Da es hierher am besten passt und Mr. Damian Wilson keinen eigenen Faden hat (den er längst verdient hätte) hier eine kleine Konzertnachlese vom vergangenen Mittwoch aus Bonn:
Die Harmonie war für mich bisher unbekanntes Terrain, kannte ich nur vom Hörensagen. Eine nette Location mit Stehtischen (!) und recht klein, dafür sogar mit einer kleinen Empore. Ich tue mich immer schlecht mit Schätzen, aber wenn da mal so maximal 300 Leute reinpassen sollten (von denen die Hälfte aber nix mehr sieht), dann ist das wohl schon großzügig angenommen. Positiv: hier gibt es kein Kölsch, sondern Krombi, was den Sauerländer natürlich freut. Brachte mir allerdings nicht sooo viel, denn Fahren war angesagt.
Die Band des Meisters rekrutierte sich primär aus Musikern von Lalu, deren Namensgeber Vivien Lalu als Keyboarder bekannt sein könnte, u. a. auch durch sein Mitwirken an Alben von Shadow Gallery oder jüngst A-Z. Des Weiteren hat er mit Damian an den Vocals 2022 und 2023 Alben unter eben jenem Namen veröffentlicht, welche Prog in der Schnittmenge 70's/80's Prog bieten und durchaus munden ("Paint the Sky", 2022 und "The Fish who wanted to be King", 2023). Der Mann ist recht umtriebig und wohl schon lange im Geschäft, man beachte das Wikipedia-Profil.
Wer nun glaubte, Damian würde auf die reinen "Hits" seines bisherigen Schaffens zurückblicken, der sah sich getäuscht: weder wurde die "Castle Hall" besucht, noch griff man auf Threshold-Kracher aus Reihe 1 zurück. Mit "Sanity's End" ergab sich ein perfekter Einstieg, "That's why we came" führte den Threshold-Reign fort - ehe ein (für mich persönlich) erstes, absolutes Highlight folgte: mit dem Landmarq-Song "Solitary Witness" ging es tief in die eigene Geschichte zurück - und es war eine grandiose Darbietung! Über "gesanglich" brauchen wir natürlich ohnehin nicht zu reden und der Vergleich zu den "echten" Landmarq on Stage fehlt mir natürlich, aber das war Gänsehaut pur! Was für ein wunderbarer Song.
Spätestens jetzt wurde klar, dass das Publikum zwar überschaubar war (vielleicht 100 Nasen), dieses aber outete sich als Kenner dieses Kleinods britisch-kauzigen Neoprogs - was den Meister zum ersten Bad in der Menge incl. Umarmungen brachte. Schon gut, so ausladende Instrumental-Parts, völlig fraglos.
Wieder auf der Bühne wurde etwas angekündigt, was es "so noch nie in Deutschland gegeben habe". Das Quiz ließ sich nicht lösen, von einer "Wall of Death" in der Harmonie bis hin zu einem Stagedive Damians von der Empore war alles mit dabei - letztlich aber war es ein "Headspace"-Song: "Die with a Bullet" bot die Band (im Übrigen mit 2 Gitarristen, was auch schon "Sanity's End" und "That's why we came" massivst veredelte) in einer überaus brachialen Form dar, ehe des Keyboarders eigene Kombo Lalu mit "We are strong" (schöner Titel) zum Zuge kam - und im direkten Anschluss die Druiden zu Stein wurden. Mit "Adam's Child" und "Sex & Vanilla" (ein echter catchy Rock-Song mit Hit-Potential) folgten zwei weitere Titel aus dem Solo-Fundus des Mr. Wilson ehe danach threshold-technisch alles "Klar" wurde. Wer immer diesen Song als "Extinct-Instinct"-Schwachpunkt angesehen haben mag: spätestens mit dieser Performance dürfte sich diese Fehleinschätzung erledigt haben.
Mit "Forever Young" folgte ein weiterer Landmarq-Titel, zu dem Damian mal wieder ins Publikum wuselte und eine Frau zum Tanz (!) aufforderte - ehrlich emotional und absolut nicht aufgesetzt wirkend. Eine erweiterte Erklärung hierzu folgte überdies: so erklärte Damian, diese Frau bereits auf einem Landmarq-Konzert vor rund 30 Jahren kennen gelernt zu haben - beide waren sichtlich erfreut über das Wiedersehen, zumal die Dame speziell auf die Landmarq-Titel ziemlich steil ging (sie stand 2 Schritte neben mir).
