Resistant Culture - Welcome To Reality (2006; Profane Existence)
Dass der Grund für Jesse Pintados Abgang anno 2006 kein rühmlicher war, ist wohl kein Geheimnis. Ebenso unrühmlich - leider - waren auch seine letzten Lebenszeichen. Terrorizers lahmes, unter diesen Moniker gezwungen wirkendes Machwerk 'Darker Days Ahead' und, weniger bekannt wohl und von der hiesigen Presse auch weniger gepusht, Resistant Cultures Zweitwerk 'Welcome To Reality', eben just diese Band, deren schwacher Sänger auch die beiden "Terrorizer" Werke "veredelte" und deren Gitarristin ziemlich passabel 'Hordes Of Zombies' in Schwung hält. Wer nun aber meinen sollte, 'Darker Days Ahead' wäre ein trauriger Abgang für unseren Jugendhelden gewesen, der soll sich mal 'Welcome To Reality' geben.
Als bekannt wurde, dass Pintado bei Resistant Culture, einer nativ orientierten Anachro/Crust/Grindcore Kapelle, die zweite Scheibe mit eingespielt hatte, musste das Ding natürlich ins Haus. Bestellt, bekommen, angehört, ins Regal verfrachtet. Resistant Culture waren mir zwar ein Begriff aus irgendwelchen HC/Punk Zines, wirklich gehört hatte ich die Band jedoch nicht. Vergleiche zu Sepulturas Tribal-Phase und natürlich Terrorizer, aber auch zu einer Menge klassischen UK Crust Bands wurde gezogen. Eigentlich nicht die übelsten Einflüsste ('Roots' mal ausgenommen), auch die Ästhetik war stimmig und das Konzept interessant. Leider aber wurde musikalisch recht wenig Mitreißendes geboten: Standardcrustcore mit Metalkante, leider recht bieder und vokalakrobatisch wie gehabt eindimensional dargeboten, selbst die schnellen Passagen waren erstaunlich drivebefreit und die Tangorhythmen waren bei Sepultura schon nicht besonders spannend. Was hätte eine halbwegs exotische Mischung werden können, scheitert an generischem, einfallslosen Riffgeschrammel und repetitivem Songwriting, das kaum begeistern will, bei dem die Tribalparts ja sogar noch störend wirken, fast schon ärgerlich aufgesetzt. Die Enttäuschung war groß. Inwiefern Pintado am Songwriting beteiligt war, weiß ich nicht, in Sachen Spiel, Spass, Spannung, Schokolade wurde 'Darker Days Ahead' allerdings noch unterboten. Kurzum, so dachte man damals: Ein Jammer um den Kerl, schade, dass er mit sowas im Gepäck abtreten muss. Ich war echt traurig.
Über die Jahre fanden das Debüt und das Drittwerk noch ihre Wege in meine Regale und wieder hinaus, heute Früh bin ich zufällig über 'WTR' gestolpert, als ich mal wieder Bock auf Nausea (LA) hatte. Dachte, ich hätte die LP längst verkauft, dem ist wohl offensichtlich nicht so, das wird aber unter Garantie so noch kommen. Ok, da ich ja eh im Second-Chance-Mode bin, dachte ich bei mir, leg sie halt nochmal auf. Vielleicht, ja vielleicht schlummerte ja doch da eine Perle im Regal und nicht nur ein Staubfänger. Pustekuchen!
Die LP ist genauso, wie ich sie in Erinnerung hatte: weitestgehend stumpf mit der Tendenz zu einem rhythmisch-nervigen Ärgernis. Die Musik, abgesehen von den Tribaleinflüssen, als generische 08/15 Genreware zu bezeichnen, das wäre eine glatte Untertreibung. Trotz Handwerksgüte, Geschwindigkeitsvariation, trotz Trommelabwechslung, bietet die Scheibe kein einziges mitreißendes Moment, nur öden, langweilig-kraftlosen Gesang, ach, eigentlich alles, was ich oben schon geschrieben habe. Ja, wirklich: Irgendwie doch sehr schade, einen Jugendhelden so abtreten zu sehen. Nur 'Brujerizmo' war schlechter.
Re-Visite: gescheitert. Passiert auch mal. Nausea und Majesty (LA - Pre-Nausea, Pre-Terrorizer und hörenswert) haben das wieder gutgemacht. Übrigens hat Oscar Garcia mit 'Condemned To The System' gezeigt, wie man es im Gegensatz zu "Terrorizer" richtig macht. Bin gespannt, wie Terrorizer L.A. kommenden Sommer so live sein werden. Ich freu mich drauf.