feanor
Deaf Dealer
I climb through the evening
64. Xerxes - Beyond My Imagination (CH, 1993)
"Beyond My Imagination" ist für mich ein ganz besonderes Album. Mir fällt wirklich nichts ein, was auch nur annähernd so klingt. Ok, Longing's Past und early Mayfair vielleicht, weil die beiden auch so herrlich entrückt klingen, und von der mystischen, den Hörer reinsaugenden Atmosphäre her muss auch die "Awaken The Guardian" genannt werden, aber insgesamt musizieren die Schweizer dann doch in ihrer eigenen Kategorie bzw. (Märchen-)Welt. Lagerfeuer-Metal mit fragilem Gesang und immer wieder bezaubernden Instrumental-Wendungen im Songwriting. Der Sänger wirkt dabei mit seiner eigenwilligen Phrasierung fast wie ein alter Barde, der von längst vergangenen Zeiten und Abenteuern berichtet. Das Album war damals in unserer Clique der Soundtrack vieler Rollenspiel-Abende. Die liebevoll angefertigten Zeichnungen im Booklet, welche die Stimmung der Lieder wunderbar unterstützen, beflügelten unsere Gedanken und passten wunderbar zum Weltflucht-Soundtrack der Eidgenossen. Als ich gestern Abend der CD unter dem Kopfhörer lauschte und dabei die Augen schloß, befand ich mich wieder im Jugendzimmer meines damaligen Kumpels Joachim, und wir kämpften und zauberten uns durch dunkle Dungeons und verfluchte Wälder. Golden times, voll adoleszenter Unbekümmertheit, ganz vielen Zukunftsträumen....und noch viel mehr ungesunder Ernährung, haha. "Und es begab sich zu einer Zeit als die Welt noch von Drachen regiert wurde und mächtige Zauberer über Gut und Böse wachten, daß eine Vereinigung von fünf Barden ihre Instrumente zur Hand nahmen, um damit wundersame Klänge zu schaffen. Klänge voller Fantasie und Leidenschaft, die fesseln, mitreißen, hypnotisieren" schrieb Stefan Glas damals im Underground Empire. Sag ich doch!!
The Thief From Darrenlow
63. Van Der Graaf Generator - Still Life (UK, 1976)
Auch so eine höchst faszinierende, vollkommen einzigartig klingende Truppe. Dafür sorgt primär die Kombination aus wuchtigem "in your face" Orgelspiel, einer intensiven, gar eindringlichen Gesamtwirkung auf den Hörer, sowie einem charmant-exaltierten Sänger, den man entweder liebt oder hasst. Oder beides. Wenn man die dunkle Seite des alten Prog erkunden will, muss man sich durch die oftmals wirren Songaufbauten, die verstörenden und depressiven Texte, sowie die eher unübliche Instrumentierung (wenig bis gar keine Gitarren, ganz viel Jazz-Saxofon) der Briten kämpfen. Das mag sich zu Beginn immer etwas anstrengend anfühlen, aber am Ende wird man stets belohnt - und zwar mit superspannender Musik voll Authenzität, Mensch sein und (wenn man sich drauf einlässt) Katharsis. Denn befasst man sich näher mit den Texten, wird einem schnell klar: hier wird nichts vorgegaukelt, hier wird das wahre Leben vertont. Und zwar mit all seinen negativen, unschönen, ja schmerzhaften Facetten. Nicht umsonst trug Sänger Peter Hammill damals den Spitznamen "King of Fear". Die Komplexität von "Still Life" entsteht weniger durch vertrackte Instrumentierung, sondern durch das Durch- und Vermischen vieler unerwarteter, Genre-fremderer Elemente. Zeitlos geiler Scheiss, if you ask me.
Pilgrims
62. Death - Human (USA, 1991)
Bis zur "Spirtual Healing" verorte ich Chuck & Co. natürlich mehr im Death Metal denn im Prog, aber spätestens mit der "Human" vollführten sie - meiner Meinung nach extrem gekonnt und äußerst graziös - den Wechsel hin zum Technical Death Metal. Obwohl kein Lied der Scheibe länger als viereinhalb Minuten geht, sind sie alle vollgepackt mit Riffs, Ideen und Details. Un-fucking-fassbar, und ich muss immer an einen Gartenschlauch denken, aus dem sich im hohen Bogen fortführend Wasser ergießt. Schuldiner und seine (im Vorfeld der Aufnahmen komplett neu dazugekommenen) Jungs klingen hier auch deutlich technischer, tighter, versierter, einfach um mehrere Dimensionen geiler als auf früheren Platten. Das Zusammenspiel von Drums (Sean Reinert) und Bass (Steve DiGiorgio) ist unerreicht, das Gitarrenspiel ja sowieso. Die Songs bilden eine Einheit, es sticht kein Track wirklich heraus, alle fließen als mächtiges Kollektiv. Wie Lava, die sich unaufhaltsam ihren Weg bahnt. Und dann klingt das alles noch so wunderbar organisch und echt, als ob das Quartett direkt neben einem steht und die Bude abreißt. Es ist einfach lächerlich, wie steril im Vergleich dazu mittlerweile viele Epigonen (bzw. generell auch Prog Metal Bands) klingen. Death to false, ehem, Death, if you know what I mean. Chuck und seine Verrückten haben damals, vor über 30 Jahren(!!), gezeigt wie das geht, und "Human" ist eine brutale, 38-minütige Machtdemonstration auf sämtlichen Ebenen. Auf die Knie!!
Suicide Machine
Alive! and believing
in time, we shall all know our goals
and so finally home
<3