"Life goes on" berücksichtigte in der Folge das (momentane) Engagement bei Arena - und was dann folgte war eine Machtdemonstration (muss ich
@CimmerianKodex für diese Begrifflichkeit eigentlich jedes Mal Copyrightgebühren im Zusammenhang mit Livemusik abdrücken?), man kann und darf das nicht anders formulieren. Ayreon's "Into the black Hole", ein Klotz, ein Monolith, eines der größten Meisterwerke des Herrn Lucassen und im Original mit den Vocals eines gewissen Herrn Bruce Dickinson veredelt (auf "Ayreonauts Only" aber auch in der Kombi Damian Wilson/Lana Lane),
walzte regelrecht durch die Harmonie! Der Sabbath-Doom-Extrakt in Verbindung mit 70's Prog und 80's Metal entfaltete sich in seiner kompletten Erhabenheit von über 10 Minuten in einer Tiefe und Intensität, dass einem einfach nur die Spucke wegbleiben konnte - und ich war 20 Jahre jünger (leider nur gefühlt...) und hatte Rückenschmerzen gestern, vom Nacken nicht zu reden. "Unfassbar" ist eine - auch von mir - nicht gerade soooo selten gebrauchte Vokabel, hier aber passt sie sowas von. Hatte sich Damian gar im Vorfeld (beim Druiden noch) ein klein wenig dafür entschuldigt, an diesem Abend nicht die Perfektion einer Ayreon-Show erreichen zu können, so wirkte eben jene Aussage speziell nach dieser (ja, ich schreib's noch mal) Machtdemonstration gar ein wenig unpassend: mag sein, dass es nicht so perfektionistisch war, aber es war unglaublich intensiv - und es war, verflixt noch mal,
sowas von (Prog-)Metal! Und heavy as Fuck!
Mit "Surface to Air" ging es noch mal ins verwundete Land, ehe der offizielle Teil des Konzerts mit "Embrace" (ein wunderschönes, Prog/Pop-Stück von Landmarq) auf die Zielgerade ging. Damians Ansage hierzu ("Ein Stück, das kaum Jemand kennt, aber nach diesem Konzert jeder ins Herz geschlossen haben wird" - rein sinngemäß) sollte sich wohl bewahrheiten, denn hier gab es erneut Intensität pur - und Nicht-Kenner sprachen lange darüber.
Den Zugabeblock eröffnete mit "Sane Life" von der Headspace-Debut EP ein weiterer Exot, wer hätte mit so etwas rechnen können? "Is that a London Number", ein Stück vom aktuellen Lalu-Werk, setzte den Zugabeteil amtlich fort, ehe "Hard to keep Faith" vom Meister selbst zu Ehren kam (muss wohl ein echter Klassiker sein, ich hab mich mit seinem Solo-Schaffen abseits der beiden ersten Alben kaum befasst...Shame on me) als vorletztes Stück des Abends durch die kleinen Räumlichkeiten schallte.
Da ich eine Beeinträchtigung meiner Nackenmuskulatur (noch) nicht feststellen konnte gab es noch mal den Sturz in den Jungbrunnen: "Part of the Chaos" beendete den Abend und setzte damit die Threshold-Klammer um die Setlist - und wie schon bereits bei "Clear" sah ich mich ins Jahr '97 ('98?) und den Star Club zu Oberhausen zurückversetzt, in dem ein gänzlich introvertierterer Damian als Frontmann von Threshold auf der Bühne stand - und ein "Neuling" namens Joanne James am Schlagzeug die Kinnladen der Besucher herunter klappen ließ.
Im Rahmen des Plauderns von der Bühne herab gab es Einiges von Damian zu erfahren: so z.B. dass er HAKEN mag (es stand ein Fan im entsprechenden Shirt mehr oder minder direkt vor der Bühne) "we played with them with Headspace", dass wohl (leider) vorerst kein neues Headspace-Werk zu erwarten ist, da Adam Wakeman derzeit voll auf Jazz Sabbath fokussiert ist und weiterhin blieb offen, ob nun Bier oder Tee das wirklich wahre Getränk ist. Dafür weiß man nun, dass man als erste Vorband vor Ozzy und Zakk Wylde mit Flaschen (!) beworfen wird: so man diese aber auffängt findet das Oz/Zak-Publikum sogar einen ersten Opener töfte. Zu Ozzy himself hatte Damian indes nur lobende Worte parat, Sharon indes "mache ihm Angst" - um zu ergänzen: "Ozzy aber wohl auch....".
