Wo genau soll denn dann die Zwischenstufe sein? Also die zwischen "kritiklos hinnehmen" und "nicht aus jedem Musiker ein großes Politikum machen". Denn hier wurde ja erstmal nur Kritik an dem Text zu "Dead World" geübt, woraufhin Leute einstimmten und andere Leute nicht einstimmten. Mir ging es nicht darum, belehrend den Zeigefinger zu heben, sondern darum, dass Peter seine Musik dazu zu nutzen scheint, um ein äußerst zweifelhaftes Weltbild zu propagieren. Ich würde, wie gesagt, sehr gerne (!!!) die für ihn nicht ganz untypische Ironie oder den Zynismus, das zwinkernde Auge erkennen, doch das scheint es dieses Mal nicht zu geben. Dass bei "Abducted" keiner auf die Idee gekommen wäre, all das für bare Münze zu nehmen, mag ja sein, aber dafür gibt es ja den sog. Zeitkontext. Und anhand dessen kann man die früheren Texte im damaligen Kontext betrachten, wohingegen die aktuellen Texte auch im aktuellen Kontext zu betrachten sind. Ob das genügt, um ihn mit Jon Schaffer auf eine Stufe zu stellen, kann niemand von uns sagen, allerdings hat das hier auch niemand so richtig getan, wenn ich da jetzt gerade nichts übersehe. Davon abgesehen weiß ich aber auch nicht, ob erst zwangsläufig etwas im Stile des Kapitolsturms geschehen muss, um gewarnt zu sein.
Ich kann nur für mich sprechen: Ich bin hier sicherlich nicht jedes Mal vertreten, wenn es um derartige Themen geht. Peter ist "seit fast 30 (!) Jahren für seine Texte über Verschwörungstheorien, seine Prolligkeit und seine eher schlichte Art bekannt", was ja bereits zuvor erwähnt wurde. Stimmt definitiv. Aber: Das mag vor 20 oder 25 Jahren auch deshalb scheißegal gewesen sein, weil Anhänger:innen von Verschwörungstheorien o.Ä. zu dieser Zeit längst nicht so zahlreich vertreten und gut vernetzt wie heutzutage waren, nicht so viel (mediale) "Macht" hatten. Da konnte man das sicherlich amüsiert weglächeln. Aliens und anderer Hokuspokus sind für mich thematisch aber trotzdem nochmal eine andere Baustelle als seine aktuellen Schöpfungen zu Pharmakonzernen, Chemtrails und Regierungen mit dem geheimen Masterplan, die Menschheit auszurotten. Auf gewisse Weise wird er da also schon zum Sprachrohr, ob das nun seine Intention war oder nicht.
Wie gesagt: Ich bin zwiegespalten. Ich will ihn nicht vorverurteilen, aber gänzlich aus der Luft gegriffen ist die Kritik daran nun auch nicht. Überzogen? Ich weiß nicht. Das Problem bei diesen Diskussionen ist, dass sich das immer relativ schnell hochschaukelt. Und das geht nicht nur von denjenigen aus, die Kritik an solchen Texten üben, sondern auch von denjenigen, die das (möglicherweise berechtigt) runterspielen. Ich stimme zu: Wir können das alles nur zusammen machen, aber dann müssen halt auch alle wollen und halt auch nicht ständig zwischen damals und heute vergleichen, was zwei völlig unterschiedliche Welten bzw. Ausgangslagen zur Bewertung sind. Aber: In einer Welt, in der irgendwelche Spinner harmlose Tankstellenkassierer wegen einer Maske per Kopfschuss hinrichten, mit geschmacklosen "Camp Auschwitz"-Sweatern das Capitol stürmen und für QAnon demonstrieren oder versuchen, den Reichstag einzunehmen, etc. pp., bin ich persönlich dann doch lieber etwas vorsichtiger. Für den einen oder die andere möglicherweise etwas übervorsichtig, das kann durchaus sein. Damit kann ich dann schon leben. Damit will ich auch nicht suggerieren, dass ich der Auffassung sei, dass das Peterle bald irgendeinen Menschen umlegt oder etwas in die Luft sprengt. Aber genauso wie man hier argumentieren kann, dass er Musiker ist und nunmal schon seit geraumer Zeit harte Musik mit derben Texten macht und man das nicht immer hunderprozentig für bare Münze nehmen sollte, kann man es auch mal so betrachten, dass er nicht nur Musiker, sondern, man mag es kaum glauben, auch ein erwachsener Mensch der Öffentlichkeit ist, der sich über die Wirkung seiner Worte ab und zu auch mal bewusst sein darf. Metal hin oder her.
Muss man nun jeden Thread politisieren? Ich weiß nicht. Geschieht halt meistens tatsächlich da, wo man auch darüber diskutieren kann. Wie gesagt: Aus der Luft gegriffen ist das im Falle von "Chemical Whore" und "Dead World" sicherlich nicht. Wenn es darin um die übernächste Alieninvasion gegangen wäre, hätte jedenfalls keiner ein Fass aufgemacht. Aber so ist es halt nicht gelaufen. Um das aber nochmal explizit klarzustellen: Ich wünschte, dass ich in den Texten den typischen Peter hören/lesen könnte, aber dafür gibt es - zumindest für mich - leider überhaupt keine Anhaltspunkte.
Aber gut, das waren meine letzten Centstücke zu diesem Thema. Werde versuchen derlei Themen zukünftig meiden.