DEAF FOREVER - die achtundzwanzigste Ausgabe

Es ärgert mich ungemein, wenn User bzw. generell bestimmte Personen die Stimme gegen ihre eigenen Leute erheben, auf Basis von wenigen selektiv herausgepickten minimalen Teilen von Interviews. Jarvis ist einer der eigenen Leute. Der steht auf der Seite, auf der wir (und das Gros dieses Forums) stehen. Der Typ leistet so unfassbar viel und hat dennoch immer Zeit, mit den Fans im Publikumsbereich der Konzerte/Festivals zu feiern und zu kommunizieren. So einem unterstellt man keine Selbstherrlichkeit und rückt ihn nicht in die Nähe von DeMaio. Letzteres ist aus Sicht einer ehrlichen, fannahen Haut die Höchststrafe. Und so was macht man tendenziell eher als "Anonymous".

Und hör bitte mit diesem Anonymous Quatsch auf. Was soll das denn? Ich hab mich auf Facebook sogar mal privat über Messenger mit Jarvis persönlich über meine Kritik an manchen Aspekten seines Wirkens gestritten/unterhalten. Kannst du glauben oder nicht, mir ist es langsam egal.
 
Die Frage, ob es den künstlerischen Impetus und die Wertigkeit des Schaffens mindert, wenn dieses auch dem Broterwerb dient, hat sich für mich noch nie so ganz erschlossen, zumal, wenn wir von Metal oder Musik überhaupt reden. Selbst für das einigermaßen überschaubare Netto eines Angestellten oder Arbeiters am unteren Ende der Einkommensskala muss jeder x-beliebige Musiker Strapazen und Einbußen auf sich nehmen, für die der durchschnittliche Erwerbstätige wahrscheinlich noch nicht mal aus dem Bett steigen würde und die für sich genommen schon Beweis genug sind, für die Aufrichtigkeit und die Leidenschaft, die das Tun des jeweiligen Künstlers antreiben, denke ich...
 
Das ist ein ewiges Dilemma: wie kann ich Jemandem verdenken, dass er mit seinem Tagwerk, welches er mit Leidenschaft betreibt, auch gerne seine Brötchen verdienen oder Karriere machen möchte? Genau wie Du bevorzuge auch ich Musik eher als freie Kunst, doch wird diese in den meisten Fällen leider eben nicht für die Massen gemacht.

Im Falle Metal läuft der Hase ein wenig anders: der Undergroundstatus ist längst keiner mehr, auch nicht für Bands wie Visigoth oder Night Demon. Auch wenn sie musikalisch nicht meinen Nerv treffen, so denke ich doch, dass sie sich von offensichtlichen "Karrieroptionisten" oder solchen, die aus Berechnung arbeiten (von Beyond the Black über Sabaton bis Battle Beast und Konsorten) stark abheben und aus einer Überzeugung heraus agieren.

Am Ende die Frage: wer hat nicht mit Luftmikro oder Luftgitarre mal vor dem Spiegel gestanden mit der Intention, ein Star zu werden ;-)? Klar treibt das an, denn auch, wenn Anvil ja immer gern als Beispiel herangezogen werden: bei allem Idealismus ist es einfach was Anderes, nach einigen Karrierejahren auch mal große Hallen zu bespielen statt ewig durch Clubs zu tingen mit allen Unannehmlichkeiten, die das eben so mit sich bringt.

Der oft kritisierte Steven Wilson hat das in einigen Interviews sehr offenherzig bekannt: KLAR mache ich Musik und möchte ein Rock/Popstar sein - warum denn auch nicht :)? In der Form, wie es Maiden, Metallica oder Slayer geglückt ist wird es indes wohl weder Visigoth, noch Night Demon gelingen (auch, wenn ich es ihnen durchaus wünschen würde), dazu sind sie am Ende doch zu weit weg von der "Metaltouristenattraktion" à la Powerwolf & Co., die ja jeder sehen möchte, auch, wenn er sonst Max Giesinger in Dauerschleife hört....

So, hier dann noch meine Antwort.

Ich verdenke niemandem, mit seiner Leidenschaft seine Brötchen zu verdienen, allerdings sollte man das dann auch so benennen (dürfen). Gegen Profisportler ist auch nichts einzuwenden, dennoch unterscheide ich zwischen Robert Lewandowski und Jupp Wroblewski aus Herne-Wanne.

Auch, wenn ich Jarvis seine Überzeugung abnehme, kann mir das an mancher Stelle trotzdem etwas too much sein. Ihn dafür in die Nähe von irgendwelchen Plastikbands oder gar eines JDM zu stellen, käme mir überhaupt nicht in den Sinn. Da bestehen für mich inhaltlich-qualitativ große Unterschiede.

Und jetzt ist aber auch gut.
 
Ich finde es ja eher schade, dass sich in der heutigen Gesellschaft alles rechnen muss. Die Privatisierung von Krankenhäusern, Opernhäusern, soziale Werkstätten, die einen jährlichen Gewinn produzieren sollen. Dabei geht imo etwas sehr wichtiges verloren: Freiheit und Selbstzweck. Kultur und Kunst braucht das aber doch (soziale Arbeit auch, sonst geht Menschlichkeit verloren, ist auch besser ohne Finanzdruck)? Niemand sollte sich abrackern und standig kämpfen müssen um mit dem zu überleben, wofür sein Herz schlägt. Fazit: Entscheidungen sollte man nie von Geld abhängig machen. Dem zu widerstehen in den Umständen, die wir haben? Schwer bis wenig möglich. Früher hatten Künstler doch so einen, der sie fördert? Braucht man mehr! Aber irgendwie anders als Crowdfunding vielleicht, das ist ja nichts dauerhaftes. Gut, das passt jetzt nicht in den Heftthread, wollte nur eben den Gedanken sagen.
 
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