Zur Band: natürlich kann man einen Karl Groom, einen Joanne James, einen John Mitchell, einen Uwe D'Röse nicht "kopieren". Das hat die Band auch zu keiner Sekunde versucht - und es hätte auch nicht gepasst. Die Songs waren allesamt auf einem hohen (teils auch
schwindelerregend hohen) Niveau dargeboten, speziell "Into the Black Hole" war - wie schon erwähnt - einfach nicht von dieser Welt und die doppelte Gitarrenwand hat das Ding komplett in eine dauergänsehauterzeugende Dampfwalze verwandelt. Gefühlvolle Soli waren gefühlvoll, Riffs waren Riffs, die Keys waren deliziös (echt jetzt) - und der Bass war an den richtigen Stellen im Vordergrund und stets gut zu hören. Über den Gesang....dazu muss ich wohl kaum was schreiben, oder?
Dieses Konzert war ein Erlebnis. Nicht in dem Sinne, wie man es als "Riesenevent" erwarten würde (logisch, klar), es hatte den Charakter des Feierns mit Freunden. "The Key to Happiness is beeing a Singer in a Band" sagte Damian im Rahmen des Konzerts - für ihn selbst ganz, ganz sicher. Einer der wohl sympathischsten und stimmgewaltigsten Vokalisten im Rock- und Metal-Bereich (man konnte förmlich spüren, wie manche der Anwesenden beim megahohen Part von "That's why we came" die Luft anhielten), Fannähe pur (vor dem Konzert bereits am Merch und vor der Tür anzutreffen), niemals aufgesetzt, einfach authentisch und
pur - und mit einer gehörigen Portion Respekt für die Bands, deren Songs von ihm dargeboten wurden, in jeder entsprechenden Ansage.
Ich hoffe (nein, ich
erflehe) mir eine baldige Wiederholung - die Mr. Wilson im Gespräch nach dem Konzert auch nicht ausschloss, Schulterklopfen für mich inklusive. Na, dann schauen wir doch mal...
Weitere Erkenntnis: ich muss wieder mehr Landmarq hören! Großartige Musik, tolle Vokalist/innen (im Prog ja nicht immer so....) - und ich werde mich so ab und an auch mal mit Damians Solo-Repertoire befassen, außerdem mit dem Zeug, das er mit Wakeman gemacht hat. Zumindest, um es zu kennen....ein bißchen.
Die Setlist noch mal gelistet:
- Sanity's End (Threshold)
- That's why we came (Threshold)
- Solitary Witness (Landmarq)
- Die with a Bullet (Headspace)
- We are strong (Lalu)
- And the Druids turned to Stone (Ayreon)
- All of the Lights (Lalu)
- Adam's Child (Damian Wilson)
- Sex & Vanilla (Damian Wilson)
- Clear (Threshold)
- Forever Young (Landmarq)
- Life goes on (Arena)
- Into the Black Hole (Ayreon)
- Surface to Air (Threshold)
- Embrace (Landmarq)
- Sane Life (Headspace)
- Hard to keep Faith (Damian Wilson)
- Part of the Chaos (Threshold)
Konzert des Jahres, ohne Wenn- und Aber. Und ganz, ganz, ganz viel Liebe für Damian Wilson, der mich musikalisch in verschiedenster Form seit über 30 Jahren nicht nur begleitet, sondern begeistert.
Im regelrechten Damian-Wahn gestern auf Folgendes gestoßen - und ich muss es einfach teilen:
Damian Wilson's Band (sicher nicht die vom Mittwoch, da auch schon ein paar Tage älter - sagen wir, eine kleine Hommage): Starship Trooper (Yes-Cover)
Damian Wilson's solo band performing this Yes's classic. If you enjoy the performance support the artist by purchasing the Cheers Lads DVD Collection.Officia...
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