pate Petrucci LaBrie von Anfang an als Zirkuspferdchen eingesetzt und will es nicht wahrhaben, wenn dasselbe nicht mehr so springen kann wie früher.
Ich sage es nochmal, ich habe von LaBrie einiges gelernt, ich finde sein Werk auf Platte insgesamt überragend, wenn es auch geschmacklich meistens nicht mein Fall ist.