Acrylator
Till Deaf Do Us Part
Guter Beitrag, auch wenn ich nicht in allen Punkten (aber durchaus in den meisten) mit dir konform gehe!@Thergothon :
Ich möchte doch nochmal etwas ausführlicher auf die von dir genannten Bands eingehen, da ich denke, dass du schon ein paar Sachen mit deinen Beiträgen berührt hast, die durchaus diskussionswürdig sind. Leidenschaft, jugendliches Feuer vs. bloßer "Job" bzw. Existenzsicherung inkl. "die können ja nix anderes machen". Aber ich denke auch, dass du da vielleicht etwas zu undifferenziert rangehst.
Erst einmal denke ich, dass man keiner Band zum Vorwurf machen kann, wenn sie ihr jugendliches Feuer im Studio oder auf der Bühne mit den Jahren verliert. Man nennt das altern. Soll vorkommen. Auch wenn uns die Werbung das tagtäglich als "Makel" verkaufen will. Und manchmal habe auch ich das Gefühl, dass dieser natürliche Vorgang auch im Metalsektor fast schon "verboten" ist. Klar, in unserer Musik ist es sicher schwieriger in Würde zu altern, als z.B. im Bluessektor. Metal ist ja nun schon ziemlich mit jugendlichen Furor indentifiziert und in den vergangenen Jahrzehnten hatten wir noch nicht so das "Problem", dass Bands plötzlich "wegsterben", da unsere Musik doch noch RELATIV jung war. Das ist mittlerweile anders und das wird sicher auch noch zu interessanten Entwicklungen führen, wenn die großen "Alten" in ein paar Jahren nicht mehr da sind.
Aber um nochmal auf den Ausgangspunkt zurück zu kommen: Diesen natürlichen Prozess verwechselst du anscheinend mit "keinen Bock mehr haben".
Und das sehe ich nicht so. Nur mal so als Beispiel: Ich gehe heute auch nicht mehr unbedingt in den Moshpit vor die Bühne. Heißt das jetzt: "Der Typ hat keinen Bock mehr auf das Konzert/die Musik". Nee, sicher nicht. Im Gegenteil: Meine Leidenschaft für die Musik ist über die Jahre eher größer geworden. Gerade bei extremeren Metal-Bands habe ich aber öfters mal den Eindruck, dass denen der Alterungsprozess und die damit einhergehende Änderung des Bühnenverhaltens öfters mal als "Bocklosigkeit" ausgelegt wird. Ich finde, dass man es sich damit etwas zu einfach macht. Das zeigt aber vor allem leider, dass der "Leistungsgedanke" unserer Gesellschaft (vor der man sich ja eigentlich im Metalsektor abgrenzen will, jedenfalls war das mal so...) auch auf "unsere" Szene übergreift. Anscheinend zählt dann für manche auch hier nur jugendliche Vitalität, man will nur den "alten" (sprich: jugendlichen) Kram hören, alles nach Neunzehnhundertsowieso ist nur noch geduldet und kann NATÜRLICH niemals an die Klassiker ranreichen. Als ob das ein in Stein gemeißeltes Gesetz wäre. Albern.
Und gerade bei Maiden geht mir diese Behauptung (auch weil sie fast Mantra-artig ständig wiederholt wird) gehörig auf den Zeiger. Ich habe es schonmal geschrieben: Ich ziehe manche neuere Alben (wie z.B.: AMOLAD oder aktuell TBOS) durchaus manchen "unantastbaren" Klassikern wie "Killers" oder "Piece of Mind" vor. Sind Maiden heute noch so spritzig und "jugendlich" auf der Bühne oder in ihrem Songwriting? Nein, ganz sicher nicht. Ist die Qualität ihrer Musik/ihrer Liveshows dadurch schlechter? Ganz klar: Nein.
Aber richtig: Differenzieren. Es gibt sicher Bands, deren neue Alben tatsächlich nicht mehr an die Qualität früherer Alben heranreicht. Warum auch immer. Aber ist das die Regel? Bei deinen angegebenen "99%" sollte man das fast meinen. Ich glaube aber nicht.
Schauen wir uns mal einige deiner Beispiele an. Ich will jetzt nicht auf jede von dir genannte Band eingehen.
Maiden. Natürlich. Die Königsdisziplin der "ewig Gestrigen" in Bezug auf "der heilige Gral und seine 9 Stiefkinder". Wie schon geschrieben. Ich sehe das anders. Maiden sind für mich eine Band, die nach wie vor relevante, hochklassige Alben macht, auf deren Livepremiere ich mich freue. TBOS steckt von den glorreichen 7 mindestens 2 LOCKER in die Tasche.
Metallica. Richtig. Obwohl "Death Magnetic" schon in Ordnung geht. Vielleicht kommt ja noch was. Würde ich noch nicht komplett abschreiben.
Slayer. Bin ich bei dir. Ich war aber auch noch nie der Riesenfan. Nach "Seasons.." hätte da aber auch für mich Schluß sein dürfen.
Manowar. Ja.
Priest. Ja.
Grand Magus. Unhaltbar. Die letzten 4 Alben sind eines besser als das andere und stecken die ersten 3 Alben locker in die Tasche. Die neue wird (da bin ich mir sicher) keine Ausnahme sein. "Jung" ist von diesen Veteranen wie gesagt auch keiner mehr.
Bolt Thrower. Totaler Quatsch. Seinen Stil finden und ihn "lediglich" nur um Nuancen verfeinern bedeutet nicht gleich "kopieren". Und ein 10-Punkte Album wie "Those once loyal" braucht "keine Sau"? Come on.
Enslaved. Für mich ein Paradebeispiel einer Band, die sich durch und durch glaubwürdig "weiterentwickelt" hat. Wenn ich qualitativ hochwertigen BM hören will, lege ich "Frost" auf, wenn es etwas "anspruchsvoller" sein soll eines der letzten Alben. Das Leben kann so einfach sein. Win-Win.
Primordial. Ebenfalls unhaltbar. Die letzten beiden Alben sind mindestens auf Augenhöhe mit den ersten Scheiben. Mir persönlich gefallen sie besser.
Opeth. Ich möchte dieser Band einfach nur stehend dazu applaudieren, dass sie endlich den seit Jahren offensichtlichen und nur noch vollkommen aufgesetzt wirkenden DM-Anteil ihres Sounds über Bord geworfen hat. Für mich ebenfalls eine durch und durch ehrliche Entwicklung, die man nicht mögen muss, die aber zumindest für mich ihr letztes Album zu einer echten Entdeckung werden ließ.
Overkill. Auch hier kann ich ums Verrecken keinen Qualitätsabfall entdecken. Dabei ist Overkill weder eine Band, die sich großartig "entwickelt" hat, noch ist sie wirklich jemals "stehen gebleiben". Muss man auch erstmal hinkriegen.
Und es gibt noch sehr viele andere Beispiele "alter" Bands, die es heute immer noch "bringen". Kreator, Magnum, Testament, Megadeth, Anthrax (ja, die auch) etc.pp.
Zu Paradise Lost: Da gebe ich dir sogar teilweise recht. Die letzte Scheibe war wirklich gut. Aber sowas wie "Host" war halt einfach mal der sehr durchschaubare Versuch, im Mainstream zu landen. EMI, Haare ab, Logoänderung, Popvideo. Das volle Programm. Hätte ich nicht mal ein Problem mit gehabt, wenn es wenigstens die Songs gerissen hätten. War aber nicht so. Ob ich die Entwicklung dieser Band "zurück zu den Wurzeln" jetzt 100 % authentisch finde, steht auf einem anderen Blatt. Zumindest passt die Musik wieder. Wenn dieser "Kurswechsel zurück" jetzt tatsächlich eine Herzensangelegenheit war oder nur Karriere-Kalkül, das kann ich in dem Fall nicht beantworten. Muss man abwarten.
Unterm Strich kann ich aber für mich feststellen, das deine Behauptung, das die aktuellen Alben der etablierten Bands "den Frühwerken .... in 99 % der Fälle nicht das Wasser reichen" können einer tieferen Analyse nicht standhält. Der Metal ist (vor allem aber auch abseits der "Dinosaurier") gesund und lebendig.
Aber ich finde, die Ausdrucksweise macht auch viel aus - wo Thergothon seine Ansichten wie Tatsachen darstellt und irgendwie belehrend wirkt (ob beabsichtigt oder nicht, kann ich nicht beurteilen, aber ich bin ja offenbar nicht der einzige, der das so rausgelesen hat), schreibst du wenigstens, du ziehst "AMOLAD" und "TBOS" den Alben "Killers" oder "Piece Of Mind" vor, was ja nichts als eine Geschmacksbekundung ist (den Punkt kann ich zwar überhaupt nicht verstehen, da gerade letztere für mich mal eben das zweitbeste Album der Band mit der besten Produktion ist, aber man muss den Geschmack anderer ja auch nicht verstehen).